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Mit dem jüngst beschlossenen Anti-Pirateneinsatz der Bundesmarine am Horn von Afrika hat das deutsche Militär einen weiteren wichtigen Schritt zum Einsatz der Bundeswehr als internationale Interventionsarmee vollzogen. Längst sind die Zeiten vorbei, als der deutsche Militarismus noch abseits stehen musste. Mittlerweile gehören Bundeswehrverbände auf den großen imperialistischen Schauplätzen zu den Hauptbeteiligten.
In Afghanistan stellt die Bundeswehr die zweitgrößte Truppe (4.500 Soldaten). Um schneller und mehr Kriegsmaterial für die deutschen Truppen nach Afghanistan zu liefern, hat die Bundeswehr von Russland die Erlaubnis erhalten, Kriegsgerät über russisches Territorium zum Hindukush zu transportieren. "Tatsächlich zieht die Bundeswehr in Betracht, eine Eisenbahnverbindung von ihrer Nachschubbasis in Mazar-e-Sharif bis zur nördlichen Landesgrenze zu bauen, um die benötigten Materialien in größerem Umfang über Russland einzuführen". (www.german-foreign-policy.com (9.12.08) "Es sei zum ersten Mal, dass dies den Streikkräften eines fremden Staates gestattet werde, erklärte das russische Außenministerium" (ebenda). Der frisch gewählte US-Präsident Obama hat bereits angekündigt, mehr Truppen vom Irak nach Afghanistan zu verlegen, weil das Land immer mehr in die Hände der Taliban fällt und ein Sturm auf Kabul bevorzustehen scheint. Die Bundeswehr droht immer weiter in diesen Konflikt verstrickt zu werden
Nun kreuzt die Bundeswehr auch am Golf von Aden auf. Das Gebiet ist geostrategisch äußerst wichtig, weil hier ein Großteil des Weltschiffverkehrs zwischen Europa und Asien abgewickelt wird (ca. 25.000 Handelschiffe passieren die Region jährlich). Zudem wird mehr als die Hälfte der deutschen Ölimporte per Schiff durchgeführt, davon ein Großteil über diese Route. Wie erpressbar ein Land wie Deutschland bei Öl- und Gaslieferungen sein kann, zeigte die jüngste Auseinandersetzung zwischen Russland und Ukraine, in deren Gefolge die Gaslieferungen nach Europa stark eingeschränkt wurden.
Die zentrale geostrategische Bedeutung des Horns von Afrika wird von der Tatsache veranschaulicht, dass die USA, Deutschland, Großbritannien¸ Frankreich, Russland, Indien, China, Iran, sogar die Schweiz, aber auch die NATO und die EU begonnen haben, Marineverbände in diesen Gefilden zu stationieren.
Wie sehr diese Region zu einer Schlangengrube geworden ist, lässt sich schon daran ablesen, dass hier einerseits die USA und verschiedene europäische Mächte um Einfluss in diesem Gebiet ringen, andererseits aber auch neue, bisher in der Region noch nicht aufgefallene Militärverbände z.B. aus dem Iran und China aufgetaucht sind. Dabei sind einige Staaten gleich mehrfach vertreten. So hatte die NATO, in der die USA immer noch ein großes Gewicht haben und unter deren Flagge US-Truppen vor Ort sind, die Operation "Allied Provider" am Horn von Afrika gestartet, während die UNO schon vor längerer Zeit unter dem Namen "Operation Enduring Freedom" den Einsatz von Soldaten in der Region vereinbart hatte. Im November 2008 beschloss dann auch noch die EU die "Mission Atalanta". Bundeswehrverbände sind nun gleich im Rahmen von drei verschiedenen Mandaten vor Ort.
Dass diese Region allen Fraktionen der Herrschenden in Deutschland sehr am Herzen liegt, zeigt auch die große Einvernehmlichkeit beim Bundestagsbeschluss. Das vom Bundestag erteilte "robuste Mandat", das den Einsatz von Waffengewalt ausdrücklich erlaubt, wurde mit überwältigender Mehrheit verabschiedet. Selbst die "Kritiker" dieses Einsatzes, meist Abgeordnete aus der Partei Die Linke, fordern einen Einsatz bewaffneter deutscher Kräfte - allerdings in anderer Uniform und unter anderem Kommando. "Unsere Forderung ist: Überlassen Sie die Bekämpfung der Piraterie der Bundespolizei im Rahmen einer internationalen Küstenwache unter der Führung der UNO" (der außenpolitische Sprecher der Linksfraktion im Bundestag, 20.10.08).
Mit dem Aufmarsch von Marineverbänden am Horn von Afrika durch nahezu alle Großmächte und Anrainerstaaten des Indischen Ozeans erreicht die Militarisierung in diesem Gebiet eine neue Stufe.
Zudem wirft die Tatsache, dass heute Piratenverbände in der Region ihr Unwesen treiben können, ein Licht auf die Verhältnisse des Kapitalismus zu Beginn des 21. Jahrhunderts. Nachdem sich die englische Krone bis zum 16. Jahrhundert mit Hilfe des berühmtesten aller Piraten, Sir Francis Drake, zuungunsten der Spanier bereichert hatte, wurde ab dem 16. Jahrhundert der Einfluss der Piraten angesichts des gewaltig expandierenden Seehandels zurückgedrängt. Heute ist der Zerfall der kapitalistischen Gesellschaft so weit vorangeschritten, dass Warlords zu Lande und nun auch wieder Piraten zu Wasser die Bevölkerung terrorisieren und den Schiffsverkehr bedrohen können.
Die Liste der schwelenden oder offenen Konflikte in der Region ist lang: z.B. der unkalkulierbare Konflikt zwischen Indien und Pakistan (siehe auf unserer englischen Website die Stellungnahme unserer Organisation zu den Attentaten im Mumbai), die Bedrohungslage um den Iran, der eine Führungsrolle in der Region anstrebt, nicht enden wollende Kämpfe zwischen somalischen Warlords und äthiopischen Truppen, grenzenlose Barbarei in der Nähe des afrikanischen Grabens (Ostkongo).
Die Präsenz der "Piratenjäger" wird der Region keinen Frieden bringen. Es handelt sich dabei neben dem in den Vordergrund gestellten Schutz des Schiffsverkehrs um einen Versuch der Großmächte, sich in Stellung zu bringen. Dem deutschen Imperialismus ist es erneut gelungen, sich nicht beiseite drängen zu lassen; er mischt, wenn auch mit beschränkten Kräften, eifrig mit. 22.01.09