Griechenland, Spanien, Portugal… Bankrotte Staaten

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Griechenland, Portugal, Spanien, Irland, Frankreich, Deutschland, England… überall schlägt die Krise zu, überall stehen die Arbeiter vor den gleichen Angriffen. Die Botschaft der Herrschenden lautet: „Wenn ihr das Schlimmste verhindern wollt, die wirtschaftliche Katastrophe und den Bankrott, müsst ihr euch den Gürtel so eng schnallen wie noch nie zuvor.“ Sicher haben nicht alle Staaten gleichzeitig dieselbe Stufe erreicht und es sind nicht alle gleichzeitig zahlungsunfähig geworden, aber alle wissen, dass der Zug in diese Richtung fährt. Sie sind alle auf der Suche nach Möglichkeiten der Reduzierung der Defizite. Während die Herrschenden in einigen Staaten schon zum Angriff geblasen haben, bereiten sie in allen Ländern den Boden ideologisch vor.

Griechenland, Irland, Portugal, Spanien: Ein Vorgeschmack dessen, was die Arbeiter überall erwartet

Das griechische Sparpaket zur Senkung der öffentlichen Verschuldung ist sehr brutal und ungeheuer zynisch. Der griechische Finanzminister verlangte: „Die Beschäftigten des öffentlichen Dienstes müssen ihren Patriotismus beweisen und ein Beispiel setzen…“ Ohne Widerstand und Gegenwort sollten sie Gehaltssenkungen und Zulagenstreichungen, Stellenstreichungen, die Nicht-Ersetzung von in Rente gehenden Kolleg/Innen, die Erhöhung des Rentenalters auf 65 hinnehmen. All dies im Interesse der Verteidigung der nationalen Wirtschaft, ihres Ausbeuterstaates, ihrer Unternehmer und anderer Blutsauger der Arbeiterklasse. Alle Teile der herrschenden Klasse in Europa greifen den Herrschenden in Griechenland bei der Umsetzung des Sparprogramms unter die Arme. Der Arbeiterklasse soll international eingetrichtert werden: „Schaut euch Griechenland an, die Leute sind gezwungen, Opfer im Interesse des Landes zu bringen. Auch ihr müsst das Gleiche tun.“

Nach den US-Privathaushalten, nach den Banken, nach den Firmen ist jetzt die Phase angebrochen, wo die Staaten selbst von der Wucht der Wirtschaftskrise erfasst werden und viele von ihnen vor der Zahlungsunfähigkeit stehen. Das wiederum zwingt sie zu noch schärferen Angriffen. Drastische Einkommenseinbußen für die Beschäftigten des öffentlichen Dienstes, Senkung der Kosten des „Faktors Arbeit“, unseres Lebensstandards im Allgemeinen, stehen überall auf dem Programm. Die gleichen Maßnahmenkataloge werden in Portugal, Griechenland, Spanien eingefädelt, und es ist ein offenes Geheimnis, dass nach den Wahlen in Großbritannien eine Welle von Sparbeschlüssen erwartet wird, idem in Deutschland nach den Wahlen in Nordrhein-Westfalen. Natürlich ist diese Entwicklung nicht auf die Euro-Zone beschränkt. In den USA ist die Arbeitslosenrate nach zwei Jahren Krisenbeschleunigung auf 17% hochgeschnellt, 20 Millionen zusätzliche Arbeitslose suchen Arbeit; 35 Millionen Menschen überleben nur dank Lebensmittelzuweisungen. Und jeden Tag wird die Lage schlimmer.

Die Staaten stehen vor ihrer eigenen Zahlungsunfähigkeit

Wie konnte es dazu kommen? Aus der Sicht der Herrschenden, insbesondere aus der Sicht des linken Flügels der Herrschenden ist die Antwort einfach und klar. Die Banken, die Geldhaie wie Goldman Sachs, J.P. Morgan usw. seien schuldig. Es stimmt, dass das Finanzsystem verrückt geworden ist. Es geht nur noch um unmittelbare Interessen, um die schnellstmögliche Realisierung von Profit, nach dem Motto – nach uns die Sintflut. Es ist mittlerweile bekannt geworden, dass Spekulationshaie und Banken die Zahlungsunfähigkeit Griechenlands mit beschleunigt haben, indem sie auf dessen Bankrott gesetzt haben. Sie werden sicher die gleichen Tricks gegenüber Portugal und Spanien anwenden. Die großen Weltbanken und die Finanzinstitutionen sind wirkliche Geier. Aber dieses Finanzgebaren, das letztendlich selbstmörderisch wirkt, ist keineswegs die Ursache der Krise, sondern nur eine Folge davon (auch wenn dieses auf einer gewissen Stufe zu einem beschleunigenden Faktor wird).

Wie üblich tischen uns die Herrschenden Lügen auf; sie versuchen uns zu verwirren. Sie wollen unbedingt verhindern, dass die Verbindung zwischen der wachsenden Zahlungsunfähigkeit der Staaten und dem Bankrott des gesamten kapitalistischen Systems erkannt wird. Denn es lässt sich immer weniger leugnen: der Kapitalismus ist todgeweiht – und der Wahnsinn der Entwicklungen im Finanzbereich sind ein Ausdruck davon.

Als die Krise Mitte 2007 mit voller Wucht ausbrach und vor allem in den USA der Bankrott des Bankensystems offenbar wurde, geschah all dies als eine Folge von jahrzehntelanger Verschuldungspolitik, die von den Staaten selbst mit angefacht worden war, um künstliche Märkte für all die produzierten Waren zu schaffen. Aber als ab einer gewissen Stufe schlussendlich die Privathaushalte und die Firmen unter dem Druck der Schuldenlast nicht mehr in der Lage waren, ihre Schulden zurückzuzahlen, standen die Banken am Rande des Bankrotts – und mit ihr die gesamte kapitalistische Wirtschaft. Damals mussten die Staaten eingreifen und eine Reihe von Schulden der Privathaushalte und Banken übernehmen – auf Kosten von gigantischen, sündhaft teuren Rettungsmaßnahmen, um somit den weiteren Absturz in die Rezession zu verhindern.

Jetzt ist die Phase eingetreten, wo die Staaten selbst bis über die Ohren verschuldet sind und ihre eigenen Schulden nicht mehr bezahlen können (ohne dass dabei gleichzeitig die Privathaushalte gerettet worden wären) und selbst vor dem Bankrott stehen. Sicher ist der Staat kein privates Unternehmen, das pleite gehen kann und bei Zahlungsunfähigkeit einfach den Betrieb einstellt. Der Staat kann immer noch versuchen, sich noch mehr zu verschulden, noch mehr Geld drucken usw. Aber irgendwann kommt immer der Zeitpunkt, wo die Schulden – auch die eines Staates - beglichen werden müssen (oder zumindest die Zinsen bezahlt werden müssen). Diese Entwicklung wird in Griechenland, Portugal und Spanien deutlich. In Griechenland hat der Staat versucht, neue Kredite auf den internationalen Märkten aufzunehmen. Er erhält nur kurzfristige Kredite und die nur zu hohen Zinsen (mehr als 8%). Solch eine Zwangslage ist untragbar. Welche Lösung steht den Herrschenden offen? Überbrückungskredite von anderen Staaten? Vielleicht leihen andere Staaten Griechenland Geld, aber sie werden nicht dazu in der Lage sein, den jeweils folgenden Ländern wie Portugal, Spanien, England usw. ähnliche „Rettungspakete“ anzubieten. Ihnen wird einfach das Geld dazu ausgehen… Zudem wird diese ganze Politik der Rettungsmaßnahmen nur zu ihrer eigenen finanziellen Schwächung führen. Auch in den USA, die noch am meisten mit dem Dollar „spielen“ können, steigen die Staatsschulden unaufhörlich an. Die Hälfte der US-Bundesstaaten sind zahlungsunfähig. In Kalifornien bezahlt der Staat seine Bediensteten nicht mehr mit US-Dollars, sondern mit einer Art „lokaler Währung“, Gutscheine, die nur auf kalifornischem Territorium Geld wert sind.

Kurzum, egal welche Wirtschaftspolitik eingeschlagen wird, den Staaten gelingt es keineswegs, die Zahlungsunfähigkeit zu vermeiden. Um Zeit zu gewinnen, haben sie keine andere Wahl als drastische Ausgabenkürzungen. Dies ist der Kern der Maßnahmen, die jetzt in Griechenland, Spanien, Portugal und morgen anderswo getroffen werden. Dies sind aber keine üblichen Sparpakete, wie schon mehrfach in der Vergangenheit verabschiedet wurden. Es geht jetzt mehr und mehr darum, den Preis für das Überleben des Kapitalismus der Arbeiterklasse aufzuhalsen. Bald werden wir wieder die langen Schlangen vor den Armenessen sehen, die in den 1930er Jahren so sehr das Leben prägten. Verarmung der arbeitenden Bevölkerung – das ist der einzige Weg, der für den Kapitalismus gangbar ist. Aber die Arbeiterklasse ist nicht bereit, diesen Weg ohne Widerstand zu beschreiten. (siehe dazu andere Artikel in dieser Zeitung). Tino, 26.2.2010

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