Submitted by IKSonline on
Für das Proletariat ist sein Bewußtsein seine wichtigste und entscheidende Waffe, ohne die es seine historischen Interessen nicht durchsetzen kann. Da wir jetzt in einem Zeitraum leben, in dem die Entscheidung für den Kommmunismus oder die Barbarei gefällt wird, ist die Frage des Bewußtseins von grundsätzlicher Bedeutung.
Die nachfolgenden Artikel wurden Mitte der 1980er Jahre während einer Debatte der IKS zur Frage der Entwicklung des Klassenbewusstseins veröffentlicht.
Klassenbewußtsein, Motor der Revolution
Für das Proletariat ist sein Bewußtsein seine wichtigste und entscheidende Waffe, ohne die es seine historischen Interessen nicht durchsetzen kann. Da wir jetzt in einem Zeitraum leben, in dem die Entscheidung für den Kommmunismus oder die Barbarei gefällt wird, ist die Frage des Bewußtseins von grundsätzlicher Bedeutung.
Die Bourgeoisie versucht das Proletariat in einen Nihilismus zu treiben, ihm seine Orientierung zu nehmen und die Perspektiven zu verdecken, um es so später zu besiegen und in den Krieg zu führen.
Vor allem möchte die Bourgeoisie das Proletariat in den Sumpf des Apolitismus drängen. Das Klassenbewusstsein ist hauptsächlich ein politisches Bewußtsein; ein Bewußtsein über die Notwendigkeit der Verstärkung des Klassenkampfes gegen den bürgerlichen Staat, für seine Zerstörung und für den Aufbau des Kommunismus. Dieses Bewußtsein setzt das Begreifen voraus, daß das Proletariat in seinen Reihen eine eigene politische Partei schaffen muß, die sein Bewußtsein über den Kommunismus vertieft und ausbreitet. Während die Bourgeoisie in den 70er Jahren das Proletariat für ihre Alternativen zu begeistern suchte (Demokratie, Antifaschismus, Verstaatlichungen usw.), muß sich die Bourgeoisie in Anbetracht des Verschleißes dieser Mythen, der sich vertiefenden Krise und dem Voranschreiten des Klassenkampfes bemühen, die Entpolitisierung zu verstärken. So will sie verhindern, daß die Verwerfung der Politik der Bourgeoisie zu einer Entfaltung der autonomen proletarischen Politik führt.
Deshalb ist eine Diskussion über das Wesen, die Funktion und den Prozeß der Entwicklung des revolutionären Bewußtseins eine grundlegende Frage der militanten Arbeit der Revolutionäre. In diesem ersten Teil der Artikelserie wollen wir uns zunächst mit der Rolle des Bewußtseins in der Geschichte und einer Beschreibung des Wesens des Klassenbewußtseins befassen.
Bei der Entwicklung der Menschheit kann man 3 Faktoren hervorheben: die Natur, die Entwicklung der Produktivkräfte und das Bewußtsein. Die Natur, die über einen langen Zeitraum hinweg ein entscheidender Faktor war, wurde durch die Entwicklung der Produktivkräfte stark gebändigt, die nun mit dem Kapitalismus eine entscheidende Stufe erreichten: sie legten die Grundlagen für die Überwindung des Mangels und der Misere und die bewußte Vereinigung der gesamten Menschheit. Aber dies führt uns zum 3. Faktor, dem Bewusstsein.
Jahrhundertelang war das Bewußtsein ein zweitrangiger und untergeordneter Faktor in der Entwicklung derMenschheit. Erstens weil es ein verschleiertes Bewußtsein der Wirklichkeit war, denn die ausbeutenden Klassen haben es immer der Verteidigung ihrer Interessen untergeordnet. Zweitens weil es hauptsächlich eine betrachtende Widerspiegelung der vorher stattgefundenen Veränderungen der Infrastruktur der Gesellschaft war. Das Bewußtsein hat in den historischen Prozessen eine Rolle gespielt, aber in letzter Instanz war der entscheidende Faktor die Umwälzung der Produktivkräfte und der Produktionsverhältnisse, die wiederum das Bewußtsein bestimmt haben. Mit dem Erscheinen des Proletariats muß der Faktor Bewußtsein zum Motor der Entwicklung der Menschheit werden.
- Erstens weil das Proletariat gleichzeitig als ausgebeutete und revolutionäre Klasse nicht das geringste Interesse daran hat, ein falsches Bewußtsein der Welt zu haben, oder sich über seine eigenen historischen Klasseninteressen Illusionen zu machen - die Abschaffung der Ausbeutung und der Klassen setzt ein umfassendes Verständnis der Welt voraus, das weder Tabus, noch irgendwelche Einschränkungen akzeptieren kann.
- Zweitens erfordert und läßt die von den Produktivkräften erreichte Entwicklung der Menschheit es möglich werden, daß die Arbeiterklasse die Kontrolle und die bewußte Orientierung über diese Produktivkräfte ausübt. In der geschichtlichen Existenz des Proletariats liegt die Lösung für den Widerspruch, in dem der Kapitalismus die ganze Menschheit, gefangen hält: einerseits hat er auf phantastische Weise die Produktivkräfte umgewälzt, sie weltweit vorangetrieben, andererseits läßt seine gesellschaftliche Grundlage - das Privateigentum an Produktionsmitteln, die Ausbeutung der Lohnarbeit - sie zu erschreckenden Zerstörungskräften werden, die die Gesellschaft in eine Krise versinken lassen, welche die Bedrohung einer Auslöschung der Menschheit in einen neuen Holocaust eines 3. Weltkrieg bedeutet.
Das revolutionäre, bewußte Handeln des Proletariats stellt eine positive Lösung des historischen Widerspruches zwischen Krieg und Revolution, Barbarei oder Kommunismus dar.
"Der Kommunismus unterscheidet sich von allen bisherigen Bewegungen dadurch, daß er die Grundlage aller bisherigen Verkehrsverhältnisse umwälzt und alle naturwüchsigen Voraussetzungen zum ersten Mal mit Bewußtsein als Geschöpfe der bisherigen Menschen behandelt, ihrer Naturwüchsigkeit entkleidet und der Macht der vereinigten Individuen unterwirft" (Die deutsche Ideologie, MEW Band 3, S.70).
DIE ERSTE BEWUSSTE REVOLUTION IN DER GESCHICHTE
Aufgrund seines Zieles, seiner Mittel und des Prozesses seiner Verwirklichung ist der Kommunismus die erste bewußte Revolution der Geschichte.
Sein Ziel ist die volle Befriedigung der menschlichen Bedürfnisse. Das Ziel des Kapitalismus besteht nicht in der Befriedigung der menschlichen Bedürfnisse, sondern in der Produktion von Mehrwert, was eine allgemeine Misere für die Arbeiter bedeutet, die nur in Zeiten wirtschaftlichen "Wohlstands" überdeckt wird.
Dagegen ist der Kommunismus die Organisierung des gesellschaftlichen Lebens in ihrer Gesamtheit für die volle Verwirklichung der menschlichen Bedürfnisse. Er beinhaltet die weltweite bewußte Kontrolle und Planung der Produktivkräfte, ihrer Ausrichtung und ihrer Entfaltung.
Die Mittel für die Verwirklichung des Kommunismus sind die menschliche Weltgemeinschaft, die das bewußte Ergebnis der Diktatur des Proletariats sein wird, die wiederum die notwendigen Bedingungen schaffen wird, damit die Gattung Msnsch bewußt und frei ihre Geschichte bestimmen kann.
"Das Subjekt der kommunistischen Revolution, das Proletariat, ist aufgrund seiner Stellung in der Geschichte Träger einer Bewußtseinsform, die eine wirkliche und keine verschleierte, eine globale und keine partielle, eine aktive und keine rein widerspiegelnde Erkenntnis der Welt besitzt.
"Die Aneignung ist ferner bedingt durch die Art und Weise, wie sie vollzogen werden muß. Sie kann nur vollzogen werden durch eine Vereinigung, die durch den Charakter des Proletariats selbst wieder nur eine universelle sein kann, und durch eine Revolution, in der einerseits die Macht der bisherigen Produktions- und Verkehrsweise und gesellschaftlichen Gliederung gestürzt wird und andererseits der universelle Charakter und die zur Durchführung der Aneignung nötige Energie des Proletariats sich entwickelt, ferner das Proletariat alles abstreift, was ihm noch aus seiner bisherigen Gesellschaftsstellung geblieben ist." (ibid S.68)
Zwischen der kommunistischen Revolution und allen vorherigen Revolutionen gibt es einen gewaltigen Unterschied. Wie alle früheren Revolutionen ist sie notwendigerweise eine gewalttätige und ersetzt die Macht einer Klasse durch die einer anderen. Aber hier hören auch schon die Gemeinsamkeiten auf. Das Proletariat zielt nicht darauf ab, eine neue Form der Ausbeutung zu errichten, sondern sie abzuschaffen.
Es strebt nicht danach, seine Herrschaft als neue Klasse aufrechtzuerhalten, sondern alle bestehenden Klassen abzuschaffen. Im Gegensatz zu der Bourgeoisie besitzt es keine ökonomische Macht, auf deren Grundlage es die politische Macht erobern könnte, sondern es ist vollkommen "besitzlos", seine einzigen Waffen sind die Grundlage der zukünftigen Gesellschaft: die Einheit und das Klassenbewußtsein.
All das wird von vielen Revolutionären außer Acht gelassen, die die Auffassung von der Revolution verteidigen, welche sich auf die Modelle der Bourgeoisie stützen und denen gemeinsam ist, daß sie alle die entscheidende Rolle des massiven Bewußtseins des Proletariats verkennen.
So fassen die Rätekommunisten die proletarische Revolution als das spontane Ergebnis der Zuspitzung der Wirtschaftskrise auf, die die Arbeitermassen zu einer revolutionären Radikalisierung zwingen würde. Solch eine Betrachtungsweise stützt sich auf die bürgerliche Revolution, deren wirtschaftlichen Erschütterungen der alten Ordnung die Massen auf die Straße jagen würden, die dann wiederum als Werkzeug durch die Bourgeoisie bei der Eroberung ihrer Macht mißbraucht wurden. So wird die entscheidende Rolle des Bewußtseins in der proletarischen Revolution außer Acht gelassen, die sich nämlich als bewußte Reaktion gegen die Todeskrise des Kapitalismus entwickelt.
Die Bordigisten vertrauen nur der Partei, die einziger Träger des Bewußtseins sei und die Massen zur Revolution führe. Solch ein Modell stammt aus bürgerlichen Vorstellungen, in der eine politische Minderheit die Unzufriedenheit und den Kampf der Massen für die Ziele der Bourgeoisie ausnützt, da diese kein Bewußtsein
entfalten könnten. Um seine Befreiung durchzusetzen, muß das Proletariat sich voll der Ziele und Mittel seines Kampfes bewußt werden, denn dieser Kampf kann von keiner Minderheit durchgeführt oder ihr delegiert werden. Diese Auffassungen lassen außer Acht, "daß also die Revolution nicht nur nötig ist, weil die herrschende Klasse auf keine andere Weise gestürzt werden kann, sondern auch, weil die stürzende Klasse nur in einer Revolutlon, dahin kommen kann, sich den ganzen alten Dreck vom Halse zu schaffen und zu einer neuen Begründung der Gesellschaft befähigt zu werden." (Die deutsche Ideologie MEW Band 3, S. 70).
DAS WESEN DES KLASSENBEWUSSTSEINS
Das Klassenbewußtsein bedeutet für das Proletariat die Kenntnis seiner selbst - nicht nur seiner unmittelbaren Existenz als vom Kapital ausgebeuteten Klasse, sondern seiner geschichtlichen Existenz als Trägerin des Kommunismus. Deshalb ist das Klassenbewußtsein kein einfaches Begreifen des Proletariats, sondern gleichzeitig ein umfassendes Verständnis seiner gegenwärtigen Lage und vor allem seiner Zukunft.
Von den 3 Momenten der Wirklichkeit, die untrennbar mit dem Bewußtsein verbunden sind (Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft) ist die Zukunft das richtungsweisende Element. Für das Proletariat ist die Zukunft ein aktives Element, weil ein zu verwirklichendes Ziel. Sie ist die Grundlage der Handlung, der Wille zum Handeln wird durch sie genährt, sie ist der Kompaß im Bewußtwerdungsprozeß, der Maßstab, der es ermöglicht, den zurückgelegten Weg zu messen, ihn zu korrigieren und den noch austehenden Weg abzuschätzen, der Bezugspunkt zur Aufrechterhaltung der allgemeinen Orientierung, der Anziehungspunkt und daher dynamische Faktor in diesem Prozess.
All das führt dazu, daß sich das Wesen des Klassenbewußtsein des Proletariats grundlegend von der Ideologie und dem bürgerlichen "Wissen" unterscheidet.
1) Für das Proletariat ist das Bewußtsein ein aktiver Faktor eine materielle Kraft. Es ist keine bloße Widerspiegelung der objektiven Bedingungen und der lebendigen Erfahrung sondern entsteht aus der Existenz des Proletariats, beeinflußt seine Kämpfe (genau wie es von ihnen selbst beeinflußt wird), bis es zu einem entscheidenden Faktor bei seinen Handlungen wird (in der revolutionären Periode).
Dagegen ist die bürgerliche Ideologie hauptsächlich eine betrachtende Wiederspiegelung der bestehenden gesellschaftlichen Verhältnisse, sie kann immer nur eine Rechtfertigung der Gesellschaftsordnung sein. Diese Bewußtseinsform ist charakteristisch für eine ausbeutende K1asse, die eine wirtschaftliche Macht in der Gesellschaft besitzt und deren Hauptinteresse in der Verteidigung der Ausbeutungsgesellschaft besteht.
2) Das Bewußtsein des Proletariats stellt eine historische Kontinuität dar. Es ist kein für immer etabliertes Dogma, (was eine statische und somit die Aufrechterhaltung der gegenwärtigen Verhältnisse befürwortende Auffassung wäre), sondern entwickelt sich, indem es in einer höher entwickelten Synthese die Errungenschaften der Kämpfe und die durch die geschichtliche Entwicklung entstandenen Veränderungen integriert. Das Bewußtsein taucht nicht bei dem jeweiligen Entflammen der Kämpfe jeweils wieder neu auf, um danach wieder spurlos zu verschwinden, sondern es hält eine historische Kontinuität aufrecht, die die Grundlage ihres aktiven und militanten Wesens ist.
3) Es handelt sich um ein politisches Bewußtsein. So ist es keine reine Erkenntnis der ökonomischen Lage der Arbeiterklasse, auch keine ökononisch-soziologische Untersuchung der gegenwärtigen Lage und genausowenig ein Reformkatalog um die Welt zu verbessern, sondern eine militante Waffe der revolutionären Klasse, um die Macht der herrschenden Klasse zu zerstören und die eigene Klassenherrschaft zu errichten. .......
4) Es hat einen kollektiven Charakter. Das Proletariat kann seine Revolution nur durchführen, wenn es voll bewusst kämpft, ohne dabei seine Macht an irgendeine Minderheit zu delegieren oder auf andere Kräfte zu vertrauen.
Die Grundlagen des kollektiven Wesens des Bewußtseins des Proletariats findet man auf zwei Ebenen:
erstens sein Ursprung. Das Bewußtsein entstammt nicht dem Gehirn einer Handvoll von geniereichen Individuen, genausowenig ist es die Summe dessen, was alle Arbeiter denken- es entsteht vielmehr aus dem gesamten Proletariat, dh. gleichzeitig aus seiner historischen Stellung und der historischen Kontinuität seines Kampfes als weltweite historische Gesamtheit. Als ausgebeutete Klasse, in deren Reihen es keine spezifischen Interessen gibt, ist die Vorbedingung für ihre Selbstorganisation, die Entfaltung ihrer Einheit, ihrer Solidarität, ihrer gemeinsamen Handlungen, ihr Bewußtsein als kollektives Ganzes; all das macht ihre Stärke aus.
- zweitens sein Ziel. Die kommunistische Revolution, die gigantischste Umwälzung der Geschichte, das Ende der Herrschaft des Mangels und der Anfang der Herrschaft der Freiheit können als Ausgangspunkt nicht unbewußte und desorganisierte Handlungen der Proletariermassen haben, sondern erfordern als Grundvoraussetzung ihre massive und bewußte Teilnahme, ihre Fähigkeit, den revolutionären Prozeß kollektiv zu leiten. Die Befreiung der Arbeiterklasse kann nur das Werk der Arbeiterklasse selbst sein.
Es geht nicht darum, daß statistisch gesehen alle Arbeiter das gleiche Niveau an Klarheit hätten (das ist eine kindische Auffassung, die von dem individuellen bürgerlichen Denken geprägt ist), sondern es geht um die massive Aktivität der Klasse, ihres Kampfes, ihrer Entschlossenheit, die kollektiven Diskussionen, die Überzeugung, für die schrittweise die große Mehrheit der Arbeiter gewonnen werden muß. .......
5)Schließlich entwickelt und gipfelt das Klassenbewußtsein in der Vereinigung von Theorie und Praxis. Die Ausbeutungsgesellschaft zwingt die Spaltung zwischen geistiger und manueller Arbeit, zwischen Theorie und Praxis auf. Die Theorie ist das Monopol einer Minderheit von Spezialisten, die die Mehrheit zu assimilieren, ihr passiv zuzustimmen habe. Das Bewußtsein des Proletariat unterscheidet sich davon gewaltig. Es ist Ausdruck seines bewußten Seins und entspricht zutiefst seinen Denkweisen, seinen Zielen, Initiativen und Überlegungen.
"Das Verdienst Marx und Engels besteht nicht darin, wie die Bourgeoisie glaubt, dem Proletariat ihre Ideen aufgezwungen zu haben, sondern die Ideen des Proletariats zum Ausdruck gebracht zu haben. Sie haben das ausgedrückt was in Millionen von Köpfen sich entfaltet, sie haben dem Proletariat geholfen sich über diesen Prozeß bewußt zu werden ...
Der kommunistische Agitator versucht die Arbeiter zu sich selbst zu bringen. Er gibt nicht vor, ihnen etwas aufzuzwingen was ihnen fremd ist, sondern sie zu dem zu bringen, was ihnen wirklich eigen ist."
(0. Strasser, Der Arbeiter und die Nation).
"Er will das Bewußtsein über diese Tatsache etablieren, er will also, wie die übrigen Theoretiker nur ein richtiges Bewußtsein über ein bestehendes Faktum hervorbringen, während es dem wirklichen Kommunisten darauf ankommt das Bestehende umzustürzen." (ibid S.42)
Als dynamische Kraft ist das Klassenbewußtsein für das Proletariat in seinem Kampf gegen den Kapitalismus und für die Herausarbeitung von Perspektiven ein praktisches Bewußtsein und gleichzeitig eine bewußte Praxis.
Soweit zu einigen allgemeinen Charakteristiken des Bewußtseins. In einem nächsten Artikel werden wir den konkreten Prozeß untersuchen, in dem das Proletariat bewußt wird und dieses Bewußtsein in der ganzen Klasse homogener wird.
(aus Accion Proletaria, Zeitung der IKS in Spanien) Nr. 16, 1984,
Teil 2: aus Weltrevolution Nr.19, 1985,
Klassenbewusstsein – Motor der Revolution
Dieser Artikel ist Teil einer Reihe von Artikeln, die wir in Weltrevolution Nr.16 angefangen haben, und die sich mit dem Klassenbewußtsein befassen. In dem letzten Artikel haben wir die Rolle des Bewußtseins in der Geschichte der Menschheit behandelt, um die Grundlagen aufzuzeigen, warum das Bewußtsein des Proletariats eine neue und höhere Form des Bewußtseins darstellt, welches das Bewußtsein der Menschheit von der Notwendigkeit des Kommunismus ankündigt.
In diesem Artikel werden wir aufzeigen, wie das Proletariat sein Bewußtsein entwickelt, welchen Prozeß es dabei durchläuft und welche Überreste des Drucks der bürgerlichen Ideologie es dabei über Bord werfen muß, um letztendlich ein klares, kollektives Bewußtsein seiner historischen Aufgabe und der Mittel, sie zu verwirklichen, zu entfalten.
Klassenbewusstsein und Bewusstsein der Klasse
Weil das Proletariat gleichzeitig eine ausgebeutete und revolutionäre Klasse ist, kann sein Klassenbewußtsein nicht zu jedem Zeitpunkt die gleiche Ausdehnung und die gleiche Tiefe haben, weil es ständig folgenden Faktoren unterworfen ist:
- dem Druck der herrschenden Ideologie,
- dem Einfluß und dem Gewicht der verschiedenen Traditionen,. seinem unterschiedlichen Konzentrationsgrad, der Stellung in der Wirtschaft, Kultur usw.,
- den Auswirkungen der normalen Bewegungen des Kapitalismus, der das Proletariat atomisieren und die Konkurrenz in seinen Reihen verstärken will.
"Die grundlegende Schwierigkeit der sozialistischen Revolution besteht in dieser komplexen und widersprüchlichen Lage; einerseits kann die Revolution nur als bewußte und von der großen Mehrheit der Arbeiter getragenen Revolution stattfinden, andererseits stößt dieser Bewußtwerdungsprozeß mit den von der kapitalistischen Gesellschaft den Arbeitern aufgezwungenen Bedingungen zusammen, die die Bewußtwerdung über die historischen Aufgaben des Proletariats ständig zu behindern und zu zerstören suchen" (INTERNATIONALISME, "Zur Natur und Funktion der Partei"(1)).
Die Bewegung des Klassenkampfes besteht in einer Dynamik, die von der Heterogenität zur Homogenität, von einer bewußten Minderheit zu einem massiven, in den breiten Arbeitermassen vorhandenen Bewußtsein verläuft. Den schwierigen und widersprüchlichen Bewußtwerdungsprozeß zu verstehen, heißt das "Geheimnis" der proletarischen Revolution zu begreifen: die historische Dynamik, mit Hilfe derer die Arbeiterklasse, die die gesamte Unmenschlichkeit der bürgerlichen Gesellschaft zu ertragen hat, zum bewußten Träger der Befreiung der Menschheit wird.
Die Fähigkeit des Proletariats, ein ständiges Bewußtsein seines Seins und seiner Aufgabe zu haben, zeigt sich am deutlichsten in dem Auftauchen von kommunistischen Minderheiten in seinen Reihen, welche dieses Bewußtsein ausdehnen und vertiefen (wir werden diesen Punkt an anderer Stelle ausführlich behandeln). Um diesen Bewußtwerdungsprozeß zu begreifen, müssen wir beim Klassenbewußtsein zwei Aspekte oder Dimensionen unterscheiden: das Klassenbewußtsein, und das zu einem bestirnten Zeitpunkt vorhandene Bewußtsein in der Klasse, oder anders ausgedrückt: seine Tiefe und Ausdehnung.
Obwohl beide Teil der gleichen unteilbaren Einheit sind und sich gegenseitig beeinflussen, dürfen sie nicht miteinander verwechselt werden. Das Klassenbewußtsein ist das Bewußtsein seiner Selbst, das das Proletariat nicht nur hinsichtlich seiner unmittelbaren Zukunft entwickelt, sondern vor allem hinsichtlich seiner kommunistischen Zukunft. Das Bewußtsein in der Klasse hängt von einer Reihe von Faktoren ab, insbesondere von der Entwicklung des Kräfteverhältnisses zwischen der Bourgeoisie und dem Proletariat. "Die Ideen der herrschenden Klasse sind die herrschenden Ideen in der Gesellschaft" schrieb Marx; das bedeutet, der Bewußtwerdungsprozeß wird ständig durch den brutalen Druck der herrschenden Ideologie erschwert, und nur die Verstärkung der Kämpfe sowie der Ausbau der historischen Errungenschaften kann die Macht der bürgerlichen Ideologie zerbrechen. So tragen auch die Wirtschaftskrise und der sich daraus ergebende Zerfall der Werte der bürgerlichen Gesellschaft zur Verstärkung des Klassenbewußtseins bei.
Die beiden Dimensionen des Bewußtseins, Tiefe und Ausdehnung durchschreiten nicht immer die gleiche Bewegung, ebenso wenig dürfen sie in den revolutionären Zeiträumen miteinander verwechselt werden, d.h. das erste löst sich nicht in der zweiten Bewegung auf. Das Klassenbewußtsein ist ständig vorhanden: die ständige Ausarbeitung, das Voranschreiten seiner politischen Positionen und seines Programms; das Bewußtsein in der Klasse schwankt dagegen je nach der Epoche, und es fällt in den Zeiten der siegreichen Konterrevolution in sich zusammen, weicht zurück, um bei den nächsten bedeutenden aufsteigenden Kämpfen wieder zuzunehmen und in den revolutionären Phasen seinen Höhepunkt zu erreichen.
Das Klassenbewußtsein hängt nicht ausschließlich von den Arbeiterkämpfen ab. Obgleich diese eine große Bereicherung darstellen, und vor allem zu seiner Ausdehnung beitragen, werden sie ebenso von den politischen Positionen des Proletariats bestimmt, welche dieses im Verlaufe seines weltweiten historischen Kampfes entwickelt.
Wenn das Klassenbewußtsein ausschließlich von den Kämpfen abhinge und nach deren Ende jedesmal wieder verschwinden würde, würde es aufhören, ein aktiver Faktor zu sein und würde anstelle dessen ein empirisches und unmittelbares Wissen darstellen, das sich durch nichts von der bürgerlichen Ideologie unterscheiden würde. Es wäre nicht mehr die Stimme und die Stärke einer Klasse, die die Zukunft der Menschheit darstellt; es bliebe ein passiver Zeuge der blinden Kämpfe einer Klasse ohne Zukunft. Das Klassenbewußtsein kann nicht auf die Momente des Kampfes selber reduziert werden, es hat einen viel breiteren Weg zurückzulegen, umfaßt gleichzeitig die tag-täglichen Kämpfe der Klasse wie auch die Zeiträume seiner revolutionären Aktionen. Ebenso umfaßt es die unterirdische Reifung, die die Arbeiterklasse, insbesondere die Aktivitäten ihrer kommunistischen Organisationen durchläuft.
Jede Etappe des Klassenkampfes beruht auf einer Vorbereitung und Reifung des Klassenbewußtseins und wird wiederum auf dialektische Weise durch dieses bereichert und verändert, so daß die neuen Kämpfe der Klasse auf einer breiteren und weiter fortgeschrittenen Grundlage anfangen. Von einem historischen Standpunkt aus betrachtet, ist das Klassenbewußtsein der historische rote Faden der Arbeiterkämpfe, der diese ständig orientiert auf dem Weg hin zu der Selbstverwirklichung des Proletariats, dem Kommunismus.
Die kommunistischen Gruppen haben bei dem Bewußtwerdungsprozeß eine Hauptrolle zu spielen. In den dunkelsten Zeiten der Konterrevolution aber auch in den Phasen des zeitweiligen Zurückweichens des Klassenkampfes oder einfach in Anbetracht der Schwankungen oder Zögerungen, die in der Klasse auftauchen, haben sie die Verantwortung, die Entwicklung des Klassenbewußtseins voranzutreiben und zu versuchen, es in der gesamten Klasse zu verbreitern. Das heißt nicht, daß sie ein Monopol des Bewußtseins besäßen und daß die Mehrheit der Arbeiter dieses Bewußtsein nur passiv assimilieren könnten.
An erster Stelle sprechen wir von einem Bewußtsein, das aus der Existenz des Proletariats als Träger und Kämpfer eines historisch-weltweiten Kampfes selbst hervorgeht. Wir meinen damit nicht, daß das Bewußtsein außerhalb des Proletariats entstünde, unter den bürgerlichen Intellektuellen, und daß von diesen dann das Bewußtsein in das Proletariat - wie Kautsky meinte - von Außen "eingeimpft" würde.
Zweitens muß man immer die Bewußtwerdung in ihrer Gesamtheit und nicht nur zu einem gegebenen Zeitpunkt betrachten. Das Proletariat nimmt an dieser Bewußtseinsentwicklung insgesamt teil, und nicht nur die Kommunisten.
Das Proletariat in seiner Gesamtheit durchläuft einen mehr oder weniger ausgedehnten unterirdischen Reifungsprozeß seines Bewußtseins (der berühmte alte Maulwurf, von dem Marx sprach). Es vollzieht sich ein umfassender Prozeß der Reflektion, Kritik, Infragestellung, der in den Reihen der Arbeiter Gestalt annimmt und in den Zeiten intensiver Kämpfe ans Tageslicht tritt, vor allem während der revolutionären Zeiträume (2). Deshalb wäre man blind, wenn man dies nicht erkennen würde. Gerade weil der bürgerliche Staat und insbesondere die Linken und die Gewerkschaften einen Druck ausüben, kann dieser Reifungsprozeß nicht ständig ans Tageslicht treten. Daher haben die Revolutionäre die Aufgabe, ihn laut auszusprechen, ihm seine gesamte historische Dimension zu verleihen. Darüber hinaus bringen die Kämpfe selbst Korrekturen und für das Bewußtsein der Klasse unabdingbare Vertiefungen und Erweiterungen mit sich, vor allem in den revolutionären Phasen.
Die Klasse besitzt ein kollektives Gedächtnis, vor allem in den konzentriertesten und am meisten fortgeschrittenen Teilen, die auch die größten Traditionen haben. Dieses Gedächtnis wirkt wiederum direkt auf die Kämpfe ein. Weil die Bourgeoisie mit Hilfe ihrer Gewerkschaften und der Extremen Linke dieses Bewußtsein entstellt, verzerrt, müssen die Revolutionäre dieses Bewußtsein vorantreiben, damit es seine Rolle in den Kämpfen voll erfüllt.
Aber die Kommunisten erweitern und vertiefen dieses Bewußtsein nicht außerhalb des Lebens der Klasse in einer Welt abstrakter Gedanken, die man in die Massen in Gestalt von agitatorischen Lösungen einzugehen hätte. Im Gegenteil: die Grundlage und die Ebene ihrer Intervention und ihrer Reflektion ist der Klassenkampf, den man auf historischer und weltweiter und nicht auf örtlich begrenzter und unmittelbarer Ebene betrachten muß.
Die theoretischen Sätze der Kommunisten beruhen keineswegs auf Ideen, auf Prinzipien, die von diesem oder jenem Weltbesserer erfunden oder entdeckt sind. Sie sind nur allgemeine Ausdrücke tatsächlicher Verhältnisse eines existierenden Klassenkampfes, einer unter unseren Augen vor sich gehenden geschichtlichen Bewegung" (Manifest der Kommunistischen Partei, MEW 4, S. 474).
Obgleich die Kommunisten die besondere Aufgabe der Ausarbeitung des Klassenbewußtseins haben, entsteht dieses wiederum nicht als ein Monopol der revolutionären Organisationen, das ihnen die Klasse überlassen hätte.
Nur indem die Revolutionäre den Prinzipien des Proletariats treu bleiben und praktische Antworten auf die Probleme haben die sich im Laufe der Bewegung stellen, erfüllen sie ihre Rolle. Auch sind die Revolutionäre nicht immer gegenüber dem Druck der bürgerlichen Ideologie immun, genau wie die Klasse insgesamt leiden sie auch darunter und müssen dagegen ankämpfen.
Klassenbewusstsein und kommunistisches Programm
Weil es eine Klasse ist, die als Endziel die bewußte Umwälzung der Welt anstrebt, muß das Proletariat die Ziele seines Kampfes sowie die Mittel ihn voranzutreiben, in einem Prinzipiensystem festhalten: das muß das kommunistische Programm sein.
Das kommunistische Programm hat nichts mit den Programmen der bürgerlichen Parteien gemeinsam, die aus einem Katalog demagogischer Forderungen bestehen, welche dazu bestimmt sind, das Proletariat zu verwirren und dessen Bruch mit dem Kapitalismus zu verhindern. Im Gegenteil: das kommunistische Programm ist der Ausdruck der Avantgarde des Bewußtseins des Proletariats, die Speerspitze seiner Entfaltung - sowohl bei der Vertiefung als auch bei der Ausdehnung. Das Programm spielt eine klärende, erleuchtende Rolle, das zur Stärke und Einheit der Klasse treibt. Die Ausarbeitung und Verteidigung des kommunistischen Programms ist die besondere und ständige Aufgabe der revolutionären Organisationen des Proletariats. Das heißt nicht, das Programm wäre ein vom Bewußtwerdungsprozeß des gesamten Proletariats getrenntes Element, sondern es ist der lebendigste Faktor, die systematischste und mächtigste Kraft. Es faßt die gewaltige Menge an Erfahrung, Reflektion und Tendenzen des Proletariats in klaren und Handlungsweisen aufzeigenden Prinzipien zusammen.
Das kommunistische Programm ist keine Doktrin, die den Massen eingegeben werden müßte, welche sie dann nur noch passiv zu folgen hätten.
Das kommunistische Programm hat einen weltweit gültigen Charakter. Es ist keine einfache Wiederholung von Prinzipien, auch soll durch seinen internationalen Charakter nicht geleugnet werden, daß es in jedem Land besondere Schwierigkeiten und spezifische Faktoren zu berücksichtigen gibt.
An erster Stelle ist also das Programm eine Waffe für den Kampf, eine Methode, um die Kämpfe zu analysieren und zu orientieren, deren Besonderheiten erst im Licht der historisch weltweiten Erfahrung verstanden werden können.
Das kommunistische Programm ist kein unabänderliches Dogma, wie die Bordigisten behaupten, die davon ausgehen, daß das kommunistische Programm seit 1848 bis heute unverändert gelte, sondern eine Gesamtheit von schrittweise, im Laufe des historischen Kampfes des Proletariats ausgearbeiteten Positionen. Die neuen "Daten", "Elemente", die sowohl durch die Entwicklung des Kapitalismus als auch durch den Klassenkampf entstehen, werden auf einer höheren Ebene integriert, die die früheren Positionen nicht annulliert, sondern sie nur präzisiert, prägnanter faßt und sie stärker hinsichtlich des Endziels -der Kommunismus - konkretisiert. Die auf diese Art entwickelten Positionen sind unwiderruflich, stellen eine Klassengrenze zwischen Proletariat und Bourgeoisie dar.
Das kommunistische Programm wird ständig durch den Opportunismus bedroht, der Ausdruck des Gewichtes der bürgerlichen Ideologie in den Reihen der Arbeiter ist (wir werden in den nächsten Artikeln näher darauf eingehen). Jede proletarische Gruppe, die die Klassenpositionen vergißt oder sie indirekt oder offen in der Theorie oder in der Praxis relativiert, verfällt dem Opportunismus und wird dazu verurteilt, wenn sie diesem Prozeß nicht Einhalt gebietet, sich selbst zu zerstören und sich dem Feindeslager anzuschließen.
Die unnachgiebige Verteidigung des kommunistischen Programms bedeutet nicht einem Purismus oder Sektierergeist zu verfallen, wie zynischerweise die opportunistischen Rätisten und Bordigisten behaupten. Erstens weil die Klassengrenzen des Proletariats, sein Prinzipiensystem das Geheimnis seines Kampfes selber, seine tiefgreifende Dynamik erklären. Zweitens weil diese theoretische Stärke des Programms es ermöglicht, "in jedem Kampf die historische und geographische Dimension der Bewegung hervorzuheben, was nicht bedeutet, sich mit der Erwähnung der Endziele, dem Kommunismus auf Weltebene, zufrieden zu geben. Es kommt gerade darauf an, zu jedem Zeitpunkt den springenden Punkt hervorzuheben und Vorschläge zu machen, die zu verwirklichen sind und gleichzeitig einen wirklichen Schritt nach vorne für den Kampf und die Entwicklung der Einheit und des Klassenbewußtseins der gesamten Klasse sind" (aus Broschüre der IKS zu "Kommunistische Organisation und Klassenbewußtsein", S. 80).
Der Marxismus – treibende Kraft bei der Entwicklung des Klassenbewußtseins
Das Bewußtsein, das erst mit dem Auftauchen des Proletariats entsteht, hat seine eigene Dynamik, die auf der Reflektion, der Ausarbeitung und theoretischen Untersuchung beruht. Die Theorie ist ein unabdingbares Element bei der Ausdehnung und Entwicklung des Bewußtseins des Proletariats. Logischerweise ist ihr Verhältnis zur Gesamtheit der Klasse nicht das Gleiche, wie das zwischen der bürgerlichen Theorie und ihrer Klasse. Ebenso ist die Ausarbeitung, ihre Weiterentwicklung vollkommen anders.
So ist die Theorie keine bloße abstrakte Widerspiegelung der Welt, sondern ist zu jedem Zeitpunkt ungeachtet der Tatsache, daß sie einen gewissen Abstraktionsgrad benötigt, um die einzelnen Fakten zu begreifen und sie in ihrem historischen Rahmen zu sehen, ein Element des praktischen Kampfes des Proletariats. Im Gegensatz zu der bürgerlichen Theorie hat sie keinen ahistorischen, auf das menschliche Gattungswesen als solchen oder den Einzelnen bezogenen Charakter. Sie zeichnet sich vor allem durch ihren historischen Charakter und ihre Zugehörigkeit zu einer Klasse aus, die zur Aufgabe hat, die umfassendste gesellschaftliche Umwälzung zu vollziehen, die bislang in der Geschichte der Menschheit stattgefunden hat. Schließlich entfaltet sich die proletarische Theorie nicht nach den Regeln der Arbeitsteilung zwischen Intellektuellen und Handarbeitern, die in allen Ausbeutungsgesellschaften vorherrschten ; die Art, wie sie sich entwickelt, spiegelt vielmehr schon ihr Endziel wider - nämlich die Abschaffung der Arbeitsteilung.
"Der Marxismus ist die grundlegende theoretische Errungenschaft des proletarischen Kampfes. Auf seiner Grundlage gliedern sich alle Errungenschaften des proletarischen Kampfes in ein kohärentes Ganzes ein. Indem er den Verlauf der Geschichte durch die Entwicklung des Klassenkampfes erklärt, und indem er das Proletariat als den Träger der Revolution anerkennt, die den Kapitalismus abschaffen wird, wird der Marxismus zur einzigen Weltauffassung, die wirklich den Standpunkt der Arbeiterklasse ausdrückt" (Plattform der IKS, S.4).
Wenn wir vom Marxismus sprechen, meinen wir nicht das Werk von Karl Marx als solches, sondern wir meinen damit eine Auffassung von der Welt und eine Methode des Begreifens ihrer Entwicklung, deren erster und systematischer Autor Marx war. Diese Methode ist die kohärenteste und radikalste Ausarbeitung der programmatischen Positionen des Proletariats.
"Heute Marxist zu sein bedeutet nicht, jeden einzelnen Buchstaben des Werkes Marxens wörtlich zu übernehmen. Dies würde viele Probleme aufwerfen, da sich in verschiedenen Abschnitten der Schriften Marx° Widersprüche befinden. Dies ist kein Beweis für die Inkohärenz, sondern ein Zeichen dafür, daß seine Gedanken lebendig in ständiger Entwicklung waren und sich auf die Wirklichkeit und die historische Erfahrung bezogen" (International Review, Nr. 33, "Marx ist immer aktuell"). Der Marxismus ist weder eine Summe von Positionen noch ein geschlossenes System, das von bestimmten abstrakten Prämissen ausginge, die ebenso zu bestimmten abstrakten Schlußfolgerungen führten, (wie das bei den meisten philosophischen Systemen der Fall ist) ebensowenig ist er ein System der Klassifizierung der Wirklichkeit, bei der jedes Phänomen genau definiert würde, ohne daß dabei seine Dynamik und seine Evolution berücksichtigt wird.
Er steht im Gegensatz zu solchen Denkweisen. Der Marxismus ist eine Methode, die ständig und konstant auf die Notwendigkeiten des historischen Kampfes des Proletariats Antworten gibt. Dabei darf er nicht als statisch betrachtet werden; er ist vielmehr eine dynamisch-dialektische Methode; deshalb ist er keine Summe von Rezepten für den Klassenkampf, auch keine Garantie, daß man nie Fehler macht, sondern eine lebendige Methode, die ständig eine für das Proletariat vorantreibende Rolle spielt.
Der Marxismus umfaßt die am meisten fortgeschrittenen Errungenschaften des Gedankengutes der Bourgeoisie, als diese noch eine revolutionäre Klasse war, d.h. genau gesagt den wissenschaftlichen und dialektischen Charakter der Methode Hegels, der als erster den partiellen und statischen und idealistischen Charakter der Philosophie verworfen hatte. "Die Geschichte der Philosophie und die Geschichte der Sozialwissenschaft zeigen mit aller Deutlichkeit, daß der Marxismus nichts enthält, was einem "Sektierertum" im Sinne einer abgekapselten, verknöcherten Lehre ähnlich wäre, die abseits von der Heerstraße der Entwicklung der Weltzivilisation entstanden ist. Im Gegenteil: Die ganze Genialität Marx' besteht gerade darin, daß er auf die Fragen Antworten gegeben hat, die das fortgeschrittene Denken der Menschheit bereits gestellt hatte" (Lenin, "Drei Quellen und drei Bestandteile des Marxismus", 1913).
Der Marxismus schreitet voran, indem er sowohl dem Druck der feindlichen Klasse wie den unzureichenden Positionen entgegentritt, die als zögernde, schwankende und unklare Positionen in den Reihen des Proletariats existieren können.
Die marxistische Methode ist materialistisch, historisch und dialektisch. Sie ist materialistisch, weil sie die Welt als eine konkrete historische Gesamtheit auffaßt, in der sich der Mensch und die Natur in einer einzigen Globalität bewegen, und deren inneren Entwicklungsgesetze er analysieren kann. "Für Hegel ist der Denkprozeß, den er sogar unter dem Namen Idee in ein selbständiges Subjekt verwandelt, der Demiurg (Schöpfer) des Wirklichen, das nur seine äußere Erscheinung bildet. Bei mir ist umgekehrt das Ideelle nichts andres als das im Menschenkopf umgesetzte und übersetzte Materie" (Marx, Nachwort zur 2. Auflage des Kapitals, NEW 23, Bd. 1, S. 27).
Aber der Marxismus ist kein vulgärer Materialismus, gegen den er im Gegenteil antritt: "Der Hauptmangel alles bisherigen Materialismus - den Feuerbachschen mit eingerechnet - ist, daß der Gegenstand, die Wirklichkeit, Sinnlichkeit, nur unter der Form des Objekts oder der Anschauung aufgefaßt wird; nicht aber als menschliche sinnliche Tätigkeit, Praxis, nicht subjektiv" (Marx, Thesen über Feuerbach, 1.These).
Er ist historisch, weil er vom Klassenkampf als dem Motor der Geschichte ausgeht, und diesen jeweils in ein dialektisches Verhältnis mit der Entwicklung der Produktivkräfte stellt. Er begreift das Proletariat als Klasse, das ausgehend von einer bestimmten Entwicklung der Produktivkräfte seine geschichtliche Aufgabe, die Abschaffung der Ausbeutung und der Klasse erfüllt.
Es ist dialektisch, weil er die Geschichte nicht als eine ständige Rückkehr in die Vergangenheit oder als bei Null beginnend auffaßt, sondern als eine Entwicklung, die sich in Widersprüchen bewegt (These-Antithese-Synthese) ; das ist der Rahmen, innerhalb dessen sich eine Kontinuität zwischen der Vergangenheit und der Gegenwart herstellt, wobei sie ständig durch die Zukunftsperspektive (den Kommunismus) angezogen und geleitet wird, und die den Bezugspunkt gegenüber dem Gewicht der Vergangenheit (Konservatismus, Dogmatismus) und den Schwächen der Gegenwart (Empirismus, Immediatismus, Revisionismus) darstellt.
Wenn wir uns auf den Marxismus berufen, treten wir damit auch den Verzerrungen und Entstellungen entgegen, die die Bourgeoisie in die Welt setzt, um den Marxismus als Waffe des Proletariats zu entschärfen, insbesondere die Stalinisten, die Sozialdemokratie, Trotzkisten usw. sowie die Marxologen, die Universitätsmarxisten betreiben diese Arbeit.
Die ersten leugnen die Grundprinzipien des Marxismus: den Internationalismus, die Diktatur des Proletariats, seine politische Selbständigkeit… Der universitäre Marxismus dagegen reduziert ihn auf ein philosophisches System, dessen praktische Auslegung nur zur Verteidigung des bestehenden Systems dient.
Unter dem Gewicht der bürgerlichen Ideologie vertreten viele Teile des proletarischen Lagers eine verzerrte und konfuse Auffassung des Marxismus: die Bordigisten reduzieren ihn auf ein Dogma, die Rätisten machen aus ihm eine Methode der ‚gesellschaftlichen Untersuchungen’, andere verwerfen ihn ganz oder teilweise, weil sie dem Marxismusanspruch der Stalinisten und Trotzkisten auf den Leim gehen und sich dadurch abgeschreckt fühlen. Und schließlich machen ihn viele zu einem reinen Akademismus.
0 – 0 – 0
Im nächsten Artikel werden wir darauf eingehen, wie die Bourgeoisie als herrschende Klasse versucht, den Bewußtwerdungsprozeß des Proletariats zu verhindern und welche Abweichungen und Schwächen innerhalb des Proletariats vorhanden sind, insbesondere der Opportunismus. (aus Acción Proletaria, Zeitung der IKS in Spanien).
(1) In ‚Geschichte der russischen Revolution’ von Trotzki, und ‚10 Tage, die die Welt erschütterten’, von J. Reed sowie in ‚Massenstreik, Partei und Gewerkschaften’ von Rosa Luxemburg findet man genug Material, das die Eigenständigkeit und das massive Bewusstsein des Proletariats in Zeiten revolutionärer Kämpfe verdeutlicht.
Teil 3 – aus Weltrevolution Nr. 20, 1985,
KLASSENBEWUSSTSEIN, MOTOR DER REVOLUTION(3)
In diesem letzten Artikel der Serie über das Klassenbewußtsein des Proletariats wollen wir die Krankheiten untersuchen, die den Bewußtwerdungsprozeß des Proletariats bedrohen: der Opportunismus und Zentrismus.
Der Opportunismus und Zentrismus greifen bevorzugt die politischen Organisationen des Proletariats an: verstricken die neu entstehenden Gruppen in einem Wirrwarr politischer Konzessionen an die Bourgeoisie, der Versöhnung oder dem Schwanken zwischen konsequent proletarischen Positionen und denen der Bourgeoisie. Sie hemmen ernsthaft deren Bemühungen, eine marxistische Kohärenz zu entwickeln. Andererseits bedrohen sie die Gruppen, die fest im Marxismus verankert sind, mit dem Krebs der mangelnden Festigkeit bei der Vertiefung der Prinzipien, dem Außerachtlassen der Prinzipien in der Praxis u.a. Die Geschichte beweist, daß der Opportunismus und Zentrismus eine entscheidende Rolle bei der Degenerierung der proletarischen Organisationen wie bei der II. und III. Internationale und der Integration der verschiedenen Parteien in den bürgerlichen Staat gespielt haben.
Heute muß das Proletariat die größtmögliche Klarheit und Entschlossenheit erlangen, um das Kräfteverhältnis gegenüber der Bourgeoisie zu seinen Gunsten ausschlagen zu lassen; und dazu muß es Opportunismus und Zentrismus energisch bekämpfen.
Das Wesen des Opportunismus und Zentrismus
Um zu begreifen, warum die Krankheiten des Opportunismus und Zentrismus das Proletariat befallen, ist es notwendig, die Bedingungen zu begreifen, unter denen das Proletariat sein Bewußtsein entwickelt.
Das Proletariat muß die gewaltigste Revolution der Geschichte der Menschheit verwirklichen: die jahrtausend alten Ausbeutungsgesellschaften zerstören, eine Gesellschaft ohne Ausbeutung und ohne Klassen aufbauen, die menschliche Weltgemeinschaft, etwas ganz Neues, bislang noch nie Dagewesenes. Und diese ungeheuer große Aufgabe muß es als ausgebeutete Klasse verwirklichen, die dem Druck und der ständigen Wachsamkeit der herrschenden Klasse unterworfen ist.
Auf dem Hintergrund der wirklichen, materiellen Bedingungen entwickelt das Proletariat sein Bewußtsein und kämpft um die Durchführung seiner historischen Aufgabe. Diese Bedingungen bringen es mit sich, daß das Proletariat nicht abgeschlossen, im luftleeren Raum sein Bewußtsein entwickelt, in einem Bereich, in dem es keine Widerstände gäbe, sondern es ist ständig den Angriffen der herrschenden Klasse ausgesetzt:
- dem furchtbaren Druck der bürgerlichen Ideologie,
- die Bourgeoisie führt gegen die Arbeiterklasse die Strategie der Linken in der Opposition zu Felde;
- dem Einfluß der Kleinbourgeoisie, die Träger konfuser und reaktionärer Werte und Aktivitäten sind;
- dem Gewicht einer jahrhunderte alten Ausbeutung mit ihrem untragbaren Taster der Unterwerfung, dem Individualismus und dem Obskurantismus.
Diese Gesamtheit der Bedingungen führt dazu, daß die Bewußtwerdung des Proletariats inmitten einer gewaltigen Konfusion, einem zerbrechlichen, geschwächten Umfeld stattfindet, wodurch ein ständiger Prozeß der Klärung und politischen Loslösung und Herausarbeitung durch die politischen Organisationen erforderlich ist.
Aus diesen Bedingungen der Konfusion und permanenten Schwierigkeiten gehen die Krankheiten des Opportunismus und Zentrismus hervor, welche sich ständig zwischen der kohärentesten proletarischen Position einerseits (den marxistischen Organisationen) und dem Lager der Bourgeoisie andererseits einzunisten versuchen. Es handelt sich um ein sumpfiges, konfuses Gebilde, das das gesamte Proletariat und die konsequentesten Verteidiger seines Programms, die marxistischen Organisationen, heimsucht.
Der Opportunismus besteht in der Kapitulation gegenüber den Positionen der Bourgeoisie; er verwirft oder entstellt die revolutionären Prinzipien aus Gründen der "Taktik", "um möglichst mehr zu sein, anstatt alleine da zu stehen", "damit wir in der Klasse auf Gehör stoßen" oder einfach indem er sich den unmittelbaren Bedingungen oder einer rein empiristisch oder idealistischen Analyse unterwirft. Der Zentrismus ist eine Variante des Opportunismus, der in der Theorie die kommunistischen Prinzipien mit Worten nach Außen hin vorgibt zu verteidigen, in Wirklichkeit aber nicht zu ihnen steht; sie in der Praxis relativiert oder sie mit offen opportunistischen Positionen zu verbinden sucht.
Der Opportunismus und Zentrismus in den politischen Organisationen des Proletariats
Der Opportunismus und Zentrismus gehören nicht dem Lager der Bourgeoisie an, sondern sind Tendenzen, die aus den Reihen des Proletariats hervorgehen.
Die KPs, SPs, Gewerkschaften und Parteien der Extremen Linke sind keine Zentristen oder Opportunisten, sondern Teil des kapitalistischen Staates, die bewußt gegen das Proletariat vorgehen, um dessen Kämpfe zu sabotieren.
Dagegen tauchen die opportunistischen und zentristischen Tendenzen in den Reihen des Proletariats in den Organisationen und unter den Elementen auf, die versuchen, seinen Kampf zu stärken und sein Klassenbewußtsein zu entwickeln, die aber dann dem ständigen Druck der Bourgeoisie und dem zersetzenden Einfluß des Kleinbürgertums nachgeben und eine Reihe von Konzessionen gegenüber den Positionen des Kapitalismus machen und den Marxismus aufgeben.
Die Gewerkschaften, Linke und Extreme Linke müssen mit der Waffe in der Hand bekämpft werden, weil sie Teil des kapitalistischen Staates sind; die zentristischen und opportunistischen Tendenzen werden durch eine klare , unnachgiebige politische Ablehnung der Konfusionen, eine offene und systematische Diskussion, eine energische Debatte bekämpft, um zu verhindern, daß sich die jetzigen revolutionären Elemente im Sumpf der Bourgeoisie verfangen.
Die Opportunisten und Zentristen spielten bei der Entartung der alten Arbeiterorganisationen und dem Übergang ins kapitalistische Lager eine entscheidende Rolle; das trifft insbesondere zu für den Verlust der II. und III. Internationale für das Proletariat (aus der II. Internationale gingen die "sozialistischen" Parteien hervor, die eine gute Arbeit für das Kapital leisteten, und aus der III. Internationale, aus der die Stalinisten entstanden, die die Sozialdemokratie um kein Manöver und kein Verbrechen zu beneiden brauchen, haben sie doch genauso viele gegen die Arbeiter vollbracht).
Von 1890 an entfalteten sich opportunistische Tendenzen in der Arbeiterbewegung eindeutig: in den Reihen der Sozialdemokratie mit dem Reformismus (dessen Sprecher Bernstein, Vollmer usw. waren), der einen schrittweisen Kampf für die friedliche Umwälzung des Kapitalismus vorschlug und damit die proletarischen Prinzipien über Bord warf. Außerhalb der Sozialdemokratie gab es den Anarcho-Syndikalismus, der den Selbstverwaltungsreformismus theoretisierte und Propaganda für den Generalstreik am Tage X betrieb.
Aber zwischen der revolutionären marxistischen Position (Lenin, R.Luxemburg, Pannekoek) und den opportunistischen Tendenzen tauchte eine zentristische, versöhnliche, von Kautsky verkörperte Tendenz auf, die langsam anfing , die Grundsatzpositionen des Marxismus selber in Frage zu stellen. Kautsky erschien als der orthodoxeste Verteidiger des Marxismus, aber seine Verteidigung war in Wirklichkeit der schlimmste Angriff. 3 Grundsatzfragen verdeutlichten die große Gefahr, die seine zentristische Position darstellte:
Als R. Luxemburg den 1905 in Rußland aufgetauchten Massenstreik als einen Ausdruck des Wechsels der historischen Periode analysierte und aus diesem den Schluß zog, daß nunmehr die Revolution auf der Tagesordnung der Geschichte stand, und als sie dabei den Gradualismus und Reformismus der Gewerkschaften kritisierte, bezeichnete Kautsky, der sich als den Verteidiger des Massenstreiks ausgab, R. Luxemburg als "Anarchistin". Er war unfähig die historischen Veränderungen zu erkennen.
Als Lenin und Pannekoek die grundlegende Notwendigkeit der proletarischen Revolution hervorhoben, (die Zerstörung des bürgerlichen Staates), griff Kautsky diese grundlegende Position an und bezeichnete sie als "anarchistisch";
- Als 1914der imperialistische Krieg ausbrach, trat Kautsky an die Spitze einer Tendenz, die sich zwischen die Sozialpatrioten (die endgültig in das Lager der Bourgeoisie übergewechselt waren), welche für die bedingungslose Unterstützung des Krieges im Namen der "Verteidigung des Vaterlandes" eintraten, und die konsequenten Revolutionäre (Lenin, Luxemburg, Liebknecht) stellten. Die konsequenten Revolutionäre traten für die Umwandlung des imperialistischen Krieges in einen Bürgerkrieg, d.h. in einen Klassenkrieg ein.
Der Opportunismus und Zentrismus machten in Anbetracht des langsamen Zurückweichens der revolutionären Welle von 1917-23 den gewaltigen Schritt zunichte, den das Weltproletariat mit der Gründung der III. Internationale vollzogen hatte. Die Klarheit und Vertiefung des Marxismus, welche die Theorien des I. Kongresses der Komintern ermöglicht hatten, wurden schnell durch das Abgleiten ihrer Hauptführer (Lenin, Trotzki, Sinowjew, Radek usw.) aufgeweicht zu einer zentristischen Haltung zwischen dem unverblümten Opportunismus, der aus den alten sozialdemokratischen Parteien hervorging und den unnachgiebigen marxistischen Positionen der Kommunistischen Linke (KAPD, Bordiga).
Verschiedene Tatsachen verdeutlichen diesen Prozeß:
Unterstützung durch die Kornintern auf ihrem II. Kongreß der nationalen Befreiungsbewegungen, der These von der Wiedereroberung der Gewerkschaften und des revolutionären Proletariats, was eine Verwerfung der marxistischen Position zu den Bedingungen des Arbeiterkampfes im dekadenten Kapitalismus bedeutete,
Aufnahme der opportunistischen Strömungen, die aus dem linken Flügel der Sozialdemokratie staunten, in die Kornintern, ohne daß dabei feste Kriterien berücksichtigt worden wären (trotz der verschärften Aufnahmebedingungen).
- Verabschiedung der Thesen zur "Einheitsfront" auf dem III. Kongreß, was ein schrittweises Abgleiten hin zu einer Kapitulation gegenüber den sozialdemokratischen Parteien bedeutete, die voll in den kapitalistischen Staat integriert waren.
Der Krebs des Opportunismus und Zentrismus führte zur Auslöschung der III. Internationale als proletarische Organisation und zum Übergang der verschiedenen kommunistischen Parteien in den Dienst des jeweiligen nationalen Kapitals.
Die Geschichte der Arbeiterbewegung - insbesondere ihrer marxistischen Organisationen - beweist, daß der Zentrismus und Opportunismus eine tödliche Gefahr sind, die langsam die Avantgardeorganisationen des Proletariats erwürgen und sie schließlich durch ihre Auflösung, Auslieferung, Verfaulung und Schwächung dem staatlichen kapitalistischen Monster übereignen.
Der Opportunismus und Zentrismus sind ein Phänomen falschen Bewußtseins in den Reihen des Proletariats. Sie stellen eine Aufgabe der marxistischen Methode, ihrer Kohärenz zwischen Theorie und Praxis dar, zwischen der Analyse der ummittelbaren oder besonderen Lage und der Verteidigung der allgemeinen historischen Perspektive, zwischen der Verteidigung der Prinzipien und ihrer Anwendung in einer konkreten Situation.
Opportunismus und Zentrismus sind ein Virus, der das Proletariat zutiefst schwächt und es gegenüber den Mystifikationen und Machenschaften der Bourgeoisie, insbesondere ihrer Gewerkschaften und linken Apparate anfällig macht. Vor allem in den entscheidenden Augenblicken gegen den bürgerlichen Staat haben sie eine lähmende Wirkung. Wenn sie in den Reihen des Proletariats siegen, besiegelt das die Niederlage des Proletariats.
In der heutigen, für das Proletariat und die Menschheit entscheidenden historischen Situation muß das Proletariat und seine kommunistischen Organisationen seine Wachsamkeit und den politischen Kampf gegen die opportunistischen und zentristischen Tendenzen, die in seinen Reihen entstehen und entstehen werden, verstärken. Die Loslösung und energische Bekämpfung dieser Tendenzen ist von grundlegender Bedeutung für die Gründung der zukünftigen Kommunistischen Weltpartei des Proletariats und des Sieges der proletarischen Revolution.
(aus Acción Proletaria, Zeitung der IKS in Spanien).