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In letzter Zeit machen Klimaaktivisten mit den verschiedensten Aktionen in mehreren Ländern auf die längst eingesetzte Klimakatastrophe aufmerksam. Sei es indem man Farbbeutel auf wertvolle Gemälde oder andere Kunstgegenstände in Museen wirft, sich an zentralen Straßen- oder Kreuzungen festklebt und lange Staus verursacht, Flughafenteile besetzt oder wie in Frankreich eine Zementfabrik beschädigt. In Deutschland stand Mitte Januar tagelang die Räumung des besetzten Dorfes Lützerath im rheinischen Braunkohlegebiet im Vordergrund.
Die Spirale der Zerstörung ist nicht auf die Umweltzerstörung beschränkt
Wir wollen direkt unterstreichen: Ja – der Kapitalismus hat eine Spirale der Zerstörung in Gang gesetzt. Es stimmt, dass die kombinierten und kumulierten Auswirkungen der Umweltzerstörung die Luft, die Böden, die Meere vergiften und nicht nur Millionen von Menschen jedes Jahr als Umweltflüchtlinge vertreiben. Jedes Jahr sterben laut WHO ca. 13.7 Millionen Menschen durch Umweltverschmutzung frühzeitig und die Zahl der Erkrankten durch alle Generationen hinweg ist gar nicht ermittelbar.
Wir dürfen keine Illusion haben, der Kapitalismus wird den ganzen Planeten zerstören, die Menschheit ausrotten, so wie er jetzt schon unzählige Tier- und Pflanzenarten ausgerottet hat, wenn er weiter so wütet wie bislang.
Aber bleibt die Spirale der Zerstörung auf die Umweltzerstörung begrenzt? In Wirklichkeit tobt doch gleichzeitig neben vielen anderen Kriegen vor allem in Europa der Ukraine-Krieg und sät seit einem Jahr Tod, hat Millionen von Menschen in die Flucht getrieben, diente den Herrschenden aller Länder als Vorwand, um weiter Atomkraft, Gas- und Kohlekraftwerke zu benutzen, weil alles dem Diktat des Militarismus, der angeblichen Energiesicherheit eines Landes untergeordnet wird. Nicht nur wurden infolgedessen die Rüstungsausgaben enorm gesteigert – in Deutschland und Japan gar verdoppelt, sondern man nimmt billigend die weitere dramatische Zerstörung der Natur in Kauf.
Die Herrschenden gehen nicht nur in der Ukraine über Leichen. Sie scheren sich auch einen Dreck um die ungeheure Zahl an Hungernden, deren Leben jetzt durch Klimakatastrophe und den Ukraine-Krieg noch mehr bedroht ist. Werden nicht Milliarden Menschen durch die Wirtschaftskrise und die damit verbundene Inflation in die Verarmung und Verzweiflung getrieben? Gewalt und Armut z.B. in Latein- und Mittelamerika bewirken, dass in der US-amerikanischen-mexikanischen Grenzstadt El Paso allein jeden Tag 2.500 Flüchtlinge ankommen, die vor den Mauern der Festung USA stranden. Wie viel Flüchtlinge ertrinken jedes Jahr im Mittelmeer bei dem verzweifelten Versuch Europa zu erreichen? Wie viel Tausende hängen auf der Balkanflüchtlingsroute fest und werden von den Schergen des Systems misshandelt?
Können wir also nur auf die Umweltzerstörung schauen und uns darauf beschränken, hier nach Lösungen zu suchen? In Wirklichkeit müssen wir laut und deutlich aussprechen, dass der Kapitalismus dabei ist, die Natur - unsere Natur - die Zivilisation auf dem ganzen Erdball durch eine ganze Spirale der Zerstörung zu vernichten, wenn diesem kein Einhalt geboten wird.
Heute die Illusionen zu haben, man könnte nur an einem Punkt ansetzen und dann das Schlimmste verhindern, ist reine Augenwischerei.
Zu glauben, dass die Menschheit unter diesem kapitalistischen System überleben könnte, ist aber nicht nur irreführend, demoralisierend sondern auch entwaffnend. Deshalb ist der Ausgangs- und Ansatzpunkt der Klimaaktivisten ein völlig falscher.
Die falschen Ausgangspunkte der Klimaaktivisten...
Sie werfen den Machthabern vor, die Politik ignoriere die drohende Klimakatastrophe. Sie appellieren an deren Gewissen, deren Handlungswillen, als ob sich die Herrschenden einen freien Entscheidungsspielraum schaffen könnten. Tatsache ist, dass die Gesetze der Marktwirtschaft, das Profitstreben, die Konkurrenz, es unmöglich machen, sich dem Zwang zur gnadenlosen und zerstörerischen Ausbeutung der Natur zu entziehen. Weil sich alle Vertreter des Kapitals trotz ihrer nationalen und ideologischen Gegensätzen den kapitalistischen Verwertungsgesetzen unterwerfen und diese auf irgendeine Form rechtfertigen müssen, drehen sie alle an der Spirale der Zerstörung mit.
Hoffnung auf Einsicht der Herrschenden?
Können wir Hoffnung haben auf Einsicht der Herrschenden bei der Klimafrage? Welche Prioritäten haben sie? Mit welchen Lügen wollen sie uns hinters Licht führen?
Vor wenigen Jahren hieß es im Wahlkampf: „wir müssen Arbeitsplätze in der Braunkohleindustrie im Rheinland und in Ostdeutschland retten, deshalb muss die Kohleförderung noch jahrelang weitergehen“. Heuchelei und Zynismus: Wählerstimmen wollten sie erhaschen und die Kohleindustrie unterstützen – auf Kosten der Gesundheit der Weltbevölkerung. Welch eine Herrscherklasse, die vorgibt ein paar Tausend Arbeitsplätze sichern zu wollen und gleichzeitig mit dafür sorgt, dass die Zahl der Umwelttoten weltweit über 13 Millionen gesprungen ist. Wo sind die Arbeitsplätze der Millionen Umweltflüchtlinge, die jedes Jahr die Zahl der weltweiten Flüchtlinge ansteigen lässt (mittlerweile über 110 Mio.). Schutz der Arbeitsplätze durch die Herrschenden? Im Gesundheitswesen sind seit Jahren Tausende Stellen gestrichen, viele Krankenhausbetten abgeschafft worden, die Arbeitsbedingungen für die meisten Beschäftigten zu einer wahren Hölle geworden, nur weil alles einer „Ökonomisierung“ des Gesundheitswesens (sprich Profitprinzip) weichen soll.
Wenn in Deutschland die Grünen nicht nur mit am lautstärksten Waffenlieferungen aller Art an die Ukraine fordern, wenn sie im Bündnis mit FDP und SPD eine Verdoppelung des Militärhaushaltes rechtfertigen, wenn sie viel vehementer als irgendeine andere Partei die Umstellung auf mehr Gaslieferungen infolge der Sanktionen gegen Russland begründen, ist dies kein Verrat an irgendwelchen ursprünglich hehren Absichten. Nein, sie drehen mit am kapitalistischen Räderwerk und liefern ideologische Rechtfertigungen, damit alles dem obersten Prinzip Profit, Konkurrenz und deren Folgen - Krieg und Zerstörung - geopfert wird. Und wenn nun die Parteibasis bei den Grünen oder auch bei der SPD unter dem Namen „SPD.Klima.Gerecht“ spürt, dass das Ansehen der Grünen und der SPD durch deren Politik beschädigt wird, versuchen diese lediglich, die Glaubwürdigkeit dieser zutiefst kapitalistischen Parteien zu retten.
Alle diese symbolischen Protestaktionen, die die Aufmerksamkeit auf die Klimakatastrophe lenken sollen, sind nichts als ein Akt der Verzweiflung, der Hilflosigkeit und letzten Endes Schwindelei.
Ehrlicher Umgang mit der ökologischen Krise?
Die Forderungen von Gruppen wie extinction rebellion sind nicht weniger irreführend. „Unsere Forderungen: Wir verlangen einen ehrlichen Umgang mit der ökologischen Krise, sofortiges Umlenken und die Einbeziehung von Bürger:innen.“
Wie kann man von einer herrschenden Klasse deren System auf Ausbeutung, auf Profit, auf Mystifizierung, auf Lügen fußt, „einen ehrlichen Umgang mit der ökologischen Krise“ verlangen? Die Herrschenden streiten bei allen Konferenzen mit Hauen und Stechen (wie Sharm el Sheikh), wie sie am besten ihre materiellen Interessen verteidigen können. Seit Jahrzehnten findet ein Umweltgipfel nach dem anderen statt, von sofortigem Umlenken keine Spur! Im Gegenteil: Die Herrschenden verteidigen ihre Profitinteressen mit größter Brutalität und Grausamkeit mit der Folge, dass die Walze der Umweltzerstörung seit dem Beginn der Konferenzen nur noch verheerender wirkt.
Die Frage der Überwindung des Systems stellen
Von diesen Heuchlern der herrschenden Klasse einen respektvollen, schonenden Umgang mit der Natur zu erwarten, ist mehr als nur Naivität. Es bedeutet die eigentlichen Mechanismen des Kapitalismus und das Verhalten der Verteidiger des Systems zu verschleiern. In Anbetracht des ekelerregenden Zynismus und des Machtinstinkts der Herrschenden, deren wesentliche Sorge darin besteht, alle Ressourcen der Gesellschaft für den Krieg und Konkurrenzkampf bereitzustellen, ist der Medienhype um die Aktionen der Klimaaktivisten selbst schon Teil einer ganzen Kampagne zur Verhüllung der tieferen Ursachen und zur Irreführung derjenigen geworden, die gegen die auf uns zurollende Katastrophe protestieren wollen. Wer sich aber mit solchen Aktionen an irgendwelche Gegenstände festklebt, reißt keinesfalls den Schleier des Zynismus der Herrschenden herunter, sondern verklebt sich und anderen noch mehr den Augen vor den wirklich notwendigen Schritten. Diese Aktionen lenken davon ab, dass es darum geht, den wirklichen Hebelpunkt zu finden, der das System aus den Angeln heben und überwinden kann.
Diese Lösung – Überwindung des Systems – Zerschlagung aller Mechanismen der Konkurrenz, des Profitprinzips, der Unterordnung unter die blinden Gesetze der Akkumulation von Wert, der Abschaffung aller Staaten, Kriege an der Wurzel zu packen usw.- all das kann nur von der Arbeiterklasse angegangen werden, die kein Interesse an Ausbeutung und der Aufrechterhaltung dieser Gesellschaft hat. Weil aber die Arbeiterklasse große Schwierigkeiten hat, ihre eigenen Stellung und Stärke zu erkennen, können viele deren Rolle nicht erkennen, und werden vereinnahmt durch solche demoralisierenden Aktionen des „Klimaaktivismus“. Aber es gibt keinen anderen Weg: Anstatt sich durch diesen Klimaaktivismus benebeln und demoralisieren zu lassen, sagen wir: es führt kein Weg daran vorbei, sich mit der zentralen Rolle der Arbeiterklasse auseinanderzusetzen. Wir verweisen an dieser Stelle dazu auf andere Artikel in unserer Presse. Wilfr., 19.01.2023