Der Kampf des Proletariats im aufsteigenden und im dekadenten Kapitalismus

Printer-friendly version

"Die Tradition aller toten Geschlechter lastet wie ein Alp auf dem Gehirne der Lebenden. Und wenn sie eben damit beschäftigt scheinen, sich und die Dinge umzuwälzen, noch nicht Dagewesenes zu schaffen, gerade in solchen Epochen revolutionärer Krise beschwören sie ängstlich die Geister der Vergangenheit zu ihrem Dienste herauf, entlehnen ihnen Namen, Schlachtparole, Kostüm..." (K. Marx, Der 18te Brumaire des Louis Napoleon, MEW Bd. 8, S. 115).
Heute, in einer Zeit des historischen Wiedererstarkens des Klassenkampfes, ist die Arbeiterklasse nicht nur durch das Gewicht jener Ideologie belastet, welche die bürgerliche Klasse direkt und absichtsvoll erzeugt, sondern auch durch den Ballast der eigenen Traditionen. Um sich zu emanzipieren, muss die Arbeiterklasse ihre Erfahrungen unbedingt verarbeiten; nur so kann sie die Waffen für die entscheidende Schlacht schmieden, die dem Kapitalismus ein Ende bereiten wird. Doch es besteht auch die Gefahr, dass sie die Erfahrungen aus der Vergangenheit mit toten Traditionen verwechselt, dass es ihr nicht gelingt, zwischen den Methoden vergangener Kämpfe, die stets gültig und lebendig bleiben, und jenen Aspekten zu unterscheiden, die endgültig der Vergangenheit angehören, weil sie von den damaligen Verhältnissen abhängig waren.
Wie Marx oft betonte, blieb der Arbeiterklasse auch zu seinen Lebzeiten im 19. Jahrhundert diese Gefahr nicht erspart. Trotz einer sich rasant entwickelnden Gesellschaft schleppte das Proletariat noch den ganzen Ballast seiner Traditionen aus der Zeit seines Ursprungs mit sich: Überreste aus den alten Gesellenverbänden, aus der Zeit Babeufs, aus ihren gemeinsamen Kämpfen mit der Bourgeoisie gegen den Feudaladel. So waren in der 1864 gegründeten Ersten Internationalen die sektiererischen, verschwörerischen und republikanischen Traditionen aus der Zeit vor 1848 weiterhin als belastendes Gewicht zu spüren. Die gesamte Periode jener gewaltigen Veränderungen war Teil der Epoche des aufstrebenden Kapitalismus und beinhaltete spezifische Bedingungen für die Kämpfe der Arbeiterklasse. Angesichts des blühenden Kapitalismus bestand die Möglichkeit, wirkliche und dauerhafte Verbesserungen in den Lebensbedingungen der Arbeiter zu erringen. Eine Zerstörung des Kapitalismus in seiner Blütezeit stand nicht zur Debatte.
Dieser Rahmen verlieh den verschiedenen Etappen in der Entwicklung der Arbeiterbewegung des 19. Jahrhunderts einen permanenten Charakter. Nach und nach wurden Methoden und Mittel des Klassenkampfes, die gewerkschaftliche Organisierung, herausgearbeitet und stetig verbessert. Trotz aller Unterschiede überwogen die Gemeinsamkeiten der verschiedenen Etappen. Unter diesen Umständen stellte das Gewicht der Traditionen keine große Last für die damaligen Arbeitergenerationen dar. Im Gegenteil, die Vergangenheit wies weitgehend den Weg.
Mit dem Anbruch des 20. Jahrhunderts änderte sich diese Situation radikal. Die meisten Instrumente, welche die Klasse über Jahrzehnte hinweg entwickelt hatte, verloren nun ihren Nutzen. Schlimmer noch: sie wendeten sich gegen das Proletariat und wurden zu tödlichen Waffen des Kapitals. Dies trifft auf die Gewerkschaften, auf die Teilnahme an den Wahlen und am Parlamentarismus zu. Dies geschah, weil der Kapitalismus in eine völlig neue Phase seiner Entwicklung getreten war: in die Periode seiner Dekadenz. Dadurch wurde der Rahmen des proletarischen Kampfes in seinen Grundfesten erschüttert. Von nun an verlor der Kampf um ständige und dauerhafte Verbesserungen innerhalb der kapitalistischen Gesellschaft seine überragende Bedeutung.
Der Kapitalismus konnte nicht nur keine Zugeständnisse mehr leisten, seine Krise stellte zudem zahlreiche proletarische Errungenschaften aus der Vergangenheit in Frage. Angesichts eines todkranken Systems kann der einzig wirkliche Fortschritt für das Proletariat nur in der Zerstörung des Kapitalismus bestehen. Der Erste Weltkrieg verkörperte den Bruch zwischen den beiden Lebensphasen des Kapitalismus. Die Revolutionäre begriffen, dass das System in seine Niedergangsphase eingetreten war. 1919 proklamierte die Kommunistische Internationale in ihrer Plattform: "Die neue Epoche ist geboren! Die Epoche der Auflösung des Kapitalismus, seiner inneren Zersetzung ist da. Die Epoche der kommunistischen Revolution des Proletariats ist angebrochen." Jedoch blieben die Revolutionäre mehrheitlich von den Traditionen der Vergangenheit beeinflusst. Trotz ihrer großartigen Arbeit war die III. Internationale nicht imstande, die Schlussfolgerungen ihrer Analyse konsequent auszuformulieren. Trotz des Verrats durch die Gewerkschaften schlug sie nicht vor, sie zu zerstören, sondern neu aufzubauen. Sie stellte fest, dass "die parlamentarischen Reformen für die werktätigen Massen jede praktische Bedeutung verlieren (...) Der Schwerpunkt des politischen Lebens hat sich vollkommen aus dem Parlament verschoben, und zwar endgültig" (Leitsätze über den Parlamentarismus angenommen auf dem 2. Kongress der Komintern, 1920), um nichtsdestotrotz unbeirrt für die Teilnahme an diesen Institutionen zu plädieren
Die Feststellung von Marx im Jahr 1852 wurde so am Ende nachdrücklich bestätigt. Die tragische Konsequenz daraus war, dass das Gewicht der Traditionen das Proletariat mit dem Ausbruch des imperialistischen Krieges 1914 nicht nur in große Verwirrung stürzte, sondern auch für das Scheitern der 1917 begonnenen revolutionären Welle und für die furchtbare Konterrevolution verantwortlich war, die nach der Zerschlagung der revolutionären Welle ein halbes Jahrhundert lang herrschte. Waren sie schon ein Hindernis für die vergangenen Kämpfe, so sind die überlieferten, toten Traditionen ein noch viel schlimmerer Feind der gegenwärtigen Kämpfe. Um erfolgreich zu sein, muss das Proletariat die alten Kleider von sich streifen, um sich für die Notwendigkeiten, welche die neue Epoche des Kapitalismus seinem Kampf aufzwingt, zu wappnen. Es muss die Unterschiede begreifen, die sich sowohl im Leben des Kapitalismus als auch in den Methoden und Zielen seines Kampfes zwischen der aufsteigenden und der dekadenter Phase der kapitalistischen Gesellschaft auftun. Der folgende Text möchte einen Beitrag zu diesem Verständnis leisten (...)

DIE NATION

In der aufsteigenden Phase des Kapitalismus
Eines der typischen Merkmale des 19. Jahrhunderts war die Bildung neuer Nationen (Deutschland, Italien usw.) bzw. ein zäher Kampf um die Bildung derselben (Polen, Ungarn, etc.). Dies ist absolut kein Zufall, sondern entsprach den Notwendigkeiten des entstehenden Kapitalismus, der in der Nation den geeigneten Rahmen für seine Wirtschaft fand. Damals erfüllte die nationale Unabhängigkeit noch einen Sinn: Sie entsprach der kapitalistischen Entwicklung der Produktivkräfte und der Zerstörung der feudalen Imperien (Russland, Österreich-Ungarn), den Bastionen der Reaktion.

In der dekadenten Phase des Kapitalismus
Im 20. Jahrhundert ist der nationale Rahmen zu eng für die Produktivkräfte geworden. So wie die kapitalistischen Produktionsverhältnisse selbst ist auch die Nation zu einem Hindernis für die Produktivkräfte geworden. Außerdem wird die nationale Unabhängigkeit zu einer Schimäre, sobald sich das nationale Kapital in seinem eigenen, wohlverstanden Interesse in einen der beiden großen imperialistischen Blöcke integriert und damit auf seine Unabhängigkeit verzichtet. Die angeblichen "nationalen Unabhängigkeitsbewegungen" des 20. Jahrhunderts laufen alle darauf hinaus, dass die betroffenen Länder von einer Einflusszone in die andere überwechseln.

DIE ENTWICKLUNG NEUER KAPITALISTISCHER EINHEITEN

In der aufsteigenden Phase des Kapitalismus
Ein anderes typisches Merkmal der aufsteigenden Phase war die ungleiche Entwicklung des Kapitals in den verschiedenen Ländern. Die höchst entwickelten Länder wiesen den anderen Ländern den Weg. Die Rückständigkeit Letzterer war durchaus nicht hoffnungslos. Es bestand für sie sogar die Möglichkeit, die Ersteren einzuholen und gar zu überholen. Dies war fast allgemeingültige Regel: "Im Rahmen des gigantischen Aufstieges war der Umfang der Steigerung in den einzelnen Ländern außerordentlich verschieden. Diejenigen europäischen Industriestaaten, die 1860 am stärksten entwickelt waren, zeigten in dieser Epoche eine geringere Aufwärtsentwicklung. Die englische Produktion verdreifachte sich ,nur', die französische vervierfachte sich ,nur', während die deutsche sich mehr als versiebenfachte, die amerikanische sich mehr als verzwölffachte.
Das verschiedene Tempo der Steigerung hatte zur Folge, dass die Rangordnung der entscheidenden Industrieländer von 1860 bis 1913 sich grundlegend wandelte.
Um 1880 verlor England den führenden Platz in der Weltproduktion an die Vereinigten Staaten. Gleichzeitig wurde Frankreich von Deutschland überholt. Um 1900 wurde England von Deutschland überholt und kam an die dritte Stelle." (E. Sternberg, Kapitalismus und Sozialismus vor dem Weltgericht, 1951)
Zur gleichen Zeit erklomm ein anderes Land die Stufe zur modernen Industrienation: Japan. Auch Russland durchlief einen sehr schnellen Prozess der Industrialisierung, der aber durch den Eintritt des Kapitalismus in seine Dekadenzphase abgewürgt wurde. Die Möglichkeit für die weniger entwickelten Länder, ihre Rückständigkeit zu überwinden, erklärt sich aus folgenden Gründen:
1. Ihre Binnenmärkte boten Absatzmöglichkeiten und spornten so die Entwicklung des industriellen Kapitals an. Die Existenz breiter und relativ wohlhabender Bereiche vor-industrieller Produktion (handwerklicher und vor allem landwirtschaftlicher Art) bildete den notwendigen Nährboden für die kapitalistische Akkumulation.
2.  Die Politik des Protektionismus erlaubte es ihnen eine Zeit lang, ihren Markt vor den billigeren Waren der entwickelteren Länder abzuschirmen und eine eigene nationale Produktion zu entwickeln.
3. Angesichts der frisch eroberten kolonialen Territorien existierte weltweit ein riesiger außerkapitalistischer Markt. Dieser Markt nahm die überschüssige Produktion der Industrieländer auf.
4. Das Verhältnis zwischen Angebot und Nachfrage wirkte sich günstig auf die Möglichkeit einer Entwicklung der weniger entwickelten Länder aus. Da die Nachfrage, global gesehen, das Angebot überstieg, wurde der Preis der Waren von den höheren Produktionskosten in den weniger entwickelten Länder bestimmt. Diese erlaubte dem Kapital dieser Länder, eine Profitrate zu erzielen, die eine wirkliche Akkumulation ermöglichte, während die entwickelteren Länder Extraprofite kassierten.
5. Die Rüstungsausgaben waren relativ niedrig und konnten von den Industrieländern leicht kompensiert, ja, sogar in Form von kolonialen Eroberungen rentabilisiert werden.
6. Im 19. Jahrhundert erforderte das technologische Niveau noch nicht die erheblichen Kapitalmassen wie im 20. Jahrhundert, auch wenn es gegenüber der vorausgegangenen Epoche einen riesigen Fortschritt darstellte.

In der dekadenten Phase des Kapitalismus
Die Periode der kapitalistischen Dekadenz zeichnet sich dadurch aus, dass die Entstehung neuer Industrienationen unmöglich geworden ist. Jene Länder, die ihren industriellen Rückstand vor dem Ersten Weltkrieg nicht wettmachen konnten, waren dazu verdammt, in totaler Unterentwicklung zu stagnieren oder in eine chronische Abhängigkeit gegenüber den hochindustrialisierten Ländern zu geraten. So verhält es sich mit Nationen wie China oder Indien, denen es trotz angeblicher "nationaler Unabhängigkeit" oder gar "Revolution" (d.h. die Einführung eines drakonischen Staatskapitalismus) nicht gelang, Unterentwicklung und Armut abzustreifen. Auch die UdSSR kann sich dieser Realität nicht entziehen. Die fürchterlichen Opfer, die der Bauernschaft und vor allem der Arbeiterklasse dieses Landes abverlangt worden waren, die immense Ausbeutung in den Arbeitslagern, die Planwirtschaft und das staatliche Monopol im Außenhandel (von den Trotzkisten als "große Errungenschaften" der Arbeiter gepriesen), die systematische Ausplünderung der osteuropäischen Länder - all dies reichte nicht, um der UdSSR zum Anschluss an die Hochindustrieländer zu verhelfen, um die hartnäckigen Spuren der Unterentwicklung und Rückständigkeit auszumerzen (s. dazu diverse Artikel in der Internationalen Revue).
Dass es unmöglich geworden ist, neue, große kapitalistische Einheiten zur Entstehung zur verhelfen, drückt sich unter anderem in der Tatsache aus, dass die sechs größten Industrieländer (USA, Japan, Russland, BRD, Frankreich, England) bereits am Vorabend des Ersten Weltkrieges die führenden Wirtschaftsmächte, wenn auch in einer anderen Reihenfolge, gestellt hatten.
Die Unfähigkeit der unterentwickelten Länder, das Niveau der hochentwickelten Mächte zu erreichen, lässt sich durch folgende Tatsachen erklären:
1. Die Märkte, die einst die außerkapitalistischen Sektoren für die Industrieländer verkörperten, sind durch die Kapitalisierung der Landwirtschaft und den fast vollständigen Niedergang des Handwerks gänzlich ausgeschöpft.
2. Die protektionistische Politik hat im 20. Jahrhundert völlig ausgedient. Sie bietet der Wirtschaft in den unterentwickelten Ländern keine Gelegenheit zum Luftholen mehr, sondern führt im Gegenteil zu ihrer Strangulierung.
3. Die außerkapitalistischen Territorien dieser Welt sind nahezu voll-ständig vom kapitalistischen Weltmarkt einverleibt worden. Trotz der ungeheuren Armut und der immensen Nachholbedürfnisse, trotz der völligen Unterentwicklung ihrer Wirtschaft stellen die Drittweltländer keinen zahlungsfähigen Markt dar, weil sie schlicht und einfach pleite sind.
4. Das Verhältnis von Angebot und Nachfrage behindert jegliche Entstehung neuer kapitalistischer Nationen. In einer Welt der gesättigten Märkte übertrifft das Angebot die Nachfrage bei weitem; die Preise werden durch die niedrigsten Produktionskosten bestimmt. Dadurch sind jene Länder mit den höchsten Produktionskosten gezwungen, ihre Waren für wenig Profit, wenn nicht gar mit Verlust zu veräußern. Dies drückt ihre Akkumulationsrate auf ein niedriges Niveau. Selbst mit ihren billigen Arbeitskräften gelingt es ihnen nicht, die notwendigen Investitionen zur Anschaffung moderner Technologien zu tätigen. Das Ergebnis ist die ständige Vergrößerung des Abstandes zwischen ihnen und den Industrieländern.
5. Die Militärausgaben in einer Welt des permanenten Krieges stellen auch für die entwickelten Länder eine große Belastung dar. Für die unterentwickelten Länder führen sie hingegen in den vollständigen Bankrott.
6. Die moderne Produktion von heute erfordert eine im Vergleich zum 19. Jahrhundert weitaus höher entwickelte Technologie und somit enorme Investitionen, die lediglich die Industriemächte zur Verfügung haben. So wirken sich auch rein technische Faktoren negativ auf die wirtschaftliche Entwicklung aus.

DIE BEZIEHUNGEN ZWISCHEN STAAT UND GESELLSCHAFT

In der aufsteigenden Phase des Kapitalismus
In diesem Lebensabschnitt des Kapitalismus gab es eine sehr deutliche Trennung zwischen der Politik, dem Bereich der staatlichen Verwaltungsspezialisten und der Wirtschaft, dem Bereich der Privatkapitalisten.
In jener Zeit war der Staat, der auch damals durchaus nach der Herrschaft über die Gesellschaft trachtete, stark von Interessengruppen und Fraktionen des Kapitals beherrscht, was sich zum großen Teil in der Legislative bemerkbar machte. Noch dominierte die Legislative die Exekutive; das parlamentarische System und die repräsentative Demokratie waren Realität, waren das Terrain, auf dem die Konfrontationen zwischen den verschiedenen Interessengruppen stattfanden. Aufgabe des Staates war, die soziale Ordnung zu Gunsten des kapitalistischen Systems in seiner Gesamtheit zu bewahren. Aus diesem Interesse heraus gewährte der Staat den Arbeitern diverse Reformen gegen die barbarischen Exzesse der Ausbeutung, deren Ursache im unmittelbaren und unersättlichen Hunger der Privatkapitalisten nach Profit lag (z.B. die 10-Stunden-Bill in Großbritannien, die Gesetze zur Einschränkung der Kinderarbeit usw.)

In der dekadenten Phase des Kapitalismus
Dieser Lebensabschnitt des Kapitalismus zeichnet sich durch die Absorbierung der Gesellschaft durch den Staat aus. So hat die Legislative, die ursprünglich die gesellschaftlichen Interessen vertreten hatte, jegliches Gewicht zu Gunsten der Exekutive verloren, die nunmehr die Spitze der staatlichen Hierarchie verkörpert. In dieser Periode verschmilzt die Politik mit der Ökonomie zu einem Ganzen, da der Staat die Hauptrolle in der nationalen Wirtschaft und ihre tatsächliche Führung übernommen hat.
Ob dies durch die schrittweise Integration, wie in der "Marktwirtschaft" westlicher Ausrichtung, oder durch eine plötzliche Umwälzung, wie in der verstaatlichten Wirtschaft, geschieht, der Staat ist in keinem Fall mehr das bloße ausführende Organ der Privatkapitalisten und Interessengruppen, sondern der kollektive Kapitalist, dem sich alle besonderen Interessen zu beugen haben.
In seiner Eigenschaft als reelle Einheit des nationalen Kapitals verteidigt der Staat dessen Interessen sowohl nach innen als auch nach außen. Ebenso übernimmt er die Aufgabe, die Ausbeutung und Unterwerfung der Arbeiterklasse sicherzustellen.

DER KRIEG

In der aufsteigenden Phase des Kapitalismus
Im 19. Jahrhundert hatte der Krieg im Allgemeinen die Funktion, jeder kapitalistischen Nation die zu ihrer Entwicklung notwendige territoriale Einheit und Ausdehnung zu sichern. In diesem Sinne und trotz des damit verbundenen Elends war der Krieg ein Aspekt des fortschrittlichen Wesens des Kapitals.
So waren die Kriege damals üblicherweise auf zwei oder drei meist benachbarte Länder begrenzt und zeichneten sich durch folgende Merkmale aus:
- Sie waren von kurzer Dauer.
- Sie verursachten wenig Zerstörung.
- Sie ermöglichten sowohl den Siegern als auch den Besiegten einen neuen Aufschwung (so z.B. der deutsch-französische, der österreichisch-italienische, der österreichisch-preußische und der Krimkrieg).
Der Deutsch-französische Krieg von 1870/71 war ein typisches Beispiel für diese Art von Krieg
- Er stellte eine entscheidende Etappe bei der Bildung des deutschen Nationalstaates dar, d.h. bei der Schaffung einer Grundlage für die gewaltige Entwicklung der Produktivkräfte und bei der Bildung des wichtigsten Teils des industriellen Proletariats Europas, ja, der Welt, wenn man seine politische Rolle berücksichtigt.
- Gleichzeitig dauerte dieser Krieg nicht einmal ein ganzes Jahr. Auch fielen ihm nicht allzu viele Menschen zum Opfer. Selbst für das besiegte Frankreich stellte er keinen wirklichen Rückschlag dar: Nach 1871 setzte Frankreich seine industrielle Entwicklung fort, die im "Zweiten Reich" begonnen hatte, und erbeutete zudem den Löwenanteil seines Kolonialreiches.
Was die Kolonialkriege angeht, so verfolgten sie das Ziel, neue Märkte und Rohstoffressourcen zu erobern. Sie waren das Ergebnis eines Wettrennens der kapitalistischen Länder, die in ihrem Drang, ihre Bedürfnisse nach Ausdehnung zu befriedigen, die Welt unter sich aufteilten. Die Kolonialkriege standen also in direktem Zusammenhang mit der Ausdehnung des Kapitalismus und der Entwicklung der globalen Produktivkräfte.

In der dekadenten Phase des Kapitalismus
In einer Periode, in der die Bildung lebensfähiger nationaler Einheiten nicht mehr möglich und die formale Unabhängigkeit neuer Länder im Wesentlichen das Resultat der Rivalitäten zwischen den großen imperialistischen Mächten ist, werden die Kriege nicht mehr durch wirtschaftliche Notwendigkeit, die Produktivkräfte weiterzuentwickeln, bestimmt, sondern sind auf politische Ursachen zurückzuführen. Sie werden bestimmt vom Kräfteverhältnis zwischen den Blöcken und haben aufgehört, ein Moment der Ausdehnung der kapitalistischen Produktionsweise zu sein. Die Kriege von heute sind im Gegenteil Ausdruck der Unmöglichkeit einer solchen Ausdehnung. Sie führen nicht zur Aufteilung der Welt, sondern zu ihrer Neuaufteilung. Da eine Weiterentwicklung definitiv nicht mehr möglich ist, kann der eine Block von Ländern seine Kapitalverwertung nur auf Kosten des feindlichen Blocks aufrechterhalten. Im Endeffekt läuft dieser Zustand auf Schwächung des Weltkapitals in seiner Gesamtheit hinaus.
Heute verbreiten sich die Kriege in alle Himmelsrichtungen und verursachen ungeheure Zerstörungen in der Weltwirtschaft; sie führen letztendlich zur allgemeinen Barbarei.
Wie im deutsch-französischen Krieg 1870/71 standen sich auch 1914 und 1939 Deutschland und Frankreich feindlich gegenüber. Doch die Unterschiede zwischen dem erstgenannten Krieg und den beiden Weltkriegen sind frappierend. Im 20. Jahrhundert:
- zog der Krieg ganz Europa in Mitleidenschaft und dehnte sich zudem auf die gesamte Welt aus;
- war der Krieg ein totaler Krieg, der jahrelang die gesamte Bevölkerung und sämtliche wirtschaftlichen Ressourcen mobilisierte, der binnen kurzer Zeit Jahrzehnte menschlicher Arbeit zunichte machte, Millionen von Proletariern massakrierte und Hunderte von Millionen von Menschen in die Hungersnot trieb.
Die Kriege des 20. Jahrhunderts sind keineswegs "Erneuerungskuren" (wie manche behaupten), sondern nichts anderes als ein Ausdruck des dahinsiechenden Kapitalismus.

DIE KRISEN

In der aufsteigenden Phase des Kapitalismus
In einer auf ungleiche Entwicklungen, auf ungleiche Binnenmärkte basierenden Welt waren auch die Krisen durch die ungleiche Entfaltung der Produktivkräfte in den verschiedenen Ländern und Branchen gekennzeichnet. Sie zeigten an, dass der Binnenmarkt gesättigt und eine weitere Ausdehnung erforderlich war. Sie traten periodisch im Abstand von sieben bis zehn Jahren auf, also entsprechend der Tilgungsfrist des fixen Kapitals, und lösten sich infolge der Eröffnung neuer Märkte schnell auf. Sie trugen daher folgende Merkmale:
1. Sie brachen plötzlich aus, meistens nach einem Börsenkrach.
2. Sie waren von kurzer Dauer; die längsten Krisen dauerten ein bis drei Jahre.
3. Sie betrafen nicht alle Industrieländer. So:
- traf die Krise von 1825 vor allem Großbritannien, Frankreich und  Deutschland blieben von ihr verschont;
- traf die Krise von 1830 vor allem Nordamerika, während Frankreich  und Deutschland ihr erneut entgingen;
- verschonte die Krise von 1847 die USA und hatte schwache Auswirkungen in Deutschland;
- zeigte die Krise von 1866 wenig Wirkung in Deutschland und
- verschonte die Krise von 1973 Frankreich.
Nach und nach neigte der beschriebene Zyklus zwischen Börsenkrach und Boom dazu, sich auf alle entwickelten Länder gleichzeitig auszuwirken. Doch noch 1900 und 1903 waren die USA von der damaligen Rezession unbetroffen, und auch Frankreich blieb von der Rezession von 1907 verschont. Erst die Krise von 1913, die in den Ersten Weltkrieg mündete, erschütterte praktisch alle Länder gleichzeitig.
4. Sie wirkten sich nicht auf alle Industriebranchen aus. So:
- litt hauptsächlich die Baumwollindustrie unter den Krisen von 1825 und 1836;
- wurde in der Krise von 1873 die Metallindustrie in Mitleidenschaft gezogen. So kam es nicht selten vor, dass bestimmte Branchen sich noch im Aufschwung befanden, während andere von der Rezession erfasst waren.
5. Sie mündeten in einen neuen industriellen Aufschwung (die o.g. Wachstumszahlen von Sternberg sind in dieser Hinsicht aufschlussreich).
6. Sie schufen nicht die Bedingungen für eine politische Krise des Systems und noch weniger für den Ausbruch einer proletarischen Revolution. Hier muss man die Fehleinschätzung von Marx erwähnen, der kurz nach den Ereignissen von 1847/48 geschrieben hatte, dass eine neue Revolution nur im Anschluss an eine neuen Krise möglich sei, aber ebenso sicher sei wie Letztere. Sein Irrtum bestand nicht in der Erkenntnis darüber, dass zur Ermöglichung der Revolution die Krise des Kapitalismus notwendig ist. Ebenso wenig täuschte er sich, als er eine neue Krise angekündigt hatte (die Krise von 1857 sollte sich als noch stärker erweisen als die von 1847). Er ging vielmehr fehl in der Annahme, dass die Krisen zu seiner Zeit bereits die Todeskrisen des Kapitalismus darstellten. Diesen Irrtum hat Marx später natürlich korrigiert. Gerade weil er sich über die objektiven Bedingungen der Revolution im Klaren war, stieß er später in der IAA mit den Anarchisten zusammen, welche die noch bevorstehenden Etappen auf dem Weg zur proletarischen Revolution einfach überspringen wollten. So warnte er am 9. September die Pariser Arbeiter: "Jeder Versuch, die neue Regierung zu stürzen, (...) wäre eine verzweifelte Torheit." (Marx, Zweite Adresse über den deutsch-französischen Krieg, MEW Bd. 17, S. 277) Heute muss man schon Anarchist oder Bordigist sein, um sich einzubilden, dass die Revolution jederzeit möglich sei bzw. dass ihre materiellen Bedingungen bereits 1848 oder 1871 existiert hätten.

In der dekadenten Phase des Kapitalismus
Seit Anfang des 20. Jahrhunderts ist die Bildung des kapitalistischen Weltmarktes abgeschlossen. Die Binnenmärkte haben an Bedeutung verloren (u.a. wegen des Verschwindens außerkapitalistischer Bereiche). Unter diesen Umständen sind die Krisen kein Ausdruck lediglich zeitweise verstopfter Märkte, sondern Zeugnis von der Unmöglichkeit einer weiteren Ausdehnung der Märkte. Aus diesem Grund handelt es sich bei den heutigen Rezessionen um allgemeine und permanente Krisen.
Die Konjunkturen werden nicht mehr vom Verhältnis zwischen der Produktionsauslastung und der Größe des jeweils bestehenden Marktes bestimmt. Sie sind vielmehr im Wesentlichen das Ergebnis politischer Faktoren, die vom Zyklus "Krise-Krieg-Wiederaufbau" beeinflusst sind. So bestimmen nicht mehr die Probleme der Kapitaltilgung die Dauer der konjunkturellen Phasen, sondern vielmehr der Umfang der Zerstörungen des vorausgegangenen Krieges. Nur so kann man verstehen, warum die Dauer der Wiederaufbau- und Expansionsphase nach dem Zweiten Weltkrieg mehr doppelt so lang war (17 Jahre) wie nach dem Ersten Weltkrieg (sieben Jahre).
Im Gegensatz zum 19. Jahrhundert, das von der Politik des "Laisser-faire" charakterisiert war, wird im 20. Jahrhundert das Ausmaß der Krisen mit Hilfe staatlicher Eingriffe eingeschränkt. So verhält es sich mit den lokalen Kriegen, mit der Entwicklung der Rüstungsindustrie, der Kriegswirtschaft, mit dem systematischen Einsatz der Inflation (das Drucken von Banknoten), mit dem Verkauf auf Kredit, der allgemeinen Verschuldung und mit vielen anderen politischen Maßnahmen, die vielfach mit den ökonomischen Gesetzen des Kapitalismus brechen.
So gesehen, haben die Krisen des 20. Jahrhunderts folgende Merkmale:
1. Sie brechen nicht plötzlich aus, sondern entwickeln sich schrittweise und über einen längeren Zeitraum. Zwar wies die Krise von 1929 mit ihrem plötzlichen Ausbruch durchaus noch ein Merkmal der Krisen des 19. Jahrhunderts auf. Doch lässt sich dies nicht dadurch erklären, dass sie unter ähnlichen wirtschaftlichen Bedingungen stattfand, sondern allein durch die Tatsache, dass die politischen Institutionen des Kapitals gegenüber den veränderten Bedingungen völlig unvorbereitet waren. Später ermöglichten es die massiven staatlichen Eingriffe (New Deal in den USA, Rüstungsproduktion in Deutschland), die Auswirkungen der Weltwirtschaftskrise über ein Jahrzehnt lang hinauszuzögern.
2. Einmal ausgebrochen, dauern Krisen im 20. Jahrhundert stets sehr lange. Während das Verhältnis zwischen Rezession und Aufschwung im 19. Jahrhundert 1 : 4 betrug, änderte es sich im 20. Jahr-hundert auf 2 : 1. Denn zwischen 1914 und 1980 zählte man genau zehn Jahre Weltkrieg (ohne die permanenten lokalen Kriege mit zu berücksichtigen), 32 Jahre der Krisen und Rezessionen (1918-22, 1929-39, 1945-50, 1967-...), insgesamt also 42 Jahre Kriege und Krisen, dagegen nur 24 Jahre Wiederaufbau (1922-29 und 1950-67). Und die derzeitige Krise ist noch lange nicht an ihrem Ende angelangt.
3. Während sich die Wirtschaft im 19. Jahrhundert am Ende einer jeden Krise aus eigener Kraft wieder angekurbelt hatte, kennen die Krisen des 20. Jahrhunderts, vom kapitalistischen Standpunkt aus gesehen, keine andere Lösung als einen neuen Weltkrieg. Krisen sind in diesem todkranken System unvermeidbar. Für das Proletariat hingegen bringen sie die Notwendigkeit und Möglichkeit der kommunistischen Revolution zum Vorschein. Das 20. Jahrhundert ist in der Tat die Ära von Krieg und Revolution, wie es die Komintern auf ihrem Gründungskongress ausgedrückt hatte.

DER KLASSENKAMPF

In der aufsteigenden Phase des Kapitalismus
Die Formen des Klassenkampfes im 19. Jahrhundert waren gleichermaßen durch die Besonderheiten des Kapitals wie durch die Arbeiterklasse selbst bestimmt:
1. Das Gesamtkapital im 19. Jahrhundert war noch in zahllose, kleine Einzelkapitale zersplittert. Selten hatten die Fabriken mehr als 100 Arbeiter beschäftigt, oftmals waren die Unternehmen noch halbe Handwerksbetriebe. Erst in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts entwickelte sich mit dem Bau der Eisenbahnen, der massenhaften Maschinisierung, der Vervielfachung der Bergwerke die Vorherrschaft der Großindustrie, so wie man sie heute kennt.
2. Die Zahl der konkurrierenden Kapitalisten war somit sehr hoch.
3. Zudem war die angewandte Technologie noch ziemlich unterentwickelt. Die erste Generation von Fabrikarbeitern kam vom Land und war mehrheitlich unqualifiziert. Qualifizierte Arbeiter kamen vorwiegend aus dem Handwerk.
4. Die Ausbeutung basierte auf dem Auspressen des absoluten Mehrwerts: langer Arbeitstag, sehr niedriger Arbeitslohn.
5. Jeder Fabrikherr stieß direkt und auf sich allein gestellt mit den Arbeitern zusammen, die von ihm ausgebeutet wurden. Es gab noch keine organisierte Einheit der Unternehmer: Erst im letzten Drittel des 19. Jahrhunderts bildeten sich die ersten Unternehmerverbände. In diesen isolierten Konflikten kam es nicht selten vor, dass die Konkurrenz sich die Hände rieb und mit einem Auge auf die Abnehmer der betroffenen Fabrik schielte.
6. Der Staat hielt sich in der Regel aus solchen Konflikten heraus. Er intervenierte erst dann, wenn der Konflikt die "öffentliche Ordnung" zu stören drohte.
Auf Seiten der Arbeiterklasse sind folgende Charakteristiken festzuhalten:
1. So wie das Kapital war auch die Arbeiterklasse sehr zersplittert. Sie war eine in der Entstehung befindliche Klasse. Ihre kämpferischsten Angehörigen waren noch sehr stark mit dem Handwerk verbunden und daher stark vom Korporatismus geprägt.
2. Auf dem Arbeitsmarkt herrschte noch uneingeschränkt und direkt das Gesetz von Angebot und Nachfrage. Nur in Zeiten der Hochkonjunktur, der schnellen Ausweitung der Produktion, in der Mangel an Arbeitskräften vorherrschte, waren die Arbeiter in der Lage, wirksamen Widerstand gegen die Angriffe des Kapitals zu leisten und sogar wichtige Verbesserungen in den Löhnen und Arbeitsbedingungen zu erzielen. In Zeiten der Wirtschaftskrise verloren sie dagegen ihre Stärke und ließen sich wehrlos einen Teil der eben errungenen Verbesserungen wieder abjagen. Als Ausdruck dieses Phänomens fand die Gründung der Ersten sowie der Zweiten Internationalen jeweils in einer Phase des wirtschaftlichen Aufschwungs statt (1864, also drei Jahre vor dem Ausbruch der Krise von 1867, wurde die Internationale Arbeiterassoziation, kurz: IAA, gegründet, die II. Internationale 1889, am Vorabend der Krise von 1890-93) und spiegelte die verstärkte Kampfbereitschaft der Arbeiterklasse wider.
3. Im 19. Jahrhundert bedeutete die Emigration eine Lösung für die Arbeitslosigkeit und die furchtbare Not, die in regelmäßigen Abständen die Arbeiterklasse während der zyklischen Krisen heimsuchten. Als die Lebensbedingungen in den kapitalistischen Metropolen unerträglich wurden, war die Möglichkeit für große Teile des Proletariats, in die "Neue Welt" zu emigrieren, ein Element zur Vermeidung explosiver Situationen wie jener des Jahres 1848. So war die Ausdehnungsfähigkeit des Kapitalismus und die Möglichkeit der Emigration eine Garantie für die Stabilität des Systems im 19. Jahrhundert.
4. Die besonderen Bedingungen des aufstrebenden Kapitalismus zwangen die Arbeiter dazu, Organisationen zur Vertretung ihrer ökonomischen Interessen zu schaffen: die Gewerkschaften, lokale, berufsgebundene Interessenorganisationen, die auf eine Minderheit von Arbeitern beschränkt blieben. Der Streik, die Hauptform des damaligen Kampfes, wurde gründlich vorbereitet, die bestreikten Fabriken stets vorher ausgewählt. Im Allgemeinen brachen die Kämpfe verstärkt in Phasen der Hochkonjunktur aus und richteten sich gegen eine bestimmte Industriebranche oder einzelne Fabriken. Trotz all dieser Beschränkungen waren die Gewerkschaften reelle Organe der Arbeiterklasse, die nicht nur im ökonomischen Kampf gegen die Kapitalisten, sondern auch als Lebenszentrum der Klasse, als Schule der Solidarität, unabdingbar waren. In diesen Schulen konnten die Arbeiter lernen, dass sie eine gemeinsame Sache, ein gemeinsames Ziel verfolgen, denn es handelte sich hierbei um "Schulen des Kommunismus", wie Marx sie bezeichnete, die für die revolutionäre Propaganda offen waren.
5. Im 19. Jahrhundert waren die Streiks im Allgemeinen von relativ langer Dauer. Darin bestand eine der Bedingungen für ihre Wirksamkeit: Sie zwang die Arbeiter, das eigene Verhungern zu riskieren und sich daher mit der Notwendigkeit zu befassen, Unterstützungsfonds, "Widerstandskassen", zu organisieren und die materielle Solidarität der anderen Arbeiter in Anspruch zu nehmen. Daher bildete die Tatsache, dass Letztere weiter arbeiteten und sich nicht dem Streik anschlossen, durchaus ein positives Element für die Wirksamkeit des Kampfes. Denn wenn in den Konkurrenzfabriken weitergearbeitet wurde, konnte dies einen zusätzlichen Druck auf den bestreikten Fabrikherrn ausüben.
6. Unter diesen Umständen erhielt die Frage der materiellen, finanziellen Vorbereitung und Organisierung des Proletariats eine zentrale Bedeutung bei der Durchführung der Kämpfe. Oft hatte sie Vorrang vor dem Inhalt, vor den tatsächlichen Errungenschaften der Kämpfe. Sie wurde zum Ziel an sich, wie Marx feststellte, als er auf die Aussagen der Bourgeoisie einging, die nicht verstand, warum die Arbeiter mehr Geld für ihre Gewerkschaften ausgaben, als diese dem Kapital für sie entreißen konnten.

In der dekadenten Phase des Kapitalismus
Der Klassenkampf im dekadenten Kapitalismus wird aus der Sicht des Kapitals durch folgende Merkmale bestimmt:
1. Das Kapital hat ein hohes Niveau der Konzentration und Zentralisierung erreicht.
2. Quantitativ, also von der bloßen Anzahl der konkurrierenden Unternehmer ausgehend, ist die Konkurrenz schwächer geworden, qualitativ hat sie sich dagegen enorm zugespitzt.
3. Die Technologie ist hoch entwickelt. Die Arbeitskräfte sind immer qualifizierter, da die einfachen Arbeiten zunehmend von Maschinen ausgeführt werden. Ein Großteil der heutigen Lohnabhängigen steht schon in der vierten oder fünften Arbeitergeneration. Nur eine ganz geringe Anzahl von Arbeitern wird aus der Landwirtschaft rekrutiert.
4. Die dominierende Grundlage der Ausbeutung ist das Auspressen des relativen Mehrwerts (Beschleunigung des Arbeitsrhythmus und Zunahme der Produktivität).
5. Im Vergleich zu früher herrscht heute eine viel größere Einheit und Solidarität unter den Kapitalisten gegenüber der Arbeiterklasse. Erstere haben spezielle Organe gegründet, um der Arbeiterklasse nicht mehr einzeln gegenüberzutreten.
6. Der Staat greift direkt in die sozialen Konflikte ein, entweder in seiner Eigenschaft als Kapitalist bzw. als "Vermittler", d.h. als Kontrollorgan auf der politischen und ökonomischen Ebene der Konfrontation, um diese auf Sparflamme zu halten, oder aber einfach als Organisator und Ausführender der Repression.
Auf der Seite der Arbeiterklasse sind folgende Merkmale zu nennen:
1. Die Arbeiterklasse ist auf globaler Ebene vereinigt und auf intellektueller Ebene hoch qualifiziert. Sie hat nur noch sehr entfernte Verbindungen zum Handwerk. Zentrale Stätten ihrer Kampfbereitschaft sind die großen, modernen Betriebe. Die Kämpfe verlassen immer mehr den Boden des Korporatismus.
2. Im Gegensatz zur aufsteigenden Periode kommt es heute zum Ausbruch von Kämpfen, wenn die Gesellschaft in eine Krise gerät: Die Revolutionen von 1905 und 1917 in Russland entstanden infolge der akuten Krise (denn Kriege sind nichts anderes als Krisen). Die große internationale Welle von revolutionären Kämpfen zwischen 1917 und 1923 fand während einer Zeit der Kriege und der sich anschließenden wirtschaftlichen Erschütterungen statt und endete mit dem Aufschwung, den der Wiederaufbau mit sich brachte. Im Gegensatz zu ihren Vorgängern wurde die Dritte Internationale 1919, auf einem Tiefpunkt der gesellschaftlichen Krise und auf dem gleichzeitigen Höhepunkt der proletarischen Kampfbereitschaft, gegründet.
3. Das Phänomen der wirtschaftlich bedingten Emigration im 20. Jahrhundert, besonders nach dem II. Weltkrieg, ist sowohl von seinem Ursprung her als auch hinsichtlich seiner Konsequenzen keineswegs vergleichbar mit den großen Auswanderungsströmungen des 19. Jahrhunderts. Es drückt nicht die historische Expansion des Kapitals nach neuen Territorien aus, sondern im Gegenteil die Unmöglichkeit der ökonomischen Entfaltung der ehemaligen Kolonien. Die Arbeiter und Bauern flüchten aus den verelendeten ländlichen Regionen in die Metropolen, welche die emigrierenden Arbeiter des 19. Jahrhunderts ihrerseits verlassen hatten. Die Auswanderung wirkt also nicht mehr als Sicherheitsventil in der akuten Krise des Systems. Nach dem Ende der Wiederaufbauperiode hörte die Emigration auf, ein Mittel zu sein, um die Arbeitslosigkeit zu überwinden, die sich in den Industrieländern ausbreitet, nachdem sie bereits vorher die unterentwickelten Länder heimgesucht hat. Die Krise treibt die Arbeiterklasse in die Enge, ohne ihr den geringsten Ausweg innerhalb dieses Systems zu lassen.
4. Die Unmöglichkeit von dauerhaften Verbesserungen für die Arbeiterklasse bedeutet auch die Unmöglichkeit der Bildung spezifischer, permanenter, ihre ökonomischen Interessen vertretener Organisationen. Die Gewerkschaften verlieren ihre ursprüngliche Funktion: Da sie keine Klassenorgane, geschweige denn "Schulen des Kommunismus" sind, werden sie vom Kapital vereinnahmt und in den Staat integriert, ein Prozess, der durch die Tendenz des Staates, sich die gesamte Gesellschaft einzuverleiben, noch verstärkt wird.
5. Der proletarische Kampf sprengt zunehmend den ökonomischen Rahmen und wird zum gesellschaftlichen Kampf. Die Arbeiter stoßen direkt mit den staatlichen Organen zusammen und werden auf diesem Wege politisiert. Desgleichen erfordern diese Kämpfe die massive Beteiligung der gesamten Klasse. Rosa Luxemburg deckte dies in ihrer Schrift "Massenstreik, Partei und Gewerkschaften" vor dem Hintergrund der ersten russischen Revolution von 1906 auf. Den gleichen Gedanken findet man auch bei Lenin: "Hinter jedem Streik erhebt sich das Gespenst der Revolution."
6. Die Kämpfe in der dekadenten Phase können nicht von langer Hand organisatorisch vorbereitet werden. Sie brechen spontan aus und streben danach, sich auszuweiten. Sie finden eher auf lokaler oder territorialer denn auf beruflicher Ebene statt. Ihre Ausweitung verläuft eher horizontal als vertikal. Diese Merkmale sind Vorboten der revolutionären Konfrontation, in der die Arbeiter nicht nach Berufen oder Branchen getrennt oder als Arbeiter der einen oder anderen Fabrik auftreten, sondern als vereinigte Klasse, die sich auf geopolitischer Ebene (Provinzen, Länder) zusammengeschlossen hat. Auch ist es der Arbeiterklasse unmöglich, sich im Vorfeld eines Kampfes mit materiellen Hilfsmitteln zu versorgen. Angesichts der Art und Weise, wie das Kapital sich organisiert, wie die gesamte Kapitalistenklasse sich im Falle von Kämpfen gegenseitig hilft, wird ein Streik auf längere Zeit zu einer stumpfen Waffe. In diesem Sinn hängt der Erfolg eines Streiks nicht von finanziellen Mitteln ab, sondern im Wesentlichen von der Fähigkeit der Arbeiter, den Kampf auszudehnen, da nur dies eine reelle Bedrohung des gesamten nationalen Kapitals darstellt. Heutzutage besteht die Solidarität der Arbeiter nicht mehr in der finanziellen Unterstützung kämpfender Arbeiter (dabei handelt es sich nur um eine Scheinsolidarität, welche die Gewerkschaften anbieten, um die Arbeiter von einer wirklichen Unterstützung abzuhalten), sondern in der eigenen Aufnahme des Kampfes.
7. So wie die Organisation des Kampfes dem Kampf selbst nicht vorausgeht, sondern sich erst im Verlauf des Kampfes herausschält, so kann die Selbstverteidigung und Bewaffnung des Proletariats nicht im Voraus vorbereitet werden, indem man ein paar Gewehre bunkert (so wie sich dies einige Gruppen wie die GCI vorstellen).
 All dies sind Etappen in einem Prozess, den man nicht beenden kann,   ohne alle Etappen durchlaufen zu haben.

DIE ROLLE DER REVOLUTIONÄREN ORGANISATION

In der aufsteigenden Phase des Kapitalismus
Die Organisation der Revolutionäre, Produkt der Klasse und ihres Kampfes, ist eine Minderheitsorganisation, die sich auf der Grundlage eines Programms konstituiert. Ihre Funktion besteht in der:
1. theoretischen Aufarbeitung der Kritik des Kapitalismus,
2. Erarbeitung des Programms, der historischen Ziele des Klassenkampfes,
3. Verbreitung dieses Programms in der Klasse,
4. aktiven Teilnahme an allen Phasen des unmittelbaren Kampfes der Klasse und ihrer Selbstverteidigung gegen die kapitalistische Ausbeutung.
So übernahmen die revolutionären Organisationen im 19. Jahrhundert die Aufgabe, ab einem bestimmten Entwicklungsstadium die ökonomischen Kämpfe der Klasse auf der Grundlage einer bereits im Keim bestehenden und in früheren Kämpfen erzeugten Organisation aktiv zu initiieren und zu organisieren.
Aufgrund dieser Funktion und angesichts der Begleitumstände dieser Periode - die Möglichkeit von Reformen und eine Neigung zur Propagierung reformistischer Illusionen in der Klasse - wurden auch die Organisationen der Revolutionäre (die Parteien der II. Internationalen) vom Bazillus eines Reformismus befallen, der letztendlich das revolutionäre Endziel zu Gunsten der unmittelbaren Reformen aufgab. Sie ließen sich dazu verleiten, die Entwicklung und den Erhalt der ökonomischen Organisationen (Gewerkschaften) zu ihrer einzigen praktischen Aufgabe zu machen (Entwicklung des Ökonomismus).
Nur eine Minderheit innerhalb der revolutionären Organisationen widerstand dieser Entwicklung und verteidigte die Integrität des historischen Programms der sozialistischen Revolution. Ein Teil dieser Minderheit wiederum neigte jedoch dazu, als Reaktion auf die reformistische Degeneration sich die dem Proletariat fremde Auffassung anzueignen, dass die Partei die einzige Quelle des Bewusstseins, die alleinige Inhaberin eines vollendeten Programms sei, deren Funktion mithin darin bestünde, ähnlich wie die Parteien der Bourgeoisie die Arbeiterklasse zu "vertreten", und die folglich das Recht habe, das Entscheidungsorgan der Klasse zu stellen, mit anderen Worten: im Namen der Arbeiterklasse die Macht zu übernehmen. Diese Auffassung, die wir Substitutionismus nennen, prägte eine Mehrheit der revolutionären Linken in der II. Internationalen, insbesondere ihren wichtigsten Theoretiker Lenin (s. Was tun?, Ein Schritt vorwärts,  zwei Schritte zurück).

In der dekadenten Phase des Kapitalismus
In dieser Phase behält die Organisation der Revolutionäre die allgemeinen Merkmale der vorherigen Periode bei. Hinzu kommt aber, dass die Verteidigung der unmittelbaren Interessen nicht mehr vom Endziel getrennt werden kann, welches auf der Tagesordnung der Geschichte steht. Dagegen verliert sie aufgrund dieser Tatsache die Funktion, die Klasse zu organisieren. Dies kann nur das Werk der Arbeiter selbst sein, die in ihrem Kampf zu einer sowohl in ökonomischer als auch in politischer Hinsicht neuartigen Organisation findet: den Arbeiterräten.
Indem sie sich die alte Parole der Arbeiterbewegung wieder zu Eigen macht, dass "die Befreiung der Arbeiter das Werk der Arbeiter selbst" ist, muss die Organisation jegliche substitutionistischen Tendenzen als bürgerliche Auffassung bekämpfen. Als revolutionäre Minderheit hat sie nicht die Aufgabe, a priori eine Plattform für die unmittelbaren Forderungen zu bilden, um die Klasse zu mobilisieren. Sie muss sich jedoch entschlossen an allen Kämpfen beteiligen und ihnen eine allgemeine Orientierung verleihen, wobei sie die Agenten und Ideologen der Bourgeoisie innerhalb der Arbeiterklasse denunzieren muss. Im Kampf selbst muss sie die Notwendigkeit der Generalisierung als einzigen Weg zum Endziel, der Revolution, betonen. Sie ist weder unbeteiligter Zuschauer noch devoter Diener der Arbeiterklasse.
Die Organisation der Revolutionäre verfolgt das Ziel, die Entstehung von Arbeiter-Diskussionsgruppen oder Arbeitergruppen zu fördern und in ihnen mitzuarbeiten. Dabei muss sie diese als vorübergehende, unfertige Produkte eines tatsächlich in der Klasse bestehenden Bedürfnisses nach Umgruppierung und Diskussion betrachten, das angesichts der Unmöglichkeit, neue Gewerkschaften zu schaffen, allerdings erst dann völlig befriedigt werden kann, wenn die wirklichen Einheitsorgane de Arbeiterklasse, die Arbeiterräte, gebildet werden.
Entsprechend dem Charakter der Krise muss die Organisation der Revolutionäre jeden Versuch, solche Gruppen künstlich zu erzeugen, jeden Anspruch, sie zu Transmissionsriemen irgendwelcher Parteien oder gar zum Kern der künftigen Räte oder anderer politisch-ökonomischer Organe zu machen, ablehnen. Denn dies kann die Entwicklung des Reifungsprozesses im Bewusstsein und in den Einheitsorganen der Klasse nur lähmen. Solange sie es vermeiden, sich zum Selbstzweck zu machen, unausgegorene Plattformen zu verabschieden, solange sie ein Treffpunkt bleiben, der für alle Arbeiter offen ist, die sich mit den Problemen ihrer Klasse auseinandersetzen wollen, können solche Diskussionszirkel durchaus wertvoll sein und vorübergehend wichtige Aufgaben erfüllen.
In Anbetracht der Tatsache, dass nach einer Zeit lang andauernder und erdrückender Konterrevolution die Revolutionäre in alle Winde zerstreut sind, hat die revolutionäre Organisation die Aufgabe, die Entwicklung eines politischen Milieus auf internationaler Ebene zu fördern. Das bedeutet, Debatten und Auseinandersetzungen zwischen den Gruppen über politische Positionen zu fördern, was schließlich den Prozess der Bildung der internationalen politischen Klassenpartei in Gang setzt.
Die schlimmste Konterrevolution in der Geschichte der Arbeiterbewegung war auch für die Organisation der Revolutionäre eine furchtbare Prüfung. Die einzigen Strömungen, die überlebten, waren diejenigen, die bei Wind und Wetter die wichtigsten Prinzipien des kommunistischen Programms hochgehalten hatten. Allerdings hat eine solch misstrauische Haltung gegenüber "neuen Konzepten", die unter dem Druck der triumphierenden bürgerlichen Ideologie im Allgemeinen zur Aufgabe von Klassenpositionen drängen - eine Haltung, die an sich völlig gerechtfertigt ist -, die Revolutionäre oft daran gehindert, die im Kapitalismus und in den Arbeiterkämpfen eingetretenen Veränderungen in ihrem vollen Umfang zu begreifen. Eine besonders karikaturistische Form dieses Phänomens findet sich in jener Auffassung wieder, welche die Klassenpositionen als "invariant" bezeichnet und meint, das kommunistische Programm sei 1848 ein für allemal formuliert worden und müsse nicht im Geringsten modifiziert werden.
Während sie sich einerseits gegenüber der modernistischen Ideologie abschirmen muss, die oft nur alten Wein in neuen Schläuchen anbietet, muss die Organisation der Revolutionäre, falls sie die Aufgaben erfüllen soll, derentwegen sie von der Klasse geschaffen worden war, andererseits auch in der Lage sein, diese Veränderung im gesellschaftlichen Leben sowie ihre Folgen auf die Aktivität der Klasse und ihrer kommunistischen Avantgarde zu begreifen.
Angesichts des offensichtlich reaktionären Charakters sämtlicher Nationen muss sie jegliche Unterstützung der so genannten nationalen Befreiungsbewegungen verweigern. Angesichts des imperialistischen Charakters aller Kriege muss sie jede angestrebte Beteiligung an ihnen, gleich, unter welchem Vorwand, demaskieren. Angesichts der Vereinnahmung der Gesellschaft durch den Staat und der Unmöglichkeit von Reformen muss sie jede Teilnahme am parlamentarischen Wahlzirkus bekämpfen. Angesichts der heutigen ökonomischen, sozialen und politischen Bedingungen des Klassenkampfes muss die Organisation der Revolutionäre jegliche Illusion in der Klasse über die Möglichkeit der Wiederbelebung von Organisationen wie die Gewerkschaften zerstören, da diese ihren Kampf nur behindern. Ebenso muss sie die Methoden und die Organisationsweisen, welche die Arbeiterklasse in der ersten revolutionären Welle dieses Jahrhunderts geschaffen hatte, in den Vordergrund stellen: den Massenstreik, die Vollversammlungen, die Einheit zwischen ökonomischem und politischem Kampf, die Arbeiterräte.
Um ihre Rolle in den Kämpfen wahrzunehmen, um sie zu unterstützen und auf eine revolutionäre Lösung zu orientieren, muss die Organisation der Kommunisten letztlich jene Rolle aufgeben, die sie im 19. Jahrhundert innehatte. Es ist nicht mehr ihre Aufgabe, die Klasse zu organisieren und zu vertreten.
Revolutionäre, die behaupten, dass sich seit dem letzten Jahrhundert nichts geändert habe, halten das Proletariat wohl für Babin, jener Figur aus einem Märchen Tolstois. Jedes Mal, wenn Babin einen Fremden traf, gab er ihm die Antwort, die eigentlich der letzten von ihm angetroffenen Person gegolten hatte. So widerfuhr es ihm, dass er häufig Prügel bezog. Denn gegenüber Kirchgängern benutzte er Worte, wie er sie besser im vorherigen Dialog mit dem Teufel angewendet hätte. Mit einem Bär sprach er, als sei dieser jener Einsiedler, mit dem er zuvor geredet hatte. Am Ende büßte der arme Babin für seine Dummheiten mit seinem Leben...
Die Neubewertung der Position und Rolle der Revolutionäre, die wir in diesem Text behandelt haben, stellt keineswegs eine Aufgabe oder "Revision" des Marxismus dar. Im Gegenteil, sie gibt das Wesentliche des Marxismus getreu wieder. Die Fähigkeit, die neuen Kampfbedingungen und ihre Auswirkungen auf das kommunistische Programm zu begreifen, ermöglichte es Lenin und den Bolschewiki, eine aktive und entscheidende Rolle in der Oktoberrevolution von 1917 zu spielen.
Rosa Luxemburg verteidigte den gleichen revolutionären Standpunkt, als sie 1906 gegen die "orthodoxen" Elemente ihrer Partei schrieb: "Wenn also die Russische Revolution eine gründliche Revision des alten Standpunktes des Marxismus zum Massenstreik erforderlich macht, so ist es wieder nur der Marxismus, dessen allgemeine Methoden und Gesichtspunkte dabei in neuer Gestalt den Sieg davontragen." (R. Luxemburg, Massenstreik, Partei und Gewerkschaften, Ges. Werke, Bd. 2, S. 97)