Leserbrief zu Verhalten und Klassenkampf

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Ohne einen aktiven Austausch von Standpunkten, ohne Debatte ist eine Klärung kommunistischer Positionen unmöglich.  Deshalb versuchen wir möglichst regelmäßig in unserer Zeitung Zuschriften von Leser/Innen zu veröffentlichen und darauf so ernsthaft wie möglich zu antworten. Wir unsererseits sind nicht nur erfreut, sondern auch dankbar für jede Zuschrift, die wir erhalten, weil sie uns zu einer selbstkritischen  Auseinandersetzung mit unserer Arbeit und unseren Positionen zwingt. Deshalb, wenn Euch an unserer Zeitung etwas besonders angesprochen oder auch missfallen hat, schreibt uns, auch wenn es nur ein paar Zeilen sind.
Wir haben einen Leserbrief aus dem Rhein-Neckar Raum erhalten, der sich mit Fragen des menschlichen Verhaltens befasst. Es handelt sich um sehr grundlegende Fragen des Menschseins und des gesellschaftlichen Lebens. Aus dem Brief wird aber rasch ersichtlich, dass der Fragesteller nicht allein durch die Probleme des Allgemeinmenschlichen motiviert wird, die Frage des Verhaltens zu thematisieren. Es geht insbesondere um die Perspektiven des Klassenkampfes. Es geht nicht zuletzt um die Frage, ob die Arbeiterklasse heute und in der Zukunft in der Lage sein wird, dem Druck der Konkurrenz, den Denk- und Verhaltensweisen des Kapitalismus eine eigene gesellschaftliche Perspektive entgegenzusetzen. Was sind die Voraussetzungen dafür, dass die Arbeiterklasse eigene, klassenspezifische Verhaltensweisen entwickelt, welche der Natur und dem geschichtlichen Endziel ihres Kampfes, dem Kommunismus,  entsprechen?
Aus welchem Zusammenhang und aus welchem allgemeinem und spezifischem Kräfteverhältnis resultiert welche Art von Verhalten? Welche Emotionen sind Ausdruck davon?
Der Brief macht deutlich, dass unser Leser nicht nur wichtige Fragen aufgeworfen hat, sondern dazu übergegangen ist, selbst erste Antworten auf diese Fragen zu geben. Wir halten die von dem Genossen aufgeworfenen Fragen und Überlegungen für sehr wichtig und die gesamte Arbeiterklasse betreffend. Im Anschluss an die Briefauszüge fügen wir einige wenige Überlegungen und Anstöße unsererseits hinzu. 

Auszüge aus dem Leserbrief zu Verhaltensfragen

"Welchen Einfluss, welche Funktion und welche Ursachen hat der Wille, das Vertrauen, die Solidarität, die Organisation, das Verantwortungsbewusstsein und die Lebensgeschichte dabei? Was löst in Wirklichkeit Verhalten aus (nicht Vorstellungen, sondern Verhältnisse sind die Ursache) und wie kann man bewusst darauf Einfluss nehmen; wie beliebig ist Verhalten?
Wie bezieht sich Verhalten auf allgemeine gesellschaftliche Zusammenhänge, welchem allgemeinen Interesse dient es (dem der Arbeiterklasse oder dem der Kapitalistenklasse)?
Wie kann das individualistische Bewusstsein mit dem Ziel des kollektiven Bewusstseins bewusst und aufbauend angegangen werden, ohne zwischen ständiger Aufgabe und imaginär überhöhten Vorstellungen also Beliebigkeit zu pendeln?
Die Zusammenhänge der beschriebenen Fragen müssen in der gesellschaftlichen Realität bewusst gemacht werden und finden sich allgemein in bestimmten Formen. So gibt es, aufgrund des gesellschaftlichen Zerfalls, die Gefahr, dass immer größere Teile der Arbeiterklasse ins so genannte Lumpenproletariat übergehen, wenn es nicht gelingt eine emanzipatorische kollektive lebendige Perspektive für die Arbeiterklasse zu entwickeln.
So genannte prekäre Arbeitsbedingungen (z.B. Hartz IV und zukünftige Verstärkung unter anderem Namen, aufgrund der internationalen Konkurrenz ...), ermöglicht durch die drohende Arbeitslosigkeit, die heute Menschen in die Verarmung und Aufgabe treibt, hängen mit dieser Gefahr zusammen (eine allgemeine Form der Erpressbarkeit).
Die zunehmende Kriminalisierung als "Überlebensnische", verbunden mit der systemimmanenten Haltung "jeder für sich - jeder gegen jeden mit zweckgebundenen Bündnissen" ist ebenso verbunden mit den gesellschaftlichen Zerfallserscheinungen der kapitalistischen Produktionsweise. Die damit verbundene Preisgabe des bewussten Zusammenhalts innerhalb der Arbeiterklasse, des kollektiven Bewusstseins (notwendigerweise verbunden mit Solidarität und Vertrauen durch das gemeinsame Interesse der internationalen Arbeiterklasse), welches aus seiner momentanen Schwäche im Kräfteverhältnis zur herrschenden Ideologie notwendigerweise weiterentwickelt werden muss, zeigt eben die Gefahr der Verschiebung des Kräfteverhältnisses in Richtung Zerfall und Aufgabe der kommunistischen Perspektive auf. (...)
In einer Gesellschaftsform, in der das "jeder für sich, jeder gegen jeden mit opportunistischen Bündnissen" gilt, weil die Produktionsmittel besitzende Klasse in Konkurrenz zueinander steht und dieses Konkurrenzverhältnis in Form der herrschenden Ideologie und mit  besonderem Interesse und in besonderer Form gegenüber der Arbeiterklasse verbreitet, kann diese Ideologie nicht das eigene Interesse der Arbeiterklasse sein. Die Kapitalistenklasse hat als ganzes das gemeinsame Interesse an der Ausdehnung und Ausbeutung der Arbeitskraft Mensch, deshalb der Arbeiterklasse, denn dies ist die Existenznotwendigkeit dieser Klasse. Für die Arbeiterklasse gilt die Konkurrenz als Klasse nicht, doch sind Angehörige der Arbeiterklasse gezwungen in Konkurrenz zueinander zu treten, um  nicht ans Existenzminimum getrieben zu werden. Aufgrund des Mangels an Absatzmärkten werden die Arbeitslosigkeit und prekäre Arbeitsverhältnisse (bis hin zu sklavenartigen Verhältnissen) aber immer mehr zunehmen, deshalb muss die Arbeiterklasse sich als Ganzes dagegen wehren, indem Sie die Perspektive des Kommunismus entwickelt (durch kollektive Bewusstwerdung zur Ermöglichung von internationalen Massenstreiks mit Bildung von Arbeiterräten, die im ständigen Austausch zueinander und zur notwendigerweise sich bildenden kommunistischen Weltpartei stehen und die Perspektive des Kommunismus konsequent weiterentwickeln).
Der Standpunkt von dem die, oberflächlich gleich erscheinende Frage nach der Bedeutung des Verhaltens auf das gesellschaftliche Sein beantwortet wird, ist also notwendigerweise klassenspezifisch. In dem, wie die "demokratische" Politik mit Hilfe der gültigen Soziologie, Psychologie, Neurobiologie, Philosophie, die Frage des Verhaltens beantwortet, ist kein genereller Unterschied zwischen den Klassen zu finden, sondern nur weiblich und männlich, alt und jung, arm und reich, sozial und unsozial, dumm und intelligent, anpassungsfähig und nicht anpassungsfähig (flexibel und faul), "nostalgisch" und "der Zukunft zugewandt", Verlierer und Gewinner, gute Gene und schlechte Gene, gut und böse, krank und gesund (körperlich und geistig) ..., so dass alles Verhalten an der Funktionsfähigkeit (Ausbeutungsfähigkeit der Arbeiter, die ihre Arbeitskraft in Konkurrenz zu Markte tragen müssen) gemessen wird und diese "Funktionsfähigkeit" gefördert und selektiert wird.
Indem alles nach den systemeigenen Kriterien der Nutzbarkeit gewertet wird, das ja das Gesamtinteresse der Kapitalistenklasse ausdrückt, bleibt kein Platz für das gemeinsame Interesse aller Lohnabhängigen, darauf baut die Ideologie auf. (...)
Da die Bedingungen über die Besitzverhältnisse und damit die herrschende Ideologie zu Gunsten der herrschenden Klasse allgemeingültig sind, ist es notwendig, dem kollektiv bewusst die Perspektive der Arbeiterklasse und letztendlich aller ausgebeuteten Schichten entgegenzuhalten; und die Bedingungen dafür sind nicht die Konkurrenz, wie sie für den Kapitalismus notwendig (immanent) ist, sondern die Kollektivität innerhalb der Arbeiterklasse und die politische Organisation, um die Lehren aus der Vergangenheit konkret im Interesse der gesamten Arbeiterklasse anwenden zu können.
Die Emotionen wie Neid, Eifersucht, Geiz, Ehrgeiz, sind Ausdruck der Besitzverhältnisse und sind damit Bestandteil (Motivationsausdruck in Form der Machtkämpfe, Intrigen ... mit Verlierern und Gewinnern) der bürgerlichen Gesellschaft und als herrschende Ideologie auch innerhalb der Arbeiterklasse zu finden, da wo die Konkurrenzsituation dies hervorbringt. Doch die Konkurrenz zwischen Angehörigen der Arbeiterklasse ist nicht abstrakt allgemein (herrschende Ideologie), sondern konkret allgemein und deshalb im gemeinsamen Interesse der internationalen Arbeiterklasse an der Aufhebung ihrer Ausbeutung als Ideologie aufgehoben. Deshalb nimmt mit wachsender kollektiver Bewusstwerdung der Arbeiterklasse die Ideologie der abstrakt allgemeinen Konkurrenz, die die Entwicklung der kollektiven Bewusstwerdung hemmt, ab.
Diese weitreichende Perspektive ist notwendig, um sich heute die gegen die zunehmende Ausbeutung zur Wehr zu setzen." (...) 

Bemerkungen der IKS

Der Genosse wirft Fragen auf, welche sehr komplex und schwierig, jedenfalls sehr wichtig sind. Verhaltensfragen sind schon länger Gegenstand der wissenschaftlichen Forschung und Anlass zu gelehrten Kontroversen geworden. Wir fühlen uns als kommunistische Kampforganisation weder befähigt noch berufen, im Detail auf die Ursprünge und den geschichtlichen Werdegang der Vielzahl an Verhaltensweisen einzugehen, welche die Menschheit aufzuweisen hat. Wir werden uns darauf beschränken, einige Grundsätze zu benennen, welche die marxistische Arbeiterbewegung zu diesen Fragen von Anfang an erarbeitet hat. Diese wenigen Grundideen mögen dazu beitragen, einen Rahmen für die von unserem Leser angeregte Diskussion zu liefern. 

Die Frage des Verhaltens

Der Genosse schreibt, dass Emotionen wie Neid, Eifersucht oder Ehrgeiz Ausdruck der Besitzverhältnisse sind, und damit Bestandteil der bürgerlichen Gesellschaft. Dass diese Emotionen Bestandteile des Kapitalismus, und in ihrer heutigen Form auch Ausdruck der Besitzverhältnisse sind, damit stimmen wir überein. Allerdings haben marxistische Autoren wie August Bebel oder Leo Trotzki wiederholt die Erwartung geäußert, dass es in einer künftigen kommunistischen Gesellschaft beispielsweise weiterhin Ehrgeiz geben wird. Sie waren davon überzeugt, dass diese Emotion nicht mehr, wie im Kapitalismus, ein Motor der Konkurrenz jeder gegen jeden sein wird, sondern eine Form des Ehrgeizes, die der Gemeinschaft bestmöglichst dienen und daher eine außerordentlich positive Rolle spielen wird.
Man sieht also, dass nach Auffassung des Marxismus die Geschichte der Menschheit nicht notwendigerweise so abläuft, dass jede Gesellschaftsform eigene, völlig neue Gefühlsformen hervorbringt. Denn wäre dies der Fall, gäbe es innerhalb der Geschichte keinerlei Kontinuität mehr, sondern nur eine Serie von Brüchen und Neuanfängen. Jedoch lehrt uns die dialektische Methode, dass jeder qualitative Sprung nicht nur einen Neuanfang darstellt, sondern zugleich eine Aufbewahrung der bisher errungenen  Ebene in einer  höheren darstellt. Ein und dasselbe Grundgefühl kann sich in unterschiedlichen Gesellschaftsformationen unterschiedlich äußern und auswirken. Eine Emotion, welche in einem gegebenen Kontext eher Ausdruck der Feindseligkeit unter den Menschen sein kann, vermag unter veränderten Umständen den sozialen Zusammenhalt zu verstärken.
Wir sollten uns freilich davor hüten, uns die Sache mit der Veränderbarkeit der Wirkung der Emotionen zu einfach zu machen, nach dem Motto: in einer Konkurrenzgesellschaft wirken sich die Emotionen konkurrenzfördernd aus, in einer Gesellschaft des Zusammenhalts haben sie die umgekehrte Wirkung. Das kann allein schon deshalb nicht stimmen, weil die Grundemotionen des Menschen nicht immer im Einklang miteinander stehen. Sie können schon deshalb in Konflikt mit einander geraten, weil sie unterschiedlichen Funktionen dienen. So kann der sog. Mutterinstinkt etwa in Widerspruch geraten zum "Selbsterhaltungstrieb" - etwa, wenn eine Mutter ihr Leben riskiert, um ihre Nachkommen zu schützen. Außerdem liegt es auf der Hand, dass nicht alle Emotionen in gleicher Weise dem Zusammenhalt der Gemeinschaft dienen können. So z.B. die von Dir erwähnte Eifersucht. Wie alt die Eifersucht ist, wissen wir nicht genau. Engels hielt sie nicht für einen angeborenen Trieb der Menschheit, sondern für ein Kulturprodukt. Wie auch immer, es hat den Anschein, als ob dieses Gefühl recht alt ist. Da die Eifersucht sich nur schwer mit dem Zusammenhalt der Gemeinschaft vereinbaren lässt, mussten die unterschiedlichen Gesellschaften Mittel entwickeln, um sie in Schach zu halten. Falls eine kommunistische Gesellschaft sich weiterhin mit diesem Problem konfrontiert sehen sollte, ist davon auszugehen, dass sie wirkungsvollere und kulturell höherstehende Mittel dazu finden wird.
Du fragst in deinem Brief nach den Ursachen und der sozialen Bedingtheit von Verhaltensweisen. "Welchen Einfluss, welche Funktion und welche Ursachen hat der Wille, das Vertrauen, die Solidarität, die Organisation, das Verantwortungsbewusstsein und die Lebensgeschichte dabei?" Es geht Dir um ein besseres Verständnis gerade der Emotionen, welche im Kampf des Proletariats am dringendsten benötigt werden. Dein Brief ist erfüllt von der Sorge, dass der Kapitalismus diese positiven Eigenschaften entgültig zerstören könnte. Deine Sorge erscheint uns vollauf gerechtfertigt. Dass die wahrscheinlich schlimmsten Grausamkeiten in der Geschichte gerade in den letzten hundert Jahren begangen worden sind, hängt direkt damit zusammen, dass der Kapitalismus wie keine andere Produktionsweise den Zusammenhalt und das Mitgefühl unter den Menschen zerstört, indem diese Produktionsweise die Menschen über den unpersönlichen Marktmechanismus zu Konkurrenten macht. Der Zerfall dieser Gesellschaft beschleunigt in der Tat diesen Prozess, wie Du in deinem Brief aufgezeigt hast.
Gibt es noch die Emotionen, welche zwei Jahrhunderte lang ein unverwechselbares Kennzeichen des proletarischen Kampfes waren? Wo liegen deren Wurzeln?
Nehmen wir als Beispiel das von Dir genannte Verantwortungsbewusstsein. In ihrem im Gefängnis während des Ersten Weltkrieges geschriebenen Artikel über den Schriftsteller Korolenko beschreibt Rosa Luxemburg, wie das Verantwortungsbewusstsein ab den 1860er Jahren in Russland entstand, welche mehrere Generationen heldenhafte Revolutionäre hervorbrachten.
"Jene Stimmung der Gesellschaft, die, frei von nagender Selbstanalyse und innerem Zwiespalt, die ‚gottgewollten Abhängigkeiten' wie etwas Elementares empfindet und die Fügungen der Geschichte als eine Art Himmelsschickung hinnimmt, für die man so wenig verantwortlich sei wie dafür, dass der Blitz manchmal ein unschuldiges Kindlein erschlägt, kann sich mit verschiedensten politischen und sozialen Systemen vertragen. (...)
In Russland fing dieses ‚unerschütterliche Gleichgewicht der Gewissen' in breiten Kreisen der Intelligenz schon in den 60er Jahren zu bröckeln an. Korolenko schildert in anschaulicher Weise jenen geistigen Umschwung der russischen Gesellschaft, wobei er zeigt, wie gerade seine Generation die "leibeigene" Psychologie überwunden hatte und von einer neuen Zeitströmung ergriffen wurde, deren vorherrschende Note der ‚zernagende, qualvolle, aber schöpferische Geist der sozialen Verantwortlichkeit' war."
Hier wird deutlich, dass es die Stimme des Gewissens war, welche die Menschen aufgerüttelte, und dass dieses Gewissen, wie die Solidarität auch, Ausdruck des sozialen Wesens der Menschheit ist. Dass gerade die Menschen mit dem Erlangen eines höheren Bewusstseins aus dem Tierreich emporsteigen konnten, hängt unzertrennbar mit den besonders ausgeprägten sozialen Anlagen unserer Gattung zusammen. Die Menschwerdung selbst - die gemeinsame Arbeit, die Sprache usw. - hat diese gegenseitige soziale Abhängigkeit nicht abgeschwächt, sondern unermesslich gesteigert.
Zwar stimmt es, dass der Kapitalismus die sozialen Impulse untergräbt und ihre Auslebung ungemein erschwert. Zugleich aber hat er eine Klasse hervorgebracht, welche durch ihre Stellung in der Produktion wie keine andere in der Geschichte der Klassengesellschaften imstande ist, durch und in ihrem Kampf die gemeinschaftlichen Gefühle nicht nur wiederzuerwecken, sondern auf eine höhere Ebene zu stellen. Diese Klasse ist das moderne Proletariat. Die Arbeiterklasse ist noch immer dazu befähigt, nicht etwa, weil die Arbeiter als Personen die besseren Menschen seien, sondern weil sie die erste Klasse ist, welche ohne Eigentum gemeinschaftlich produziert. 

Die Frage der Arbeitslosigkeit

Zurecht hast Du in deinem Brief auf die Gefahr hingewiesen, dass die Arbeitslosigkeit, indem sie die Konkurrenz auf dem Arbeitsmarkt verschärft, dem  Jeder-für-sich auch in den Reihen des Proletariats Tür und Tor öffnen könnte.
Bereits in seinen "Elberfelder Reden" aus den 1840er Jahren erklärte Friedrich Engels, dass die Arbeiter sich erst dann als aktive Klasse äußern, indem sie der kapitalistischen Konkurrenz ihre eigene Solidarität entgegenstellen. Mehr noch: erst dadurch würden sie sich laut Engels ihre eigene Menschlichkeit wieder aneignen. Gegenüber einer nicht geschlagenen Generation der Arbeiterklasse ist die Arbeitslosigkeit besonders dazu geeignet, das revolutionäre Wesen des Proletariats zum Vorschein zu bringen. Zum einem, weil die Arbeitslosigkeit die Klassensolidarität immer mehr zu einer Frage des Überlebens macht. Zum anderen, weil es den Bankrott des Kapitalismus, die Unvereinbarkeit des Lohnsystems mit der menschlichen Würde offenbart.
Wie Rosa Luxemburg in ihrer "Einführung in die Nationalökonomie" schrieb, ist der Kampf des Proletariats gegen die Ersetzung der Arbeiter durch die Maschinerie bzw. gegen die Folgen dieser dem Kapitalismus innewohnenden Tendenz - Senkung des relativen Lohnanteils, Steigerung der Macht des Kapitals, Ausuferung der Armee der Erwerbslosen ins Unermessliche - ein Kampf gegen das System selbst. "Gegen die technischen Fortschritte der Produktion, gegen Erfindungen, Maschineneinführung, gegen Dampf und Elektrizität, gegen Verbesserungen der Verkehrsmittel können die Arbeiter nicht ankämpfen. Die Wirkung aller dieser Fortschritte auf den relativen Lohn der Arbeiter ergibt sich aber ganz mechanisch aus der Warenproduktion und aus dem Warencharakter der Arbeitskraft. Deshalb sind die mächtigsten Gewerkschaften ganz ohnmächtig gegen diese Tendenz des relativen Lohns zum rapiden Sinken. Der Kampf gegen das Sinken des relativen Lohns bedeutet deshalb auch den Kampf gegen den Warencharakter der Arbeitskraft, das heißt gegen die kapitalistische Produktion im Ganzen. Der Kampf gegen den Fall des relativen Lohns ist also nicht mehr ein Kampf auf dem Boden der Warenwirtschaft, sondern ein revolutionärer, umstürzlerischer Anlauf gegen den Bestand dieser Wirtschaft, er ist die sozialistische Bewegung des Proletariats." (Luxemburg Werke, Band 5, S. 761-762)
Sehr zu recht hast Du darauf hingewiesen, dass das Proletariat, im Gegensatz zur Bourgeoisie, aufgrund seines Klasseninteresses imstande ist, die Ideologie der bürgerlichen Klasse abzuschütteln, welche die Realität so grausam entstellt.
Die gemeinschaftlichen Gefühle sowie die Macht des menschlichen Bewusstseins sind mächtige Kräfte. Das Vertrauen der Marxisten in die Arbeiterklasse ist auch ein Vertrauen in das menschliche Wesen. 

Entwicklung des proletarischen <br>Bewusstseins und der Organisation: 

Theoretische Fragen: 

Erbe der kommunistischen Linke: