Bundestagswahlen 2021 - Die politischen Schwierigkeiten der deutschen Bourgeoisie verschärfen sich

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Der Ausgang der Bundestagswahlen am 26.09.2021 hat der herrschenden Klasse die tiefgreifende Glaubwürdigkeitskrise in den Parteienapparat vor Augen geführt. Am offensichtlichsten ist der Vertrauensverlust gegenüber den Unionsparteien; ihr Absturz wie vorhergesagt am eklatantesten. Die FDP konnte nur knapp zulegen, die AfD verlor vor allem im Westen, etablierte sich weiter auf Kosten von Union und Die Linke im Osten, der Stimmenanteil von Die Linke halbierte sich nahezu. Aber hinter dem Stimmenzuwachs der SPD steckt keine Euphorie und keine große Hoffnung auf umfassende Veränderungen, sondern sie gilt als das kleinere Übel. So war die SPD gewissermaßen zum Sieg verurteilt. 

Zum Zeitpunkt des Schreibens deutet alles auf die Bildung einer Ampelkoalition (Rot-Gelb-Grün) hin, auch wenn ein Jamaika-Bündnis (Schwarz-Gelb-Grün) immer noch als mögliche Option gehandelt werden könnte. Die FDP mag sich zwar brüsten als Königsmacher agieren zu können, aber sie wird bei dem Zustandekommen einer Ampelkoalition mit am deutlichsten Federn lassen müssen. Auch die Grünen werden stark unter Druck geraten, wenn sich zeigen wird, dass die angekündigte „Klimaregierung“ die zunehmende zerstörerische Tendenz des Kapitalismus im Zerfall nicht stoppen wird. Schon jetzt wird die „Grüne Ideologie“ nicht mehr exklusiv von den Grünen bedient. Andere Bewegungsformen wie „Ende Gelände“ und gar Parteien wie die Klimaliste wollen auch mitmischen.

Wie wir weiter unten zeigen verlangt die historische Krisenentwicklung des Kapitalismus und der sich verschärfende Konkurrenzkampf ein energisches Eingreifen des Staates - mit entsprechenden Steuermitteln, weiterer Verschuldung –; alles wogegen die FDP in ihrem Wahlkampf wetterte. Während die Verhandlungen über eine Koalition zwischen den drei Ampelparteien anlaufen, wird das Hauen und Stechen vor allem bei den Unionsparteien an Schärfe zunehmen. Aber nicht nur die Grabenkämpfe in den Oppositionsparteien, auch die Richtungskämpfe in den zukünftigen Regierungsparteien werden sich nicht in Luft auflösen. Das „Zusammenraufen“ vor allem bei SPD und Grünen stützt sich nicht auf eine solidere Geschlossenheit, sondern war nur das Zusammenrücken vor den Wahlen. Die zentrifugalen Kräfte in der Gesellschaft werden alle bürgerlichen Parteien weiter erfassen.

Die Wahlen offenbaren das historische Dilemma der Herrschenden

Während im Laufe des Wahlkampfes die Medien und CDU/CSU-Kreise selbst fortwährend die Schuld an der vorhergesagten CDU/CSU-Wahlschlappe Laschet in die Schuhe schoben und manche davon sprachen, man habe aufs falsche Pferd gesetzt, steckt in Wirklichkeit hinter dem Abstieg der CDU/CSU eine tiefgreifende Glaubwürdigkeitskrise aller Parteien, die in den letzten Jahrzehnten in der BRD die politische Landschaft bestimmen.

In Anbetracht der seit langem andauernden Wirtschaftskrise, der schleichenden Verarmung, der Rat- und Tatenlosigkeit der Regierungen gegenüber der Klimakatastrophe, d.h. in Anbetracht der Lage insgesamt und der allgemeinen Verlogenheit und Heuchelei der Herrschenden haben sich immer mehr Zweifel an der Fähigkeit der Herrschenden gebildet, die Probleme anzupacken, geschweige denn sie in den Griff zu kriegen.

Das zeigte sich in einer seit Jahren rückläufigen Wahlbeteiligung und gleichzeitig einer großen „Leere“ aller an den Wahlen beteiligten Parteien bei ihren Wahlprogrammen; sie erscheinen gewissermaßen als „ausgelaugt, abgenutzt“. Selbst bürgerliche Kommentatoren geben zu, alle Parteien seien inhaltlichen Fragen ausgewichen und hätten sich hauptsächlich auf die Personen konzentriert. Der Mangel an Perspektiven, den die Herrschenden bieten, ihre inhaltliche Leere lassen sich kaum kaschieren.

Wahlplakate seit jeher Plattitüden, 2021 noch hohler und noch leerer

CDU: Gemeinsam für ein modernes Deutschland. Damit Deutschland stark bleibt

SPD: Jetzt viel Geld in die Hand nehmen. Investieren gegen die Krise. Betroffenen beim Neustart helfen. Respekt für dich. Jetzt sichere Arbeit, Klimaschutz wählen, Scholz packt das an! Kompetenz Deutschland

Grünen: Unser Land kann viel, wenn man es lässt. Bereit – weil ihr es seid. Kommt, wir ändern die Politik. Wirtschaft und Klima ohne Krise. Klimaschutz und Gerechtigkeit

FDP: Nie gab es mehr zu tun. Wie es ist, darf es nicht bleiben. Aus Liebe zur Freiheit

MLPD: Das Land braucht neue Politiker. Diesmal keine halben Sachen!

Die Linke: Für Millionen, nicht Millionäre

Volt: Für einen guten Job ist niemand zu alt

Hinzu kommt, dass die deutsche Bourgeoisie sich keinen Gefallen damit getan hat, 16 Jahre lang ein- und dieselbe Person als Bundeskanzlerin im Amt zu behalten. Zuvor schon hatte nach dem „Intermezzo“ durch G. Schröder (mit Rot-Grün von 1998-2005) Helmut Kohl 1982-1998 (d.h. 16 Jahre) vor allem die Botschaft der Kontinuität und Stabilität vermittelt, aber damit hatten sie selbst den Glauben an Demokratie angekratzt, da diese auch von dem häufigen Wechsel, dem Einzug von „neuen Gesichtern“ lebt. Nun hat gerade Merkel den Eindruck hinterlassen, sie habe so viele Probleme ausgesessen und so wenige angepackt; Laschet wollte sich als einen Teil Fortsetzung Merkels präsentieren und selbst Scholz wird zugeschrieben, er könne auch Merkel(n). Aber diese Beobachtung bleibt an der Oberfläche stecken, tatsächlich sind diese Politiker nur Repräsentanten einer viel tiefer sitzenden Unfähigkeit, die brennenden Probleme anzupacken.

Diese tief sitzende Unfähigkeit drückt sich in einem generellen Glaubwürdigkeitsverlust aus, der nicht allein auf die CDU beschränkt ist. Auch die CSU, in Bayern jahrelang unangefochten, konnte große Einbußen – mit Söder an der Spitze – nicht vermeiden.

Der Anlauf zur Regelung der Nachfolge der „verschlissenen“ Merkel mit AKK war ein „Flopp“, es folgte der Hahnenkampf zwischen Laschet und Söder; die Zerrissenheit und Grabenkämpfe innerhalb der CDU/CSU nahmen weiter zu. Ob der Rechtsaußen Maaßen in Sachsen, andere Querschießer in Ostdeutschland, diverse Seilschaften im Westen, F. Merz’ Knappen der Jungen Union oder Kräfte aus Bayern – die Flügelkämpfe und die dahintersteckende Schwächung der CDU kam nicht nur durch den „Fehlgriff“ Laschet zum Ausdruck. Eine Verjüngung und eine "Modernisierung" mit unverbrauchten Leuten und neuer Botschaft war misslungen.

Wie bei fast allen „linken“ Parteien in anderen europäischen Ländern war auch die Sozialdemokratie in den Sog des Abwärtstrends geraten. Die früher gepriesenen sozialdemokratischen „Reformen“ haben sich längst in Luft aufgelöst; gleichzeitig bewies die SPD mit Hartz IV ihre Fähigkeit, der Arbeiterklasse viel schmerzhafter und gewiefter in die Tasche greifen zu können als die anderen Parteien.

Für das Kapital war es schon eine Notlösung, im Winter 2017/2018 erneut eine GroKo in den Sattel zu hieven, da schon zum damaligen Zeitpunkt eine Erneuerung der SPD in der Opposition notwendig gewesen wäre. Dies musste 2018 aber aufgeschoben werden…. So galt die SPD denn auch von 2018 bis zum Frühsommer 2021 mit Umfragewerten knapp über 15% als „Verlierer“. Die Versuche, mit einem neuen Führungsduo frischen Wind in die Partei zu bringen, änderten nichts daran, dass ihr Aushängeschild O. Scholz selbst jahrelang als „lahme Ente“, als Meister im Wegducken galt, der keine klare Kante zeigte.[1]  Dann aber konnte die SPD gewissermaßen aufatmen. Denn die Pandemie mit ihren katastrophalen Auswirkungen auf verschiedenen Ebenen erforderte das entschlossene und massive Eingreifen des Staates vor allem auf finanzieller Ebene. Hier besaß die SPD ihren entscheidenden Mann im Finanzministerium. Wie zuvor 2008, als der damalige SPD-Finanzminister Steinbrück mit Merkel an seiner Seite vor die Kameras trat „Wir sagen den Sparerinnen und Sparern, dass ihre Einlagen sicher sind “, präsentierte sich dieses Mal ein weiterer SPD-Mann in seiner Rolle als Finanzminister als Stabilitätsanker. Damit hat die SPD paradoxerweise von Covid profitiert, indem sie Schutz und Unterstützung garantierte. Dies war selbstverständlich nur möglich dank der gigantischen Erhöhung des Schuldenberges. D.h. ohne das Covid-Desaster wäre Scholz nie zum „Shooting-Star“ der SPD geworden. Der schlechte Ruf des CDU-Kandidaten Laschet alleine hätte für Scholz’ Aufstieg nicht ausgereicht. Wenn nun die SPD wieder anführender Stelle in der Regierung mitwirkt, muss die „Erneuerung“ der SPD erneut verschoben werden. Längerfristig wird sich dies für die herrschende Klasse deshalb als Bürde erweisen. Beide sogenannten „Volksparteien“, die früher in der Lage waren, 40 % der Wählenden für sich alleine zu mobilisieren, haben heute Mühe 25 % der Stimmen zu bekommen. Es spricht für die „Anpassungsfähigkeit“ der Bourgeoisie, dass sie mit den Grünen über Jahrzehnte eine Partei herangezogen hat, die ähnlich verlässlich wie die FDP-Koalitionen möglich macht. Doch nach der doppelten GroKo und dem weiteren Verschleiß der CDU/SPD scheint nun die einzige Alternative in Regierungen mit drei Parteien zu bestehen.

Profiteure und „Lückenbüßer“ im Verschleißprozess der Herrschenden

Die rückläufige Wahlbeteiligung konnte zum Teil eingefangen werden, indem Protestparteien verschiedener Couleur als Sammelbecken dienten. Neben den winzig kleinen, zahlenmäßig unbedeutenden Parteien, (z.B. Die Partei, Piratenpartei) sprang vor allem die AfD der Bourgeoisie hilfreich zur Seite, denn sie brachte mit ihren Dutzend Prozentpunkten bei fast allen Wahlen eine gehörige Portion frustrierter, desorientierter Menschen aus „Unter- und Mittelschichten“ zurück zur Wahlurne. Selbstverständlich haben sie selbst nichts anzubieten außer Hetze, „Abschottung“, Pogromstimmung und den Interessen des deutschen Kapitals zuwiderlaufende Vorstellungen wie die z.B. Forderungen nach Austritt aus der Europäischen Union und Rückzug aus dem Euro.  Die Partei selbst ist ein Beispiel der Zerrissenheit, Fragmentierung, zersplittert in untereinander rivalisierende Cliquen, ohne jegliche Kohärenz. 

Eine andere wichtige Rolle haben die Grünen übernommen

Nach ihrer Anfangszeit als Protestpartei in den 1980er Jahren sind sie längst vom System integriert und zu einem wichtigen Bestandteil des deutschen Kapitals geworden. Bei der ersten Regierungsbeteiligung auf Bundesebene zeichneten sie sich durch ihre perfide Propagierung deutscher Kriegsbeteiligung an der Bombardierung Belgrads aus. In Baden-Württemberg stehen sie nicht nur dem Mittelstand treu zu Diensten, sondern auch der Automobilindustrie und fördern dort den Umbruch zur Elektromobilität. In Anbetracht der zunehmenden Besorgnis vor allem Jugendlicher wegen der Umweltzerstörung, Klimakatastrophe usw. und der mangelnden Wahlbeteiligung agieren die Grünen immer wieder als zutreiber zu den Wahlen. Vor allem gegenüber der Jugend erwecken sie die Illusion, „Wirtschaft und Klima“ seien vereinbar und es sei möglich, den Kapitalismus mit einer Reihe von ökologischen Maßnahmen zu reformieren und aufrechtzuerhalten.  

Unser Land kann viel, wenn man es lässt. Bereit – weil ihr es seid.“ Damit sind die Grünen zu einem wichtigen Trumpf des deutschen Kapitals geworden.

Bemerkenswert ist die Rückkehr der FDP, nachdem diese schon fast aus den Parlamenten verschwunden war. Die FDP als eifriger Vorkämpfer des „schlanken Staates“ und des „Neoliberalismus“ wirkt zwar in der heutigen Zeit der explodierenden Staatshaushalte als Anachronismus, jedoch ist sie gleichzeitig eine moderne Partei der individualisierten Einzelinteressen und trifft somit den Zeitgeist des Jeder-für-sich. Die FDP ist zu einem höheren Maße vom Populismus und von der anti-sozialen individualistischen Tendenz betroffen, als sie selbst und die bürgerliche Presse wahrhaben will. Der vermeintliche Königsmacher wird einen unberechenbaren Faktor in die Regierung einbringen.

Wir können schon jetzt festhalten, dass, egal welche Regierungskoalition sich durchsetzen wird, die Unsicherheit über die Verlässlichkeit der deutschen Bourgeoisie wachsen wird. Der Stabilitätsanker Deutschland korrodiert.

Verschleiß der bürgerlichen Parteien begleitet von anderen Zerfallserscheinungen

Neben dem Verschleiß der bürgerlichen Parteien sind in letzter Zeit weitere Zerfallserscheinungen der kapitalistischen Gesellschaft insgesamt deutlich zutage getreten.

Wie wir in früheren Artikeln aufgezeigt haben, hat die deutsche Bourgeoisie bei der Reaktion gegenüber der Pandemie alle Seiten ihres Gesichtes offenbart.

In der Anfangsphase des Ausbruchs der Pandemie war auf der einen Seite ihre unglaubliche Fahrlässigkeit und Sorglosigkeit und gleichzeitig ihre wilde Entschlossenheit zur Verteidigung ihrer ökonomischen Interessen zum Vorschein gekommen.

Schnell wurde z.B. deutlich, dass die mangelnde Lagerhaltung von Schutzausrüstung wegen Einsparungen im Bereich der Vorratshaltung die Gesundheit nicht nur des medizinischen Personals und der Patienten in Gefahr brachte, und dass man bereit war als Exportweltmeister die Exporte von medizinisch wichtigen Gütern zu verbieten, um die einheimische Bevölkerung zuerst zu bedienen, nachdem man jahrelang eine gefährliche Abhängigkeit von Billigproduzenten wie China in kauf genommen hatte.

Gleichzeitig wurde ersichtlich, dass die zuständigen Stellen im Gesundheitswesen völlig unzureichend gerüstet waren für ein schnelles Eingreifen zum Aufspüren und Warnen von Kontaktpersonen (technisch längst überholte Mittel wie Fax in den Gesundheitsämtern waren Hauptkommunikationsmittel). Zudem war viel zu wenig Personal vorhanden, was dazu zwang, schließlich auf „Freiwillige“ und die Bundeswehr zur Personalaufstockung zurück zu greifen. In den Schulen gab es zum Teil afrikanische Verhältnisse bei Ausrüstung und Qualifizierung der Lehrerschaft mit Unterrichtsmitteln für Fernunterricht. Ob bei Behörden, den Schulen oder in der Wirtschaft – das Hinterherhinken bei der Digitalisierung stach ins Auge.

Gleichzeitig vermittelte man ein Bild der Zerstrittenheit zwischen den Regierungskreisen – innerhalb der Bundesregierung und zwischen Bund und Ländern, dann regelmäßig Streit oder Anfechtung der Empfehlungen der Virologen. Dagegen zeigte sich am Anfang die Stärke des deutschen Kapitals, als man in der Wirtschaft schnell in gemeinsamer Abstimmung zwischen Arbeitgebern, Staat und Gewerkschaften einen Lockdown beschloss, um die Produktion geordnet runterzufahren, … nachdem die Zusage für gigantische Staatshilfen gemacht worden war. So erhielten zum Beispiel die großen Automobilkonzerne mächtige Finanzspritzen…. Und auch gegenüber kleineren und mittleren Unternehmen drehte man den Geldhahn auf, um sie finanziell über Wasser zu halten.

Weitere Lockdowns sollten dann unter allen Umständen verhindert werden – bis man im Dezember 2020 wieder einen Lockdown beschließen musste. Zudem streitet man unaufhörlich um die Durchsetzung (und das Umgehen) bundesweit einheitlicher Maßnahmen. Nie war der Flickenteppich größer.

Bei der Entwicklung eines Impfstoffes konnten die beiden in Deutschland und den USA angesiedelten Firmen BioNTech und Pfizer zwar bahnbrechende Erfolge verbuchen und damit eine führende Stellung auf dem Weltimpfstoffmarkt einnehmen, aber die Hürde der Überzeugung der Bevölkerung von der Notwendigkeit sich impfen zu lassen, konnte nicht genommen werden. Ein beträchtlicher Teil der Bevölkerung bleibt äußerst misstrauisch bzw. ablehnend gegenüber Impfungen.

Bei der Bekämpfung der Pandemie durch die wissenschaftliche Begleitung von Untersuchungsergebnissen der Erkrankten hinkt das Land, in dem so viel Medizingeräte produziert werden, ebenfalls hinterher.[2]

Der Streit zwischen verschiedenen Landesfürsten über unterschiedliche länderspezifische Regelungen wurde noch undurchsichtiger dadurch, dass die Politiker sich im Wahlkampf profilieren wollten. 

Aber gleichzeitig wurde auch deutlich, dass die in der Vergangenheit meist vorteilhafte Struktur des Föderalismus, die eine gewisse Flexibilität ermöglichte und dem Provinzgeist genügend Freiraum und damit auch den Machtbereichen verschiedener Gruppierungen Raum für Partikularinteressen ließ, sich in dieser Situation als Verschärfer der Konflikte zwischen den Ländern und somit als Klotz am Bein herausstellte. Es ist nicht der Föderalismus an sich, der das Problem ist, dieser hat seine historisch tiefen Wurzeln in der verspäteten Herausbildung des deutschen Nationalstaates. In anderen Ländern wie z. B. Frankreich ist es der spezifisch „französische“ Zentralismus, der durch die beschleunigte Dynamik des Zerfalls selbst zum Beschleuniger der Zerrissenheit und Spaltung in der Gesellschaft wird.

Die herbeigeführte Flutkatastrophe... verschlimmert durch die Fahrlässigkeit der Herrschenden

Die Flutkatastrophe Mitte Juli mit ihren nahezu 200 Toten, knapp tausend Verletzten und vielen Traumatisierten brachte weitere Aspekte dieses Zerfalls zum Vorschein.

Zwar hatte man ein Flutwarnsystem nach den Überschwemmungen von 2002 installiert, aber die Alarmsirenen waren entweder nach 1989 abgebaut worden oder die auf dem Funknetz basierenden Warnsysteme funktionierten nach dem Ausfall der Sendemasten nicht mehr. Zudem deuten erste Untersuchungen darauf hin, dass wiederholte Warnungen seitens der Wetterdienste und anderer spezialisierter Dienste von den Behörden nicht in entsprechende Aufforderungen umgesetzt wurden, so dass ein Großteil der verlorenen Menschenleben auf das Konto der Fahrlässigkeit der Behörden geht. Auch wenn die Flutwelle als solche nicht hätte verhindert werden können, die meisten Menschenleben hätten durch entsprechende rechtzeitige Warnung (und Übungen für solche Fälle) geschützt werden können. Bei der anschließenden Mobilisierung der staatlichen Hilfskräfte war das gewaltige Chaos bei der Organisierung der Hilfsmaßnahmen nicht zu übersehen und die mangelnde Ausrüstung der Katastrophendienste (organisatorisch und materiell) wies ebenso auf große Nachlässigkeiten hin.

Weil die Zerstörungen so gewaltig waren, mussten Bund und Länder, ein Hilfspaket von 30 Mrd. Euro zusagen. Dies bringt die ganze Irrationalität zum Vorschein. Bislang hat man die Umwelt weitestgehend ungebremst zerstört, damit solche Extremwetterereignisse herbeigeführt, alles zum Wohl der Wirtschaft, nun sind die Opfer in der Bevölkerung und gigantische wirtschaftliche Kosten dafür zu beklagen. Demgegenüber war der einzige Lichtblick die Mobilisierung der Zivilbevölkerung, die sich meist außerhalb von staatlichen Stellen selbst organisierte. Dabei eilten Menschen aller Altersgruppen und Herkunft aus allen Landesteilen selbstlos herbei, um den Betroffenen mit ungeheurer Kreativität Hilfe zukommen zu lassen.

Die Liste der Zerfallserscheinungen ließe sich noch lange fortsetzen. Wir erwähnen hier nur den VW-Abgasskandal – mittlerweile schon ein paar Jahre alt; er stellt zwar ein Zeichen der Verschärfung des Konkurrenzkampfes dar, bei dem alle Mittel eingesetzt werden, aber er zeigt auch die Irrationalität, denn mittlerweile musste VW dafür mehr als 30 Mrd. Euro Strafe zahlen. D.h. die Kosten des weltweit tobenden Konkurrenzkampfes werden immer horrender und irrationaler! Und er war angetrieben von einer moralischen Skrupellosigkeit und Verkommenheit des technischen und führenden Managements, was einen tiefen Blick in die Konstitution der Charaktere der herrschenden Klasse werfen lässt.

Aber nicht nur in höheren Ebenen nehmen Ruchlosigkeit und Brutalität im Konkurrenzkampf zu, auch in anderen Teilen der Gesellschaft greifen Irrationalität und „Abschottungsmentalität“ sowie Gewaltbereitschaft immer mehr um sich. Verschiedene Phänomene, die in der jüngsten Zeit die Aufmerksamkeit auf sich gezogen haben, werden meist isoliert, losgelöst voneinander dargestellt. Die verschwörungstheoretischen, wissenschaftsfeindlichen Denkweisen, die Haltung vieler „Querdenker“ und deren Forderung nach „Freiheit“, die Durchmischung mit rechtsradikalen Kräften auf solchen Demos, „ausrastende“, größtenteils psychisch Gestörte, die vor Mord und Totschlag gegen Einzelne oder Gruppen von angeblich irgendwie „Schuldigen“ nicht zurückschrecken, sich vertiefende „Gräben“ zwischen verschiedenen Identitätsabgrenzungen weisen auf einen tiefgreifenden  Zersetzungsprozess im Innern der Gesellschaft hin, der sich natürlich gravierend in den Staat hineingefressen hat.

Dass man bei den Wahlen in Berlin, wo neben der Bundestagswahl die Wahl zum Abgeordnetenhaus und der Volksentscheid zur Enteignung von großen Wohnungskonzernen an einem Tag durchgeführt wurde, überforderte offensichtlich viele Teile des Staatsapparates, denn mehrere Wahllokale mussten mehrere Stunden geschlossen werden, weil keine Wahlzettel mehr zur Verfügung standen. Wahlbezirke wurden verwechselt, Pannen über Pannen! Vielleicht gibt es demnächst Wahlbeobachter aus irgendeiner Bananenrepublik! 

Die zukünftige neue Regierungskoalition

Die Herausforderungen für die neue Regierung: Sich im internationalen Konkurrenzkampf zu behaupten….

Die neue Bundesregierung wird zügig an die auf sie zukommenden Aufgaben herangehen müssen:

- die Kosten für die Rettungspakete langsam – ohne Überstürzung, taktierend – auf die Bevölkerung, natürlich insbesondere die Arbeiterklasse abzuwälzen.[3]

- eine Aufholjagd für die Modernisierung der Wirtschaft in verschiedenen Bereichen einzuläuten; vieles von diesem mit dem Aushängeschild “grüne Wirtschaft“.  Insgesamt wird man dem Klimaschutz massiv Gelder zur Verfügung stellen müssen,

- eine Lehre aus der Pandemie zeigte: Die in den letzten Jahren entstandene Abhängigkeit bei vielen Produkten vom Ausland (von Billigprodukten wie medizinischer Schutzausrüstung bis hin zu modernen Elektronikbauteilen (Halbleitern, Chips), muss reduziert bzw. aufgelöst werden, um Zwangslagen gegenüber asiatischen oder US-amerikanischen Produzenten zu vermeiden.

- die Rüstungsausgaben erhöhen, um den verstärkten Notwendigkeiten auf imperialistischer Ebene Rechnung zu tragen,

- Wohnungen bauen, um die wachsende Nachfrage besser zu decken – wobei alle möglichen Maßnahmen in Betracht kommen können wie z.B. jüngst in Berlin, wo ein Deal über den Kauf von 14.500 Wohnungen durch den Berliner Senat stattfand, um die Preissteigerungen auf dem Wohnungsmarkt durch Steuergelder  abzuschwächen.

- Schulung und Rekrutierung neuer Generationen von Arbeitskräften.

Nicht möglich ohne massives Eingreifen des Staates

All diese Maßnahmen sind ohne massivste zusätzliche Staatsausgaben undenkbar. Beim Bau von Halbleiterproduktionsanlagen investieren z.B. China in den nächsten 6 Jahren 1.4 Billionen $ in strategische Technologien und Südkorea in den nächsten 10 Jahren 450 Milliarden Mrd. $ in Halbleiterentwicklung - alle mit nahezu unbeschränkten staatlichen Finanzspritzen - ein Alptraum für die EU…. und Deutschland, denn dem gegenüber kann ein einzelner Staat und auch die geballte Kraft der EU nicht mithalten.[4]

Die Aufgabe lautet also: wie die großen Gelder für den Konkurrenzkampf aufbringen? Nur der Staat kann solche Summen zusammenkratzen. Und wie soll das finanziert werden, nachdem man ja schon solch einen gigantischen Schuldenberg aufgebaut hat, der jetzt durch Corona noch mal vergrößert wurde? Auf wen diese Schuldenlast abwälzen?

Dabei herrschen zurzeit noch günstige Konditionen am Finanzmarkt.  Die Null bzw. Negativzinsen feuern den Bauboom an, treiben selbst gleichzeitig die Baupreise in astronomische Höhen, und lassen Mieten unbezahlbar werden. Gleichzeitig werden Wohnungen / Mieten dadurch immer weniger bezahlbar.[5]

Und gleichzeitig kommt mit der Nullzinspolitik das, was bürgerliche Kommentatoren die „kalte Enteignung der Sparer“ nennen.

Mittlerweile ist die Inflation auf 3-4% angezogen. Zwar behaupten die Ökonomen, dies sei zum Großteil auf die Spätfolgen des Chaos der Pandemie zurückzuführen, wodurch Lieferketten gerissen sind und zu Mangel an vielen Produkten geführt haben. Die Inflation kann sehr wohl aber eine Eigendynamik entfalten, was große Folgen für die Finanzmärkte und für die Einkommen haben würde.

Und Sparen auf dem Kosten der Arbeiterklasse

Auch wenn die neue Regierung vielleicht nicht unbedingt sofort eine große Welle von Sparmaßnahmen einleitet, um Geld einzutreiben, zeigen die Beispiele USA und GB wohin der Weg gehen wird, dort haben die Regierungen nach kurzer Zeit schon Sparmaßnahmen und Steuererhöhungen beschlossen. Dabei muss die Regierung nicht unbedingt offen die Steuern erhöhen oder die Löhne senken und Sozialleistungen rabiat streichen.[6]

Die Lage auf dem Arbeitsmarkt verdeutlicht dies. Dort herrscht z.B. eine widersprüchliche Situation. Einerseits ruft u.a. die demographische Entwicklung einen Arbeitskräftemangel hervor – nicht nur im Bereich der hochqualifizierten Arbeitskräfte, sondern auch in vielen Bereichen des Niedriglohnsektors. So steht das Kapital zum ersten Mal vor der Lage, dass es einerseits in vielen Branchen immer mehr Arbeitsplätze abbauen und somit Personal freisetzen muss (z.B. im Gesundheitswesen, in der Automobilproduktion sollen durch die Einführung von E-Fahrzeugen allein  in den nächsten Jahren 180.000 Jobs wegfallen), in anderen Branchen sucht man händeringend nach Arbeitskräften – z.B. Logistik/Transport-Verkehr, Kitas, Pflegekräfte, Ingenieure. Gleichzeitig hat man durch die Prekarisierung einen immer höheren Anteil an Niedriglöhnen geschaffen,[7] während in allen Branchen die Verdichtung der Arbeit zugenommen hat. So sind viele Angriffe über Neueinstellungen mit Niedriglöhnen, allgemeine Prekarisierung und durch Arbeitsverdichtungen über die Bühne gebracht worden. Und unterdessen sind viele junge Leute nicht mehr bereit, sich in die Arbeit mit vielen Überstunden usw. voll einspannen zu lassen, um „Karriere zu machen“.

Der Arbeitskräftemangel, der 2015 die Unternehmer dazu bewogen hatte, in Anbetracht der Flüchtlingswelle von 2015 zu verkünden, man könne jedes Jahr eine Million neue Immigranten aufnehmen (damals sprach Merkel von der „Willkommenspolitik“ („Das schaffen wir“)), zwingt das Kapital zu einer Änderung seiner Migrationspolitik. Genauso wie Anfang der 60er Jahre, als nach dem Mauerbau der Zustrom billiger Arbeitskräfte aus dem Osten versiegte und man massenhaft Billig Lohner (Gastarbeiter) ins Land holte, müssten nun viel mehr Migranten reingelassen werden - aber der Populismus und der Zerfall haben hier zusätzliche Hürden aufgebaut. Der massenhafte Zustrom von Flüchtlingen hatte nach 2015 der AfD den Aufstieg mit ermöglicht. Aus Angst vor dem weiteren Zulauf zur AfD infolge eines zu starken Zustroms von Flüchtlingen wird das deutsche Kapital jedoch daran gehindert, für ausreichenden Nachschub (besonders an qualifizierten) Arbeitskräften aus dem Ausland zu sorgen. So kommt dem Kapital der Populismus in die Quere und schwächt die Konkurrenzfähigkeit.

Wegen all dieser Modernisierungsbedürfnisse und des energischen Eingreifens des Staates sowie der Notwendigkeit, die Kosten der Krise auf die Arbeiterklasse abzuwälzen, stehen die weitsichtigsten Teile des deutschen Kapitals auf Seite von SPD und Grüne, weil diese Parteien am wenigsten beim Einsatz staatskapitalistischer Investitionen zögern und zumindest die Sozialdemokratie mehr Erfahrung in der Konfrontation mit der Arbeiterklasse hat.

Man könnte fragen: wäre die CDU mit ihrer lange vom damaligen Finanzminister Schäuble praktizierten "schwarzen Null“ (d.h. keine Neuaufnahme von Schulden) nicht die bessere Karte gewesen? Die Erfahrung zeigt, dass dem Staat wie nach 1990, als bei der Wiedervereinigung der damalige Kanzler Kohl auch massiv Schulden aufnahm, um die ehemalige DDR einzuverleiben, keine andere Option offenstand, um den Bedürfnissen des Kapitals zu genügen. Verstärkung des Staatskapitalismus, um eine auseinanderdriftende, von immer mehr Widersprüchen zerrissene Gesellschaft vor dem Auseinanderbrechen zu bewahren – ist die historische Entwicklungslinie des niedergehenden Kapitalismus. Die Zunahme staatskapitalistischer Maßnahmen ist kein Zeichen der Auflösung der Demokratie hin zu einer Diktatur (wie es viele kleinbürgerliche Linke und Querdenker behaupten) sondern Ausdruck der Schwäche, der Krisen, der Obsoleszenz des Kapitalismus.

Unterdessen wird deutlich, dass gerade die deutsche Exportabhängigkeit zu einer größeren Verwundbarkeit durch die Erschütterungen in der Weltwirtschaft führt. Der Zusammenbruch des chinesischen Immobilienriesen Evergrande liefert einen Vorgeschmack von dem, was auf die Weltwirtschaft zukommen und besonders stark Deutschland treffen wird.

Auf imperialistischer Bühne

Auf imperialistischer Ebene wird die neue Regierung auf einer zunehmend komplexeren, chaotischen Bühne die Interessen des deutschen Kapitals verteidigen müssen.

Wegen der großen Exportabhängigkeit kann man weder gegenüber China noch Russland und auch nicht gegenüber den US einen offen aggressiven Kurs fahren. Zwar werden Rot-Grün ihre moralische Verlogenheit gegenüber China und Russland unter Beweis stellen, aber die nackten Realitäten des Konkurrenzkampfes werden sie zum Manövrieren zwingen. Das Afghanistan-Debakel hat auch die Entschlossenheit aller Parteien verdeutlicht, sich mehr aus amerikanischer Abhängigkeit zu befreien und zu eigenständigem Handeln im Verbund mit europäischen „Partnern“, (allein voran Frankreich) fähig zu werden. Insbesondere die Grünen können im Aufbau einer eigenständigeren europäischen imperialistischen Position eine wichtige Rolle spielen. All das ist notwendigerweise mit einer Anpassung der Militärausgaben verbunden. Nebenbei sei bemerkt, dass dem deutschen Imperialismus auch hier der Populismus ungelegen kommt.[8]

Die Arbeiterklasse weiterhin vor einer schwierigen Lage

Die Schwächen der Arbeiterklasse international wie auch insbesondere in Deutschland, die seit nunmehr mehreren Jahrzehnten unverkennbar sind, dürfen von den Revolutionären nicht geleugnet, sondern müssen in aller Gründlichkeit und ohne Scheu analysiert werden.

Die jüngste Entwicklung hat diese Schwierigkeiten der Arbeiterklasse, überhaupt als Klasse in Erscheinung zu treten und als Bezugspol für politisierte Leute zu wirken, noch einmal deutlicher vor Augen treten lassen. Zudem haben die Bedingungen der Pandemie noch einmal die Lage verschärft und ein Gefühl des Corona-Blues bei einigen aufkommen lassen.

Auch wenn der unmittelbare Eindruck bei manchen ein demoralisierendes Gefühl hervorrufen mag, dürfen wir nicht Gefangene der unmittelbaren Situation werden. Es ist unsere Aufgabe zu erkennen, dass die Widersprüche im Kapitalismus sich weiter aufgehäuft haben und diese uns nur noch mehr bedrohen werden. Bislang ist es dem deutschen Kapital gelungen, die schlimmsten Auswirkungen der Wirtschaftskrise von der Arbeiterklasse fernzuhalten bzw. die Bedürfnisse des Kapitals geschickt aufzuzwingen – ohne nennenswerten Widerstand der Klasse.

Auch wenn die Arbeiterklasse jetzt noch nicht direkt in einen sofortigen Zugzwang gerät, wird der zukünftige Abwehrkampf gegen die kapitalistischen Angriffe ein entscheidendes Moment sein. So schwer es auch für die Arbeiterklasse ist, diese Abwehrbewegung in Gang zu setzen, sie ist und bleibt die einzige Dynamik zur Herbeiführung einer Klassenkonfrontation, in der die wahren Klassengegensätze in der Gesellschaft deutlich werden. Sicher hat die herrschende Klasse mit dem ganzen Wahlspektakel und dank anderer, für Ablenkung sorgender Faktoren, zurzeit die Oberhand und kann die „Themen bestimmen“. Aber dies wird nicht ewig dauern. Entweder versinkt die Gesellschaft immer tiefer in ihrem Morast der Verfaulung oder der Klassenkampf entfaltet seine eigene Dynamik, langfristig mit einer Perspektive zur Überwindung dieser Gesellschaft. Es ist Aufgabe der Revolutionäre weiterhin für diese Perspektive zu kämpfen. Deshalb darf man in Anbetracht der Schwierigkeiten nicht den Kopf in den Sand stecken, sondern muss eine langfristige Perspektive entwickeln.

Wolfgang 27.09.2021

 

[1]Ob als Spitzenkraft in Hamburg oder als Finanzminister – im Umgang mit Finanzen und Deals mit allen möglichen (durchsichtigen oder undurchsichtigen) Firmen, immer beteuerte er trickreich und aalglatt seine Unschuld oder verwies auf seine Gedächtnislücken.

[2] Im gesamten ersten Jahr der Pandemie wurden hierzulande mehrere kontrollierte Studien mit Patienten auf den Weg gebracht, jedoch nur eine Minderheit von ihnen erfolgreich weitergeführt oder abgeschlossen. Zu diesem wenig schmeichelhaften Resultat kommen Forscher aus der Schweiz und Deutschland nach eingehender Analyse der einschlägigen Studien-Datenbanken. (FAZ, 14.09.2021, Miserables Zeugnis für die deutsche Corona-Forschung)

[3]Neben dem Rettungspaket von 750 Mrd. Euro der EU hat der Staat in Deutschland nochmal mehrere hundert Milliarden Euro in die Wirtschaft gepumpt. „1,32 Billionen Euro Corona-Schulden und kein Ende in Sicht: So teuer wird die Krise für Deutschland. Der Schuldenstand des Bundes ist seit Pandemiebeginn um 35 Prozent angestiegen und liegt so hoch wie nie zuvor. www.handelsblatt.com/politik/deutschland/rekord-neuverschuldung-1-32-billionen-euro-corona-schulden-und-kein-ende-in-sicht-so-teuer-wird-die-krise-fuer-deutschland/27034064.html.

Seitdem ist der Schuldenstand unaufhörlich weitergewachsen.

[4] In der Solar-/PV-Technologie hatte z.B. Deutschland die Nase mit vorn, doch nach umfangreichen staatlichen Finanzspritzen an chinesische Firmen haben diese in der Zwischenzeit deutsche Konkurrenten platt gemacht. Ähnliches droht in anderen Branchen.

[5] Jetzt schon richten sich die meisten Proteste gegen Wohnungsnot, aber weil sie eine „klassenübergreifende“ Mobilisierung darstellen, können sie keine klassenspezifische Polarisierung bewirken und keine wirkliche politische Sprengkraft darstellen. 

[6] Zum Zeitpunkt des Schreibens dieses Artikels gibt es noch keine neue Regierung Sollte die FDP mit im Boot sein, könnten sich die anderen Parteien gut hinter ihr verstecken, so tun, als ließe man sich von ihr unter Druck setzen, um die Schuldenpolitik einzudämmen.

[7] Der sogenannte Niedriglohnsektor ist bis 2008 permanent angewachsen und hat sich seitdem bei ca. 22 Prozent festgesetzt.

[8] So konnte man beim Afghanistan-Desaster gewissermaßen die verdeckte störende Wirkung des Populismus auf imperialistischer Ebene sehen. Wie alle anderen westlichen Mächte konnte die Bundeswehr ihren fast 20-jährigen Einsatz nur dank der Rekrutierung von Ortskräften aufrechterhalten. Während man angesichts der Machtübernahme der Taliban die einheimische Bevölkerung, die nicht im Solde der westlichen Mächte stand, ihrem Schicksal überlassen wollte, vor allem die CDU/CSU bis wenige Tage vor dem Zusammenbruch des Regimes fleißig weiter Abschiebungen propagierte, geriet man in Verlegenheit gegenüber den „Schutzbedürftigen“ vor Ort. Es gehört zur Glaubwürdigkeit einer imperialistischen Macht, dass man die ehemaligen „Verbündeten“ vor Ort unterstützt. Überall war aber plötzlich wieder zu hören, „Nur bloß keine Wiederholung von 2015“. Die Angst der führenden Kreise der herrschenden Klasse, dass man wieder eine große Zahl Flüchtlinge aus Afghanistan aufnehmen müsse, war getrieben von der Sorge, dass eine neue Flüchtlingswelle erneut der AfD nützen würde, denn diese hatte nach dem Ansturm der Flüchtlinge 2015 einen fulminanten Aufschwung für die AfD gebracht. So wurde anhand der Zurückhaltung und des Widerwillens bei der Aufnahme von „Ortskräften“ deutlich, wie stark man dem Populismus und der AfD Tribut zollen musste.

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