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„Präsident Obama hat auf der Ebene der Außenpolitik eine schwierigere Bürde übernommen als irgendein anderer Präsident seit Harry Truman (1945-53). Die Erstellung von Prioritäten unter Dutzenden von Konflikten und Krisen erfordert ein neues Verständnis der kritischsten Regionen, der herausragendsten Kernpunkte und der Fragen, bei denen eine neue Richtung eingeschlagen werden muss“, liest man auf der Webseite der Carnegie-Stiftung in der Einleitung zu einer Reihe von Artikeln zur „Außenpolitik des nächsten Präsidenten.“
Das Schlamassel, vor dem der US-Imperialismus steht, ist wohlbekannt: Militärisch ist er in Konflikten im Irak und in Afghanistan festgefahren, sind seine Kapazitäten überlastet. Pakistan wird immer instabiler, hinzu kommen die Schwierigkeiten mit dem Iran, mit Syrien und nicht zuletzt auch der Konflikt zwischen Israel und den Palästinensern.
Das Schlamassel, dem sich Obama gegenübersieht
Die Invasion des Gaza-Streifens durch Israel kurz vor der Amtsübernahme Obamas hat eine Bevölkerung zurückgelassen, die sich einer noch größeren Zerstörung und Verwüstung sowie einer noch strikteren Blockade gegenübersieht. Die Invasion wurde mit Sicherheit zeitlich so geplant, dass sie noch während Bushs Amtszeit stattfand, da man auf dessen Unterstützung bauen konnte. Aber auch unter Obama bleiben die USA weiterhin ein enger Verbündeter Israels. Er verhielt sich ruhig, als die Massaker im Gaza-Streifen verübt wurden. Die ergebnislosen Wahlen in Israel, die keine klaren Mehrheitsverhältnisse brachten, stellen einen weiteren erschwerenden Faktor neben den Spaltungen zwischen Hamas im Gaza-Streifen und der Fatah in den palästinensischen Autonomiegebieten dar. Der palästinensische Premierminister Fayyad versprach, zugunsten einer Regierung der nationalen Einheit zurückzutreten. Doch dies wird nur eine leere Geste bleiben, solange keine solche Regierung gebildet werden kann. Und dies ist keineswegs sicher angesichts zweier sich bekämpfenden Flügel, die vor zwei Jahren militärisch aneinander gerieten. Bei allem Antiamerikanismus in der arabischen Bevölkerung mögen Ägypten und Saudi-Arabien die Hamas ebenso wenig, da diese Unterstützung vom Iran erhält, der nicht nur schiitisch ist, sondern auch entschlossen die Politik verfolgt, zur Regionalmacht zu werden und sich seinen Ambitionen enstprechend mit Atomwaffen auszurüsten.
Der Irak, der 2003 so schnell überrannt wurde, bleibt weiterhin instabil, ungeachtet der kleinen Auswirkungen der Truppenverstärkungen. Da zehn Prozent der Weltölförderung aus dem kurdischen Norden des Iraks kommen und der Iran einen großen Einfluss im schiitischen Süden hat, droht dem Land die Gefahr des Auseinanderbrechens. Obama hat verkündet, die US-Truppen bis 2010 abzuziehen (auch wenn 30.000 weiterhin im Land verbleiben sollen), was die Unfähigkeit der USA zum Ausdruck bringt, die Lage in den Griff zu bekommen.
Afghanistan ist von internationalen Kräften besetzt, mit den USA an der Spitze, die das größte Truppenkontingent stellen, aber sie kontrollieren nur wenig mehr als Kabul und Umgebung - oder wie Major Morley, der früher der britischen SAS angehörte, zur Provinz Helmand meinte: „Wir machen uns selbst etwas vor, wenn wir meinen, unser Einfluss gehe über 500 außerhalb unserer stark geschützten Lager hinaus (…) Wir haben keine Kontrolle vor Ort“. Und Pakistan droht noch instabiler zu werden. Die Beziehungen zwischen den ISI-Sicherheitskräften und den Taliban, die in Übereinstimmung mit der Regierung das Swat-Tal übernommen haben, sind bekannt. Als Reaktion auf die US-Bombardierung pakistanischer Taliban und ihrer Verbündeten – welche von islamischen Militanten mit dem Spruchband angeprangert wurde: „Bombardierung von Stämmen, das ist Obamas erstes Geschenk an Pakistan“ – hat der pakistanische Premierminister seine Entschlossenheit bekräftigt, die territoriale Integrität seines Landes zu verteidigen.
Die Schwierigkeiten der USA bei der Aufrechtrechterhaltung ihres Status‘ als einzige Supermacht
Nach dem Zusammenbruch der UdSSR blieben die USA als die einzig verbliebende Supermacht der Welt übrig. In den 20 Jahren seither haben sie einen beträchtlichen Niedergang erlitten. Wir müssen nur ihre Fähigkeit, die größten Mächte der Welt zur Unterstützung oder zumindest zur Finanzierung des ersten Golfkrieges 1991 zu beschwatzen, mit der offenen Opposition Frankreichs und Deutschlands vergleichen, als die USA 2003 in den Irak eindrangen, oder Amerikas Strategie in den frühen 1990er Jahren - die offen das Ziel verfolgte, das Auftreten jeglicher globalen oder regionalen Macht, die ihre imperialistische Hegemonie in Frage stellen könnte, zu verhindern - der heutigen Realität gegenüberstellen, in der es eine ganze Reihe von Mächten gibt, die die USA herausfordern. Schon Anfang der 1990er Jahre hatte Deutschland einen größeren Einfluss auf dem Balkan angestrebt und, indem es die Unabhängigkeit Kroatiens von Jugoslawien unterstützte, einen Krieg provoziert, der nahezu ein Jahrzehnt wütete. Zur gleichen Zeit forderte Frankreich die USA in Afrika heraus, was zu den barbarischen Kriegen in Ruanda und Zaire/Kongo führte. Heute sehen sich die USA weiteren Anfechtungen gegenüber.
Die wachsende Stärke des iranischen Imperialismus veranschaulicht deutlich die Schwierigkeiten der USA. Von der Bedrohung ihrer globalen Autorität zu massiven Machtdemonstrationen wie die Invasion Afghanistans und des Iraks getrieben, haben diese Akte der globalen Einschüchterung faktisch die Amerikafeindlichkeit überall auf der Welt, aber besonders in den „muslimischen“ Ländern verstärkt, wo der Iran mit Al-Qaida und anderen um die ideologische Führung des islamischen Anti-Amerikanismus wetteifert. Hinzu kommt, dass der militärische Sturz der lokalen Rivalen Irans, Saddam Hussein im Irak und die Taliban in Afghanistan, dem Iran Platz zur Expansion gegeben hat.
Heute sehen sich die USA auch der herausfordernden Haltung eines wiedererstarkten Russlands, das sie fast direkt im Georgienkrieg konfrontiert hatten, und dem Aufstieg Chinas als imperialistische Macht gegenüber. Der wachsende ökonomische Einfluss Chinas hat den Appetit dieses Riesenreiches geweckt und ihm die Mittel in die Hand gegeben, um Einfluss in Asien zu ringen, wo Pakistan ein langjähriger Verbündeter ist, und Vasallenstaaten in Afrika (Sudan, Kongo, Angola, Tschad, Äquatorial Guinea, Nigeria, Sambia) zu etablieren. Schlimmer noch, es unterstützt die „terroristischen“ Pariastaaten Syrien, Iran und Nordkorea.
Es stimmt, dass die USA weiterhin mit großem Abstand die größte Militärmacht der Welt bleiben. Trotz seines Wachstums und seiner Ambitionen beträgt Chinas Militärbudget etwas weniger als zehn Prozent des Rüstungsetats der USA (58.3 Mrd. Dollar im Vergleich zu den 547 Mrd. Dollar der USA) und ist sogar etwas kleiner als das britische Budget. Dennoch sind auch die militärischen Ressourcen Amerikas begrenzt; es kann nicht jeden Konflikt sofort austragen, insbesondere weil die Arbeiterklasse nicht besiegt und ungewillt ist, sich für die imperialistischen Abenteuer der Nation zu opfern.
Obamas Politik: Anpassung an eine veränderte Lage
Angesichts dieser Schwächung der amerikanischen Führung, wodurch die USA zu Verhandlungen mit Nordkorea und zur Anerkennung Chinas als ein Mitspieler in Asien gezwungen sind und ihre Politik von jedermann, insbesondere von den einst loyalen Verbündeten infragestellen lassen müssen, ist eine Neujustierung der US-Politik notwendig, um besser die US-Interessen zu verteidigen.
Zunächst hat Obama Afghanistan und Pakistan in den Mittelpunkt seiner politischen Ziele gestellt. Dies ist eine wichtige strategische Region, mit dem Iran im Westen, dem Kaukasus und Russland im Norden, China und Indien im Osten. Es wird für die USA kein leichtes Unterfangen sein, sich aus dem Irak, auch auf die Gefahr hin, dass dieser auseinanderbricht, zurückzuziehen, um sich auf Afghanistan zu konzentrieren. 17.000 zusätzliche US-Soldaten sollen nach Afghanistan geschickt werden. Und Obama war gegenüber Pakistan ein Hardliner, hatte er doch während des Wahlkampfes angekündigt, diesen „Verbündeten“ im Kampf gegen den Terror zu bombardieren und zu besetzen, falls dies erforderlich sei. Iran ist die zweite Priorität, und auch hier gehörte Obama rhetorisch zu den aggressivsten - nichts, die militärische Option schon gar nicht, sei vom Tisch.
Der andere politische Wechsel vollzieht sich auf diplomatischer Ebene. Die USA sind in Afghanistan und im Irak zunehmend isoliert worden. Mittlerweile versuchen sie nicht mehr, im „Kampf gegen den Terror“ allein vorzugehen. US-Außenministerin Hillary Clinton ist zu einer diplomatischer Mission nach Asien (Japan, Indonesien, China) und zu einer „Friedenskonferenz“ nach Ägypten geschickt worden. Vizepräsident Joe Biden kündigte auf der Sicherheitstagung in München an, dass die USA die Politik des Zuhörens praktizieren wollen. Die Bush-Administration hat die USA in vielen Fragen in eine gefährliche Isolation geraten lassen, und das Obama-Team muss reichlich diplomatischen Schaden wiedergutmachen. Leider hindert ihr Hauptbedürfnis – die einzige weltweite Supermacht zu bleiben – die USA daran, jemals die Einsamkeit der Macht aufzugeben.
Die militärische Barbarei wird weiter zunehmen
Einzige Supermacht bleibend, stehen die USA gegenwärtig immer größeren Herausforderungen aus vielen Richtungen gegenüber. Keiner der gegenwärtigen oder potenziellen Herausforderer wie Frankreich, Deutschland, China, Iran… verfügt auch nur im entferntesten über die finanzielle oder militärische Stärke, die Führungsrolle eines Bündnisses oder eines imperialistischen Blockes zu übernehmen, der mit den USA rivalisieren könnte. Gleichzeitig haben die USA weder die Macht noch die Mittel, diese Herausforderungen zu verhindern oder auszumerzen. Mit anderen Worten, wir können keinen Frieden von der amerikanischen oder jeglichen anderen Außenpolitik erwarten. Im Gegenteil, jede Macht muss ihre Rivalen destabilisieren und wird alle zur ihrer Verfügung stehenden Mittel einsetzen: kurzzeitige Bündnisse, Kriege, Terrorismus. Kurzum, wir werden noch mehr Tod, noch mehr Chaos in all den Konfliktzonen auf der Erde erleben. Dies ist ein Ausdruck des Zerfalls der kapitalistischen Gesellschaft auf der Ebene des Imperialismus.
Die Arbeiterklasse bleibt eine Hürde für den Weltkrieg, weil sie ungeschlagen ist, aber gleichzeitig ist sie nicht in der Lage, die zunehmend barbarischeren Kriege auf der Erde zu verhindern, solange sie ihre Kämpfe nicht auf eine höhere Stufe hebt und dem ganzen kapitalistischen System ein Ende macht.
Alex 7.3.09 (aus unserer Zeitung in Großbritannien)