Submitted by InternationaleRevue on
Lehren aus einer Erfahrung für das proletarische Milieu
Vor 25 Jahren endete der Zyklus der internationalen Konferenzen der Kommunistischen Linken in Chaos und Durcheinander, die auf Initiative der Internationalistischen Kommunistische Partei (PC Int. Battaglia Communista) hin einige Jahre zuvor stattgefunden hatten, in Folge eines von Battaglia Communista und der Communist Workers' Organisation gestellten Antrages über die Parteifrage. Dieser Antrag hatte das Ziel, die IKS wegen ihrer angeblichen "spontaneistischen" Haltung zur Organisationsfrage auszuschließen. Diese Konferenzen sind von der IKS als einen positiven Schritt begrüßt worden, um aus der Zersplitterung und den Missverständnissen unter den Gruppen herauszukommen, die das internationale proletarische Milieu geplagt hatten. Sie stellen jetzt noch eine wertvolle Erfahrung dar, aus welcher die heute entstehende neue Generation von Revolutionären viele Lehren ziehen kann. Es ist wichtig für diese neue Generation, sich die Debatten, die an den Konferenzen und um diese stattfanden, wieder anzueignen. Dennoch können wir die negativen Auswirkungen der Art und Weise, wie sie endeten, nicht ignorieren. Ein kurzer Blick auf den jämmerlichen Zustand des politischen proletarischen Milieus heute zeigt, dass wir immer noch unter den Folgen des Scheiterns des Versuchs leiden, einen organisierten Rahmen für eine brüderliche Debatte und eine politische Klärung unter den Gruppen zu schaffen, die der Tradition der Kommunistischen Linken angehören.
Angesichts des Techtelmechtels des IBRP mit dem parasitären, selbsternannten Grüppchen "Interne Fraktion der IKS" (FICCI) und dem Abenteurer, der sich hinter dem "Circulo de Comunistas Internacionalistas" in Argentinien verbirgt, sind die Beziehungen zwischen dem IBPR und der IKS noch nie so schlecht gewesen wie heute. Entweder begnügen sich die Gruppen bordigistischer Tradition im sektiererischen Alleinsein des Elfenbeinturms, in dem sie Ende der 70er Jahre vor den Konferenzen Schutz gesucht haben, oder sie haben sich – so z.B. Le Prolétaire - wie das IBRP für die Verführungsspielchen und Schmeicheleien der FICCI empfänglich gezeigt. Jedenfalls haben sich die Bordigisten von der traumatischen Krise des Jahres 1981, aus der sie in Bezug auf ihre wichtigsten Schwächen nur wenig Lehren gezogen haben, noch nicht erholt. Was die letzten Erben der deutsch/holländischen Linken angeht, so sind sie inzwischen praktisch verschwunden. So steht es heute mit den Gruppen der Kommunistischen Linken - und dies gerade jetzt, wo eine neue Generation von Leuten auf der Suche nach einer richtungweisenden Antwort auf ihre Fragen sich der organisierten kommunistischen Bewegung nähert, und das auch zu einem Zeitpunkt, an dem historisch so viel auf dem Spiel steht wie nie zuvor.
Als Battaglia den Beschluss fasste, die Teilnahme der IKS an den Konferenzen zu sabotieren, behauptete sie "die Verantwortung, die man von einer seriösen Führungskraft zu erwarten berechtigt ist", übernommen zu haben (Antwort auf die Adresse der IKS an das Proletarische Milieu 1983). Indem wir auf die Geschichte dieser Konferenzen zurückkommen, wollen wir unter anderem die Verantwortung aufzeigen, die diese Gruppe für die Desorganisierung der Kommunistischen Linken trägt.
Wir werden kein ausführliches Protokoll der Diskussionen, die in und um die Konferenzen stattgefunden haben, liefern. Die Leser können verschiedene Publikationen nachschlagen, die die Texte und Protokolle dieser Konferenzen beinhalten, obwohl diese nur noch selten zu finden sind (in diesem Sinne sind alle Hilfsangebote, diese Publikation online zur Verfügung zu stellen, willkommen). Der Zweck dieses Artikels ist vielmehr, die wesentlichen Themen zusammenzufassen, die in diesen Konferenzen behandelt wurden, und vor allem die wichtigsten Gründe ihres Scheiterns zu untersuchen.
Der Kontext der internationalen Konferenzen: das Ende einer langen Zeit der Zersplitterung
Die Zersplitterung der Kräfte der Kommunistischen Linken war 1976 keine neue Erscheinung. Die Kommunistische Linke hat ihren Ursprung in den linken Fraktionen der Zweiten Internationale, die den Kampf gegen den Opportunismus ab dem Ende des 19. Jahrhunderts geführt haben. Schon dieser Kampf war zersplittert geführt worden.
Als z.B. Lenin den Kampf gegen den menschewistischen Opportunismus in der russischen Partei aufnahm, war die erste Reaktion Rosa Luxemburgs, sich auf die Seite der Menschewiki zu stellen. Als Luxemburg die wirkliche Bedeutung der Kapitulation Kautskys begriff, brauchte Lenin länger, um zu realisieren, dass sie recht hatte. Das alles kam daher, dass die Parteien der Zweiten Internationale auf einer nationalen Grundlage entstanden waren und fast alle ihre Arbeit auf nationaler Arbeit führten; die Internationale war eher ein Zusammenschluss nationaler Parteien als eine vereinigte Weltpartei. Auch wenn die Kommunistische Internationale (KI) sich verpflichtete, diese nationalen Besonderheiten zu überwinden, behielten diese ein sehr großes Gewicht. Es gibt keinen Zweifel, dass die linken kommunistischen Fraktionen, die gegen die Degenerierung der KI Anfang der 20er Jahre zu reagieren begannen, von dem Gewicht der Vergangenheit auch beeinträchtigt waren; die Linke antwortete abermals alles andere als einheitlich auf das Anwachsen des Opportunismus innerhalb der proletarischen Internationale. Der gefährlichste und schädlichste Ausdruck dieser Zerstreuung war der Graben, der die Deutsche und die Italienische Linke fast von Anfang an ab den 20er Jahren voneinander trennte. Bordiga neigte dazu, die Bedeutung, die die deutsche Linke der entscheidenden Rolle der Arbeiterräte beimaß, der "Verherrlichung der Fabrikräte" durch Gramsci gleichzusetzen; die deutsche Linke wiederum vermochte nicht wirklich in der italienischen "leninistischen" Linken einen möglichen Verbündeten gegen die Degenerierung der KI zu erkennen.
Die Konterrevolution, die die Arbeiterbewegung Ende der 20er Jahre mit voller Wucht traf, hat zur weiteren Zersplitterung der Linken beigetragen, obwohl die Italienische Fraktion diese Tendenz mit aller Kraft bekämpfte, indem sie eine Diskussion und eine internationale Zusammenarbeit auf der Basis von Prinzipien zu etablieren versuchte. So veröffentlichte sie in ihrer Presse die Debatten mit den holländischen Internationalisten, den Dissidenten-Gruppen der Linksopposition und anderen. Die geistige Offenheit, die bei Bilan (Presseorgan der Italienischen Fraktion) vorhanden war – neben anderen allgemeineren programmatischen Vorstößen der Fraktion – wurde durch die opportunistische Gründung der Internationalistischen Kommunistischen Partei am Ende der Krieges weggefegt. Dem nationalen Kleingeist zu einem guten Stück unterworfen, beeilte sich die Mehrheit der Italienischen Fraktion, die Bildung einer neuen Partei (nur in Italien!) zu begrüßen, worauf die Fraktion sich auflöste und ihre Mitglieder einzeln der Partei beitraten. Der voreilige Zusammenschluss verschiedener, sehr heterogener Kräfte hat nicht zu der Verfestigung der Einheit der Strömung der italienischen Linken geführt, sondern hat neue Spaltungen verursacht. Dies schon 1945 mit der französischen Fraktion, deren Mehrheit sich gegen die Auflösung der Italienischen Fraktion ausgesprochen hatte und die opportunistischen Grundlagen der neuen Partei kritisierte. Die Französische Fraktion wurde ohne Rücksicht aus der internationalen Organisation des PCI (der Internationalen Kommunistischen Linken) ausgeschlossen und gründete dann die Kommunistische Linke Frankreichs. 1952 erlitt die Partei selbst eine große Spaltung zwischen ihren zwei Hauptflügeln – den "Damenisten" um Battaglia Communista und den "Bordigisten" um Programma Communista; diese entwickelten insbesondere eine theoretische Rechtfertigung des strengsten Sektierertums, indem sie sich für die einzige proletarische Partei des Planeten hielten (was andere Spaltungen sowie die Koexistenz verschiedener "einzig wahrer" Internationaler Kommunistischer Partei in den 70er Jahren nicht verhinderte).
Dieses Sektierertum war ohne Zweifel ein Tribut an die Konterrevolution. Einerseits war es der Ausdruck des Versuchs, in einer feindlichen Umwelt die Prinzipien zu bewahren, indem eine Mauer "invarianter" (unveränderlicher) Formeln um schwer errungene Grundsätze errichtet wurde. Andererseits war es Ausdruck der zunehmenden Absonderung der Revolutionäre von der gesamten Arbeiterklasse und ihres Zirkelgeistes. Ihre Neigung, in der eigenen Welt kleiner Gruppen zu leben, konnte den Zirkelgeist und – wie bei Sekten – die Diskrepanz zu den wirklichen Bedürfnissen der proletarischen Bewegung nur begünstigen.
Nach 40 Jahren Konterrevolution – am tiefsten Punkt der Schwäche des internationalen revolutionären Milieus - begann sich das soziale Klima zu verändern. Das Proletariat erschien wieder auf der historischen Bühne mit den Streiks im Mai 68. Diese Bewegung besaß eine unermesslich tiefe politische Dimension, denn sie stellte die Frage nach der Errichtung einer neuen Gesellschaft und hatte eine Vielzahl von Gruppen entstehen lassen, deren Suche nach revolutionärer Kohärenz sie naturgemäß zu einer Wiederaneignung der Traditionen der Kommunistischen Linken führte. Unter den ersten, die die Veränderung der Lage erkannten, befanden sich die Genossen der alten Kommunistischen Linken Frankreichs, die mit einigen jungen Interessierten eine politische Aktivität in Venezuela wiederaufgenommen und 1964 die Gruppe Internacionalismo gegründet hatten. Nach den Ereignissen vom Mai 1968 reisten Genossen von Internacionalismo nach Europa, um in das neue, von dieser starken Bewegung erzeugte proletarische Milieu zu intervenieren. Diese Genossen ermunterten insbesondere die alten Gruppen der Italienischen Linken, die den Vorteil hatten, über eine Presse und eine strukturierte Organisationsform zu verfügen, dazu, durch die Einberufung einer internationalen Konferenz als Zentrum der Debatte und des Kontaktes für die neuen suchenden Elemente zu fungieren. Sie bekamen eine eisige Antwort, denn die zwei Flügel der Italienischen Linken sahen im Mai 68 (und sogar im Heißen Herbst in Italien) nicht viel mehr als eine Welle studentischer Aufruhr.
Nach mehreren vergeblichen Versuchen, die italienischen Gruppen von ihrer Verantwortung zu überzeugen (vgl. den Brief der IKS an Battaglia in der Broschüre Dritte Konferenz der Gruppen der Kommunistischen Linken, Mai 1980, Protokoll), konzentrierten die Genossen von Internacionalismo und der neu gegründeten Gruppe Révolution Internationale ihre Bemühungen auf die Umgruppierung der neuen Elemente, die dank des Wiedererstarkens des Proletariats auf der sozialen Bühne politisiert wurden. 1968 kamen zwei Gruppen in Frankreich - Cahiers du Communisme de Conseils und die Rätistische Organisation von Clermont-Ferrand – mit der Gruppe Révolution Internationale zusammen und gründeten die Zeitung RI "neue Serie", die mit Internacionalismo und Internationalism (USA) eine internationale Tendenz bildeten. 1972 schlug Internationalism die Bildung eines internationalen Korrespondenznetzes vor. Erneut hielten sich die italienischen Gruppen von dieser Entwicklung fern. Diese führte zu positiven Ergebnissen – insbesondere zu einer Reihe von Konferenzen 1973-74, an der Révolution Internationale sowie einige neue Gruppen aus England teilnahmen. Eine von ihnen – World Revolution – schloss sich der internationalen Tendenz an, die 1975 zur Bildung der IKS führen sollte (damals aus 6 Gruppen bestehend: Révolution Internationale in Frankreich ; Internationalism USA ; World Revolution England ; Internacionalismo Venezuela ; Accion Proletaria Spanien und Rivoluzione Internazionale Italien).
Erste Konferenz: Mailand 1977
Der Zyklus internationaler Konferenzen wurde 1976 eröffnet, als Battaglia Communista endlich ihre Isolation in Italien beendete und einigen Gruppen der Welt ein internationales Treffen vorschlug.
Die Gruppen waren die folgenden:
Frankreich: Révolution Internationale, Pour une Intervention Communiste, Union Ouvrière, Combat Communiste;
England: Communist Workers’ Organisation, World Revolution;
Spanien: Fomento Obrero Revolucionario (FOR);
USA: Revolutionary Workers' Group;
Japan: Japan Revolutionary Communist League, Revolutionary Marxist Fraction (Kahumaru-Ha) ;
Schweden: Forbundet Arbetarmakt (Workers' Power League);
Portugal: Combate.
Das Vorwort zur Broschüre „Texte und Protokolle der von der Internationalistischen Kommunistischen Partei (Battaglia Communista) organisierten internationalen Konferenz“ bemerkt: „Durch die Auflösung von Union Ouvrière und der RWG und den Abbruch der Kontakte mit Combat Communiste, dessen politische Prinzipien sich mit den Themen der Konferenz als unvereinbar herausstellten, fand sehr schnell eine „natürliche Auslese“ statt. Die Kontakte mit der portugiesischen Gruppe wurden nach einer Zusammenkunft zwischen ihren Vertretern und einem Gesandten der PCInt in Lissabon im Übrigen unterbrochen, als die Entfernung dieser Gruppe von den Grundauffassungen der kommunistischen Bewegung festgestellt wurde. Die japanische Organisation hat nie geantwortet, was vermuten lässt, dass sie die „Adresse“ der PCInt nicht bekommen haben.“
Die schwedische Gruppe zeigte Interesse, konnte aber nicht teilnehmen.
Es war ein wichtiger Schritt, den Battaglia da tat – die Anerkennung der überaus großen Wichtigkeit nicht von internationalen Verbindungen (wie jede linke Gruppe es auch befürwortet), sondern der internationalistischen Aufgabe, die Spaltungen in der weltweiten revolutionären Bewegung zu überwinden und auf eine Zentralisierung und letztendlich Umgruppierung hinzuarbeiten. Die IKS hat die Initiative von Battaglia Communista als einen Schlag gegen Sektierertum und Zersplitterung wärmstens begrüßt. Ihr Beschluss an dieser Initiative teilzunehmen hatte zudem eine heilsame Wirkung auf ihr eigenes politisches Leben, denn keine Gruppe ist gänzlich vor der schädlichen Neigung gefeit, sich als die „einzige und alleinige“ revolutionäre Gruppe zu betrachten. In Folge von Fragestellungen, die innerhalb der IKS über das proletarische Wesen der aus der Italienischen Linken stammenden Gruppen entstanden waren, entwickelte sich eine Diskussion über die Kriterien zur Beurteilung der Klassenzugehörigkeit politischer Organisationen. Eine Resolution über die proletarischen politischen Gruppen wurde infolgedessen beim Internationalen Kongress der IKS 1977 verabschiedet.
Gewichtige Schwächen gab es dennoch im Vorschlag Battaglias und bei der dann stattfindenden Konferenz in Mailand im April/Mai 1977. Erstens fehlten in dem Vorschlag von Battaglia klare Kriterien für die Teilnahme. Mit etwas zeitlichem Abstand betrachtet war der ursprünglich angegebene Grund für den Aufruf zur Konferenz vollkommen richtig: die Annahme des „Eurokommunismus“ durch die wichtigsten westeuropäischen Kommunistischen Parteien. Die Schlussfolgerungen einer Diskussion über das, was Battaglia die „Sozialdemokratisierung“ der KP’s nannte, waren nicht klar. Noch wichtiger war aber die Tatsache, dass der Aufruf die wesentlichen Klassenpositionen, die gewährleisten, dass jede Zusammenkunft proletarischer Gruppen den linken Flügel des Kapitals ausschließt, keineswegs definierte. Die Verschwommenheit in dieser Frage war nicht neu für Battaglia, die in der Vergangenheit bereits zu einer internationalen Konferenz mit der Teilnahme der Trotzkisten von Lutte Ouvrière aufgerufen hatte. Diesmal beinhaltete die Liste der eingeladenen Gruppen auch radikale Linke wie die japanische Gruppe oder Combat Communiste. Die IKS betonte also die Notwendigkeit, dass die Konferenz ein Minimum an grundsätzlichen Prinzipien annimmt, die sowohl die Linkskapitalisten ausschließt, als auch diejenigen, die – auch wenn sie eine gewisse Anzahl an Klassengrundsätzen verteidigen – die Idee einer Klassenpartei ablehnen. Das Ziel der Konferenz wurde also begriffen als Teil eines langfristigen Prozesses hin zu der Bildung einer neuen weltweiten Partei.
Ebenfalls wandte sich die Konferenz direkt gegen das Sektierertum, das die Bewegung beherrschte. Battaglia schien sich z.B. als alleinige Vertreterin der „Italienischen Linken“ zu betrachten und hatte demnach keine einzige andere bordigistische Gruppe zur Konferenz eingeladen. Diese Vorgehensweise spiegelte sich auch darin wider, dass der Aufruf nicht an die IKS gerichtet war (die schon eine Sektion in Italien hatte), sondern nur an einige territoriale Sektionen der IKS. Dann gab es die plötzliche Bekanntgabe der Gruppe Pour une Intervention Communiste, nicht teilzunehmen, obwohl sie anfänglich dazu bereit gewesen war. In einem Schreiben vom 25.04.1977 behauptet sie, diese Zusammenkunft würde zu keinem Dialog führen. Letztendlich zeigte sich in der Konferenz etwas, das sich später zu einem massiven Problem entwickeln sollte: die Unfähigkeit der Konferenzen, irgendeine gemeinsame Stellungnahme zu verabschieden. Am Ende des Treffens schlug die IKS ein kurzes Statement vor, das die Übereinstimmungen und Meinungsverschiedenheiten, die sich in der Diskussion herausgestellt hatten, klarstellen sollte. Das war für Battaglia schon zu viel. Obwohl diese Gruppe für die Konferenz großartige Ziele hatte: „die Grundzüge einer Plattform grundsätzlicher Prinzipien, um eine gemeinsame Arbeit beginnen zu können; ein internationales Koordinationsbüro“ (dritter Rundbrief des PCInt., Februar 1977), wurde schon vor den allerersten Schritten in diese Richtung die Initiative Battaglias gebremst bei dem Gedanken daran, mit der IKS die noch so bescheidene Zusammenfassung der Übereinstimmungen und Unterschiede zu unterschreiben. Die einzigen Gruppen, die in der Lage waren, an der Konferenz teilzunehmen, waren in der Tat Battaglia und die IKS. Die Communist Workers' Organisation war einverstanden zu kommen, konnte aber aus praktischen Gründen doch nicht teilnehmen – dies war dennoch ein großer Schritt, da sie bislang jeglichen Kontakt mit der IKS, die sie wegen ihrer Analyse des Niedergangs der Russischen Revolution als „konterrevolutionär“ bezeichnete, abgebrochen hatte. Auch die um Munis in Spanien und Frankreich gegründete Gruppe FOR konnte nicht teilnehmen. Die Diskussion hatte trotz allem viele Punkte behandelt und eine Reihe von entscheidenden Fragen erörtert, die in der von der IKS vorgeschlagenen gemeinsamen Stellungnahme zusammengefasst sind. Die Diskussion hatte folgendes hervorgehoben:
Einverständnis über die Tatsache, dass der Kapitalismus in seine Dekadenzphase eingetreten ist, obwohl Differenzen in den Analysen der Ursachen dieser Dekadenz bestehen: die IKS verteidigte die These Rosa Luxemburgs, wonach der Hauptwiderspruch des Kapitalismus in seiner Niedergangsphase die Frage der Realisierung des Mehrwerts ist, während für Battaglia dieser Faktor gegenüber der Senkung der Profitrate zweitrangig ist.
Einverständnis über den Beginn einer neuen Phase akuter ökonomischer Krise.
Kein Einverständnis über die Bedeutung der Klassenbewegung am Ende der 60er Jahre und am Anfang der 70er. Für die IKS war dies das Zeichen des Endes der Konterrevolution, während für Battaglia die Konterrevolution noch andauerte.
Einverständnis über die konterrevolutionäre Rolle der Sozialistischen und Kommunistischen Parteien. Die IKS kritisierte dabei Battaglia, dass sie diese Organisationen lediglich als „opportunistisch“ oder „reformistisch“ bezeichnete, denn solche Attribute können nur für proletarische Organisationen, die von der bürgerlichen Ideologie beeinflusst werden, angewendet werden.
Einverständnis über das Wesen der Gewerkschaften als Organisationen der Bourgeoisie, aber kein Einverständnis über die Intervention ihnen gegenüber. Battaglia verteidigte noch die Notwendigkeit einer Arbeit innerhalb der Gewerkschaften – einschließlich der Möglichkeit, in basisgewerkschaftlichen Fabrikkomitees gewählt zu werden. Gleichzeitig verteidigte Battaglia die Notwendigkeit, ihre eigenen „Fabrikgruppen“ zu bilden, die sie „kommunistische Fabrikgruppen“ oder „kommunistische Gewerkschaftskomitees“ nannte.
Diese Frage der Fabrikgruppen war auch ein Hauptelement der Diskussionen, da Battaglia sie als „einen Keilriemen zwischen Klasse und Partei“ betrachtete, während die IKS die Existenz solcher „Keilriemen“ in der Phase der kapitalistischen Dekadenz leugnete, da die Arbeiterklasse keine dauerhaften Massenorganisationen mehr entstehen lassen kann, um die Gewerkschaften zu ersetzen.
Diese Diskussion hing mit erheblichen Differenzen über die Frage der Partei und des Klassenbewusstseins zusammen: Battaglia vertrat die Auffassung Lenins, wonach die Partei das Bewusstsein „von außen“ zu den Arbeitern bringt. Diese Frage sollte bei der nächsten Konferenz wiederaufgenommen werden. Diese Fragen sind Gegenstand von Meinungsverschiedenheiten zwischen der IKS und Battaglia (und dem IBRP) seit den Konferenzen (als schwerwiegend kommt hinzu, dass sich das IBRP vom Dekadenzbegriff abgewandt hat – siehe unsere kürzlich veröffentlichten Artikel in der Internationalen Revue). Dieser Widerstreit war dennoch keineswegs der Ausdruck sinnloser Auseinandersetzungen. Battaglia hat sich tatsächlich bezüglich der Gewerkschaftsfrage weiter entwickelt und fügt sogar ihren Fabrikgruppen den Begriff „gewerkschaftlich“ nicht mehr hinzu. Auch zeigten während der Mailänder Konferenz einige der Antworten der IKS auf Battaglia zur Frage des Klassenbewusstseins einen starken „Anti-Leninismus“, den die IKS in den darauf folgenden Jahren in den eigenen Reihen bekämpfen sollte – insbesondere ab 1984 in der Debatte mit denjenigen, die später die FECCI („Externe Fraktion der IKS“) gegründet haben. Kurzum, die Diskussion führte zu Klärungen auf beiden Seiten und war für das gesamte politische Milieu äußerst interessant. Die Konferenz zog eine positive Bilanz ihrer Arbeit, denn es herrschte Übereinstimmung über die Weiterführung dieses Diskussionsprozesses.
Zweite Konferenz: Paris, November 1978
Die Tatsache, dass die nächste Konferenz gegenüber der ersten einen wichtigen Schritt vorwärts bedeuten sollte, zeigte die Richtigkeit dieser Schlussfolgerungen. Die nächste Konferenz war viel besser organisiert, die politischen Teilnahmekriterien waren klarer und mehr Organisationen waren anwesend. Zahlreiche Diskussionsbeiträge sowie die Protokolle wurden veröffentlicht (Siehe Band I und II der Broschüre „Zweite Konferenz der Gruppen der Kommunistischen Linken“, auf Französisch noch erhältlich).
Diesmal beteiligten sich viele: Battaglia, die IKS, die CWO, der Nucleo Communista Internazionalista (NCI aus Italien), For Kommunismen (Schweden) und das FOR. Drei andere Gruppen waren interessiert, konnten aber nicht teilnehmen: Arbetarmakt (Schweden), Il Leninista aus Italien und die Organisation Communiste Révolutionnaire Internationaliste aus Algerien.
Die Themen der Zusammenkunft waren eine Fortsetzung der Diskussionen auf der ersten Konferenz – die Krise und die ökonomischen Ursachen der kapitalistischen Dekadenz, die Rolle der Partei. Es gab auch eine Diskussion über die nationalen Befreiungskämpfe – Stein des Anstoßes für die meisten Gruppen bordigistischer Tradition. Diese Debatten lieferten einen wichtigen Beitrag im allgemeinen Klärungsprozess. Erstens ermöglichten sie einigen der bei der Konferenz anwesenden Gruppen zu erkennen, dass ausreichend gemeinsame Positionen vorhanden waren, um in einen Prozess der Umgruppierung einzutreten, der den allgemeinen Rahmen der Konferenzen nicht in Frage stellen würde. Dies war der Fall für die IKS und die schwedische Gruppe For Kommunismen. Hinzu kam, dass diese Debatten einen unschätzbaren Bezugspunkt für das gesamte politische Milieu darstellten – einschließlich für die Einzelnen, die keiner bestimmten Gruppe angehörten, aber eine revolutionäre Kohärenz suchten.
Diesmal stellte sich aber das Problem des Sektierertums besonders deutlich.
Die bordigistischen Gruppen waren zur Zweiten Konferenz eingeladen, aber ihre Antwort war ein typischer Ausdruck ihrer Ablehnung der wirklichen Bewegung, ihrer zutiefst sektiererischen Haltung. Die Internationale Kommunistische Partei (IKP) „Florenz“ (die sich 1972 von der bordigistischen Gruppe Programma gespalten hatte und Il Partito Communista veröffentlicht) antwortete, sie möchte mit „Missionaren der Vereinigung“ nichts zu tun haben. Wie wir aber in unserer Antwort „Die Zweite Internationale Konferenz“ (International Review Nr. 16, frz./engl./span. Ausgabe) betonen, war die Vereinigung mit Sicherheit nicht die unmittelbare Absicht: „Die Stunde der Vereinigung der verschiedenen heute bestehenden kommunistischen Gruppen in eine einzige Partei hat noch nicht geschlagen.“
Der gleiche Artikel widmet sich auch der Antwort von Programma: „Nicht viel anders in der Argumentation ist die Antwort der zweiten IKP – Programma. Wichtigster Unterschied ist ihre Vulgarität. Der Titel der Artikels „der Kampf zwischen Fottenti und Fottuti“ (wörtlich: zwischen Fickenden und Gefickten) zeigt schon, auf welches wahrhaftig für andere schwer erreichbare „Niveau“ Programma sich stellt. Muss man annehmen, dass Programma so sehr von stalinistischen Umgangsweisen geprägt ist, dass sie die Gegenüberstellung von Positionen unter Revolutionären nur in Begriffen von „Vergewaltigern und Vergewaltigten“ auffasst? Für Programma ist keine Diskussion möglich unter Gruppen, die sich auf den Kommunismus berufen und dem kommunistischen Lager tatsächlich angehören – vor allem nicht unter diesen Gruppen. Man kann gegebenenfalls mit Trotzkisten und anderen Linken in einem Möchtegern-Soldatenkomitee marschieren oder mit ihnen oder ihresgleichen gemeinsame Flugblätter für die „Verteidigung der Gastarbeiter“ unterschreiben, aber niemals zieht man die Möglichkeit der Diskussion unter kommunistischen Gruppen, nicht einmal unter den vielen bordigistischen Gruppen in Betracht. Da kann es sich nur um einen Machtkampf handeln: wenn man sie nicht zerstören kann, dann zumindest ihre Existenz ignorieren! Vergewaltigung oder Ohnmacht ist die einzige Alternative, die Programma für die kommunistische Bewegung und die Beziehungen unter den Gruppen sieht. Da sie keine andere Auffassung vertritt, glaubt sie sie überall zu erkennen und schreibt sie gern den anderen zu. Eine Internationale Konferenz kommunistischer Gruppen kann in ihren Augen nichts anderes sein und kein anderes Ziel haben, als Mitglieder der anderen Gruppe abzuwerben. Programma hat aus Furcht ohnmächtig zu sein nicht teilgenommen, obwohl der Wunsch zu „vergewaltigen“ sicherlich vorhanden war... Für Programma kann man nur mit sich selber diskutieren. Aus Angst, in einer Auseinandersetzung mit anderen kommunistischen Gruppen den Kürzeren zu ziehen, flüchtet sich Programma lieber in die „Masturbation“. Das ist die Männlichkeit einer Sekte und ihr einziges Mittel der Befriedigung.“
Die IKP hatte auch noch ein anderes Argument hervorgehoben: Die IKS sei parteifeindlich. Andere verweigerten ihre Teilnahme, weil sie gegen die Partei waren – Spartacusbond (Niederlande) und die PIC, die – wie der Artikel es zeigt – die Gesellschaft des sozialdemokratischen linken Flügels der der „Bordigo-Leninisten“ bei Weitem bevorzugte. Und:
„Die Konferenz erlebte durch die Haltung der Gruppe FOR eine Überraschung. Diese hatte ihr volles Einverständnis zur ersten Konferenz in Mailand und zur zweiten gegeben, mit Diskussionstexten beigetragen, zog sich aber bei der Eröffnung der Konferenz mit dem Argument zurück, sie sei mit dem ersten Punkt auf der Tagesordnung – der Entwicklung der Krise und ihrer Perspektiven - nicht einverstanden. Das FOR entwickelte die These, dass sich der Kapitalismus in keiner ökonomischen Krise befand. Die jetzige Krise sei nur eine konjunkturelle, wie der Kapitalismus sie im Laufe ihrer Geschichte immer wieder erlebt und überwunden habe. Sie eröffne demnach keine neue Perspektive, und schon gar nicht eine Wiederaufnahme der proletarischen Kämpfe, sondern eher das Gegenteil. Das FOR stellte die These einer von der ökonomischen Situation völlig unabhängigen „Zivilisationskrise“ auf. Man findet in dieser These den Beigeschmack des Modernismus als Erbe des Situationismus wieder. Wir werden hier keine Debatte eröffnen, um zu beweisen, dass es für die Marxisten absurd erscheint, von Dekadenz und Zusammenbruch einer historischen Gesellschaft zu sprechen, indem man sich ausschließlich auf infrastrukturelle und kulturelle Phänomene beruft, ohne sich auf die ökonomische Struktur zu beziehen, und gleichzeitig behauptet, diese Struktur – Grundlage jeder Gesellschaftsform – werde immer stärker und blühe förmlich auf. Diese Gedankengänge ähneln mehr den Hirngespinsten eines Marcuse als Marxens Denken. Auf diese Weise gründet das FOR die revolutionäre Tätigkeit weniger auf einen objektiven ökonomischen Determinismus als vielmehr auf den subjektiven Voluntarismus, der alle Protestler kennzeichnet. Wir sollten der Frage aber nachgehen, ob diese Verirrungen die wirkliche Ursache dafür sind, dass das FOR die Konferenz verlassen hat? Bei weitem nicht. In der Ablehnung der Teilnahme an der Konferenz und an der Debatte drückt sich vor allem der Cliquengeist des Jeder-für-sich aus, der die sich auf den Linkskommunismus berufenden Gruppen noch so stark prägt“.[i]
Es war in der Tat relativ eindeutig, dass das Sektierertum ein Problem als solches darstellte. Dennoch lehnte die Konferenz den Vorschlag der IKS ab, eine gemeinsame Stellungnahme zur Verurteilung solcher Verhaltensweisen zu verabschieden (obwohl der Nucleo dies unterstützt hätte): nicht die Haltung der Gruppen sei das Problem, sondern ihre politischen Divergenzen. Dies stimmte für Gruppen wie den Spartacusbond oder die PIC, die aufgrund ihrer Ablehnung der Klassenpartei die Kriterien der Konferenz nicht annehmen konnten. Falsch ist aber die Idee, dass die politische Aktivität einzig und allein aus der Verteidigung oder Ablehnung politischer Positionen besteht. Die Haltung, der Werdegang, das Verhalten und die organisatorische Praxis der politischen Gruppen und ihrer Mitglieder sind ebenso maßgeblich, und die sektiererische Haltung fällt selbstverständlich unter diese Kategorie.
Wir haben vom IBRP angesichts verschiedener Krisen innerhalb der IKS die gleiche Antwort bekommen. Für sie ist der Versuch, interne Krisen als Ausdruck des Zirkelgeistes, des Klanverhaltens oder des Parasitismus zu verstehen, nichts als eine Vermeidung „politischer“ Debatten, gar eine bewusste Verschleierung. Mit dieser Auffassung kann man alle organisatorischen Probleme der IKS mit ihrer irrtümlichen Analyse der internationalen Situation oder der historischen Periode erklären; der tägliche Einfluss der bürgerlichen Gewohnheiten und Ideologie innerhalb der proletarischen Organisationen ist einfach ohne Belang. Der eindeutigste Beweis, dass die IBRP dafür absichtlich blind ist, ist ihre bedauernswerte Reaktion auf die letzten Angriffe der parasitären FICCI und des Abenteurers, der hinter dem „Circulo“ in Argentinien steckt, gegen die IKS. Unfähig, die wirklichen Beweggründe dieser Gruppen zu sehen, die nichts mit der Klärung politischer Differenzen zu tun haben, wurde das IBRP zum unmittelbaren Komplizen ihrer zerstörerischen Machenschaften.[ii] Die Fragen des Verhaltens sind keine falschen Fragen für das proletarische politische Leben. Vielmehr sind sie eine Prinzipienfrage – die Frage eines Prinzips, das mit einem lebenswichtigen Anliegen jeder Organisationsform der Arbeiterklasse einhergeht: die Anerkennung eines gemeinsamen Interesses, das den Interessen der Bourgeoisie entgegengesetzt ist. Kurzum, die Notwendigkeit der Solidarität – keine proletarische Organisation kann diese elementare Notwendigkeit ignorieren, ohne dafür zu büßen. Dies gilt auch für das Sektierertum, das auch die solidarischen Bande unter den Organisationen der Arbeiterklasse abschwächt. Die Weigerung der Zweiten Konferenz, das Sektierertum zu verurteilen, hat der Grundlage dieser Reihe von Konferenzen selbst – die dringende Notwendigkeit, über den Tellerrand zu gucken und die wirkliche Einheit der revolutionären Bewegung voranzutreiben – einen Schlag versetzt. Mit ihrer Ablehnung jeglicher gemeinsamen Stellungnahme, fiel sie umso mehr in die Falle des Sektierertums.
Die Definition von Marx lautete: „Die Sekte sucht ihre raison d'être und ihren point d'honneur [Daseinsberechtigung und Ehre] nicht in dem, was sie mit der Klassenbewegung gemein hat, sondern in dem besonderen Schibboleth, das sie von ihr unterscheidet." (Marx an Schweitzer 13/10/1868, Briefwechsel...). Sie beschreibt genau die Haltung der großen Mehrheit der Gruppen, die an den internationalen Konferenzen teilgenommen haben.
Dritte Konferenz, Paris Mai 1980
Obwohl wir in Bezug auf die Arbeit der Zweiten Konferenz optimistisch blieben, da sie einen bedeutsamen Fortschritt gegenüber der ersten bedeutete, waren Anzeichen von Gefahr doch erkennbar. Sie bestätigten sich bei der Dritten Konferenz. Die teilnehmenden Gruppen waren: die IKS, Battaglia, die CWO, l’Eveil Internationaliste, die Nuclei Leninisti Internazionalisti (entstanden aus der Fusion zwischen dem Nucleo und Il Leninista), die Organisation communiste révolutionnaire d’Algérie (war selbst nicht anwesend, sondern wurde vertreten) und die Groupe communiste internationaliste als „Beobachter“.[iii]
Die wichtigsten Fragen auf der Tagesordnung waren erneut die Krise und ihre Perspektiven sowie die Aufgaben der Revolutionäre heute. Die von der IKS gezogene Bilanz: „Einige allgemeinen Bemerkungen zu den Beiträgen für die dritte internationale Konferenz“ (erschienen in der Broschüre Die Dritte Konferenz) stellte einige wichtige Übereinstimmungspunkte als Grundlage der Konferenz heraus:
Der Kapitalismus steht vor einer sich vertiefenden Krise, die das System zu einem dritten Weltkrieg führt;
Dieser Krieg wird imperialistisch sein und die Revolutionäre müssen beide Lager verurteilen;
Die Kommunisten müssen als Ziel haben, zu der revolutionären Aktion ihrer Klasse beizutragen, die allein der Entwicklung zum Krieg entgegentreten kann;
Die Arbeiterklasse muss sich vom Einfluss der angeblichen „Arbeiterparteien“ und Gewerkschaften befreien, und auf dieser Ebene ist die Aktivität der Revolutionäre unerlässlich.
Der Texte vermerkt auch, dass bedeutende Differenzen über den historischen Kurs insbesondere mit Battaglia bestehen: Sie behauptete, es könne gleichzeitig einen Kurs zum Krieg und einen Kurs zur Revolution geben und es sei nicht die Aufgabe der Revolutionäre zu entscheiden, welcher sich durchsetzen würde. Die IKS wiederum stützte sich auf die Methode der Italienischen Fraktion in den 30er Jahren und unterstrich die Tatsache, dass ein Kurs zum Krieg nur auf der Grundlage einer Schwächung und Niederlage der Arbeiterklasse entstehen kann und dass die Klasse, wenn sie sich in einer Dynamik zur revolutionären Konfrontation mit dem Kapitalismus befindet, für einen Krieg nicht angeworben werden kann. Sie fügte hinzu, es sei für die Revolutionäre von herausragender Bedeutung, die möglichst klarste Position zu der vorherrschenden Tendenz zu haben, da die Form und der Inhalt ihrer Tätigkeit auf einer Analyse über den historischen Kurses gründet.
Die Frage der Fabrikgruppen war wieder ein Reibungspunkt für die anwesenden Gruppen. Während Battaglia sie als ein Mittel zur Entwicklung einer reellen und konkreten Einflussnahme innerhalb der Klasse präsentierte, stellte diese Auffassung für die IKS eher die Sehnsucht dar nach der längst verflossenen Zeit der permanenten Organisationen der Arbeiterklasse (z.B. der Gewerkschaften). Der Gedanke, die kleinen revolutionären Gruppen von heute könnten ein solches Netz, einen „Keilriemen zwischen der Partei und der Klasse“ schaffen, zeugte von einem gewissen Größenwahn bezüglich der tatsächlichen Möglichkeiten revolutionärer Tätigkeit zu dieser Zeit.
Die Diskrepanz zwischen dieser Auffassung und einem wirklichen Verständnis der reellen Bewegung konnte eine bedenkliche Unterschätzung der tatsächlichen Arbeit der Revolutionäre zur Folge haben und verhindern, dass eine Intervention in den Organisationsformen, die anfänglich in den Kämpfen des Proletariats 1978-80 entstanden waren, als notwendig erachtet wurde: nicht nur in den Vollversammlungen und Streikkomitees (die zwar am spektakulärsten in Polen auftraten, aber auch schon im Streik der Hafenarbeiter von Rotterdam zu finden waren), sondern auch in den Gruppen und Zirkeln, die kämpferische Minderheiten während oder am Ende der Streiks ins Leben riefen. In dieser Frage war die Auffassung der IKS der der NLI und deren Kritik des „Fabrikgruppen“-Schemas Battaglias ähnlich. Jegliche Möglichkeit, die Diskussion zu dieser Frage oder anderen zu führen, wurde aber durch den endgültigen Sieg des Sektierertums in den Konferenzen restlos vernichtet. Zuerst wurde der Vorschlag der IKS abgelehnt, eine gemeinsame Erklärung angesichts der Kriegsdrohung zu verfassen, die in Folge des Einmarsches Russlands in Afghanistan zu dieser Zeit besondere Brisanz besaß:
„Die IKS forderte die Konferenz auf, zu dieser Frage Stellung zu nehmen, und schlug eine Resolution vor, um gemeinsam die Haltung der Revolutionäre gegenüber dem Krieg zu bekräftigen. Der PCInt und dann die CWO und l’Eveil Internationaliste lehnten ab. Die Konferenz blieb stumm. Aufgrund der Kriterien für die Teilnahme an der Konferenz teilten alle anwesenden Gruppen zweifellos die gleiche grundlegende Position über die Haltung, die das Proletariat im Falle der Gefahr eines weltweiten Konfliktes einzunehmen hat. „Wir unterschreiben nicht mit irgendjemand, das wäre opportunistisch“, sagen uns die Befürworter des Schweigens. Wir antworten: Opportunismus bedeutet, Prinzipien bei der erstbesten Gelegenheit zu verraten. Wir schlugen nicht vor, ein Prinzip zu verraten, sondern es so kraftvoll wie möglich zu bekräftigen. Das internationalistische Prinzip ist eins der höchsten und wichtigsten für den proletarischen Kampf. Unabhängig davon, welche Differenzen zwischen den internationalistischen Gruppen ansonsten bestehen, gibt es nur wenige politische Organisationen auf der Welt, die dieses Prinzip konsequent verteidigen. Die Konferenz musste zum Krieg Stellung beziehen und dies so laut wie möglich. Der Inhalt dieser glänzenden „nicht opportunistischen“ Schlussfolgerung lautet: Da die revolutionären Organisationen nicht in allen Fragen eine Einigung erreicht haben, dürfen sie nicht zu den Fragen sprechen, über die sie seit langem einverstanden sind. Die Besonderheiten jeder Gruppen sind wichtiger als das Gemeinsame. Genau das ist Sektierertum. Das Schweigen der drei Konferenzen ist der klarste Ausdruck der Machtlosigkeit, zu der das Sektierertum führt.“ (International Review Nr. 22 „Das Sektierertum – Erbe der Konterrevolution“).
Das Problem ist nicht verschwunden: 1999 und 2003 trat es bei dem Vorschlag der IKS, gemeinsame Erklärungen zu den Kriegen in Jugoslawien und Irak zu verfassen, wieder auf.
Ferner wurde die Debatte plötzlich unterbrochen, als am Ende der Versammlung Battaglia und die CWO ein neues Kriterium hervorholten, das die IKS wegen ihrer Position zur Ablehnung der Machtergreifung durch die Partei in einer revolutionären Phase herausdrängen sollte. Dieses neue Kriterium lautete: „Die proletarische Partei ist zur politischen Führung der revolutionären Klassenbewegung und der revolutionären Macht selbst notwendig.“ Dies bedeutete, die Debatte zu schließen, bevor sie überhaupt anfangen konnte. Für Battaglia war es das Zeichen eines Ausleseprozesses, das die „Spontaneisten“ aus den Reihen der Konferenz aussondern sollte, damit nur diejenigen bleiben, die ernsthaft an der Bildung einer revolutionären Partei interessiert sind. Tatsächlich waren aber alle anwesenden Gruppen de facto an der langfristigen Bildung der Partei beteiligt. Nur die Diskussion in Verbindung mit der wirklichen Praxis der Revolutionäre konnte die wichtigsten Differenzen zur Struktur und Funktion der Partei beseitigen.
Das Kriterium von Battaglia und der CWO zeigt, dass diese Gruppen selbst zu keiner klaren Position zur Rolle der Partei gelangt waren. Zur Zeit der Konferenz und trotz der großen Phrasen über die Partei als „Kapitän der Klasse“ betonte Battaglia die Notwendigkeit für diese, sich vom Staat zu unterscheiden. Dabei verwarf sie eindeutig die „offener“ bordigistische Auffassung, die die Diktatur der Partei vertritt. Bei der Zweiten Konferenz hatte die CWO vor allem gegen die Kritik der IKS an den „substitutionistischen“ Fehlern der Bolschewiki polemisiert und entschieden behauptet, dass die Partei die Macht ergreife, wenngleich das „durch“ die Räte erfolgen soll. Diese beiden Gruppen konnten also schwer verkünden, die Debatte sei „beendet“. Der Grund, weshalb Battaglia (die die Konferenzen ohne Kriterien begonnen hatte und jetzt fanatisch besonders „selektive“ Kriterien hervorholte) dieses Kriterium in den Vordergrund stellte, war keineswegs der Wille zur Klärung, sondern vielmehr der sektiererische Drang, die IKS als die zu vernichtende Rivalin loszuwerden, um sich als der einzige internationale Pol der Umgruppierung hervorzutun. Diese Politik wurde in den 80er und 90er Jahren immer mehr zur Theorie und Praxis des IBRP. Sie führte zu der Aufgabe des Konzeptes eines proletarischen Lagers und zu der Selbsternennung als die einzige Kraft, die die Errichtung der Weltpartei vorantreiben könne. Wichtig ist auch zu verstehen, dass die andere Seite des Sektierertums der Opportunismus, der Schacher mit Prinzipien ist. Das hat die Methode gezeigt, mit welcher Battaglia dieses neue Kriterium aus dem Hut gezaubert und zur Abstimmung gebracht hat (nach Verhandlungen mit der CWO hinter den Kulissen): genau zu dem Zeitpunkt, als die einzige Gruppe, die ebenso dagegen war (die NCI), die Konferenz schon verlassen hatte (solche Manöver gehören zur Methode der bürgerlichen Parlamente und haben definitiv nichts in einer Versammlung kommunistischer Gruppen zu suchen).
Der Brief der IKS an Battaglia nach der Konferenz (in der Broschüre Die Dritte Konferenz veröffentlicht) zeigt gegenüber solchen Methoden, was eine verantwortliche Haltung gewesen wäre: „Wenn Ihr tatsächlich dachtet, es sei an der Zeit, ein zusätzliches, viel selektiveres Kriterium für die Einladung zu zukünftigen Konferenzen einzufügen, wäre die einzige ernsthafte, verantwortungsvolle Haltung gewesen, die mit dem Bestreben nach der notwendigen brüderlichen Klärung und Diskussion unter revolutionäre Gruppen zu vereinbaren ist, die Konferenz aufzufordern, diese Frage explizit auf die Tagesordnung zu stellen und entsprechende Diskussionstexte vorzubereiten. Dennoch habt Ihr zu keinem Zeitpunkt während der Vorbereitung auf die Dritte Konferenz diese Frage ausdrücklich angesprochen. Erst nach Verhandlungen mit der CWO hinter den Kulissen habt Ihr am Ende der Konferenz Eure kleine Bombe platzen lassen.
Wie soll man Eure Kehrtwendung und die vorsätzliche Verheimlichung Eurer wirklichen Absichten verstehen? Wir können schwer etwas anderes darin erkennen als den Willen die Grundsatzdebatte zu vermeiden, die der Einführung eines zusätzlichen Kriteriums zur Frage der Partei eventuell einen Sinn verliehen hätte. Obwohl wir der Meinung waren, eine „Selektion“ sei auch nach einer solchen Diskussion sehr verfrüht, schlugen wir, gerade um diese Grundsatzdebatte zu führen, für die Tagesordnung der nächsten Konferenz folgende Frage vor: „die Frage der Partei – ihre Natur, Funktion und das Verhältnis zwischen Partei und Klasse ausgehend von der historischen Darstellung dieser Frage in der Arbeiterbewegung und der historischen Beweisführung dieser Konzepte“ (von der IKS vorgeschlagener Resolutionsentwurf). Genau dieser Diskussion wolltet Ihr aus dem Weg gehen (stört sie Euch so sehr?). Dies wurde sehr deutlich, als Ihr Euch am Ende der Konferenz geweigert habt, eine Erklärung zu Eurem Vorschlag für ein Kriterium zu liefern: „die proletarische Partei als notwendiges Organ der politischen Führung der revolutionären Klassenbewegung und der revolutionären Macht selbst.“ Allen Teilnehmern war klar, dass Eure einzige Absicht nicht die Klärung der Debatte war, sondern die Konferenzen sollten sich der Elemente – unter anderen der IKS - „entledigen“ , die Ihr als „spontaneistisch“ bezeichnet hattet.
Eine solche Vorgehensweise verrät die größte Geringschätzung gegenüber den teilnehmenden Gruppen – sowohl den anwesenden als noch vielmehr denjenigen, die aus materiellen Gründen nicht hatten kommen können, und darüber hinaus des gesamten revolutionären Milieus, für welches die Konferenzen eine Referenz waren; sie scheint auch darauf hinzudeuten, dass Battaglia Communista die Konferenzen als IHR Ding betrachtete, das sie nach Gutdünken aufbauen oder zerstören kann.
Nein Genossen! Die Konferenzen waren nicht Battaglias Eigentum, nicht einmal dasjenige der sie organisierenden Gruppen. Sie gehören dem Proletariat, sind eine Etappe auf seinem mühsamen Weg zur Bewusstwerdung und zur Revolution. Keine Gruppe hat das Recht auf ihr Bestehen oder ihre Auflösung, weder aufgrund einer Laune noch wegen der ängstlichen Weigerung, über die Probleme, mit denen die Klasse konfrontiert ist, vertieft zu diskutieren.“
Der Opportunismus, der sich in der Vorgehensweise von Battaglia und der CWO gezeigt hatte, wurde in der vierten Konferenz in London 1982 voll bestätigt. Es wurde ein Flop in puncto Organisation: viel weniger Teilnehmer als bei den vorigen Konferenzen, keine veröffentlichten Texte oder Protokolle, keine Fortsetzung. Außerdem ein gefährliches Aufweichen der Prinzipien, denn die einzige anwesende Gruppe waren die Unterstützer der Einheit Kommunistischer Militanter (SUCM) – eine radikale stalinistische Gruppe in direkter Verbindung mit dem kurdischen Nationalismus, die sich jetzt Kommunistische Partei der Arbeiter Irans nennt (auch bekannt unter dem Namen „Hekhmatisten“). Die sektiererische „Strenge“ gegenüber der IKS und dem proletarischen Milieu ging mit einer sehr nachgiebigen Haltung gegenüber der Konterrevolution einher. Wie wir es in dem Artikel „Polemik mit dem IBRP: eine opportunistische Umgruppierungspolitik führt lediglich zu Fehlgeburtent“ (Internationale Revue Nr. 36) zeigten, sollte das IBRP unverhohlen diese opportunistische Auffassung der Umgruppierung noch öfters vertreten.
Die Jahre der Wahrheit für die Revolutionäre
Die 70er Jahre waren für die revolutionäre Bewegung, die noch die Früchte des ersten Ansturms von Arbeiterkämpfen am Ende der 60er Jahre erntete, Wachstumsjahre. Seit Anfang der 80er Jahre war aber das politische Umfeld erheblich düsterer. Der Einmarsch Russlands in Afghanistan und die aggressive Antwort der USA darauf machten eine Zuspitzung der interimperialistischen Konflikte deutlich; die damit verbundene Gefahr eines Weltkrieges nahm Form an. Die Bourgeoisie verkündete immer weniger eine strahlende Zukunft und immer mehr den Realismus, dessen Symbol die Politik der „Eisernen Lady“ in Großbritannien wurde.
Zu Anfang des Jahrzehnts erkannte die IKS, dass die Jahre der Illusionen vorbei waren und die Jahre der Wahrheit begannen. Mit der dramatischen Vertiefung der Krise und der Beschleunigung der Kriegsvorbereitungen konfrontiert, vertraten wir die Ansicht, dass die Arbeiterklasse ihre Kämpfe auf ein höheres Niveau stellen müsse und dass das kommende Jahrzehnt für das weitere Schicksal des Kapitalismus entscheidend sein könne. Das Proletariat war gezwungen, den Klassenkampf auf eine höhere Stufe zu stellen. Im August 1980 kam in Polen der klassische Massenstreik hervor, der die Fähigkeit der Arbeiterklasse, sich auf der Ebene eines ganzen Landes zu organisieren, erneut aufzeigte. Obwohl diese Bewegung isoliert blieb und letztendlich brutal niedergeschlagen wurde, zeigte die in Belgien 1983 begonnene Kampfeswelle, dass die Arbeiter der westeuropäischen Schlüsselländer bereit waren, auf die durch die Krise bedingten vermehrten Angriffe auf ihre Lebensbedingungen zu antworten. Die Revolutionäre hatten zahlreiche und wichtige Gelegenheiten, in der darauf folgenden Bewegung zu intervenieren, dennoch war es keine „einfache“ Zeit für die Mitgliedschaft in einer kommunistischen Organisation. Der Ernst der Lage forderte zu viel von denjenigen, die zu einem langfristigen Engagement für die Sache des Kommunismus nicht bereit waren oder die sich mit vielen von den „happy days“ der 60er Jahre geerbten kleinbürgerlichen Illusionen in der Bewegung verirrt hatten. Hinzu kommt, dass die damaligen Kämpfe, so wichtig sie waren, es nicht schafften, ein ausreichendes Niveau von Politisierung zu erreichen. Der Kampf der englischen Bergarbeiter, des Schulpersonals in Italien, der Eisenbahner in Frankreich, der Generalstreik in Dänemark ... – all diese Kämpfe und andere mehr waren Ausdruck des offenen Misstrauens einer nicht besiegten Klasse, die den Weg der Bourgeoisie zum Weltkrieg versperrte. Sie waren aber nicht in der Lage, die Perspektive einer neuen Gesellschaft aufzuzeigen und haben das Potential des Proletariats als revolutionäre Klasse der Zukunft nicht deutlich herausgestellt. Sie haben auf Grund dessen keine neue Generation von proletarischen Gruppen und Militanten hervorgebracht.
Das globale Ergebnis dieses Kräfteverhältnisses zwischen den Klassen war das, was wir die Phase des kapitalistischen Zerfalls genannt haben, in welcher keine der beiden historischen Klassen ihre eigene Perspektive durchzusetzen vermag: weltweiten imperialistischen Krieg oder proletarische Revolution. Die „Jahre der Wahrheit“ sollten die ganze Schwäche des proletarischen Milieus gnadenlos offenbaren. Die IKP (Programma) wurde Anfang der 80er Jahre von einer verheerende Krise infolge eines Geburtsgebrechens ihres programmatischen Gerüstes geschüttelt – insbesondere die Frage der nationalen Befreiungskämpfe führte zu einem Eindringen linker und nationalistischer Elemente in ihre Reihen. Die Krise der IKS von 1981 (die in die Abspaltung der „Chénier“-Tendenz mündete) war weitestgehend der Preis, den die IKS für ihr schwaches Verständnis organisatorischer Fragen zu zahlen hatte. Der Bruch mit der „Externen Fraktion der IKS“ (FECCI) zeigte außerdem, dass unsere Organisation die Überreste rätistischer Auffassungen ihrer Anfangsjahre noch nicht überwunden hatte. 1985 bildete sich das IBRP aufgrund einer Verbindung zwischen Battaglia und der CWO. Die IKS bezeichnete diesen Zusammenschluss als „opportunistischen Bluff“. Die darauf folgende Unfähigkeit des IBRPs, eine wirklich zentralisierte internationale Organisation aufzubauen, hat dies bestätigt.
All diese Schwierigkeiten wären gewiss nicht aufgetreten, wenn die Konferenzen nicht Anfang des Jahrzehnts sabotiert worden wären. Aber das Fehlen von Konferenzen bedeutete einmal mehr, dass das proletarische Milieu ungeordnet ihnen entgegentreten musste. Bezeichnenderweise sind die Konferenzen am Vorabend des Massenstreiks in Polen gescheitert; damit wurde die Unfähigkeit des proletarischen Milieus deutlich, nicht nur zur Frage des Krieges, sondern auch angesichts eines derart offenen und anregenden Ausdrucks der proletarischen Alternative mit einer einzigen Stimme zu sprechen.
Die Schwierigkeiten, mit denen das heutige politische proletarische Milieu konfrontiert ist, sind keineswegs das Produkt des Scheiterns der internationalen Konferenzen. Wie wir gesehen haben, liegen die Wurzeln viel tiefer und breiter. Aber der Mangel an einem organisierten Rahmen der politischen Debatte und Zusammenarbeit hat zu ihrer Verstärkung beigetragen.
Die Entstehung einer neuen Generation von proletarischen Gruppen und Elementen wird sicherlich in Zukunft das Bedürfnis nach einem organisierten Rahmen hervorbringen. Eine der ersten Initiative des NCI in Argentinien war ein Vorschlag in dieser Richtung. Fast die gesamten Gruppen des proletarischen Milieus haben abschlägig reagiert. Solche Vorschläge werden aber wieder gemacht werden, auch wenn die Mehrheit der „etablierten“ Gruppen immer weniger in der Lage ist, einen einigermaßen positiven Beitrag zur Entwicklung der Bewegung zu liefern. Wenn diese Vorschläge fruchten, wird man sich die Lehren aus den Konferenzen 1976-1980 aneignen müssen.
In Ihrem Schreiben an Battaglia in der Broschüre „Die Dritte Konferenz“ zieht die IKS die wichtigsten Lehren:
„Wichtigkeit dieser Konferenzen für das revolutionäre Milieu und die gesamte Klasse,
Notwendigkeit von Kriterien,
Notwendigkeit, Stellung zu beziehen,
Ablehnung von überstürztem Verhalten,
Notwendigkeit der tiefstmöglichen Diskussion über die entscheidenden Fragen, mit denen das Proletariat konfrontiert ist.“
Wenn sich die neue Generation diese Lehren zu Eigen macht, dann wird der erste Zyklus internationaler Konferenzen in seiner Aufgabe nicht gänzlich gescheitert sein.
Amos
Kurze Notizen zu den genannten Gruppen
Einige der erwähnten Gruppen sind später verschwunden.
Spartacusbond
Eine der letzten Gruppen der Kommunistischen Holländischen Linken, die aber in den 70er Jahren nur noch ein Schatten des Rätekommunismus der 30er Jahre und des Spartacusbond der Nachkriegszeit war, der die Notwendigkeit einer proletarischen Partei anerkannt hatte.
Forbundet Arbetarmkt
Schwedische Gruppe mit einer seltsamen Mischung aus Rätekommunismus und linker Ideologie.
Sie bezeichnete die UdSSR als „staatsbürokratische Produktionsweise“, unterstützte die nationalen Befreiungskämpfe und die Arbeit in den Gewerkschaften. Erheblich Differenzen waren vorhanden und einige der Mitglieder verließen sie Ende der 70er Jahre und schlossen sich der IKS an.
Pour une Intervention communiste
Ende 1973 aus der IKS ausgetreten, weil diese angeblich nicht ausreichend intervenieren würde (für die PIC war Intervention gleichbedeutend mit: Unmengen an Flugblättern produzieren). Die Gruppe orientierte sich relativ schnell hin zu halb-rätistischen Positionen und verschwand.
Nucleo Comunista Internazionalista
Aus der IKP (Programma) in Italien Ende der 70er Jahre entstanden, hatte diese Gruppe anfänglich eine viel offenere Haltung gegenüber der Tradition von Bilan und dem bestehenden proletarischen Milieu, wie man in ihren Interventionen während der Konferenz feststellen kann. Zur Zeit der Dritten Konferenz fusionierte sie mit Il Leninista und gründete die Nuclei Leninisti Internazionalisti. Später entstand die Organizzazione Comunista Internazionalista, die sich aber zu den Linken entwickelte. Die ursprüngliche Schwäche der NCI zur nationalen Frage bildete einen fruchtbaren Boden und verfestigte sich: die OCI unterstützte offen Serbien im Krieg 1999 und den Irak in beiden Golfkriegen.
Formento Obrero Revolucionario
Von Grandizo Munis in den 50er Jahren gegründet. Munis hatte mit dem Trotzkismus in der Frage der Verteidigung der UdSSR gebrochen und sich zu den Positionen der kommunistischen Linken hin entwickelt. Die Unklarheiten dieser Gruppe über die Krise und der Tod des charismatischen Munis haben der Gruppe den Gnadenstoß gegeben, sie verschwand Mitte der 90er Jahre.
L’Eveil Internationaliste
Entstand Ende der 70er Jahre infolge eines Bruchs mit dem Maoismus. Hat bei der Dritten Konferenz alle anderen Gruppen über ihre Unzulänglichkeiten in Theorie und Intervention belehrt und ist kurz darauf spurlos verschwunden.
Organisation communiste révolutionnaire internationaliste d’Algérie
Auch
bekannt unter dem Namen TIL (nach ihrer Zeitschrift Travailleurs Immigrés
en Lutte), unterstützte sie die Konferenzen, konnte aber aus
Sicherheitsgründen angeblich nicht teilnehmen. Tatsächlich war dies Teil eines
größeren Problems: die Konfrontation mit dem revolutionären Milieu zu
vermeiden. Sie überlebte noch bis in die 80er Jahre.
[i] Das FOR scheint einen nachträglichen Sieg bei der Konferenz errungen zu haben. Es gibt nämlich eine frappierende Ähnlichkeit zwischen seiner Idee, die kapitalistische Gesellschaft, aber nicht die kapitalistische Wirtschaft sei dekadent und der neuen Entdeckung des IBRP, die zwischen der kapitalistischen (nicht dekadenten) Produktionsweise und dem gesellschaftlichen (dekadenten) Überbau unterscheidet. Siehe insbesondere den Text von Battaglia: Dekadenz und Zerfall, Produkte der Konfusion sowie unsere Antwort auf unserer französischsprachigen Webseite.
[ii] siehe den „Offenen Brief an die Genossen des IBRP“ auf unserer Webseite.
[iii] Die Haltung der GCI bei der Konferenz zeigte, wie wir es in der International Review Nr. 22 gezeigt haben, dass diese Gruppe keinen Platz in einer Zusammenkunft von Revolutionären hatte. Obwohl die IKS zur Zeit der Konferenzen ihre Auffassung des politischen Parasitentums noch nicht entwickelt hatte, konnte man bei der GCI alle Charakteristiken dessen finden. Sie war nur zur Konferenz gekommen, um sie als „Betrug“ zu denunzieren, betonte, sie sei nur als Beobachterin gekommen, habe jederzeit das Recht, das Wort zu allen Fragen zu ergreifen, und verursachte fast eine Schlägerei. Kurzum, diese Gruppe existiert, um das proletarische Milieu zu sabotieren. Bei der Konferenz schwenkte sie große Reden über den revolutionären Defätismus und den Internationalismus in Aktion und nicht in Worten. Wie viel wert diese Phrasen waren, kann man an den Lobliedern, die die GCI später über die nationalistischen Gangs in Peru und El Salvador gesungen hat, und an ihrer aktuellen Auffassung über einen proletarischen Kern des „Widerstandes“ im Irak messen.