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"Die ACG, Angry Workers, Plan C und Communist Workers Organisation werden die jüngsten und zukünftigen Streiks in Großbritannien und anderswo diskutieren. Es wird viel Zeit für Fragen, Antworten und Diskussionen geben."
Mit diesen Worten kündigte die Anarchist Communist Group ACG ihre öffentliche Diskussionsveranstaltung am 12. Mai 2023 an. Ziel des Treffens war es, "die Idee der Basisorganisationen gegen die Machenschaften der Gewerkschaftsbürokraten durchzusetzen, welche die Streiks sowohl hier in Grossbritannien als auch im Ausland behindern und sabotieren".[1]
Wer sind die Organisationen auf dieser Diskussionsveranstaltung?
Die ACG spaltete sich vor fünf Jahren von der Anarchistischen Föderation (AF) in der Frage der sog. "Identitätspolitik" ab, um den Schwerpunkt stärker auf den Kampf der Arbeiterklasse zu legen. Sie vertrat eine grundsätzlich internationalistische Haltung gegen den Krieg in der Ukraine, wenn auch mit deutlichen Schwächen.[2]
Die Angry Workers of the World AWW ist eine eher "arbeitertümlerische" Gruppe, die in West-London entstand und in ihren Ideen und Methoden dem anarchistischen Milieu sehr nahesteht. Ein Jahr nach Beginn des Ukraine-Krieges hatte es die Gruppe noch immer nicht zustande gebracht, einheitliche Position dazu zu formulieren. Und trotz einer kürzlich geführten Diskussion über unsere Kritik am revolutionären Defätismus vertritt sie immer noch keine eindeutig internationalistische Position.[3]
Plan C ist eine eindeutig linksbürgerliche Organisation, ohne eine klar definierte Ideologie und die sich selbst als experimentell und undogmatisch charakterisiert. Am 25. Juni 2022 hatte sie eine Versammlung in "Solidarität mit der ukrainischen Arbeiterklasse" (und nicht gleichzeitig mit der Arbeiterklasse in Russland!) abgehalten, mit Rednern und einem Film über Anarchisten in der Ukraine, die ihren Nachbarn helfen und die kämpfenden Soldaten unterstützen…
Die Communist Workers Organisation CWO ist eine Organisation des revolutionären proletarischen Milieus, die Teil der Internationalistischen Kommunistischen Tendenz IKT ist und im Gegensatz dazu eine klare internationalistische Position gegen den Krieg vertritt.
Die IKS wird von den Londoner ACG-Diskussionsveranstaltungen ausgeschlossen
Schon im Oktober 2022, vor der damaligen Diskussionsveranstaltung der ACG in London, erhielten wir von ihnen eine E-Mail, in der es hieß: "Falls die IKS daran denkt, an der öffentlichen Diskussionsveranstaltung heute Abend teilzunehmen, so überdenkt dies bitte noch einmal, da wir entschieden haben, dass eure Anwesenheit schädlich wäre". Wir schrieben zurück und baten die ACG um eine Erklärung, erhielten jedoch keine Antwort.
Als wir am 12. Mai 2023 an der ACG-Diskussionsveranstaltung eintrafen, wurden wir als IKS aus dem Treffen verwiesen. Wir protestierten dagegen und erinnerten die ACG daran, dass ja sie selbst im Herbst 2022 von der Anarchistischen Buchmesse ausgeschlossen worden war, weil sie gegen den Krieg in der Ukraine Stellung bezogen hatte. Wir wiesen auch die Ausrede zurück, dass die IKS "zu viel redet", da es unsere Praxis ist, die Regeln der Organisation, die ein Treffen veranstaltet, zu respektieren. Unsere Einwände wurden ignoriert, und wir hatten keine andere Wahl als unsere Flugblätter und unsere Presse draußen zu verteilen und aufzulegen.
Wir wissen nicht, was die ACG dazu bewogen hat, öffentliche Diskussionsveranstaltungen mit einer linksbürgerlichen Gruppe wie Plan C zu organisieren, aber wenn sie glaubt, dass dies ihre Fähigkeit proletarische Positionen zu verteidigen stärkt, dann irrt sie sich. Viele Beispiele aus der Geschichte der Arbeiterbewegung zeigen, dass gemeinsame Aktivitäten zwischen einer bürgerlichen Organisation und einer Organisation, die sich an proletarischen Positionen orientiert, immer zum Nachteil der Letzteren sind.
Das deutlichste Beispiel dafür war die CNT (Confederation Nacional del Trabajo) in Spanien, die eine revolutionäre Organisation des Proletariats war und sogar erwog, die Mitgliedschaft in der Komintern zu beantragen. Doch im Laufe der 1920er Jahre begann sie, sich immer mehr mit bürgerlichen politischen Organisationen zu verbünden, bis sie 1936 beschloss, sich an den Regierungen sowohl der katalanischen Generalitat als auch der Madrider Republik zu beteiligen. Diese Wendung war kein Zufall, denn danach, während des Zweiten Weltkriegs, kämpfte die CNT in Frankreich, vom Antifaschismus erfasst, in den offiziellen Armeen der französischen Résistance gegen die deutsche Besatzung. Die CNT hatte sich damit endgültig in eine bürgerliche Organisation verwandelt.[4]
Heute ist die ACG durchaus bereit, ein Treffen mit Denjenigen zu veranstalten, die sich als absolut unfähig erweisen, eine klare internationalistische Haltung einzunehmen, wie die AWW, und, was noch schlimmer ist, mit einer Gruppe wie Plan C, die klar im Lager der Bourgeoisie steht.
Gleichzeitig schließt die ACG eine Organisation (uns, die IKS) von ihrer Versammlung aus, die genau wie die ACG selbst, den proletarischen Internationalismus und die Perspektive des Kommunismus verteidigt. Wie erklärt die ACG diesen Widerspruch?
Eine weiterer Widerspruch der ACG ist die Tatsache, dass sie öffentlich ihren Standpunkt zum Klassenkampf vertritt, diesen aber nicht in einer öffentlichen Debatte mit uns konfrontieren will, obwohl ihre Position in dieser Frage keineswegs antagonistisch zu unserer ist, wie wir z.B. in folgendem Zitat aus einem Artikel der ACG sehen: "Da immer mehr Arbeiter gezwungen sind, Kampfmaßnahmen zu ergreifen, wird es immer notwendiger, neue Formen der Organisation zu schaffen. Diese sollten einen effektiven und einheitlichen Kampf ermöglichen, der die Gewerkschaftsbürokraten umgeht und über die Gewerkschaften hinausgeht" [5]. Wie Jeder, der unsere Presse liest, weiss, ist diese Position unserer sehr nahe, auch wenn sie wahrscheinlich mit anderen Argumenten verteidigt wird. Aber eine öffentliche Debatte würde zeigen, welche Argumente die klarsten sind. Die Fragen sind also: Warum vermeidet die ACG eine politische Debatte mit der IKS und warum ist sie der Meinung, dass eine Debatte mit uns über den Klassenkampf "schädlich" für die Entwicklung einer proletarischen Perspektive ist?
Die Verwerfung des proletarischen Prinzips der Solidarität durch die CWO
Die Communist Workers Organisation gehört zum selben Milieu der revolutionären Organisationen der Kommunistischen Linken wie die IKS. Dieses Milieu stützt sich auf bestimmte Prinzipien, die alle Organisationen respektieren sollten. Ein Prinzip ist, dass ein Angriff auf eine dieser Organisation als ein Angriff auf die gesamte Kommunistische Linke verstanden wird. Wenn also eine Gruppe in diesem Milieu angegriffen, boykottiert oder ausgeschlossen wird, sind damit alle Organisationen angegriffen und sollten als einheitliches Ganzes reagieren. Denn jeder Angriff auf eine revolutionäre Organisation stellt eine Bedrohung für den historischen Prozess des Parteiaufbaus dar.
So hatten wir, als die Internationale Kommunistische Partei IKP, welche sich vor allem auf die Positionen von Bordiga beruft, attackiert wurde, nachdem sie die Broschüre Auschwitz oder das große Alibi von 1961 wiederveröffentlicht hatte, unsere volle Unterstützung gegeben. Im Jahr 2015 veröffentlichten wir eine Solidaritätserklärung für die IKT (zu der die CWO gehört), als die Aktivisten dieser Organisation von ehemaligen Mitgliedern der IKT-Sektion in Italien angegriffen wurden. Doch wie reagiert nun die CWO auf das Verbot uns gegenüber, an der öffentlichen Diskussionsveranstaltung der ACG teilnehmen zu dürfen? Wir hatten die CWO bereits am 8. November 2022 angeschrieben und um eine Stellungnahme zu diesem Thema gebeten, aber nie eine Antwort erhalten.
Als später Genossen der CWO, nach dem ausgesprochenen Verbot uns gegenüber durch die ACG, zu unserer eigenen öffentlichen Diskussionsveranstaltung am 12. November 2022 kamen, baten wir sie, zu dem Vorfall Stellung zu nehmen. Aber stattdessen wichen die Genossen der Frage aus, was sie davon halten, dass die ACG uns ausgeschlossen hatte und wie ACG-Mitglieder dies ihnen gegenüber rechtfertigten. Es schien fast als wären sie deren "Gefolgschaft". Die ACG hat gehandelt und die CWO hat die Pflicht, dazu eine klare Position einzunehmen.
Der Genosse, der die CWO auf dieser jüngsten Diskussionsveranstaltung der ACG am 12. Mai vertrat, erklärte bei seiner Ankunft, er habe nicht gewusst, dass die IKS von der Veranstaltung ausgeschlossen worden sei, und er habe auch nicht gewusst, dass die CWO in der Werbung für die Sitzung als eine der teilnehmenden Gruppen erwähnt wurde. War ihm bewusst, dass er an einer Debatte mit einer klar bürgerlichen linken Organisation teilnahm? Unwissenheit ist ein schlechtes Argument, um sich dahinter zu verstecken, aber in der Zwischenzeit war er von uns über unseren Ausschluss von der Sitzung informiert worden, und dennoch bezog er keinen klaren Standpunkt!
Es ist klar, dass die CWO, nachdem sie parasitären Gruppen und Spitzeln die Tür geöffnet hat (wie z.B. rund um das Pariser Komitee No War But The Class War [6]), nun auch Organisationen die Tür öffnet, die offen bürgerliche Positionen verteidigen, wie z.B. Plan C. Aber revolutionäre Organisationen können sich nicht auf eine öffentliche Diskussion über den Klassenkampf mit Organisationen einlassen, die keine internationalistische Position vertreten. Solche Organisationen stehen den historischen Interessen der Arbeiterklasse grundsätzlich feindlich gegenüber. Aber die CWO, die beides haben will, hat nicht den Mut offen zu sagen, dass sie eine Annäherung und eine Zusammenarbeit mit einer "undogmatischen" linken Gruppe wie Plan C der Solidarität mit uns vorzieht.
In ihrer Politik der "Offenheit" will die CWO nicht, dass die IKS Zeuge ihrer "Romanze" mit anarchistischen oder linken Gruppen wird. Deshalb ist sie bereit, das Prinzip der Solidarität innerhalb der Kommunistischen Linken unter den Teppich zu kehren und weigert sich, den Ausschluss der IKS von der ACG-Diskussionsveranstaltung zu verurteilen.
Letztlich hat die CWO gezeigt, dass sie das Prinzip der Verteidigung anderer Organisationen der kommunistischen Linken gegen Angriffe von außen aufgibt. "Aber keine proletarische Organisation kann diese elementare Notwendigkeit [der Solidarität] ignorieren, ohne einen sehr hohen Preis zu zahlen".[7]
IKS, 14. Juli 2023
[2] Siehe auf ICConline: https://en.internationalism.org/content/17185/between-internationalism-a...
[3] Siehe auf ICConline: https://en.internationalism.org/content/17250/aww-and-ukraine-war-there-...