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Eine neue Periode von Klassenkonfrontationen
Die Mobilisierung der jungen Generation künftiger Proletarier Frankreichs in den Universitäten, Oberschulen und auf den Demonstrationen wie auch die Solidarisierung zwischen den Generationen in diesem Kampf bestätigen die Eröffnung einer neuen Periode von Klassenkonfrontationen. Die faktische Kontrolle des Kampfes durch die Vollversammlungen (Massentreffen), ihre Kampfbereitschaft, aber auch die Nachdenklichkeit und Reife, die in ihnen zum Ausdruck kamen - insbesondere ihre Fähigkeit, den meisten Fallen auszuweichen, die ihnen die herrschende Klasse stellte -, sind Indikatoren dafür, dass eine tiefgehende Bewegung im Klassenkampf im Gange ist. Ihre Dynamik wird Auswirkungen auf die kommenden Arbeiterkämpfe haben. Der Kampf gegen den CPE in Frankreich ist weder ein isoliertes noch ein rein "französisches" Phänomen: Er ist der Ausdruck einer internationalen Häufung und Reifung des Klassenkampfes.
Ein zentrales Thema all dieser Bewegungen war das alte proletarische Prinzip der Arbeitersolidarität. In Frankreich wurde dies nicht nur in der beispielhaften Art deutlich, wie die Studenten verschiedener Universitäten sich untereinander unterstützten, sondern auch durch die aktive Beteiligung einer wachsenden Zahl von Lohnabhängigen an der Bewegung und an der Einheit zwischen den verschiedenen Generationen. Auch in Spanien war dies zu sehen, als Arbeiter zur Unterstützung entlassener Arbeiter streikten. Und in Belfast traten Postbeschäftigte gegen den Willen der Gewerkschaften in den Streik; sie marschierten zusammen durch protestantische und katholische Stadtviertel. In New York erklärten die U-Bahn-Beschäftigten, dass sie nicht nur für sich selbst kämpften, sondern auch für die Renten der künftig Eingestellten. In Indien erhielten streikende Honda-Beschäftigte Unterstützung von vielen Arbeitern aus anderen Betrieben, insbesondere nachdem die Polizei prügelnd auf sie losgegangen war.
Das Prinzip der Solidarität - und der wachsende Wille der Arbeiter, dies auch aktiv umzusetzen - ist ein zentrales Merkmal des Klassenwesens der Arbeiterklasse. Die Arbeiterklasse kann ihre Interessen nur durch einen kollektiven Kampf verteidigen, indem sie den Kampf so weit wie möglich ausdehnt, alle Spaltungen in ihren Reihen überwindet, die ihr durch den Kapitalismus aufgezwungen wurden - Spaltungen in Nationen, Rassen, Religionen, Berufsgruppen oder Gewerkschaften. Somit beinhaltet die Suche nach Solidarität den Keim einer massiven gesellschaftlichen Bewegung, die die Fähigkeit besitzt, das kapitalistische System lahmzulegen. Die Bewegung in Frankreich vermittelte uns einen Eindruck davon. Wir stehen aber erst am Anfang dieser Bewegung, jedoch weist das gegenwärtige Erstarken des Klassenkampfes den Weg für die Massenstreiks von morgen.
Hinter den Massenstreiks steckt die Perspektive, nicht nur das Kapital zum Stillstand zu bringen, sondern auch die Möglichkeit der Umorganisierung der eigentlichen Grundlagen der Produktion. Damit entsteht die Möglichkeit, eine Gesellschaft aufzubauen, in der gesellschaftliche Solidarität zur Norm wird und kein Prinzip ist, das im Gegensatz zur gegenwärtigen Gesellschaft steht, die sich auf die erbarmungslose Konkurrenz unter den Menschen stützt.
Diese Perspektive verbirgt sich hinter den gegenwärtigen Arbeiterkämpfen. Es handelt sich nicht nur um eine einfache Hoffnung auf eine bessere Zukunft, sondern um eine Notwendigkeit, die durch den Bankrott der kapitalistischen Produktionsform zwingend erforderlich wird. Die jüngsten Bewegungen der Klasse wurden durch fortdauernde und sich verschärfende Angriffe auf den Lebensstandard der Arbeiter (Löhne, Arbeitszeiten, Renten, Arbeitsplatzsicherheit usw.) hervorgerufen. Aber diese Angriffe sind nicht solcher Art, dass die Herrschenden und ihr Staat auf diese zugunsten irgendeiner anderen Politik verzichten könnten. Sie sind dazu gezwungen, die Lebens- und Arbeitsbedingungen der Arbeiter anzugreifen, weil sie keine andere Wahl haben. Sie können dem Druck der kapitalistischen Krise und dem tödlichen Überlebenskampf auf dem Weltmarkt nicht anders ausweichen. Gleichgültig, welche Partei an der Macht ist, sie alle müssen sich diesem Diktat beugen.
Und die herrschende Klasse hat auch keine andere Wahl, weil der Zusammenbruch der Wirtschaft sie immer mehr in Militarismus und Krieg treibt. Die immer stärkere Ausdehnung des Krieges auf dem ganzen Erdball - die gegenwärtig die Form des "Krieges gegen den Terror" und die Drohung einer neuen militärischen Front gegen den Iran annimmt - spiegelt den unaufhaltbaren Drang des Kapitalismus zur Zerstörung wider.
Die Ausbeuterklasse und die Klasse der Lohnabhängigen haben nichts gemeinsam. Unsere Ausbeuter haben keine andere Wahl, als uns in die Misere zu stürzen. Wir haben keine andere Wahl, als uns zu wehren. Und durch unseren Widerstand werden wir das Selbstvertrauen und die Stärke entfalten, die erforderlich sind, damit die Abschaffung der Ausbeutung ein für allemal möglich wird. 26.05.06