Wie schon in anderen Sprachen laden wir für den deutschsprachigen Raum zu einer öffentlichen Diskussion über den Krieg in der Ukraine ein. Hauptziel dieser Diskussionsveranstaltung ist es, eine internationalistische Position gegen den Krieg in der Ukraine darzulegen:- Keine Unterstützung für irgendein Kriegslager, keine pazifistischen Illusionen! Der entschlossene Klassenkampf der ArbeiterInnenklasse in allen Ländern ist der einzige Weg, den kapitalistischen Krieg zu bekämpfen. Wir werden zu Beginn dieser Diskussion unsere Position zu den obengenannten Fragen darlegen. Meldet Euch bis Samstag 21. Mai durch eine e-mail auf unsere Adresse dazu an: [email protected] [1]
Der barbarische Krieg in der Ukraine geht weiter, ebenso wie die ohrenbetäubende Propagandaoffensive zur Rechtfertigung des Massakers auf beiden Seiten. Die IKS veranstaltet diesen Sommer eine weitere Runde öffentlicher Treffen in verschiedenen Sprachen, auf denen wir die marxistische Analyse der Auswirkungen und der Bedeutung des Krieges und insbesondere der Fragen, die er der internationalen Arbeiterklasse und ihren revolutionären Organisationen stellt, vorantreiben wollen
Die Treffen finden alle online statt.
Das Treffen in deutscher Sprache wird sein am Mittwoch, den 6. Juli, 19.30 h
Treffen auf Englisch:
Am Samstag, den 2. Juli um 11 Uhr britischer Zeit
am Sonntag, den 3. Juli um 17 Uhr britischer Zeit.
Die Notwendigkeit solcher Treffen wird auch von Internationalist Voice und Istituto Onorato Damen unterstützt, die zusammen mit der IKS eine gemeinsame internationalistische Erklärung zum Krieg unterzeichnet haben (https://en.internationalism.org/content/17159/joint-statement-groups-international-communist-left-about-war-ukraine [2])
Bitte teilt uns mit, ob ihr an einem der Treffen teilnehmen wollt. Schreibt an [email protected] [1]. Wir teilen euch dann weitere Einzelheiten mit.
IKS-Einleitung
Im März 2022 veröffentlichten wir eine erste Erklärung der anarchosyndikalistischen Gruppe KRAS in Russland zum Krieg in der Ukraine, einen mutigen Ausdruck des Internationalismus, der sich gegen beide Seiten dieses imperialistischen Krieges wendet [1].
Wir haben auch einen Artikel über die Inkohärenz der anarchistischen Reaktion auf den Krieg veröffentlicht, einer Reaktion, die sowohl echte internationalistische Positionen wie die der KRAS, aber auch offen bürgerliche Erklärungen zugunsten der militärischen Verteidigung der Ukraine und sogar die direkte Beteiligung an den ukrainischen Kriegsanstrengungen durch anarchistische "Milizen" umfasst [2].
Die Gruppe "Schwarze Fahne" in der Ukraine hat zum Beispiel einen eigenen Zug innerhalb der vom ukrainischen Staat aufgestellten Territorialverteidigungskräfte aufgestellt. Während sie über den Anarchokommunismus in der Zukunft spricht, kann und will sie ihre aktuelle Unterstützung für die Nation nicht verbergen: "Danke für die Unterstützung und für den Kampf für die Freiheit in einigen ukrainischen Bataillonen. Die Wahrheit gewinnt, also wird die Ukraine gewinnen"[3]. In Russland selbst gibt es Anarchisten wie die Gruppe Anarchist Fighter, die behauptet, gegen das Putin-Regime zu sein und sogar zur Niederlage des russischen Imperialismus in diesem Krieg aufruft, die aber auch wie folgt argumentiert: "Was die Ukraine betrifft, so wird ihr Sieg auch den Weg für die Stärkung der Basisdemokratie ebnen, denn wenn sie erreicht werden kann, dann nur durch die Selbstorganisation des Volkes, gegenseitige Unterstützung und kollektiven Widerstand" [4].
Dies ist eine schamlose Verzerrung der von Lenin im Ersten Weltkrieg erhobenen Parole des "revolutionären Defätismus": Als Lenin auf der Notwendigkeit des Klassenkampfes gegen das zaristische Regime bestand, selbst wenn dies die militärische Niederlage Russlands bedeutete, hieß dies niemals, das gegnerische Lager unter Führung des deutschen Imperialismus zu unterstützen. Die von diesen Anarchisten angebotene Unterstützung für den ukrainischen Sieg kann hingegen nur eine Unterstützung der NATO-Kriegsmaschine und des ukrainischen Regimes bedeuten.
Die vorliegende Erklärung der KRAS macht deutlich, dass diese "Verteidiger" voll und ganz auf der Seite der kapitalistischen Ordnung stehen. Dazu gehören einige Anarchisten in der Ukraine, die den Internationalismus der KRAS, ihre Opposition gegen den Nationalismus beider Lager, mit der Unterstützung des Putin-Regimes und seines brutalen Krieges gleichsetzen. In Wirklichkeit haben diese Elemente durch die Veröffentlichung der Namen und Adressen von KRAS-Aktivisten, diese direkt der Repression durch die russischen Sicherheitskräfte und der Verfolgung durch andere bürgerlichen Nationalisten ausgesetzt. Wir veröffentlichen diese neue Erklärung der KRAS als eine elementare Solidaritätsbekundung mit diesen Genossen [5]
IKS
Die Sektion der Internationalen Arbeiterassoziation in der Region Russland ruft zu einem Boykott von Provokateuren und Denunzianten auf, die sich hinter dem Namen "Anarchisten" verstecken und die Aktivisten unserer Organisation denunzieren.
Unsere Position gegen den von den kapitalistischen Oligarchien geführten Krieg zur Neuaufteilung des "postsowjetischen Raums" stößt bei den anarchistischen Internationalisten in der Ukraine, Moldawien und Litauen, mit denen wir Kontakte pflegen, auf Verständnis und Unterstützung.
Aber von Beginn des russisch-ukrainischen Krieges an haben die so genannten "Anarchisten", die die traditionelle anarchistische internationalistische Position, alle Staaten und Nationen zu besiegen, aufgegeben haben und eine der Kriegsparteien unterstützen, eine Verleumdungskampagne gegen unsere Organisation gestartet.
So haben beispielsweise die in der Ukraine lebenden ehemaligen Anarchisten Anatoli Dubowik und Oleksandr Koltschenko die Namen und Adressen unserer Aktivisten im Internet veröffentlicht. Der erste von ihnen hat den entsprechenden Text geschrieben, der zweite hat ihm seinen Facebook-Account zur Veröffentlichung überlassen und ihn genehmigt. Der Vorwand war, dass unsere Organisation eine konsequent internationalistische Position vertritt und sowohl die russische Invasion in der Ukraine als auch den ukrainischen Nationalismus und die expansionistische Politik des NATO-Blocks verurteilt.
Die Herren Dubovik und Kolchenko versuchten schamlos und unverschämt, unsere IWA-Sektion zu verleumden, indem sie uns ohne jeden Grund eine Positionierung zur Verteidigung des Kremls zuzuschreiben versuchten. Außerdem geben sie zu, dass wir sowohl ukrainische als auch russische Soldaten dazu aufrufen, den Kampf zu verweigern.
Die Veröffentlichung der Adressen von Antikriegsaktivisten in Russland durch die falschen Anarchisten bedeutet, die russischen Geheimdienste und nationalistischen Schläger direkt gegen sie als Kriegsgegner aufhetzen, um gegen sie vorzugehen! Unter den Bedingungen der ständigen Schikanen, Entlassungen, Drohungen und physischen Repressalien gegen antimilitärisch gesinnte Menschen in Russland kommen solche Aktionen einer echten Denunziation gleich, geben sie doch einen direkten Hinweis darauf, wem die Repressionskräfte ihre Aufmerksamkeit widmen sollten.
Wieder einmal sind die Nationalisten auf beiden Seiten der Frontlinie nach der Logik, "wer nicht für uns ist, ist gegen uns", bereit, gemeinsam ihre Hauptgegner zu vernichten, die Internationalisten, die sich weigern, die Wahl zwischen kriegführenden Staaten und bürgerlichen Cliquen zwischen Pest und Cholera zu treffen.
Anarchisten auf der ganzen Welt sollten sich der schändlichen Taten der Provokateure/Informanten bewusst sein und sich ein für alle Mal weigern, mit ihnen zu tun zu haben. Sie sollten sie für immer aus dem anarchistische Milieu hinauswerfen und sie zu ihren Gönnern und Meistern aus den Geheimdiensten und der Geheimpolizei schicken!
Die Erklärung wurde auf einem Referendum der Mitglieder der KRAS-IWA angenommen
[5] Die KRAS-Erklärung wurde auch von anderen Internationalisten veröffentlicht, vor allem von der Communist Workers Organisation [7] und der Anarchist Communist Group [8]. Im Gegensatz dazu scheint die Sektion der IWA in Großbritannien, Solidarity Federation, die KRAS-Erklärung nicht veröffentlicht zu haben.
Nach der Veröffentlichung der Gemeinsamen Erklärung von Gruppen der internationalen Kommunistischen Linken (Internationale Kommunistische Strömung, Internationalist Voice und Istituto Onorato Damen)[1] fanden zwei öffentliche Online-Diskussionsveranstaltungen der unterzeichnenden Gruppen statt, eine auf Italienisch und die andere auf Englisch. Das Ziel war, die Notwendigkeit der gemeinsamen Erklärung und die Aufgaben der Revolutionäre angesichts des imperialistischen Krieges und der neuen Weltlage zu diskutieren und zu klären. Die Treffen fanden in einer ernsthaften und solidarischen Atmosphäre statt und Meinungsverschiedenheiten verhinderten nicht die Kameradschaft und eine lebhafte Diskussion. Die Bedeutung der gemeinsamen Erklärung liegt darin, dass sie dem Geist der Zimmerwalder Konferenz von 1915 folgt, wo die Revolutionäre angesichts des Ersten Weltkriegs eine gemeinsame internationalistische Erklärung verfassten. In den 1930er Jahren hingegen waren die italienischen und niederländischen Linkskommunisten zwar gegen den Krieg in Spanien, schafften es aber nicht eine gemeinsame Erklärung abgeben. Auch während des Chinesisch-Japanischen Krieges, des Zweiten Weltkrieges und des Koreakrieges haben die internationalistischen Kommunisten keine gemeinsame Erklärung abgegeben. Es ist unbestreitbar, dass die Gruppen der Kommunistischen Linken heute nicht denselben Einfluss haben, den die Revolutionäre 1915 hatten. Dennoch ist eine gemeinsame Stimme notwendig – nicht wegen der unmittelbaren Ergebnisse, sondern im Hinblick auf künftige Kämpfe. Es ist nicht möglich, die Diskussionen der beiden Versammlungen in einem kurzen Artikel vollständig wiederzugeben, aber wir wollen einen Überblick über die diskutierten Themen geben.
In der italienischsprachigen Veranstaltung bewerteten ausnahmslos alle Teilnehmende das Wesen des Krieges als imperialistisch und betonten die Notwendigkeit, den Internationalismus zu verteidigen, d.h. konsequent keines der imperialistischen Kriegslager zu unterstützen. Unter Ablehnung jeglicher pazifistischen Illusionen sahen sie die Arbeiterklasse und den Klassenkampf als einzige Kraft, die sich dem Krieg entgegenstellen kann. Die Teilnehmenden betonten ausnahmslos die Bedeutung der gemeinsamen Erklärung und waren der Meinung, dass, obwohl die heutige Situation nicht mit der von 1915 vergleichbar ist und die Revolutionäre nicht mehr den Einfluss haben, den sie 1915 auf die Arbeiterklasse hatten, der Geist der Zimmerwalder Konferenz als Kompass auch heute noch gültig ist. Die Zimmerwalder Konferenz ist eine Referenz für Revolutionäre, auf die sie sich in ihrem Kampf gegen den imperialistischen Krieg berufen. Nur ein Teilnehmer erklärte den Verweis auf die Zimmerwalder Konferenz für ungültig und argumentierte, dass die Strömungen, die die gemeinsame Erklärung unterzeichneten, heute nicht denselben Einfluss von Lenin oder Luxemburg auf die Arbeiterklasse haben. Andere entgegneten, die Bedeutung einer gemeinsamen Erklärung liege in einer gemeinsamen Stimme der internationalistischen Positionen, die die Strömungen der Kommunistischen Linken angesichts des Krieges bisher leider nicht zum Ausdruck brachten.
Die Tatsache, dass andere Gruppen der Kommunistischen Linken sich weigerten, die gemeinsame Erklärung zu unterzeichnen, spiegelt die Schwäche des proletarischen politischen Milieus wider. Die Mehrheit der Teilnehmenden bedauerte die Weigerung dieser Gruppen, sich auch in dieser Frage auf Lenin zu berufen, der (trotz Meinungsverschiedenheiten) auf der Notwendigkeit bestand, eine gemeinsame Stimme gegen den Krieg zu erheben. In Zimmerwald hatten damals die Teilnehmer:innen unterschiedliche Positionen und Analysen, was sie jedoch keinesfalls daran hinderte, eine gemeinsame Erklärung gegen den Krieg abzugeben. Die Mehrheit der Leute, die sich an unseren öffentlichen Veranstaltungen beteiligten, war mit den von der Internationalistischen Kommunistischen Tendenz (IKT)[2] genannten Gründen für die Nichtunterzeichnung der gemeinsamen Erklärung nicht einverstanden. Während einige Teilnehmer die Diskussion mit der IKT fortsetzen wollten, um sie zu ermutigen, die gemeinsame Erklärung doch noch zu unterzeichnen, oder zumindest gemeinsame Aktionen mit ihnen zu entwickeln, betonten andere, dass wir es vermeiden sollten, uns auf kontroverse Diskussionen einzulassen und, ohne auf andere zu warten, vorangehen sollten. In jedem Fall waren sich alle Teilnehmer des Treffens einig, dass der von der IKT ausgearbeitete Vorschlag der No War But The Class War-Initiative (NWBCW) einen gewaltigen Rückschritt gegenüber ihrer eigenen politischen Tradition darstellt, da er die Funktionen, die die revolutionäre Avantgarde wahrnehmen muss, einfach an die Arbeiterklasse delegiert.
Die Teilnehmenden betonten, dass es nicht möglich ist, den Krieg zu bekämpfen, ohne den Kapitalismus als Ganzes zu bekämpfen. Nach Kriegsausbruch stieg die Inflation nicht nur in der Peripherie des Kapitalismus, sondern auch in den Metropolen, und damit stiegen die Lebenshaltungskosten für das Proletariat, was bedeutet, dass der Lebensstandard der Arbeiterklasse sinkt. Die Lebens- und Arbeitsbedingungen der Arbeiterklasse werden sich mit dem Ausbruch des andauernden imperialistischen Krieges zwangsläufig verschlechtern und könnten das Proletariat in mehr oder weniger naher Zukunft drängen, sich gegen die ständigen Angriffe des Kapitals zu stellen.
Eine weitere Diskussion drehte sich um den Punkt, dass sich der Kampf des Proletariats nur dann in eine revolutionäre Richtung entwickeln kann, wenn er sich auf die historische Kontinuität der Positionen der Kommunistischen Linken stützt. Das bedeutet natürlich nicht, dass nur Gruppen der Kommunistsichen Linken diese Positionen unterstützen können, aber dass sie als Bezugspunkt dienen müssen. In der Diskussion gab es Übereinstimmung, dass es die Aufgabe von Revolutionären ist, am Aufbau der zukünftigen internationalen und internationalistischen Partei des Proletariats zu arbeiten, ohne die alle späteren Kämpfe der Arbeiterklasse unweigerlich zur Niederlage verurteilt sein werden. In diese Richtung geht auch die gemeinsame Erklärung gegen den imperialistischen Krieg, die von verschiedenen angeschlossenen Gruppen unterzeichnet wurde.
In der englischsprachigen Diskussionsveranstaltung, an der die Genossen des Istituto Onorato Damen (IOD) nicht teilnehmen konnten, schätzten die Teilnehmer:innen, wie schon in der italienischsprachigen Versammlung, den Charakter des Krieges eindeutig als imperialistisch ein und sahen in der Arbeiterklasse und dem Klassenkampf die einzige Kraft, die dem Krieg entgegentreten kann, wobei auch sie alle pazifistischen Illusionen zurückwiesen. Mit Ausnahme des Delegierten der IKT/CWO (Communist Workers Organisation) betonten die Teilnehmenden des Treffens die Bedeutung der gemeinsamen Erklärung gegen den Krieg in der Ukraine. Ein Teilnehmer erklärte, er sei zwar nicht ganz einverstanden mit der gemeinsamen Erklärung, unterstütze sie aber dennoch. Wie auf dem italienischen Treffen brachten die Teilnehmer, mit Ausnahme des IKT/CWO-Delegierten, auch hier vor, dass, obwohl die heutige Situation nicht mit der von 1915 vergleichbar sei und die Revolutionäre nicht den Einfluss hätten, den sie 1915 in der Arbeiterklasse hatten, der Geist der Zimmerwalder Konferenz als Kompass dienen müsse, der auch heute noch gültig sei und auf den sich Revolutionäre im Kampf gegen den imperialistischen Krieg berufen müssen.
In der Diskussion hatte der Delegierte der IKT/CWO die Möglichkeit, ihre Gründe für die Ablehnung der Unterzeichnung der gemeinsamen Erklärung politisch darzulegen. Er trug die Gründe vor, aber seine Argumente überzeugten die Zuhörer nicht und sorgten umsomehr für weitere Diskussionen. Der IKT/CWO-Delegierte erklärte, dass die erfolgte Nichtunterzeichnung der Erklärung kein Prinzip sei, sondern dass die IKT/CWO die Kriterien für diejenigen, die unterzeichnen sollten, für viel zu eng gefasst halte. Dem Genossen zufolge wollen sie selber diejenigen zusammenbringen, die mit der Initiative "Kein Krieg außer dem Klassenkrieg" NWBCW einverstanden sind. Durch eine Unterzeichnung der gemeinsamen Erklärung würde die IKT jedoch implizit die Ansichten der IKS zum Parasitismus unterstützen. Die IKT arbeitet mit Controverses und der IGCL zusammen, was wir nicht tun. Die IKS habe, so der Delegierte der IKT/CWO, Genossen, die seit Jahren kämpften, als politische Parasiten abgestempelt. Vielleicht kann die IKT sie ja über die NWBCW zurück in die Kommunistische Linke ziehen!
Mehrere Teilnehmende, die ehemalige Mitglieder der IKS waren, wiesen die Aussage des IKT/CWO-Delegierten zurück, dass jedes Mitglied, das die IKS verlässt, als politischer Parasit abgestempelt wird, und erklärten, dass ihnen nie irgendeine Aktivität vorenthalten wurde und dass die Genossen der IKS immer sehr offen für Diskussionen und Solidarität sind. Sie betonten, dass das Problem des politischen Parasitismus mit einem klar nicht-proletarischen Verhalten zusammenhängt.[3]
Einige Teilnehmer meldeten sich mit ihrer Kritik an der NWBCW-Initiative zu Wort, aber das Präsidium bat sie, die Diskussion über die NWBCW auf die nächste öffentliche Diskussionsveranstaltung zu verschieben. In den Diskussionen wurde argumentiert, dass die Internationalisten angesichts des Krieges in Spanien 1936-38, des Zweiten Weltkrieges, des Koreakrieges usw. leider keine gemeinsame Erklärung abgeben konnten. Heute sei die Verabschiedung der gemeinsamen Erklärung ein Schritt gegen das Sektierertum im proletarischen politischen Milieu. Einige Teilnehmer, welche zu Beginn des Treffens für die Weigerung der IKT, die gemeinsame Erklärung zu unterzeichnen, Verständnis gezeigt hatten, wurden durch die Diskussion von der Notwendigkeit dieser Erklärung überzeugt. Ein Teilnehmer sagte in den Schlussfolgerungen, dass er die Diskussion für konstruktiv halte, auch wenn die Unterschiede zwischen der IKS und der IKT erheblich seien. Diese Unterschiede müssten stärker artikuliert und in gemeinsamen Diskussionen weiterentwickelt werden. Ein anderer Teilnehmer erklärte, dass er zwar mit einigen Positionen der CWO nicht einverstanden sei, aber er sei überzeugt, dass die Kommunistische Linke ohne die Beteiligung von Gruppen wie den Bordigisten oder der IKT/CWO nicht in der Lage sei, ihre historische Aufgabe zu erfüllen. Es sei schade, dass sie die Bedeutung dieser Aktion gegen den Ukraine-Krieg nicht verstanden hätten.
Die vorherrschende Meinung auf dem Treffen war, dass, obwohl nur eine Minderheit aller Gruppen der Kommunistischen Linken die gemeinsame Erklärung unterzeichnete, diese dennoch zu einem Bezugspunkt in der Tradition der Kommunistischen Linken wird, auf den sich andere Gruppen und Militante beziehen könnten.
Internationalist Voice, Istituto Onorato Damen, Internationale Kommunistische Strömung
15.06.2022
Durch die Invasion der Ukraine und der damit eingeleiteten Welle der Zerstörung und Terrorisierung der Bevölkerung trat die Welt nicht nur in eine neue Stufe der Barbarei in Europa ein. Das Vorgehen des russischen Imperialismus löste den größten Flüchtlingsexodus in Europa seit der Welle von Flucht und Vertreibung nach dem 2. Weltkrieg aus, von der damals ca. 12-14 Millionen betroffen waren. Für das deutsche Kapital war, wie Bundeskanzler Scholz und andere Repräsentanten des deutschen Kapitals verkündeten, mit dem Ukraine-Krieg ein ‚Gezeitenwechsel‘ eingeläutet worden. Wir haben in anderen Artikeln die Rolle und die Verantwortung der jeweiligen Kriegsparteien an den Pranger gestellt. Deshalb wollen wir uns in diesem Artikel auf die Einschätzung dieses führenden Vertreters des deutschen Kapitals konzentrieren, um aus unserer Sicht die geänderte Lage des deutschen Kapitals einzuordnen.
Durch den Ukraine-Krieg wird das deutsche Kapital nicht nur gezwungen, einen Großteil seiner bisherigen Strategie seit 1989 aufzugeben; es muss sich auch auf tiefgreifende Erschütterungen und neue Konfrontationen einstellen.
Nach 1989 hatte das deutsche Kapital davon profitiert, dass die Kontrolle der Sowjetunion über die ehemalige DDR und Osteuropa in sich zusammengebrochen war, der Warschauer Pakt wurde aufgelöst und später implodierte die UdSSR/Russland selbst. Das dadurch entstandene Machtvakuum lockte vor allem die imperialistischen Ambitionen der USA und des wiedervereinigten Deutschlands an. Weil mit der Auflösung des Warschauer Paktes die Existenzgrundlage des westlichen Blocks und damit die langjährige Rolle der USA als Blockführer der NATO auch zu bröckeln begann, müssen die USA seitdem weltweit um ihre Vormachtstellung kämpfen. Sie können dies nur tun, indem sie mit militärischen Mitteln die Länder und Kräfte terrorisieren, die an der Vormachtstellung der USA rütteln. So haben die USA seit dem Anfang der 1990er Jahre eine Spur der Verwüstung und Destabilisierung und Chaos an vielen hotspots hinterlassen (am deutlichsten in Afghanistan und Irak) – zu einem nie dagewesenen ökonomischen und sozialen Preis. Dies hat weltweit zu einer Schwächung des früheren Blockführer USA und zu ‚schmählichen‘ militärischen Rückzügen geführt. Trotzdem gehörten sie neben Deutschland nach 1989 in Osteuropa zu den großen Gewinnern, und ihr Machtbereich ist dort angewachsen wie noch nie zuvor. Sie konnten ihren Einfluss und ihre Positionen in Osteuropa unter anderem deshalb ausbauen, weil sie die NATO immer weiter ostwärts „vorschoben“ (von den ehemaligen Ostblockstaaten sind die meisten in die NATO eingetreten bzw. und viele wurden auch in die EU aufgenommen). Vor allem die Staaten, die vom großen Nachbar Deutschland im 2. Weltkrieg überfallen wurden oder sich gegenwärtig von diesem besonders bedrängt fühlen (vor allem Polen und Tschechische Republik), lehnen sich eher an USA an, um militärischen Schutz gegenüber Russland und Rückendeckung gegenüber dem erstarkten Deutschland zu erwirken. Während die NATO bei den westlichen Staaten an Ansehen und Bedeutung verlor, konnte sie in Osteuropa einen größeren Stellenwert gewinnen – vor allem zugunsten der USA. Ähnlich wie Frankreich versuchte sich Deutschland zunehmend dem Druck der NATO zu entwinden, um den Aufbau eines militärischen Arms der EU anzustreben, der gewissermaßen in Ansätzen parallele Militärstrukturen zur Nato, d.h. außerhalb des Einflussbereiches der USA, bedeuten würde.
Durch die Tatsache, dass die NATO unter zentralem Kommando der USA nunmehr so viele Truppen und Material nach Osteuropa im Krieg gegen die Ukraine verlegt hat, ist der Spielraum Deutschlands und Frankreichs in Osteuropa durch die NATO (d.h. mit den USA als Drahtzieher) eingeengt worden. Die USA haben somit gegenüber Deutschland ein verloren gegangenes Gewicht wieder zurückgewonnen. Sie haben gewissermaßen Deutschland wieder an die Kandare genommen – zumindest vorübergehend. Nach Außen wird dies heuchlerisch als „große Einigkeit“ der NATO gepriesen, während es in Wirklichkeit ein Schachzug der USA war, um den deutschen Freiraum einzuschränken.
Auch wenn Deutschland mehr Verbände als je zuvor nach Osteuropa geschickt hat, vor allem ins Baltikum und die Slowakei, sind nun die USA viel stärker als je zuvor im Rücken Deutschlands in Osteuropa präsent. Somit verfügen die USA zum ersten Mal in ihrer Geschichte gleichzeitig über Truppen in Osteuropa und weiterhin über zentrale Basen in Deutschland. Die USA haben seit 1989 im Mittleren Osten und Afrika Militärbasen geschlossen, bzw. Rückzüge angetreten (Libanon, Somalia) aber aus Osteuropa werden sie sich nicht „verjagen“ lassen. Insofern ist die Verstärkung der US in Osteuropa als dauerhaft anzusehen.
Unmittelbar nach dem Zusammenbruch der Mauer und dem Ende der Ost-West Konfrontation konnte Deutschland – wie fast alle Staaten in Europa - sein Militär reduzieren. Vor allem die in der NATO-Arbeitsteilung unter dem Ost-West-Konflikt vorherrschende Rolle der Bundeswehr, mit Territorialstreitkräften – d.h. Heer/Panzer, Artillerie usw. – dem damaligen Ostblock entgegenzutreten, war hinfällig geworden. Das Heer wurde deutlich gekürzt, da man nicht mit einem erneuten aggressiven Bedrohungspotenzial Russlands rechnete. Unterdessen erhielten aber Marine und Luftwaffe sowie spezialisierte Verbände (Kommando Spezialkräfte – KSK) neue Einsatzmöglichkeiten in den nach 1989 sich entwickelnden Konflikten, was dem deutschen Militär die Möglichkeit bot, neue Interventionserfahrungen in „out-of-area“-Operationen zu erlangen (Mali, Libanon, Türkei, Afghanistan, Horn von Afrika, Balkan). Bei all diesen Operationen blieb Deutschland dennoch – wie der Afghanistan-Rückzug 2021 zeigte – ein militärischer Zwerg, der in allen Kernfragen weiterhin auf die USA – und zu Anfang des Afghanistaneinsatzes sogar auf die Hilfe von ukrainischen Transportmaschinen – für den Transport seiner Truppen angewiesen war. Die Bundeswehr selbst hatte große Rekrutierungsprobleme und klagte ständig (mitleiderregend!!) über nicht einsatzfähige Waffen und mangelnde Ausrüstung. Mit dem Ukraine-Krieg ist eine Verlagerung der militärischen Schlagkraft notwendig geworden – wieder mehr Gewicht auf territoriale Kräfte und gleichzeitig mehr Mittel für die „out-of-area“-Einsätze, d.h. für Marine und Luftwaffe. Nach jahrelangen Kürzungen des Militärhaushalts aus verschiedenen Gründen (politisch unpopulär, ökonomisch schädlich) tat man sich schwer mit der Rechtfertigung von Rüstungssteigerungen. Zwar hatte Trump beträchtlich mehr Anstrengungen gefordert, aber diese galten als schwer durchsetzbar. Nun hat der russische Imperialismus und paradoxerweise auch der US-Imperialismus dem deutschen Imperialismus die Rechtfertigung für mehr Kriegsausgaben geliefert. Mit der Verdoppelung des Rüstungshaushalts wurde hier eine Kehrtwende herbeigeführt und eine wahre Aufholjagd eingeleitet. Wie schnell und umfassend diese sein wird, ist noch unmöglich zu beurteilen.
Zum einen jubeln natürlich die deutschen Waffenschmieden. Nicht nur konnte man altes Kriegsgerät aus DDR-Zeiten an die Ukraine abstoßen, um moderneres anzuschaffen, sondern man liefert jetzt „auf Direktbestellung“ an die Rüstungsfirmen in die Ukraine. Damit wurde das, was bislang als Tabu galt, gebrochen. Zwar hatte man modernstes Kriegsgerät auch an jeweils verfeindete Staaten wie Griechenland – Türkei, Israel – Ägypten verschickt. Aber das Markenzeichen des „moralisch geläuterten“ deutschen Militarismus war: keine Waffen an direkt im Krieg stehende Länder. Jetzt wird Deutschland zum Großlieferanten auch für Waffen, die direkt gegen Russland gerichtet sind. Wenn nun die USA die Kriegskosten zum einen auf die europäischen Länder abwälzen (bei ihren militärischen Interventionen im Irak und Afghanistan hatten sie den Löwenanteil selbst schultern müssen), sind die USA damit zwar Nutznießer, aber sie mussten damit zulassen, dass der bisherige militärische Zwerg Deutschland mächtig aufrüsten kann. Dies ist ein weiteres Element der Kehrtwende.
Gegenüber Russland hatte Deutschland jahrelang vor allem eine Politik des relativen Ausweichens vor direkten Konfrontationen betrieben. Diese Haltung war bestimmt zum einen durch die nach 1989 neu entstandene große Abhängigkeit von russischen Gas-/Öllieferungen. („Nach Angaben des Wirtschaftsministeriums liegt der Anteil russischer Importe an den fossilen Gasimporten nach Deutschland bei rund 55 Prozent, bei Kohle bei rund 50 Prozent und bei Rohöleinfuhren bei rund 35 Prozent.“ Seit der Annexion der Krim seien „Für Lieferungen von Gas, Kohle und Öl […] aus Deutschland seit 2014 rund 170 Milliarden Euro nach Russland überwiesen“ worden, https://www.handelsblatt.com/politik/international/rohstoffe-deutschland... [13].)
Zum anderen wollte man sich gegenüber den imperialistischen Interessen Russlands zurückhaltend, ja sogar ‚weg-duckend‘ verhalten, u.a. weil jede entschlossene Reaktion Deutschland wieder stärker in die Arme der USA gedrängt hätte. So hat man nach 1989 eine privilegierte Beziehung zu Russland im Konsens aller Parteien gesponnen (aufgrund alter Seilschaften aus DDR-Zeiten, dann durch Kräfte der SPD (Schröder, Niedersachsen-SPDler, Meck-Po-Regierungskreise (SPD+CDU), Sachsen (CDU) als auch Merkel). Es ging darum, immer in „Dialog-Fähigkeit“ mit Russland zu bleiben. Vor allem gegenüber der Ukraine trat man auch nach der Krim-Annexion 2014 auf die Bremse, als diese sich dem Westen zuwandte und Aufnahme in die NATO suchte. Die Devise lautete: sich nicht von den USA gegen Russland (und auch nicht gegen China) aufstacheln und bedrängen lassen. Killerkommandos in Berlin oder in Russland selbst der Tötungsversuch gegen Nawalny (der dann nach Berlin zur Sonderbehandlung gebracht wurde) wurden kritisiert und verfolgt, führten aber nie zu ernsthaften Konsequenzen für Russland.
Während der Amtszeit von Trump wurde Deutschland zwar immer offener von den USA kritisiert. Weil Trump aber einer Konfrontation mit Russland weitestgehend ausweichen wollte, (China galt und gilt als die wichtigste Zielscheibe), konnte Deutschland seine relativ guten Beziehungen zu Russland trotz dessen Unterstützung der barbarischen Operationen von Assad in Syrien und anderswo aufrechterhalten. Hier wird nun auch eine Kehrtwende eingeschlagen. Ob Deutschland aus seiner Position als „Zögerer“, der gegenüber Russland gewissermaßen mit Samthandschuhen vorgehen wollte, sich damit an vorderster Front gegen Russland einreihen wird, ist noch nicht auszumachen, jedoch unwahrscheinlich.
Denn wie wir an anderer Stelle weiter analysiert haben, verfolgen die USA mit ihrem Schachzug gegen Russland auch die Absicht, Russland so weit zu schwächen, dass es gezwungen wird, sich als Bittsteller an China zu wenden. Dies bringt wiederum China in Bedrängnis. Auf der einen Seite kann es sich darüber freuen, dass Russland in eine noch größere Abhängigkeit gegenüber China gerät und somit Chinas Stellung gegenüber Russland auf den ersten Blick als gestärkt erscheinen mag. Weil aber Russland sich als stark geschwächtes, vielleicht gar ruiniertes Land an China wenden muss, wird China vor der Qual der Wahl stehen: entweder den Geldhahn gegenüber Russland aufdrehen, was schnell ein Fass ohne Boden sein kann und die Wirtschaftskraft Chinas schwächen würde; oder Russland abweisen, was einen Keil zwischen die beiden treiben würde und den USA zugute käme.
In den letzten Jahrzehnten ist auch zwischen Deutschland und China eine starke Abhängigkeit entstanden. Zum Beispiel macht Volkswagen in China ca. 40% seines Umsatzes.[1] Auch liefert China seltene Erden, von denen Deutschland mehr denn je abhängig ist. Ähnlich wie gegenüber Russland wollte Deutschland sich von den USA gegen China nicht in zu starke Gegnerschaft drängen lassen. Die USA werden aber jetzt noch stärker versuchen, die EU und die NATO-Staaten in ihre Offensive gegen China einzubinden. Damit würde Deutschland gegenüber den USA weiter an Boden verlieren… und dagegen wird sich das deutsche Kapital weiter vehement stemmen.
Zwar hatten gerade die Grünen durch ihre angekündigte ‚härtere‘ Haltung gegenüber China Punkto Menschenrechtsfragen schon gute ideologische Vorarbeit geleistet und entsprechende Vorwände geliefert, um die erdrückende Abhängigkeit von China zu lockern, diese dann als eine Politik zum Schutz „Schutz der Menschenrechte“ zu verkaufen. Wenn die USA nun aber Deutschland gegen China „in ihr Schlepptau“ nehmen wollen, und Deutschland für Maßnahmen gegen China einspannen wollen, wird sich das deutsche Kapital mit allen Tricks dagegenstellen, auch wenn dies Deutschland ökonomisch sehr teuer zu stehen kommt.
Deutschland ist damit keineswegs zum Schoßhund der USA geworden, es wird weiterhin seine Interessen mit den verschiedensten Mitteln vertreten. Das Paradoxe an der Geschichte ist, dass der deutsche Militarismus durch die Vorgehensweise der USA trotz alledem daraus seine Vorteile zieht. Während Deutschland von heute auf morgen eine Verdoppelung des Rüstungshaushaltes, eine Aufholjagd bei der Ausrüstung und personellen Verstärkung der Bundeswehr beschloss, insofern auf der einen Seite einer Forderung der USA nach größerer Kostenbeteiligung an der Nato nachkam und somit die USA die Kriegskosten auf Europa (viel stärker als je zuvor) abwälzen können (die USA somit einen klaren Punktgewinn erzielt haben), wäre es naiv zu glauben, dass das deutsche Kapital diese Verdoppelung seines Militärhaushaltes nur gegen Russland wenden würde. Dieses größere militärische Gewicht – so gering es auch im Vergleich zu dem „unerreichbaren“ Gewicht der USA ist, wird auch die deutschen militärischen Ambitionen anstacheln. Zwar wird es nicht vom Zwerg zur Führungsmacht, aber die USA haben es damit auch aufgewertet – nicht zuletzt auch gegenüber Frankreich. Insofern werden die Unabhängigkeitsbestrebungen sowohl Deutschlands als auch der EU nur vorübergehend eingeschränkt werden und sich früher oder später gegen die USA richten. Zudem ist sich das deutsche Kapital der besonders fragilen Position von US-Präsident Biden bewusst und dass entweder Trump selbst oder ein anderer möglicher Kandidat bei den nächsten Präsidentschaftswahlen eine noch härtere Gangart gegenüber Deutschland einschlagen wird. Zwar brachte die unter Biden propagandistisch geschickt eingefädelte US-Strategie gegenüber Russland Deutschland unter Zugzwang, aber ein möglicher republikanischer Präsident wird Deutschland wieder vor andere Herausforderungen stellen. Deshalb wird Deutschland seine langfristige Strategie, die unmittelbar durch den Ukraine-Krieg einen Dämpfer erhalten hat, fortsetzen wollen. Dabei ist es vor allem auf Frankreich angewiesen, das durch die USA in eine ähnliche Zwangslage geraten ist. Die beiden Nachbarn sind, ungeachtet ihrer Divergenzen in vielen Bereichen (Kernenergie, unterschiedliche Herangehensweisen gegenüber der Türkei usw.) dazu verdammt, zusammenzurücken, um nicht unter US-amerikanischer Räder zu kommen.
Generell lässt sich jetzt schon erkennen, dass nicht nur das Gewicht des Militärs in der Wirtschaft an Bedeutung zunehmen wird, sondern dass das wachsende Chaos, Mangel an Gütern und Unterbrechungen von Lieferketten, Rückverlagerungen von strategisch wichtigen Produkten auch zu unberechenbaren Kostenfaktoren für die Wirtschaft werden wird. Ein Beispiel ist die Energieversorgung.
Obgleich sich schon seit geraumer Zeit mit dem Wuchern des Militarismus neue Ansätze zur Sicherstellung einer ausreichenden Energiezufuhr als notwendig erwiesen haben, hat mit dem Ukraine-Krieg die Frage der Energiesicherung eine neue militaristische Qualität angenommen. Mit Nord Stream 2 hatte man mit Russland ein Abkommen ausgehandelt, das es ermöglicht hätte, die Ukraine zu umgehen – man begab sich aber gleichzeitig in eine noch größere Abhängigkeit von russischem Gas. Durch den einstweiligen Stopp der Pipeline wurden sprichwörtlich 11 Milliarden Euro (für immer?) versenkt und ein neuer Schrottplatz am Boden der Ostsee angelegt. Der nun beschlossene, für die gesamte EU angestrebte Umbau der Energiezufuhr, um sich aus russischer Abhängigkeit zu entwinden, ist also eine der tiefstgreifenden strategischen Entscheidungen im Energiebereich – auch wenn dadurch neue Abhängigkeiten von Flüssiggas der USA oder von arabischen Staaten entstehen. Deshalb werden nun in Windeseile mit Unterstützung der EU von Deutschland neue Energielieferanten und neue Energiequellen gesucht, um nicht die Abhängigkeit von Russland durch die von den USA zu tauschen. Mit dem Krieg wird die Frage der Energieversorgung nach anderen Kriterien ausgerichtet: wie – ohne Energielieferungen aus dem Ausland – möglichst lange autonom handeln können? Das deutsche Kapital denkt immer noch mit Schrecken an die nicht vorhandenen Energiequellen im 2. Weltkrieg; solche Szenarien müssen partout vermieden werden. Man darf nicht mehr von Öl- und Gas abhängen, sondern muss sich bei der Energieversorgung den militärstrategischen Bedürfnissen unterordnen – wie übrigens auch im Bereich Cyberkrieg und Künstliche Intelligenz, Roboterentwicklung. Deswegen leisten die Grünen, zusätzlich zu ihren Anstrengungen der „grünen“ Modernisierung der Wirtschaft auch wertvolle Dienste bei deren Anpassung derselben an die Bedürfnisse der Kriegswirtschaft.
Seit dem 1. Weltkrieg sind Kriege immer mehr zu einem totalen Krieg geworden, wo möglichst viele Ressourcen des Gegners zerstört und die eigenen Mittel nahezu grenzenlos bis zur eigenen Erschöpfung eingesetzt werden. Nun kündigte der Westen von Anfang an, Russland auch ökonomisch niederzustrecken. Mit einer Serie von Sanktionen, Abbruch von Handelsbeziehungen, Aufkündigung entweder unmittelbar oder mittelfristig von Gas/Öl- und Rohstofflieferungen, Einstellung des Flugverkehrs usw., soll die russische Wirtschaft ausgeblutet und in die Zahlungsunfähigkeit getrieben werden (Baerbock: „Das wird Russland ruinieren“). Zwar ist Russland kein Wirtschaftsgigant, (es steht lediglich auf Platz 11 der Weltrangliste nach Wirtschaftskraft) aber für die Weltwirtschaft ist das Land von großer Bedeutung wegen seiner zentralen Rolle als Energie-/Rohstofflieferant. Vor allem im Agrarbereich ist der weitgehende Ausfall Russlands und der Ukraine verheerend. Es wird zu einem Mangel an Getreide und Speiseöl usw. und auch zu astronomischen Preissteigerungen bei Lebensmitteln mit den damit verbundenen Hungersnöten in den Ländern der Peripherie kommen. Insofern bedeutet die Absicht „wir werden euch ökonomisch auf die Knie zwingen“ eine globale Eskalation mit unberechenbaren Destabilisierungen verschiedener Art. Das heißt – wie in früheren Kriegen – wird die Wirtschaft immer mehr durch den Krieg zerrüttet werden. Länder wie Deutschland, die für die europäische Wirtschaft sowie für die Weltwirtschaft insgesamt eine wichtige, gar führende Rolle spielen, werden deshalb einen gigantischen Preis bezahlen…
Nach 1989 war durch die neue Stufe der Globalisierung eine weltweit vernetzte Produktions- und Lieferkettenstruktur aufgebaut worden, die ähnlich dem Dreieckshandel in der Blütephase des Kapitalismus funktionierte. Damals wurde zwischen Afrika-England–USA Baumwolle gehandelt aber auch Millionen Sklaven verschleppt und verkauft. In den letzten 30 Jahren wurden weltumspannende Produktionsketten zum Beispiel zwischen Osteuropa- Deutschland- China errichtet, die nun Bruchstellen zeigen oder gar unterbrochen & abgerissen sind. Ukrainische Werke belieferten zum Beispiel Kabelbäume für PKWs von VW und Audi. Der Krieg führt zum Produktionsstillstand und zur Umorientierung von Produktionsstandorten. Zwar konnte sich die Wirtschaft über den Zuzug von qualifizierten und arbeitswilligen Arbeitskräften aus dem Osten freuen (ob im IT-Bereich oder in der Altenpflege), aber die massenhafte Versorgung von Millionen von Flüchtlingen aus der Ukraine wird ebenso neue Staatsgelder erforderlich machen. Die USA bleiben einstweilen von diesen Folgekosten des Krieges weitestgehend verschont.
Zusammenfassend kann man sehen, dass die jahrzehntelange Politik des konzilianten, beschwichtigenden Umgangs mit Russland aus Rücksicht auf neu entstandene Rohstoffabhängigkeiten, der relativen Zurückhaltung bei den Militärausgaben, und des Ausweichens vor Entscheidungen, wenn sie von den USA gefordert wurden, mit dem Ukraine-Krieg zu Ende gekommen ist. Osteuropa wird nicht nur eine gewaltige Wiederaufrüstung und mittelfristig das Aufbrechen früherer Rivalitäten erleben. Die ganze Welt wird von diesen Erschütterungen erfasst werden - mit besonders gravierenden Auswirkungen für die führende Macht Europas – Deutschland.
Vor dem Ukraine-Krieg lieferte sich die deutsche Bourgeoisie ein Hauen und Stechen wegen der Corona-Pandemie. Aber urplötzlich herrschte nationale Eintracht. Der Krieg hat zumindest auf dieser Ebene die Einheit der Bourgeoisie parteiübergreifend wieder hergestellt. Der Krieg belegt die Fähigkeit der Herrschenden, sich schnell und zielführend gegenüber den Bedürfnissen auf imperialistischer Ebene zusammenzuschließen.[2]
Aber das heißt nicht, dass der Prozess des sich fortsetzenden Glaubwürdigkeitsverlustes aller Parteien des deutschen Kapitals damit zu Ende gekommen, ja ins Gegenteil umgeschlagen wäre. Wir werden in einem späteren Artikel auf diese Frage zurückkommen.
An dieser Stelle ist es wichtig zu betonen, dass die deutsche Kriegsbeteiligung nicht ohne die entscheidende Rolle von Rot-Grün (+ Liberale) möglich gewesen wäre.
Wie oben erwähnt, wurde die imperialistische Politik jahrelang umhüllt – insbesondere von Rot-Grün Ende der 1990er/Anfang der 2000er - mit dem Deckmantel des Kampfes für die „Humanität / Menschenrechte“, begleitet von einem Eintreten für „Multilateralismus“ und einen „freien Weltmarkt“. Rot-Grün erlösten das deutsche Militär von einer Bürde des verlorenen 2. Weltkriegs und boten bei den Bombenabwürfen auf Belgrad 1999 die entsprechende ideologische Rechtfertigung im Kampf gegen den „serbischen Faschismus“. Während die Vorgängerregierung Schwarz-Rot sich mit zusätzlichen Rüstungsausgaben schwer tat, (u.a. aus ökonomischem Kalkül, auch um Russland nicht zu verbrämen), hat nun Rot-Grün-Gelb die schnellste Verdoppelung eines Rüstungshaushaltes in der Geschichte der westlichen Staaten, ja sogar vielleicht in der ganzen Geschichte seit dem 1. Weltkrieg hingezaubert. Nur einer Rot-Grünen Regierung, mit Unterstützung durch die Liberalen – die eine mögliche Bremserrolle bestimmter Teile des Kapitals selbst abwehren konnten –, konnte dies gelingen. CDU/CSU, auch Teile der Linken traten der nationalen Allianz bei. Insofern ist die Ampelregierung im Augenblick ein Joker der besonderen Güte für das deutsche Kapital.
Neben den enormen staatskapitalistischen Interventionen für die Pandemiebekämpfung und Rettungspakete, den Investitionen für den strategischen Umbau der deutschen Industrie (New Green Deal, 200 Mrd. Euro geplant) kommen nochmal 100 Milliarden zusätzlich für die Verdoppelung des Rüstungshaushaltes dazu. Die Flucht in die Verschuldung könnte spektakulärer nicht sein.
Das Zusammenfließen von Inflation, möglichen Firmenzusammenbrüchen infolge der Sanktionen, Umstellungen der Energie- und Lieferketten, Störungen infolge der Spätfolgen aus der Pandemie (in China gibt es immer noch Lockdowns), Gütermangel vor allem im Lebensmittelbereich, der Notwendigkeit den Schuldenberg der Rettungspakete abzutragen, Nachholen mit IT-Ausstattung, Modernisierung der Industrie im Konkurrenzkampf mit China vor allem und bei der Einführung neuer Techniken, Kosten für die Klimakatastrophe, Kosten für die Millionen ukrainischen Flüchtlinge – die Liste ist unendlich… und stellt das Kapital vor noch nie dagewesene Herausforderungen. Die jetzt noch nicht berechenbaren Erschütterungen durch den Krieg geben diesem noch eine neue Qualität.
Dass bei all diesen Kosten die Arbeiterklasse ungeschoren davonkommen könnte, kann niemand glauben. Mit anderen Worten: schwere Angriffe kommen auf die Arbeiterklasse zu.
Dass die Arbeiterklasse dabei in einer schwierigen Ausgangslage „erwischt“ wird, muss uns zu Realismus zwingen, aber gleichzeitig zu langem Atmen. Wir werden in einem weiteren Artikel auf die Konsequenzen für die Arbeiterklasse eingehen.
22.03.2022 – Weltrevolution
Die Covid-19-Pandemie wütet mit der rasanten Ausbreitung der Omikron-Variante auf der ganzen Welt weiter. Niemand weiß derzeit, was morgen passieren wird, so chaotisch, widersprüchlich und letztlich unverantwortlich ist die Politik aller Staaten angesichts der Ansteckung.
Vor zwei Jahren, als die Covid-19-Lockdowns begannen, hoffte man auf die Entwicklung eines Impfstoffs. Die gesamte Bourgeoisie war der Ansicht, dass ein Wettlauf um die Herstellung eines Impfstoffs stattfinden sollte, der dieses verheerende Virus weltweit stoppen könnte. Bis Dezember 2020 wurde die wissenschaftliche Gemeinschaft mobilisiert, und mehr als 200 Impfstoffkandidaten befanden sich in der Entwicklung, was zur Zulassung einiger von ihnen führte, wie z. B. des Impfstoffs von Pfizer/BioNTech, der als erster von der WHO zugelassen wurde. Die stellvertretende Generaldirektorin der WHO für den Zugang zu Arzneimitteln begrüßte dies:
"Dies ist eine sehr gute Nachricht für den weltweiten Zugang zu Impfstoffen (...) die globalen Bemühungen müssen verstärkt werden (...), um den Bedarf der vorrangigen Bevölkerungsgruppen auf der ganzen Welt zu decken (...) es ist von entscheidender Bedeutung, dass wir die wesentliche Versorgung aller Länder der Welt sicherstellen, um die Pandemie einzudämmen."
Die Bourgeoisie erzählt uns seit Monaten, dass die Impfung der Pandemie ein Ende setzen und die Überfüllung der Krankenhäuser ein für alle Mal beseitigen werde.
Ein Jahr später hat die Pandemie offiziell über 5,5 Millionen Menschen weltweit getötet. Die WHO schätzt, dass die Zahl der Todesopfer der Pandemie unter Berücksichtigung der Übersterblichkeit zwei- bis dreimal so hoch sein könnte, d. h. 10 bis 15 Millionen! Diese Zahlen, die vor einem Jahr noch unvorstellbar waren, sind heute traurige Realität.
Ist eine solche Zahl das Ergebnis des Versagens bei der Entwicklung von Impfstoffen, des Versagens aller wissenschaftlichen Mobilisierung in der Welt? Nein, natürlich nicht! Denn obwohl die Impfkampagnen zu gigantischen Impfraten geführt haben, mit fast 8 Milliarden verabreichten Dosen weltweit, wurden sie hauptsächlich in der westlichen, industrialisierten Welt durchgeführt. Aber in den peripheren Ländern der kapitalistischen Welt haben bisher nur 2 % der Bevölkerung einen vollständigen Impfplan erhalten! Angesichts dieser Diskrepanz ist die Heuchelei und Nachlässigkeit der gesamten herrschenden Klasse gegenüber der Entwicklung der Pandemie offensichtlich: Die Mutationen des Virus gehen weiter, weil die nicht (oder nur unzureichend) geimpften Gebiete der Welt einen fruchtbaren Boden für ihre Ausbreitung bilden, und die Kontaminationen explodieren nun in vielen Ländern.
Während sich die neue Omikron-Variante rasend schnell ausbreitet und in absoluten Zahlen zu mehr Krankenhausaufenthalten und Todesfällen führen kann, versucht die Bourgeoisie, ihren Namen reinzuwaschen, indem sie das Offensichtliche behauptet: "Die reichen Länder häufen Impfstoffe auf Kosten der ärmeren Staaten an". Doch diese falsche Entrüstung über den Gegensatz zwischen "reichen Ländern" und "armen Ländern" ist eine Ausflucht, um die Verantwortung des Kapitalismus insgesamt und die ihm zugrunde liegende Marktlogik zu verschleiern. Impfstoffe sind nicht vom Gesetz des Angebots und der Nachfrage ausgenommen und damit auch nicht von dem erbitterten Wettbewerb zwischen verschiedenen Staaten um ihre Aneignung. Im Gegensatz zu all dem Unsinn, der in letzter Zeit von der Bourgeoisie propagiert wurde, kann der Impfstoff in der kapitalistischen Welt niemals ein "Gemeingut" sein. Er ist dazu verdammt, eine Ware wie jede andere zu bleiben, an die nur die Meistbietenden herankommen. Daher waren die Forderungen der großen Demokratien nach Zugang zu Impfstoffen in den ärmsten Gebieten der Welt nichts als schöne Versprechungen und plumpe Lockangebote.
Die weltweite Impfkampagne ist ein karikiertes Beispiel für das fast völlige Fehlen von Zusammenhalt und Zusammenarbeit zwischen kapitalistischen Staaten. Die "Bewältigung" der Pandemie hat die Herrschaft eines jeden für sich und die totale Desorganisation der kapitalistischen Gesellschaft ans Licht gebracht, die durch die zunehmende Nachlässigkeit der einzelnen bürgerlichen Staaten und ihre Unfähigkeit, die verheerenden Auswirkungen der historischen Krise des Kapitalismus einzudämmen, noch verschärft wird.[1] Daher die ohrenbetäubende Kakophonie: hier die totale Abriegelung, dort die völlige Öffnung bis hin zu einer verachtenswerten Politik der freien Ausbreitung des Virus wie in Südafrika unter dem Vorwand, die Omikron-Variante sei weniger tödlich als der ursprüngliche Stamm. In mehreren europäischen Ländern (Großbritannien, Frankreich...) lässt die Bourgeoisie, wenn auch weniger offen, die Omikron-Variante ebenfalls verbreiten. Umso schlimmer sind die Tausenden von Toten unter den Ausgebeuteten und den schwächsten Schichten der Gesellschaft!
Unter diesen Bedingungen befürchten die Bourgeoisien der zentralen Länder, dass eine neue "Welle" alle strategischen Sektoren der Volkswirtschaften desorganisiert und das soziale Klima weiter schwächt und den Produktionsapparat stört: die Verteilung von Lebensmitteln, die Sicherheit, den Verkehr, die Kommunikation und natürlich das Gesundheitswesen, das bereits am Abgrund steht.
Um die Verantwortung der kapitalistischen Produktionsweise zu verschleiern, gehen alle nationalen Bourgeoisien mit Rechtfertigungen hausieren, die auf nicht mehr und nicht weniger hinauslaufen, als die Verantwortung für diese x-te Covid-Welle einem Teil der Bevölkerung aufzubürden: den Ungeimpften, die die Intensivstationen verstopfen, den westlichen Bevölkerungen, die als erste geimpft werden wollen, um die "Qualität" ihrer Lebensweise zu erhalten...
Ein weiterer Aspekt, den die Bourgeoisie sorgfältig zu verbergen versucht, ist die unaufhaltsame Verschlechterung der Gesundheits- und Sozialschutzsysteme in der gleichen Logik der "Einsparungen" und der "Rentabilität" des Kapitalismus in vielen Ländern, auch in den "entwickeltsten". Dies wirkt sich sowohl auf die zunehmende Verknappung der materiellen Ressourcen zur Bewältigung der sich verschlechternden Situation als auch auf die Qualität der Versorgung aus und verändert sie. Sowohl die Verschlechterung der Lebens- und Arbeitsbedingungen des medizinischen Personals als auch die zunehmende Unfähigkeit, auf die Bedürfnisse der Patienten einzugehen, spiegeln in der Tat die Sackgasse und das Chaos wider, in das der Kapitalismus die Menschheit stürzt.
Doch in diesem Stadium ist es wahrscheinlich, dass die sehr reale wirtschaftliche Unordnung in eine soziale Unordnung umschlägt und die Wut auf all diese Staaten, Zauberlehrlinge, die sich des "allgemeinen Interesses" rühmen und wie vulgäre Krämer handeln, schürt.
Wie reagiert die Arbeiterklasse angesichts dieses düsteren Bildes? Seit einigen Monaten entstehen überall auf der Welt Kämpfe, wie in den Vereinigten Staaten in diesem Herbst[2], in Spanien kürzlich in Cádiz[3], die Hunderte, Tausende von Arbeitern aus allen Sektoren mobilisieren, die letzten Endes versuchen, sich über Wasser zu halten. Aber die Bourgeoisie ist schnell dabei, ihre gewerkschaftlichen und linken Aufpasser zu mobilisieren, um den Kampf zu spalten, ihn in eine Sackgasse zu führen, ihn zu sterilisieren und natürlich seine Existenz vor allen anderen Proletariern der Welt zu verbergen!
In anderen Ländern hat sich die Wut der Beschäftigten im Gesundheitswesen und anderen Sektoren über die kritischen Arbeitsbedingungen in Demonstrationen und Aktionstagen geäußert. Aber auch diese Reaktionen werden von den Gewerkschaften sterilisiert, was leicht zu Spaltung und Isolation führt[4]. Darüber hinaus hat sich ein großer Teil der Wut auf den verrotteten Boden der Opposition gegen den Impfpass/Impflicht (oder sogar der Anti-Vax-Bewegungen) im Namen der "Grundfreiheiten" verlagert, wie wir in den Niederlanden, Österreich oder kürzlich in Guadeloupe gesehen haben[5].
Es ist also die Perspektive des selbständigen Kampfes der Arbeiterklasse, ihr Vertrauen in ihre eigenen Kräfte, einen groß angelegten Kampf um ihre eigenen Forderungen zu führen, die von allen sozialen Feuerwehrleuten auf Befehl des bürgerlichen Staates sabotiert und mit Füßen getreten wird. Um zu versuchen, die vielfältigen Fallen der herrschenden Klasse zu durchkreuzen, muss die Arbeiterklasse die Methoden des Kampfes wiederbeleben, die ihre Stärke ausgemacht haben und die es ihr in bestimmten Momenten ihrer Geschichte ermöglicht haben, die Bourgeoisie und ihr System zu erschüttern:
Nur die Entwicklung einer geeinten und solidarischen Klasse auf internationaler Ebene kann die Arbeiterklasse in die Lage versetzen, sich für die Kämpfe von morgen zu rüsten.
Stopio, 30. Dezember 2021
[1] Siehe: Die Covid-Krise zeigt die Sackgasse des Kapitalismus [14] (auf Englisch), ICConline, Dezember 2021.
[2] Kämpfe in den Vereinigten Staaten, im Iran, in Italien, in Korea... Weder die Pandemie noch die Wirtschaftskrise haben den Kampfgeist des Proletariats gebrochen! [15] IKSonline, November 2021
[3] Metallarbeiterstreik in Cádiz: Unsere Stärke ist, als Klasse zu kämpfen [16], IKSonline, Dezember 2021
[4] Demonstrationen für die "Verteidigung der öffentlichen Krankenhäuser": Das Proletariat muss sich gegen die Beschränkung auf Branchenfixiertheit wehren [17] (auf Französisch), Révolution Internationale n° 492 (Januar-Februar 2022)
[5] Revolte auf den Antillen: Die Gewerkschaften führen die Arbeiter:innen in eine gefährliche Sackgasse! [18] (auf Französisch), November 2021, Révolution Internationale 492
Wir veröffentlichen eine Erklärung zum Krieg in der Ukraine von der KRAS, einer anarchosyndikalistischen Gruppe, die mit der Internationalen Arbeiterassoziation verbunden ist. Wir wissen, dass in Russland jeglicher Protest gegen den Krieg mit grausamer Unterdrückung durch den russischen Staat beantwortet wird, daher begrüßen wir den Mut und die Überzeugung der KRAS-Genoss:innen bei der Veröffentlichung dieser Erklärung, die eindeutig internationalistisch ist, beide Lager als imperialistisch anprangert und zum Kampf der Arbeiterklasse gegen den Krieg aufruft.
Unsere Solidarität mit den KRAS-Genoss:innen bedeutet nicht, dass wir mit allen Inhalten der Erklärung übereinstimmen, wie z.B. der Forderung nach "sofortiger Einstellung der Feindseligkeiten", die ein Zugeständnis an die Idee zu sein scheint, dass die beiden bürgerlichen Lager Frieden schließen können. Selbst wenn Russland sich von der Invasion und der Bombardierung der Ukraine zurückzieht, haben wir keinen Zweifel daran, dass die Feindseligkeiten auf einem niedrigeren Niveau weitergehen werden, wie sie es in den letzten 8 Jahren getan haben. In dieser Hinsicht ist die Erklärung der serbischen Mitgliedsorganisation der IAA, der Anarcho-Syndikalistischen Initiative, klarer, wenn es darum geht, die pazifistischen Illusionen anzuprangern, die von Teilen der Bourgeoisie verbreitet werden: "Angesichts der Schrecken des Krieges ist es sehr leicht, einen Fehler zu machen und ohnmächtig nach Frieden zu rufen. Der kapitalistische Frieden ist jedoch kein Frieden. Ein solcher "Frieden" ist in Wirklichkeit ein anders bezeichneter Krieg gegen die Arbeiterklasse. In dieser Situation bedeutet eine konsequente antimilitaristische Position, direkte Anstrengungen zu unternehmen, um den kapitalistischen Krieg zu beenden, aber gleichzeitig die Kontrolle über die Situation im Land zu übernehmen und das sozioökonomische System radikal zu verändern – das heißt, ein organisierter Klassenkampf ist notwendig"[1].
Wir sollten auch darauf hinweisen, dass diese beiden Gruppen Teil eines internationalen anarchistischen Netzwerks sind, das in seiner Reaktion gegen den Krieg keineswegs homogen ist. Wenn man zum Beispiel die Webseite der britischen Sektion, der Solidarity Federation, aufruft, findet man heute, wo wir dies schreiben, überhaupt nichts über den Krieg, sondern nur Berichte über lokale Auseinandersetzungen und Solfed-Aktivitäten. Die Erklärung der französischen Sektion der CNT zum Krieg wendet sich gegen die Unmenschlichkeit des Krieges, erwähnt aber mit keinem Wort die Notwendigkeit einer Antwort auf dem Terrain der Arbeiterklasse.[2]
Im Gegensatz dazu hat die KRAS stets eine proletarische und internationalistische Position gegen die üblen Taten "ihrer eigenen" herrschenden Klasse verteidigt, und wir haben in der Vergangenheit eine Reihe ihrer Erklärungen veröffentlicht.[3]
IKS 20. März 2022
Der Krieg hat begonnen.
Das, wovor die Menschen Angst hatten, wovor sie gewarnt haben, woran sie nicht glauben wollten, aber was unvermeidlich war - ist eingetreten. Die herrschenden Eliten Russlands und der Ukraine, angestiftet und provoziert vom Weltkapital, gierig nach Macht und aufgebläht mit den Milliarden, die dem arbeitenden Volk gestohlen wurden, haben sich zu einem tödlichen Kampf zusammengefunden. Ihr Durst nach Profit und Herrschaft wird nun von gewöhnlichen Menschen - genau wie uns - mit Blut bezahlt.
Der erste Schuss wurde von dem stärkeren, räuberischeren und arroganteren der Banditen abgefeuert - dem Kreml. Aber wie immer bei imperialistischen Konflikten steckt hinter der unmittelbaren Ursache ein ganzes Geflecht von widerlich stinkenden Gründen: Das ist der internationale Kampf um die Gasmärkte und der Wunsch der Behörden aller Länder, die Aufmerksamkeit der Bevölkerung von der Tyrannei der "sanitären" Diktaturen abzulenken, und der Kampf der herrschenden Klassen der Länder der ehemaligen Sowjetunion um die Aufteilung und Neuverteilung des "postsowjetischen Raums" sowie die großräumigen und globalen Widersprüche und der Kampf um die Weltherrschaft zwischen der NATO, angeführt von den USA, und China, das den alten Hegemon herausfordert und seinen "kleinen Bruder" im Kreml an seinen Wagen bindet. Heute führen diese Widersprüche zu lokalen Kriegen. Morgen drohen sie in einen dritten imperialistischen Weltkrieg umzuschlagen.
Welche "humanistische", nationalistische, militaristische, historische oder sonstige Rhetorik den aktuellen Konflikt auch immer rechtfertigen mag, dahinter stehen nur die Interessen derjenigen, die politische, wirtschaftliche und militärische Macht haben. Für uns, die Werktätigen, Rentner und Studenten, bringt er nur Leid, Blut und Tod. Die Bombardierung friedlicher Städte, die Beschießung, das Töten von Menschen sind durch nichts zu rechtfertigen.
Wir fordern die sofortige Einstellung der Feindseligkeiten und den Rückzug aller Truppen auf die Grenzen und Linien, die vor Beginn des Krieges bestanden.
Wir fordern die in den Kampf entsandten Soldaten auf, nicht aufeinander zu schießen und erst recht nicht das Feuer auf die Zivilbevölkerung zu eröffnen.
Wir fordern sie auf, sich massenhaft zu weigern, die verbrecherischen Befehle ihrer Kommandeure auszuführen.
STOPPT DIESEN KRIEG!
BAJONETT AUF DEN BODEN!
Wir rufen die Menschen im Hinterland auf beiden Seiten der Front, die Werktätigen Russlands und der Ukraine, dazu auf, diesen Krieg nicht zu unterstützen, ihm nicht zu helfen - im Gegenteil, ihm mit aller Kraft zu widerstehen!
Zieht nicht in den Krieg!
Nicht einen einzigen Rubel, nicht eine einzige Griwna aus unseren Taschen für den Krieg!
Streikt gegen diesen Krieg, wenn ihr könnt!
Eines Tages - wenn ihr genug Kraft habt - werden die arbeitenden Menschen in Russland und der Ukraine die volle Verantwortung von allen anmaßenden Politikern und Oligarchen fordern, die uns gegeneinander aufhetzen.
Wir erinnern uns: KEIN KRIEG ZWISCHEN DEN ARBEITENDEN MENSCHEN IN RUSSLAND UND DER UKRAINE!
KEIN FRIEDEN ZWISCHEN DEN KLASSEN!
FRIEDE DEN HÜTTEN - KRIEG DEN PALÄSTEN!
Sektion der Internationalen Arbeiterassoziation in der Region Russland
26.2.22
[1] Verwandeln wir die kapitalistischen Kriege in eine Arbeiterrevolution! [20], Internationale Arbeiterinnen-Vereinigung (iwa-ait.org)
[2] Frieden in den Hütten, Krieg in den Palästen! [21], iwa-ait.org
[3] Russland: Eine internationalistische Stimme gegen den Tschetschenienkrieg [22], World Revolution Nr. 263, April 2003; Stellungnahme der KRAS (Russland) zum Krieg in Georgien [23], IKSonline August 2008; Krieg in Libyen: Eine internationalistische Position der KRAS [24], ICConline Juli 2011 (engl.); Internationalistische Erklärung aus Russland [25], World Revolution Nr. 365, März/April 2014 (zu den Spannungen zwischen Russland und der Ukraine im Jahr 2014)
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In allen Ländern, in allen Branchen erfährt die Arbeiterklasse eine unerträgliche Verschlechterung ihrer Lebens- und Arbeitsbedingungen. Alle Regierungen, ob rechts oder links, traditionell oder populistisch, greifen unerbittlich an. Die Angriffe prasseln unter der Last der sich verschärfenden Weltwirtschaftskrise nieder.
Trotz der Angst vor einer überwältigenden Gesundheitskrise beginnt die Arbeiterklasse zu reagieren. In den letzten Monaten haben sich in den USA, im Iran, in Italien, Korea, Spanien und Frankreich Kämpfe entwickelt. Zwar handelt es sich dabei nicht um Massenbewegungen: Die Streiks und Demonstrationen sind noch zu schwach, zu vereinzelt. Dennoch werden sie von der Bourgeoisie wie Milch auf dem Herd überwacht, da sie sich des Ausmaßes der aufkommenden Wut bewusst ist.
Wie können wir den Angriffen der Bourgeoisie begegnen? Isoliert und gespalten bleiben, jeder in "seinem" Unternehmen, in "seiner" Branche? Das bedeutet mit Sicherheit, machtlos zu sein! Wie kann man also einen vereinten und massiven Kampf entwickeln?
Die Preise explodieren, insbesondere die Preise für Grundnahrungsmittel: Lebensmittel, Energie, Transport... Die Inflation im Jahr 2021 übersteigt bereits die Inflation nach der Finanzkrise von 2008. In den USA liegt sie bei 6,8 % und damit auf dem höchsten Stand seit 40 Jahren. In Europa sind die Energiekosten in den letzten Monaten um 26 % gestiegen! Hinter diesen Zahlen stehen konkret immer mehr Menschen, die Schwierigkeiten haben, sich zu ernähren, zu heizen, Mieten und die Transportkosten zu zahlen. Die Weltmarktpreise für Nahrungsmittel sind um 28 % gestiegen, wodurch fast eine Milliarde Menschen in den ärmsten Ländern, vor allem in Afrika und Asien, direkt von Unterernährung bedroht sind.
Die Verschärfung der Weltwirtschaftskrise bedeutet eine immer härtere Konkurrenz zwischen den Staaten. Um die Profite aufrechtzuerhalten, ist die Antwort immer dieselbe, überall, in allen Branchen, in der Privatwirtschaft wie im öffentlichen Dienst: Personalabbau, Erhöhung des Arbeitstempos, Budgetkürzungen, auch bei Material, das mit der Sicherheit der Beschäftigten verbunden ist. Im Januar sind in Frankreich die Lehrer:innen massiv auf die Straße gegangen, um gegen ihre unwürdigen Arbeitsbedingungen zu protestieren. Auch sie durchleben täglich die kapitalistische Hölle, weil es an Mitteln und Personal mangelt. In den Demonstrationen prangte auf den Schildern eine zutiefst richtige Idee: "Was uns widerfährt, stammt aus einer Zeit lange vor Covid!"
Das Schicksal, das den Beschäftigten im Gesundheitssektor widerfährt, zeigt dies sehr deutlich. Die Pandemie hat nur verdeutlicht, dass es an Ärzt:innen, Pflegekräften, Krankenschwestern, Betten, Masken, Kitteln, Sauerstoff – an allem – mangelt! Das Chaos und die Erschöpfung, die seit Beginn der Pandemie in den Krankenhäusern herrschen, sind nichts anderes als die Folge der Kürzungen, die seit Jahrzehnten von allen Regierungen in allen Ländern vorgenommen werden. Das geht so weit, dass die WHO in ihrem jüngsten Bericht Alarm schlagen muss: "Mehr als die Hälfte des Bedarfs ist nicht gedeckt. Weltweit fehlen 900.000 Hebammen und 6 Millionen Krankenschwestern und Krankenpfleger. [...] Dieser bereits bestehende Mangel hat sich durch die Pandemie und den Druck, der auf diesen überarbeiteten Arbeitskräften lastet, noch verschärft". In vielen armen Ländern haben große Teile der Bevölkerung nicht einmal Zugang zu Impfstoffen, aus dem einzigen Grund, dass der Kapitalismus auf Profitstreben beruht.
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Die Arbeiterklasse besteht nicht nur aus Industriearbeitern: Sie setzt sich aus allen Lohnabhängigen (von Zeitarbeiterinnen bis zu Beamten), Arbeitslosen, zahlreichen Studierenden, pensionierten Arbeiter:innen usw. zusammen.
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Also ja, "was uns widerfährt, stammt aus der Zeit lange vor Covid"! Die Pandemie ist das Produkt des sterbenden Kapitalismus, dessen unüberwindbare Krise sie verschärft. Dieses System hat nicht nur seine Ohnmacht und Desorganisation angesichts einer Pandemie bewiesen, die bereits mehr als zehn Millionen Todesopfer gefordert hat, insbesondere unter den Ausgebeuteten und Ärmsten, sondern es wird auch weiterhin unsere Lebens- und Arbeitsbedingungen verschlechtern, es wird weiterhin entlassen, auspressen, prekarisieren und verarmen. Unter dem Gewicht seiner Widersprüche kann es nicht anders, als weiterhin in endlose imperialistische Kriege hineingezogen zu werden, neue Umweltkatastrophen zu verursachen, die Chaos, Konflikte, Elend und neue, noch schlimmere Pandemien hervorrufen. Dieses Ausbeutungssystem hat der Menschheit keine Zukunft mehr zu bieten, außer Leid und Elend.
Nur der Kampf der Arbeiterklasse trägt eine andere Perspektive in sich, nämlich die des Kommunismus: eine Gesellschaft ohne Klassen, Nationen und Kriege, in der alle Formen der Unterdrückung abgeschafft sind. Die einzige Perspektive ist die kommunistische Weltrevolution!
Im Jahr 2020 legte sich überall und weltweit eine bleierne Decke mit wiederholten Lockdowns, Notfallaufnahmen in Krankenhäusern und Millionen von Toten über die Gesellschaft. Nach dem Wiedererstarken des Kampfgeistes, der im Laufe des Jahres 2019 in mehreren Ländern zum Ausdruck gekommen war, insbesondere während der Bewegung gegen die Rentenreform in Frankreich, kamen die Arbeiterkämpfe abrupt zum Erliegen. Doch heute wachsen wieder die Wut und auch der Kampfgeist:
- In den USA betraf eine Reihe von Streiks Industriekonzerne wie Kellog's, John Deere und PepsiCo, aber auch den Gesundheitssektor und Privatkliniken, wie in New York.
- Im Iran streikten in diesem Sommer Arbeiter an über 70 Standorten im Ölsektor gegen niedrige Löhne und hohe Lebenshaltungskosten. So etwas hatte es in den letzten 42 Jahren noch nie gegeben!
- In Korea mussten die Gewerkschaften einen Generalstreik für die Sozialversicherung, gegen Prekarität und Ungleichheit organisieren.
- In Italien gab es zahlreiche Aktionstage gegen Entlassungen und die Abschaffung des Mindestlohns.
- In Deutschland sah sich die Gewerkschaft des öffentlichen Dienstes angesichts der zunehmenden Unzufriedenheit gezwungen, mit Streiks zu drohen, um eine Lohnerhöhung durchzusetzen.
- In Spanien mobilisierten die Metallarbeiter in Cádiz gegen eine Lohnkürzung von durchschnittlich 200 Euro pro Monat. Die Beschäftigten des öffentlichen Dienstes in Katalonien demonstrierten gegen den unhaltbaren Einsatz von Leiharbeit (über 300.000 Staatsbedienstete haben prekäre Arbeitsverhältnisse). Es gab Kämpfe bei der Eisenbahn auf Mallorca, bei Vestas, bei Unicaja, bei den Metallarbeitern in Alicante und in verschiedenen Krankenhäusern, jedes Mal gegen Entlassungen.
- In Frankreich äußerte sich eine ähnliche Unzufriedenheit durch Streiks oder Demonstrationen im Transportsektor, bei den Müllmännern, den Eisenbahner:innen und den Lehrer:innen.
All diese Kämpfe sind wichtig, weil sie offenbaren, dass die Arbeiterklasse nicht bereit ist, alle Opfer zu akzeptieren, die die Bourgeoisie ihr aufzuzwingen versucht. Aber wir müssen auch die Schwächen unserer Klasse erkennen. All diese Aktionen werden von den Gewerkschaften kontrolliert, die überall die Proletarier:innen um branchenfixierte Forderungen herum spalten und isolieren, die Kämpfe bändigen und sabotieren. In Cádiz versuchten die Gewerkschaften, die kämpfenden Arbeiter:innen in die lokalistische Falle einer "Bürgerbewegung" zur "Rettung von Cádiz" zu sperren, als ob die Interessen der Arbeiterklasse in der Verteidigung regionaler oder nationaler Interessen lägen statt in der Verbindung mit ihren Klassenschwestern und -brüdern über Branchen und Grenzen hinweg! Die Arbeiter:innen haben immer noch Schwierigkeiten, sich selbst zu organisieren, die Organisation der Kämpfe in die eigene Hand zu nehmen, sich in souveränen Vollversammlungen zusammenzuschließen und gegen die Spaltungen zu kämpfen, die uns die Gewerkschaften aufzwingen.
Eine zusätzliche Gefahr lauert auch für die Arbeiterklasse: Wenn sie darauf verzichtet, ihre Klassenforderungen zu verteidigen, indem sie sich Bewegungen anschließt, die nichts mit ihren Interessen und Kampfmethoden zu tun haben. Solche Bewegungen waren bei den "Gelbwesten" in Frankreich zu beobachten oder zuletzt in China beim Zusammenbruch des Immobilienriesen Evergrande (ein spektakuläres Symbol für die Realität eines überschuldeten Chinas), der vor allem den Protest der enteigneten kleinen Hausbesitzer:innen auslöste. In Kasachstan sind die Massenstreiks im Energiesektor schließlich in eine perspektivlose "Volks"-Revolte abgeglitten, die in Konflikten zwischen nach Macht strebenden bürgerlichen Cliquen gefangen sind. Jedes Mal, wenn sich die Arbeiter:innen als "Bürger" im "Volk" auflösen und vom bürgerlichen Staat verlangen, er möge doch bitte "die Dinge ändern", verurteilen sie sich selbst zur Ohnmacht.
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2006 musste die Bourgeoisie in Frankreich angesichts eines massiven Kampfes, der sich auf andere Bereiche auszuweiten drohte, zurückweichen und ihren Angriff zurückziehen.
Damals wehrten sich prekär beschäftigte Student:innen gegen eine Reform, mit der ein "Contrat Première Embauche" eingeführt wurde, der unterbezahlte und stressreiche Arbeit bedeutete. Sie hatten sich der Isolation und Spaltung widersetzt, indem sie sich gegen spezielle Parolen wandten.
Gegen den Widerstand der Gewerkschaften hatten sie ihre Generalversammlungen für alle Kategorien von Arbeiter:innen und Rentner:innen geöffnet. Sie hatten verstanden, dass sie den Kampf gegen die Prekarität der Jugend als Symbol für die Prekarität aller in den Vordergrund stellen mussten.
Getragen von der Solidarität zwischen den Branchen und zwischen den Generationen hatte diese Bewegung, Demonstration für Demonstration, an Größe gewonnen. Es war diese Dynamik der Einheit und Massenhaftigkeit, die die Bourgeoisie erschreckte und sie zwang, ihren CPE zurückzuziehen.
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Um uns auf den Kampf vorzubereiten, müssen wir uns, wo immer wir können, versammeln, um zu diskutieren und aus den vergangenen Kämpfen zu lernen. Es ist von entscheidender Bedeutung, die Kampfmethoden hervorzuheben, die die Stärke der Arbeiterklasse ausgemacht und es ihr in bestimmten Momenten ihrer Geschichte ermöglicht haben, die Bourgeoisie und ihr System ins Wanken zu bringen:
- die Suche nach Unterstützung und Solidarität über "ihren" Betrieb, "ihre" Branche, "ihre" Stadt, "ihre" Region, "ihr" Land hinaus;
- die möglichst breite Diskussion über die Erfordernisse des Kampfes, unabhängig vom Betrieb, der Branche oder dem Land;
- die autonome Organisation des Kampfes, insbesondere durch Generalversammlungen, ohne die Kontrolle darüber den Gewerkschaften oder anderen Organen der Bourgeoisie zu überlassen.
Die Autonomie des Kampfes, die Einheit und die Solidarität sind die unerlässlichen Meilensteine für die Vorbereitung der Kämpfe von morgen!
Internationale Kommunistische Strömung, Januar 2022
Die Covid-19-Pandemie hat die Veröffentlichung zahlreicher Bücher ausgelöst, die die Ursachen von Covid aufdecken und Alternativen aufzeigen sollen. Eines dieser Bücher, La Fabrique des pandémies (Die Pandemienfabrik) von Marie-Monique Robin, erfreut sich eines beachtlichen Echos. Das Buch ist eine Zusammenfassung von Interviews, die die Autorin mit rund 60 Wissenschaftler:innen aus aller Welt geführt hat: Infektiologinnen, Epidemiologen, Ärztinnen, Parasitologinnen und Tierärzten, die der Meinung sind, dass die heutige Welt mit einer "‘Epidemie von Pandemien‘ konfrontiert ist, die durch menschliche Aktivitäten verursacht wird, die den Zusammenbruch der biologischen Vielfalt beschleunigen".
Das als "begrüßenswert" angepriesene Buch fordert dazu auf, die Ursachen der "neuen Plagen" zu bekämpfen und ist als Aufruf zu verstehen, sich der Notwendigkeit eines "tiefgreifenden Wandels in unserer globalisierten Wirtschaft, die die Ressourcen des Planeten raubt und die Ursache der Klima-, Umwelt-, Gesundheits-, Wirtschafts-, Energie- und Finanzkrise ist", bewusst zu werden und "eine Sozialökologie der Gesundheit und des guten Zusammenlebens zu begründen".[1] Nichts weniger als das!
Die Suche nach der wissenschaftlichen Wahrheit ist ein Wert, den das Proletariat teilt. Als Klasse der Revolution, die innerhalb der kapitalistischen Gesellschaft keinen materiellen Rückhalt hat und nur ihre Organisationsfähigkeit und ihr Bewusstsein als Kampfwaffen besitzt, ist es für sie zwingend notwendig, eine entmystifizierte Sicht der Realität zu entwickeln. Dies ist die Voraussetzung für ihre politische Aktion. Im Hinblick auf die Wissenschaften haben die Revolutionäre nur die Aufgabe, "ihre Ergebnisse theoretisch zu assimilieren und gleichzeitig zu begreifen, dass ihre praktische Anwendung im Dienste der menschlichen Bedürfnisse erst in einer Gesellschaft möglich ist, die sich zum Sozialismus entwickelt. Die Entwicklung des Wissens in der Arbeiterbewegung beinhaltet die theoretische Entwicklung der Wissenschaften als eigenen Beitrag. Jedoch muss diese Entwicklung in einem umfassenderen Verständnis eingebettet werden, das sich um die praktische Durchführung der sozialen Revolution – der Basis jeglichen wirklichen Fortschritts in der Gesellschaft – dreht."[2]
Was die Suche nach den wissenschaftlich begründeten Ursachen und dem Ursprung der Pandemie betrifft, kann man zumindest sagen, dass sie sich nur sehr schwer einen Weg bahnen kann. Sie stößt auf zahlreiche Hindernisse in der vergifteten Atmosphäre, die durch den Zerfall der kapitalistischen Gesellschaft erzeugt wird und die durch die Entwicklung von Irrationalität und Feindseligkeit gegenüber wissenschaftlichem Denken, angefangen bei verschwörungstheoretischen Vorstellungen, gekennzeichnet ist. Gemäß zahlreichen „Verschwörungstheorien", die häufig von Populisten aller Art übernommen werden, ist die Pandemie eine künstliche Schöpfung, die von den "Eliten" im Dienste verborgener Interessen gewollt wurde, um die Gewinne der großen Pharmakonzerne zu maximieren oder eine zusätzliche staatliche Kontrolle über das Privatleben durchzusetzen. Selbst Vertreter des kapitalistischen Systems, die als die "verantwortungsbewusstesten" gelten und in den Medien präsent sind, schießen öffentlich aus allen Rohren gegen wissenschaftliche Erkenntnisse, die die Rolle der Umweltzerstörung bei der Entstehung von Covid unterstreichen: "Einen Zusammenhang zwischen Luftverschmutzung, Artenvielfalt und Covid-19 zu sehen, ist Surrealismus, keine Wissenschaft", erklärte der ehemalige französische Bildungsminister Luc Ferry gegenüber L'Express. Die Suche nach der wissenschaftlichen Wahrheit setzt Forscher manchmal Repressalien seitens der Behörden aus, und zwar nicht nur in China, wo dieser Druck grob offensichtlich ist, sondern auch in demokratischen Staaten in weitaus subtileren Formen, über die Finanzierung oder die Versetzung in den Ruhestand.
Selbst auf dem Gebiet der wissenschaftlichen Erkenntnis gibt es starke Filter und erhebliche ideologische Einschränkungen bei der Analyse der Realität. Der "in der wissenschaftlichen Welt tief verwurzelte Glaube, der Ökomodernismus, [für den] der Mensch über allen anderen Arten steht, die die Erde bevölkern, statt Teil der Natur zu sein, [... für den sich] der Nutzen der Natur daran misst, was sie uns bringt oder zufügt: sie tut uns gut oder schadet uns" und der "die Natur auf einen Dienstleister für die Menschheit reduziert" spiegelt eine völlig bürgerliche ideologische Auffassung von der Natur wider, die nur verhindern kann, dass man begreift, was das Erscheinen der Covid-19-Pandemie für die Menschheit bedeutet.
Zu all dem kommt im Hintergrund das imperialistische Kräftemessen und der erbarmungslose Krieg, den sich China und die USA seit Monaten liefern und in dem sie sich gegenseitig beschuldigen, die Pandemie verursacht zu haben, indem sie das Virus aus einem Labor, sei es in Wuhan oder auf US-amerikanischem Boden, entweichen ließen. Intox, Desinformation und Lügen im Dienste der Staatsräson, die von beiden Seiten eingesetzt werden, um den Gegner zu diskreditieren, können die Verschwörungsfantasien nur noch weiter anheizen und die Wissenschaft noch weiter in Verruf bringen.
Die Manipulation von Viren zum Zweck der bakteriologischen Kriegsführung gehört natürlich zur Realität der heutigen barbarischen Welt, und auch die Hypothese eines Laborlecks kann nicht von vornherein ausgeschlossen werden.[3] Wenn dies in China oder anderswo der Fall wäre, wäre es angesichts der dramatischen Folgen ein erdrückender Beweis für die Verantwortungslosigkeit der Bourgeoisie und ihren Kontrollverlust über ihr eigenes System! "Aber selbst wenn das Virus versehentlich aus einem Labor entwichen wäre, würde das unser Verständnis der wiederholten Zoonose-Emergenzen und -Epidemien der letzten Jahrzehnte ändern? Ganz gewiss nicht".
Seit den 1950er Jahren ist die Welt mit einer regelrechten "Epidemie von Seuchen" konfrontiert, sowohl alten als auch neuen: Von etwa 20 in den 1940er Jahren stieg die Zahl auf über 100 in den 1990er Jahren. Seit den 2000er Jahren wird die Menschheit jedes Jahr mit mindestens einer neuen Infektionskrankheit konfrontiert. (SARS, Ebola, Lhasa-Fieber oder Covid-19). 70% der neu auftretenden Krankheiten sind Zoonosen, also Krankheiten, die von Tieren auf Menschen übertragen werden.
Diese "Epidemie der Epidemien" wird durch die Abholzung der Wälder, die Ausbreitung der industriellen Landwirtschaft mit Monokulturen und Massentierhaltung (sowie die Klimaerwärmung) verursacht, die durch die Schwächung der Ökosysteme und den beschleunigten Zusammenbruch der biologischen Vielfalt die Bedingungen für die Ausbreitung neuer Krankheitserreger schaffen und diese begünstigen. Die Mechanismen dieser seit dem Zweiten Weltkrieg wiederholt auftretenden Seuchen sind gut identifiziert und drehen sich um "mehrere Faktoren, die zur Entstehung neuer Seuchen beitragen [...]: Der erste, der, durch den das ganze Problem entsteht, ist die Abholzung der Wälder zum Zweck von Monokulturen, Bergbau etc. [...]; zweitens sind es Haustiere, die als epidemiologische Brücke zwischen Wildtieren und Menschen dienen, aber auch als Verstärker, wenn sie industriell gezüchtet werden; [...] drittens ist es die Integration eines Landes in den globalen Markt". So weiß man heute beispielsweise, dass "die eigentliche Entstehung [von AIDS] mit der kolonialen Expansion zusammenhängt, die im 19. Jahrhundert begann. Die Nachfrage nach Elfenbein, Holz und später Kautschuk mit umfangreicher Rodung der Wälder, gekoppelt mit der Zwangsarbeit von Dorfbewohnern für die Plantagen und den Bau von Eisenbahnen, hat die Ökosysteme und traditionellen Gesellschaften verändert". So soll der Vorfahre des AIDS-Virus etwa 1910 entstanden sein; er zirkulierte seit den 1960er Jahren in Zentralafrika und soll schon damals in die USA gelangt sein, bevor er in den 1980er Jahren identifiziert wurde.
Schließlich identifizierten Wissenschaftler den natürlichen Mechanismus des "Verdünnungseffekts", durch den eine „reiche lokale Biodiversität regulierend auf die Prävalenz und Virulenz von Krankheitserregern wirkt, deren Aktivität in ausgeglichenen Ökosystemen auf niedrigem Niveau gehalten wird". Die Zerstörung der biologischen Vielfalt stellt eine tödliche Gefahr für die Menschheit dar; ihre Erhaltung ist eine Herausforderung für ihr Überleben. "Die Mehrheit der Wissenschaftler, die in diesem Buch zu Wort kommen, ist davon überzeugt, dass der Zusammenbruch [des Lebens auf der Erde] nicht nur möglich ist, sondern bereits stattfindet."
Natürlich prangern diese Wissenschaftler die Fahrlässigkeit der staatlichen Behörden an. Während man "seit langem die mit der Massentierhaltung verbundenen Gesundheitsrisiken als Hauptquelle für die Selektion und Vermehrung von Krankheitserregern mit Pandemiepotenzial kennt [...], muss man feststellen, dass die Strategien der öffentlichen Akteure zur Vorbereitung auf das pandemische Gesundheitsrisiko gescheitert sind, wie übrigens auch die Strategien zur Vorhersage von Neuerkrankungen." Sie weisen auch auf die Unfähigkeit der Staaten hin, Lösungen für die Gesundheitsproblematik zu finden, der Staaten, die "angesichts wiederholter Gesundheitskrisen" vor allem "die Maßnahmen zum Biomonitoring und zur Biosicherheit" verschärft haben. Aber "jedes Mal führt der Imperativ, auf die Gesundheitskrise zu reagieren, letztlich dazu, dass die Ursachen des Auftretens ignoriert werden. Man beantwortet nicht die Frage, warum und wie ein Virus, das irgendwo in Asien zirkuliert, innerhalb weniger Monate in allen menschlichen Populationen der Welt zu finden ist". Eine Verantwortungslosigkeit, eine Ohnmacht der herrschenden Klasse, die von einer Institution bestätigt wird, die nicht im Verdacht steht, "systemfeindliche" Vorurteile zu haben, nämlich der CIA, die 2017 im Bericht zur Lage der Welt, der bei Amtsantritt jeder neuen Regierungsbehörde übergeben wird, schreibt: "Der Planet und seine Ökosysteme könnten in den kommenden Jahren durch verschiedene menschliche und natürliche Veränderungen stark beeinträchtigt werden. Diese Störungen werden die Menschen neuen Anfälligkeiten und Bedürfnissen in Bezug auf Wasser, Nahrung, Gesundheitsdienste, Energie und Infrastruktur aussetzen. [...] Diese Risiken werden zeitlich und geografisch ungleich verteilt sein, aber die meisten Ökosysteme und Menschen betreffen, in einigen Fällen auf schwerwiegende oder sogar katastrophale Weise. [...] Die Veränderung der Umweltbedingungen und die Zunahme der weltweiten Verbindungen und des Austauschs werden die Häufigkeit von Niederschlägen, die Artenvielfalt und die Vermehrung von Mikroben beeinflussen. All dies wird sich natürlich auf Ernten und landwirtschaftliche Systeme auswirken und das Auftreten, die Übertragung und die Ausbreitung von Infektionskrankheiten bei Mensch und Tier verzehnfachen. [...] Lücken und Nachlässigkeiten in den nationalen und internationalen Gesundheitssystemen werden die Erkennung und Bewältigung von Epidemien erschweren, was dazu führen kann, dass sie sich über sehr große Gebiete ausbreiten. Die Verbreitung von Kontakten zwischen Bevölkerungsgruppen wird die Ausbreitung bereits weit verbreiteter chronischer Infektionskrankheiten (wie Tuberkulose, AIDS und Hepatitis) verstärken, was in den am stärksten betroffenen Ländern zu ernsten wirtschaftlichen und menschlichen Problemen führen wird, obwohl für ihre Prävention umfangreiche internationale Mittel bereitgestellt werden."[4] Die Wissenschaftler, die in Marie-Monique Robins Buch interviewt werden, sind ebenfalls zu Recht empört und entsetzt über die Tatsache, dass "es die Ärmsten sind, die am härtesten von der Gesundheitsbelastung getroffen werden", aufgrund der "Kluft zwischen denen, die von diesen wirtschaftlichen Aktivitäten, welche diese Notlagen verursachen, profitieren, und denen, die den Preis einer beeinträchtigten Gesundheit zahlen".
Wenn es jedoch darum geht, genau zu wissen, was sich hinter den "menschlichen Aktivitäten, die den Hauptfaktor des Gesundheitsrisikos darstellen" verbirgt, machen sich Unklarheit und Verwirrung breit.
Von wem oder was ist die Rede? Vom Neoliberalismus? Von der Finanzwirtschaft? Von den "multinationalen Pharma- und Agrarkonzernen oder ihren von der Gier nach kurzfristigem Profit lobotomierten Managern"? Diese werden in den einzelnen Kapiteln abwechselnd an den Pranger gestellt. In der Tat führt die vage und inkonsistente Anklage der "menschlichen Aktivitäten" und der "anthropogenen Auswirkungen auf die Umwelt" nur zur Verwirrung.
In der in Klassen gespaltenen Gesellschaft des Kapitalismus ist die Berufung auf "den Menschen" im Allgemeinen zur Erklärung eines sozialen Phänomens eine völlig mystifizierende Formel. Indem sie die Realität der sozialen Beziehungen im kapitalistischen System abschirmt, verschleiert, verhindert sie, dass man die Begriffe begreift, unter denen sich das Gesundheits- und Umweltproblem tatsächlich und konkret stellt. Indem man als "Exzesse" oder "Entgleisung" darstellt, was in Wirklichkeit seiner gewöhnlichen Praxis entspricht, entlastet man das kapitalistische System selbst als Ganzes von jeglicher Verantwortung.
Wenn man zu konkreten Vorschlägen für politische Aktionen übergeht, um sich für den "einzig richtigen Ausweg zu engagieren: die Infragestellung des herrschenden Wirtschaftsmodells, das auf dem räuberischen Zugriff der Menschen auf die Ökosysteme beruht", dann verblasst jegliche Wissenschaft völlig. Wir fallen kläglich in die Netze der herrschenden Ideologie und des bürgerlichen Staates zurück. Es werden uns verschiedene Rezepte angepriesen, die sich alle um die alte, abgedroschene Mystifikation "Alle sitzen im selben Boot" und die Notwendigkeit drehen, dass "der einzelne Bürger" sich mobilisieren müsse, um Druck auf die Institutionen und "Politiker" auszuüben, damit diese "ihre Verantwortung übernehmen". So mündet die Schlussfolgerung des Buches neben anderem Unsinn, von dem es in diesem Teil nur so wimmelt, in der Werbung für eine in Libération veröffentlichte Tribüne mit dem Titel "Die Zeit der ökologischen Solidarität ist gekommen", in der "jeder [dazu] aufgerufen [wird], seinen Teil beizutragen, im Rahmen seiner Möglichkeiten zur kontinuierlichen Erforschung zweier wesentlicher Fragen beizutragen: Welche Entwicklung wollen wir? Welche Natur wollen wir? Dazu müssen alle Entscheidungsebenen (Bürger, Kollektive, Verbände, Gewerkschaften, spirituelle Gruppen, Gemeinden, Unternehmen, Departements, Regionen, staatliche Stellen, Organisationen der Vereinten Nationen ...) dazu angehalten werden, individuell und kollektiv über diese Solidarität (in der Ferne und in der Nähe) in ihren ökologischen, sozialen und wirtschaftlichen Dimensionen nachzudenken und sie dann umzusetzen". Im Klartext heißt das: Wir sollen der Bourgeoisie und den staatlichen Institutionen vertrauen, unser Schicksal in ihre Hände legen und gemeinsame Sache mit der Klasse machen, die den Kapitalismus verkörpert, also genau der Klasse, die die Katastrophe herbeigeführt hat: Um alles zu ändern, müsse man an den Grundlagen der kapitalistischen Welt nichts ändern!
Es sei denn, er hat den Zauberstab entdeckt, der es ihm ermöglicht, seiner Natur und den daraus resultierenden Widersprüchen zu entkommen.[5] – Die Arbeiterbewegung und der Marxismus haben jedoch schon vor langer Zeit gezeigt, dass das kapitalistische System als Ganzes nicht die Fähigkeit besitzt, seinen Raubbau an den Ökosystemen zu bremsen. Indem man die Illusion eines Kapitalismus vermittelt, der in der Lage sei, seine "Exzesse" zu begrenzen und "vernünftige Entscheidungen zum Wohle aller" zu treffen, schließt man uns in die Grenzen des Horizonts der kapitalistischen Gesellschaft ein, in eine Logik der Verwaltung und Reform des Kapitalismus auf dem Gebiet der Bürgeraktion, wo das Proletariat völlig machtlos ist. An diese Möglichkeit zu glauben, ist eine Sackgasse; daran glauben machen zu wollen, bedeutet eindeutig, sich zum Komplizen der herrschenden Klasse zu machen. Im Kontext der Pandemie, in der der bürgerliche Staat und die herrschende Klasse einen Teil des Vertrauens der Ausgebeuteten verloren haben, leistet Die Pandemiefabrik ihren Beitrag zu den Kampagnen der Bourgeoisie und ist nichts anderes als eines der ideologischen Gegenfeuer, die gezündet werden, damit sich all jene in Sackgassen verirren, die sich berechtigt die Frage stellen, was zu tun ist, um den barbarischen Zyklus der Umweltzerstörung aufzuhalten.
Im Laufe der Seiten skizzieren die Wissenschaftler mit ihrem Schwerpunkten, wie nach ihnen die Lösung für die globale Umweltkrise aussehen sollte. Sie betonen die Notwendigkeit einer universellen "gesellschaftlichen Revolution", die alle Bereiche betreffe und in der Lage sei, "alles auf systemische Weise neu zu überdenken", insbesondere die Beziehung der Menschheit zur Natur, vor allem in Bezug auf Wirtschaft und Produktion, die Notwendigkeit, eine neue Ethik zu entwickeln und die "Frage der Armut" zu lösen, da es sonst unmöglich sein werde, "die Ökosysteme nachhaltig zu erhalten".
Kann man sich auch nur einen Moment lang ernsthaft vorstellen, dass diese angeblichen Lösungen auch nur ansatzweise dem entsprechen, was die zerfallende bürgerliche Welt zu bieten hat? Natürlich ist das nicht der Fall! Die großen Linien dieser Darstellung weisen im Gegenteil auf den Gesellschaftsentwurf des Totengräbers der kapitalistischen Welt hin, die einzige Alternative, die die Türen zur Zukunft öffnen kann: "Dieser Kommunismus [...] ist die wahrhafte Auflösung des Widerstreites zwischen dem Menschen mit der Natur und mit dem Menschen"[6], dessen Träger die revolutionäre Klasse unserer Zeit ist, das Proletariat.
Während die Arbeiterbewegung im 19. Jahrhundert mit den Auswirkungen der Industrialisierung auf die Lebensbedingungen des Proletariats und seine Gesundheit, mit unhygienischen Zuständen, Epidemien und der Verschmutzung von Luft und Wasser in der urbanen Hölle der Großstädte sowie mit der alarmierenden Erschöpfung der natürlichen Ressourcen konfrontiert war, (insbesondere der Böden, die in England, dem damals am weitesten entwickelten Land auf dem Weg zum Kapitalismus, der kapitalistischen Landwirtschaft im großen Stil ausgesetzt waren), beschäftigte sie sich seit ihren ersten Schritten auch mit Umweltfragen.
So prangerte der Marxismus energisch die Abartigkeit der privaten Aneignung von Land und die Unvereinbarkeit des Kapitalismus mit der Natur und ihrer Erhaltung an. Das kapitalistische System, das sich als Ergebnis eines historischen Prozesses erweist, der alles in Waren verwandelt, ein universelles System der Warenproduktion, in dem alles käuflich ist, hat die Plünderung der Natur nicht eingeleitet. Aber diese Plünderung findet mit dem Kapitalismus im globalen Maßstab statt – ein beispielloser Vorgang im Vergleich zu früheren, eher auf lokale Dimensionen beschränkten Produktionsweisen – und nimmt einen in der Geschichte der Menschheit qualitativ neuen Charakter des Raubbaus an. „Die Natur wird erst rein Gegenstand für den Menschen, rein Sache der Nützlichkeit; hört auf, als Macht für sich anerkannt zu werden; und die theoretische Erkenntnis ihrer selbständigen Gesetze erscheint selbst nur als List, um sie den menschlichen Bedürfnissen, sei es als Gegenstand des Konsums, sei es als Mittel der Produktion, zu unterwerfen.“[7] Die Unvereinbarkeit des Kapitalismus mit der Natur (die sich in den ökologischen Verwüstungen äußert, die seiner Gier entsprechen) hat ihre Wurzel eben in seiner ausbeuterischen Natur, in der Tatsache, dass er, getrieben von der rasenden Suche nach dem maximalen Profit, nicht nur aus der Ausbeutung der Arbeitskraft des Proletariats seinen Reichtum und seinen Profit zieht, sondern auch aus der Ausbeutung und Plünderung der Ressourcen der Natur: „Die Arbeit ist nicht die Quelle alles Reichtums. Die Natur ist ebenso sehr die Quelle der Gebrauchswerte (und aus solchen besteht doch wohl der sachliche Reichtum!) als die Arbeit, die selbst nur die Äußerung einer Naturkraft ist, der menschlichen Arbeitskraft. [...] Nur soweit der Mensch sich von vornherein als Eigentümer zur Natur, der ersten Quelle aller Arbeitsmittel und -gegenstände, verhält, sie als ihm gehörig behandelt, wird seine Arbeit Quelle von Gebrauchswerten, also auch von Reichtum.“[8] Marx prangerte bereits die gleichermaßen zerstörerischen Auswirkungen der kapitalistischen Ausbeutung und Akkumulation auf den Planeten wie auf die Arbeitskraft des Proletariats an: „Wie in der städtischen Industrie wird in der modernen Agrikultur die gesteigerte Produktivkraft und größere Flüssigmachung der Arbeit erkauft durch Verwüstung und Versiechung der Arbeitskraft selbst. Und jeder Fortschritt der kapitalistischen Agrikultur ist nicht nur ein Fortschritt in der Kunst, den Arbeiter, sondern zugleich in der Kunst, den Boden zu berauben, jeder Fortschritt in Steigerung seiner Fruchtbarkeit für eine gegebene Zeitfrist zugleich ein Fortschritt in Ruin der dauernden Quellen dieser Fruchtbarkeit. Je mehr ein Land, wie die Vereinigten Staaten von Nordamerika z.B., von der großen Industrie als dem Hintergrund seiner Entwicklung ausgeht, desto rascher dieser Zerstörungsprozeß. Die kapitalistische Produktion entwickelt daher nur die Technik und Kombination des gesellschaftlichen Produktionsprozesses, indem sie zugleich die Springquellen alles Reichtums untergräbt: die Erde und den Arbeiter.“[9]
Vor allem hat der Marxismus aufgedeckt, dass der Entwicklungsprozess des Kapitals, der dem Zwang zu immer größerer Akkumulation unterworfen ist, die natürliche Grundlage der Produktion selbst beeinträchtigt, die Wechselwirkung zwischen Mensch und Natur gefährlich aus dem Gleichgewicht bringt und einen unheilbaren Bruch in ihrem Stoffwechsel verursacht. "Mit dem stets wachsenden Übergewicht der städtischen Bevölkerung, die sie in großen Zentren zusammenhäuft, häuft die kapitalistische Produktion einerseits die geschichtliche Bewegungskraft der Gesellschaft, stört sie andrerseits den Stoffwechsel zwischen Mensch und Erde, d.h. die Rückkehr der vom Menschen in der Form von Nahrungs- und Kleidungsmitteln vernutzten Bodenbestandteile zum Boden, also die ewige Naturbedingung dauernder Bodenfruchtbarkeit.“[10] „Auf der anderen Seite reduziert das große Grundeigentum die agrikole Bevölkerung auf ein beständig sinkendes Minimum und setzt ihr eine beständig wachsende, in großen Städten zusammengedrängte Industriebevölkerung entgegen; es erzeugt dadurch Bedingungen, die einen unheilbaren Riss hervorrufen in dem Zusammenhang des gesellschaftlichen und durch die Naturgesetze des Lebens vorgeschriebnen Stoffwechsels, infolge wovon die Bodenkraft verschleudert und diese Verschleuderung durch den Handel weit über die Grenzen des eignen Landes hinausgetragen wird. […] Große Industrie und industriell betriebene große Agrikultur wirken zusammen.“[11] Deshalb hat der Kapitalismus trotz aller wissenschaftlichen und technologischen Fortschritte, selbst wenn sie dazu gedacht waren, die ökologische Krise zu bewältigen, diese Krise nur angeheizt, sie ausgeweitet und immer weiter verschärft. Indem er die Natur verwüstete und "die ewige Naturbedingung des menschlichen Lebens" bedrohte. Marx konnte bereits erkennen, dass der Kapitalismus die Zukunft späterer Generationen und potenziell die Zukunft der Menschheit gefährdet.[12]
Auch wenn Marx und die Arbeiterbewegung seiner Zeit sich nicht vorstellen konnten, welche Auswirkungen die Agonie des Kapitalismus auf die Menschheit haben würde, wurden ihre Vorhersagen nach mehr als einem Jahrhundert des kapitalistischen Niedergangs reichlich bestätigt. In diesem Zeitraum wurde die Kapitalakkumulation immer zerstörerischer, wobei „die rücksichtslose Zerstörung der Umwelt durch das Kapital eine andere Stufe und Qualität erreichte [...]. Dies ist die Epoche, die alle kapitalistischen Nationen dazu zwingt, miteinander auf einem gesättigten Weltmarkt zu konkurrieren; eine Epoche der ständigen Kriegswirtschaft also, mit einem unverhältnismäßigen Wachstum der Schwerindustrie; eine Epoche, die charakterisiert ist durch eine irrationale, verschwenderische Vervielfältigung von Industriekomplexen in jeder nationalen Einheit [...]. Der Aufstieg der "Megastädte" ist sehr stark ein Phänomen der dem Zweiten Weltkrieg folgenden Zeit, so wie auch die Entwicklung von Landwirtschaftsformen, die ökologisch nicht weniger schädlich sind als die meisten Formen der Industrie.“[13]
„Die große Beschleunigung“ (wie manche das Ausmaß der ökologischen Verwüstungen der letzten Jahrzehnte bezeichnen) bildet in Wirklichkeit eine der Erscheinungsformen der historischen Krise der kapitalistischen Produktionsweise in ihrer Niedergangsperiode, die in ihrer letzten Phase, der Phase ihres Zerfalls, auf den Höhepunkt getrieben wurde. Die ökologischen Folgen des zerfallenden Kapitalismus (von denen die Covid-19-Pandemie ein reines Produkt ist) vermischen und kombinieren sich mit allen anderen Phänomenen des Zerfalls der kapitalistischen Gesellschaft und stürzen dabei die Menschheit in immer größeres Chaos und Barbarei. Die Erschöpfung der Ressourcen und die Folgen der globalen Erwärmung stören und desorganisieren ernsthaft die landwirtschaftliche und industrielle Produktion, erzeugen Fluchtbewegungen aus unproduktiv oder unbewohnbar gewordenen Gebieten und verschärfen die militärischen Rivalitäten in einer Welt, in der jeder Staat versucht, sich selbst vor der Katastrophe zu retten. Mehr denn je stellen die obsolet gewordenen kapitalistischen Gesellschaftsverhältnisse eine tödliche Gefahr für das Überleben der Menschheit dar.
Die Lösung der ökologischen Krise erfordert daher die Abschaffung des Kapitalismus selbst, der kapitalistischen gesellschaftlichen Ausbeutungsverhältnisse. Sie geht Hand in Hand mit der Lösung der sozialen Frage und ist von dieser abhängig, um eine Gesellschaft frei assoziierter Produzent:innen (den Kommunismus) zu errichten. „Aber sie zwingt zugleich durch die Zerstörung der bloß naturwüchsig entstandenen Umstände jenes Stoffwechsels, ihn systematisch als regelndes Gesetz der gesellschaftlichen Produktion und in einer der vollen menschlichen Entwicklung adäquaten Form herzustellen“,[14] um die Befriedigung der menschlichen Bedürfnisse in den Mittelpunkt ihrer Produktionsweise zu stellen. Diese kommunistische Gesellschaft kann nur durch das Proletariat verwirklicht werden, die einzige gesellschaftliche Kraft, die ein Bewusstsein und eine Praxis entwickelt hat, die geeignet sind, "die bestehende Welt zu revolutionieren", "die vorgefundnen Dinge praktisch anzugreifen und zu verändern".[15] Nur es kann durch seinen Kampf für den Kommunismus der Menschheit eine Zukunft sichern!
Scott, 25. Oktober 2021
[1] Sofern nicht anders angegeben, sind alle Zitate dem Buch von Marie-Monique Robin entnommen und von uns in Deutsche übersetzt worden.
[2] Kritik von Internationalisme (1948) an Pannekoeks/Harpers Lenin als Philosoph, in Internationale Revue Nr. 54 (2. Teil, S. 23)
[3] "Selbst drastische Sicherheitsbedingungen schützen nicht vor Unfällen. So ereigneten sich in den USA zwischen 2004 und 2010 mehr als 700 Zwischenfälle mit Diebstahl, Verlust oder Freisetzung von Infektionserregern und Toxinen, die sowohl den Milzbrandbazillus als auch den Vogelgrippebazillus betrafen. Etwa zehn von ihnen haben Infektionen ausgelöst" (S. Morand, La prochaine peste, 2016).
[4] Die Welt im Jahr 2035 aus der Sicht der CIA (2017)
[5] Mit eisigem Zynismus lüftet der CIA-Bericht einen Teil des Schleiers über den Grund für die angeborene Unfähigkeit des Kapitalismus, die Menschheit vor den Plagen zu schützen, die sie bedrängen: "Die Mobilisierung von Politik und Ressourcen für präventive Maßnahmen wird sich als schwierig erweisen, wenn keine dramatische Krise eintritt, die ein Umdenken der Prioritäten erzwingt. Selbst nach einer Krise wird der Wille, eine Wiederholung zu vermeiden, oft von der Höhe der Investitionen in die Klimaforschung, in den Katastrophenschutz und die Katastrophenvorhersage übertroffen" (Die Welt im Jahr 2035 aus Sicht der CIA). Deutlicher kann man es nicht sagen! Die gleiche Agentur bestätigt übrigens, dass die Covid-19-Pandemie die Reaktionsfähigkeit des Kapitalismus auf die Gesundheits- und Umweltkrise weiter unterminiert und dass man sich keine Illusionen über irgendeine zukünftige Verbesserung machen sollte: "Die Covid-19-Pandemie hat die Schwächen und politischen Spaltungen der internationalen Institutionen [...] hervorgehoben und die Fähigkeit und Bereitschaft der Länder zur multilateralen Zusammenarbeit bei der Bewältigung gemeinsamer Herausforderungen jenseits von Infektionskrankheiten, einschließlich des Klimawandels, in Frage gestellt" (Die Welt im Jahr 2035 aus Sicht der CIA). Seine "Auswirkungen werden unverhältnismäßig stark in den Entwicklungsländern und den ärmsten Regionen zu spüren sein und zusammen mit der Umweltzerstörung neue Anfälligkeiten schaffen und bestehende Risiken für wirtschaftlichen Wohlstand, Ernährung, Wasser, Gesundheit und Energiesicherheit verschärfen. Regierungen, Gesellschaften und der Privatsektor werden wahrscheinlich Anpassungs- und Widerstandsfähigkeitsmaßnahmen entwickeln, um den bestehenden Bedrohungen zu begegnen, aber es ist unwahrscheinlich, dass diese Maßnahmen gleichmäßig verteilt werden, so dass einige Bevölkerungsgruppen zurückbleiben dürften"(idem). Das ist eine Beschönigung!
[6] Karl Marx, Ökonomisch-philosophische Manuskripte [Privateigentum und Kommunismus] <533>* ad pag. XXXIX. https://www.marxists.org/deutsch/archiv/marx-engels/1844/oek-phil/3-2_prkm.htm [27]
[7] Karl Marx, Grundrisse der Kritik der politischen Ökonomie 1857-1858, Europäische Verlagsanstalt Frankfurt, Berlin 1953, Das Kapitel vom Kapital, Heft IV, S. 323
[8] Karl Marx, Kritik des Gothaer Programms, Randglossen zum Programm der deutschen Arbeiterpartei, Erster Teil des Paragraphen: „Die Arbeit ist die Quelle alles Reichtums und aller Kultur“, (https://www.marxists.org/deutsch/archiv/marx-engels/1875/kritik/randglos.htm [28])
[9] Karl Marx, Das Kapital, Erster Band, Der Produktionsprozess des Kapitals, IV. Die Produktion des relativen Mehrwerts, 13. Kapitel, Maschinerie und große Industrie, 10. Große Industrie und Agrikultur, MEW Bd. 23, S. 529 (http://www.mlwerke.de/me/me23/me23_483.htm#Kap_13_10 [29]). Schon allein hinsichtlich dieses einen landwirtschaftlichen Aspekts wurden Marx' Prognosen reichlich bestätigt: "Mehr als ein Drittel der Böden (Quellen für 95 Prozent der Nahrungsmittelressourcen) ist bereits degradiert, und dieser Anteil wird mit dem Wachstum der Weltbevölkerung wahrscheinlich noch zunehmen. Die Bodendegradation (der Verlust der Bodenproduktivität aufgrund von durch den Menschen verursachten Veränderungen) findet bereits mit einer Geschwindigkeit statt, die vierzigmal höher ist als ihre Neubildung" (Die Welt im Jahr 2035 aus der Sicht der CIA).
[10] Karl Marx, Das Kapital, Erster Band, Der Produktionsprozess des Kapitals, IV. Die Produktion des relativen Mehrwerts, 13. Kapitel, Maschinerie und große Industrie, 10. Große Industrie und Agrikultur, MEW Bd. 23, S. 528
[11] Karl Marx - Friedrich Engels - Werke, Band 25, Das Kapital, Dritter Band, Sechster Abschnitt, S. 790-821, Dietz Verlag, Berlin/DDR 1983, SIEBENUNDVIERZIGSTES KAPITEL, Genesis der kapitalistischen Grundrente, V. Metäriewirtschaft und das bäuerliche Parzelleneigentum (http://www.mlwerke.de/me/me25/me25_790.htm#Kap_47_V [30])
[12] „Aber die Abhängigkeit der Kultur der besondren Erdprodukte von den Schwankungen der Marktpreise, und der beständige Wechsel dieser Kultur mit diesen Preisschwankungen, der ganze Geist der kapitalistischen Produktion, der auf den unmittelbaren nächsten Geldgewinn gerichtet ist, widerspricht der Agrikultur, die mit den gesamten ständigen Lebensbedingungen der sich verkettenden Menschengenerationen zu wirtschaften hat“. Karl Marx, MEW Band 25, Das Kapital, Bd. III, Sechster Abschnitt, S. 627-652, Dietz Verlag, Berlin/DDR 1983, Sechster Abschnitt, Verwandlung von Surplusprofit in Grundrente, SIEBENUNDDREISSIGSTES KAPITEL. Einleitendes (http://www.mlwerke.de/me/me25/me25_627.htm [31])
[13] Ökologie: Der Kapitalismus vergiftet die Erde [32], in Internationale Revue Nr. 13, 1991
[14] Marx, Das Kapital, Erster Band, Der Produktionsprozess des Kapitals, IV. Die Produktion des relativen Mehrwerts, 13. Kapitel, Maschinerie und große Industrie, 10. Große Industrie und Agrikultur, MEW Bd. 23, S. 528
[15] Marx, Die deutsche Ideologie (1846), Feuerbach, Gegensatz von materialistischer und idealistischer Anschauung, Über die Produktion des Bewusstseins (http://www.mlwerke.de/me/me03/me03_017.htm [33])
Im Folgenden wird ein Briefwechsel hauptsächlich zwischen Gruppen der Kommunistischen Linken veröffentlicht, der vom ersten Vorschlag über die Ausarbeitung und Fertigstellung bis zur Veröffentlichung der Gemeinsamen Erklärung reicht.
Die Korrespondenz innerhalb der marxistischen Bewegung war immer ein wichtiger Aspekt ihrer Entwicklung und ihrer Intervention in der Arbeiterklasse. Die Kommunistische Linke hat diese Tradition fortgesetzt. Die nachfolgende Korrespondenz ist besonders bedeutsam, weil sie den Prozess des Kontakts und der Diskussion zwischen den konstituierenden Gruppen der Kommunistischen Linken über die Prinzipien und das Verfahren für das Erreichen einer gemeinsamen Aktion wie der Gemeinsamen Erklärung zum Krieg in der Ukraine bekannt macht.
Die Tatsache, dass ein Großteil der Korrespondenz zwischen der IKS und der IKT über die Weigerung der IKT, an der Gemeinsamen Erklärung teilzunehmen und sie zu unterzeichnen, geführt wird, wird den Leserinnen und Lesern helfen, die widersprüchlichen Argumente bezüglich der Motivation für die Erklärung, der Kriterien für die Einbeziehung der Gruppen in die Erklärung, der Frage, wie die widersprüchlichen Analysen der imperialistischen Situation in der Erklärung behandelt werden sollen, und anderer Fragen zu verstehen. Obwohl die IKT diesen Teil der Korrespondenz beendet hat, sind die wesentlichen Fragen, um die es geht, noch zu klären und zu diskutieren.[1]
Wir fügen hier am Ende auch die Korrespondenz mit zwei Gruppen ein, die nicht aus der Tradition der Kommunistischen Linken stammen: die KRAS, eine russische anarchosyndikalistische Gruppe, und die Internationalist Communist Perspective aus Korea. Wir haben sie gebeten, die Gemeinsame Erklärung zu unterstützen, weil sie den Krieg in der Ukraine ebenfalls auf internationalistischer Grundlage ablehnen.
Ansonsten ist die Korrespondenz in chronologischer Reihenfolge dargestellt.
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25/02/2022
Die IKS an:
- IKT
- Parti Communiste International (Programma Comunista)
- Parti Communiste International (Il Comunista)
- Istituto Onorato Damen
- Internationalist Voice
- Fil Rouge
Genossinnen und Genossen,
Der imperialistische Krieg hat Europa erneut in großem Ausmaß getroffen. Der Krieg in der Ukraine ist einmal mehr eine dramatische Erinnerung an die wahre Natur des Kapitalismus, eines Systems, dessen Widersprüche unweigerlich zu militärischen Konfrontationen und Massakern an der Bevölkerung, insbesondere den Ausgebeuteten, führen. Seit Beginn des 20. Jahrhunderts haben die politischen Organisationen des Proletariats über ihre Differenzen hinweg ihre Kräfte vereint, um den imperialistischen Krieg anzuprangern und das Proletariat aller Länder aufzurufen, sich am Kampf für den Sturz des Systems, das ihn hervorbringt, des Kapitalismus, zu beteiligen. Die Kongresse von Stuttgart (1907), Basel (1912), Zimmerwald (1915) und Kienthal (1916) ebneten den Weg für die kommunistische Revolution vom Oktober 1917 in Russland und für das Ende des imperialistischen Gemetzels.
In den 1930er Jahren und während des zweiten imperialistischen Gemetzels ist es die Ehre der Kommunistischen Linken, das Banner des proletarischen Internationalismus gegenüber all jenen entschlossen zu verteidigen, die die Proletarier:innen dazu aufriefen, sich im Namen des "Antifaschismus", der "Verteidigung der Demokratie" oder der "Verteidigung des sozialistischen Vaterlandes" gegenseitig zu bekämpfen. Heute liegt es in der Verantwortung der Gruppen, die behaupten, Teil dieser Kommunistischen Linken zu sein, den proletarischen Internationalismus entschieden zu verteidigen und insbesondere:
- die Lügen aller nationalen Sektoren der herrschenden Klasse anzuprangern, die darauf abzielen, die Proletarier:innen in den imperialistischen Krieg zu verwickeln oder sie in ihre imperialistische Politik einzubeziehen, indem sie sie auffordern, sich auf die Seite dieses oder jenes imperialistischen Lagers zu stellen;
- die Proletarier:innen der ganzen Welt aufzurufen, alle Opfer abzulehnen, die die herrschende Klasse und ihre Staaten ihnen auferlegen wollen, den Klassenkampf gegen dieses System zu führen, das sie grausam ausbeutet und darauf abzielt, sie zu Kanonenfutter zu machen;
- die Bedeutung und die Aktualität der alten Parolen der Arbeiterbewegung in Erinnerung zu rufen: "Die Proletarier:innen haben kein Vaterland", "Proletarier:innen aller Länder, vereinigt euch!“
- Wir sind davon überzeugt, dass eure Organisation, ebenso wie unsere, ihre internationalistische Verantwortung angesichts des gegenwärtigen Krieges nicht vernachlässigen wird. Die IKS ist jedoch der Meinung, dass das Bekenntnis zum Internationalismus eine viel größere Wirkung hätte, wenn die von jeder unserer Organisationen eingenommenen Positionen durch eine gemeinsame Position unserer Organisationen untermauert würden, die auf den grundlegenden Positionen beruht, die wir alle teilen. Wir rufen euch daher auf, unserem Vorschlag zuzustimmen und, falls ihr dafür seid, so schnell wie möglich mit unserer Organisation Kontakt aufzunehmen, um diese gemeinsame Position vorzubereiten.
Kommunistische und internationalistische Grüße
IKS
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01.03.2022
Liebe Freunde,
Jetzt ist es nicht an der Zeit zu reden, sondern die unveränderten und unveränderlichen Richtlinien der revolutionären Vorbereitung in die Praxis umzusetzen: die Arbeit zur Vorbereitung des revolutionären Defätismus, die Loslösung der proletarischen Klasse von der bürgerlichen und kleinbürgerlichen Hegemonie und perspektivisch die Umwandlung des imperialistischen Krieges in einen Klassenkrieg.
Grüße
il programma comunista
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Genossinnen und Genossen
Wir haben euren Vorschlag diskutiert. Niemand kann bestreiten, dass die Organisationen der Kommunistischen Linken auf den neuen und noch gefährlicheren Kurs, den diese imperialistische Welt jetzt eingeschlagen hat, reagieren müssen, und wir selbst haben bereits auf verschiedene Weise darauf reagiert.
Wir widersprechen auch nicht eurer Skizzierung der grundlegenden proletarischen Positionen.
„- die Lügen aller nationalen Sektoren der herrschenden Klasse anzuprangern, die darauf abzielen, die Proletarier:innen in den imperialistischen Krieg zu verwickeln oder sie in ihre imperialistische Politik einzubeziehen, indem sie sie auffordern, sich auf die Seite dieses oder jenes imperialistischen Lagers zu stellen;
- die Proletarier:innen der ganzen Welt aufzurufen, alle Opfer abzulehnen, die die herrschende Klasse und ihre Staaten ihnen auferlegen wollen, den Klassenkampf gegen dieses System zu führen, das sie grausam ausbeutet und darauf abzielt, sie zu Kanonenfutter zu machen;
- die Bedeutung und die Aktualität der alten Parolen der Arbeiterbewegung in Erinnerung zu rufen: ‚Die Proletarier:innen haben kein Vaterland‘, ‚Proletarier:innen aller Länder, vereinigt euch!‘"
Wir müssen jedoch über diese wichtigen propagandistischen Punkte hinausgehen. Wir haben in der Vergangenheit immer wieder festgestellt, dass unsere völlig unterschiedlichen Sichtweisen eine tiefergehende gemeinsame Erklärung unmöglich machen, und das hat sich im Laufe der Zeit eher verstärkt als verringert. Obwohl wir also nicht grundsätzlich gegen eine Form der gemeinsamen Erklärung sind, könnten wir vielleicht feststellen, dass die gleichen alten Probleme auftreten. Die Frage ist: Wie steht es nun um diese Perspektiven? Würden sie es uns ermöglichen, ein sinnvolles Dokument zu erstellen, das als Leitfaden für Maßnahmen dienen könnte?
Unsere zweite Frage bezieht sich darauf, wem ihr diese gemeinsame Initiative noch vorschlägt? Wir wissen, dass alle bordigistischen Parteien sich nicht nur weigern werden, sondern dass sie uns gerne sagen werden, dass sie DIE Partei sind. Und es kann sein, dass es auch notwendig ist, über die "Kommunistische Linke" (die trotz unseres jüngsten Wachstums leider immer noch klein ist) hinaus auf diejenigen zu schauen, die unsere Klassenperspektive teilen, wenn auch nicht unsere genaue Politik. Die Parole "Kein Krieg außer dem Klassenkrieg" stellt nicht nur diese Frage für andere politische Gruppen, sondern lenkt sie weiter in Richtung der Perspektive der Kommunistischen Linken. Noch wichtiger ist, dass es ein Aufruf zum Kampf für die gesamte Arbeiterklasse ist, der den Kampf gegen die täglichen Angriffe des Kapitalismus mit der schrecklichen Zukunft verbindet, die der Kapitalismus für uns vorbereitet. Eine Zukunft, die näher zu sein scheint als je zuvor.
Wir haben die Ankündigung des Treffens an alle unsere Genossinnen und Genossen weitergeleitet.
Internationalistische Grüße
Das Internationale Büro der IKT
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3. März 2022
Liebe Genossinnen und Genossen!
Wir begrüßen eure Initiative, eine gemeinsame Erklärung zum Krieg abzugeben und stimmen mit euch überein, dass eine gemeinsame Erklärung eine viel größere Wirkung haben würde.
Ein wesentlicher Punkt für uns ist jedoch, wer diesen Brief erhalten hat, und wir können Euch vertrauen, dass nur Revolutionäre ihn erhalten haben.
Eine Erklärung von uns ist bereits veröffentlicht worden, siehe Anhang, und die englische Version wird bald verfügbar sein.
Internationalistische Grüße
Internationalist Voice
Genossinnen und Genossen,
Wir begrüßen euren Vorschlag.
Wir sind wie ihr der Meinung, dass die internationalistischen Kommunisten der ganzen Welt die Verantwortung haben, die Ursachen des imperialistischen Krieges zu klären und zu diesem Krieg Stellung zu nehmen.
Unsere Organisation ist der Meinung, dass die kommunistische politische Perspektive, die auf proletarischem Internationalismus, revolutionärem Defätismus und Ablehnung aller imperialistischen Lager beruht, zunehmend die einzig mögliche Antwort der Arbeiterklasse auf das imperialistische Gemetzel und die kapitalistische Barbarei darstellt. Sie ist die einzige Möglichkeit einer Zukunft für die Menschheit in einer Gesellschaft, die endlich menschlich ist: eine kommunistische Gesellschaft.
Wir begrüßen die Idee, dass Revolutionäre über die Unterschiede zwischen den Organisationen hinweg vereint den imperialistischen Krieg anprangern und im Weltproletariat die Perspektive der internationalen kommunistischen Revolution unterstützen müssen.
Unsere Organisation stimmt daher der Vorbereitung einer gemeinsamen Erklärung zu, die von verschiedenen internationalistischen revolutionären kommunistischen Gruppen unterstützt wird, zusätzlich zu den Erklärungen und Analysen, die jede Organisation unabhängig veröffentlicht.
Sie würde eine stärkere internationalistische Stimme darstellen; wir denken auch, dass sie einen Schritt vorwärts auf dem Weg einer brüderlichen und offenen Konfrontation zwischen Kommunisten darstellen könnte, in der Perspektive des Aufbaus der zukünftigen Kommunistischen Weltpartei, auf der Grundlage programmatischer Klarheit.
Was die Vorbereitung dieser gemeinsamen Erklärung betrifft, so schlagen wir vor, dass die IKS einen Entwurf ausarbeitet, an dem wir gemeinsam arbeiten können.
Mit unseren brüderlichen kommunistischen Grüßen
IOD
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13. März 2022
- Internationalistische Kommunistische Tendenz
- IKP (il programma comunista)
- IKP (Il Comunista)
- IKP (Il Partito Comunista)
- Istituto Onorato Damen
- Internationalist Voice
- IKP (Le Prolétaire)
Liebe Genossinnen und Genossen,
Wir schreiben im Anschluss an unseren Brief vom 25.02.2022, in dem wir eine gemeinsame öffentliche Erklärung der grundlegenden internationalistischen Prinzipien gegen den Krieg in der Ukraine vorschlagen, die in der Tradition der gesamten Kommunistischen Linken stehen.
Wir haben positive Unterstützung für diesen Vorschlag vom Istituto Onorato Damen und Internationalist Voice erhalten. Die Internationale Kommunistische Tendenz hat ebenfalls positiv auf die Hauptprinzipien geantwortet, die wir für die Erklärung vorgeschlagen haben, hatte aber einige Fragen bezüglich der Analyse der Situation, der Eingeladenen und der Möglichkeit anderer gemeinsamer Initiativen. Die IKP (Programma) lehnte den Vorschlag in einer kurzen Antwort ab und erklärte, es sei "Zeit zu handeln, nicht zu reden". Die anderen Eingeladenen haben noch nicht geantwortet.
Die Hauptaufgabe für die Kommunistische Linke besteht heute darin, mit einer einheitlichen Stimme über die grundlegenden internationalistischen Prinzipien unserer Tradition zu sprechen, was den imperialistischen Charakter des Krieges, die Anprangerung pazifistischer Illusionen und die alternative Perspektive des Kampfes der Arbeiterklasse, der zum Sturz des Kapitalismus führt, betrifft. Wir müssen die einzige politische Tradition bekräftigen, die diese Prinzipien in der Vergangenheit in Feuerproben aufrechterhalten hat.
Unserer Ansicht nach besteht die Funktion der Erklärung daher nicht darin, die Analyse der Situation zu vertiefen, zu der es zweifellos unterschiedliche Auffassungen zwischen den Organisationen gibt, die die Kommunistische Linke vertreten; auch ist die Erklärung unserer Meinung nach nicht der Ort, um auf Fragen anderer gemeinsamer Initiativen einzugehen. Eine gemeinsame Erklärung der Gruppen der Kommunistischen Linken wäre jedenfalls kein Hindernis für die Diskussion über Differenzen und alternative Ansätze in anderen Zusammenhängen.
Die Genossinnen und Genossen der IOD haben vorgeschlagen, dass die IKS die gemeinsame Erklärung verfasst. Um den Prozess zu beschleunigen, haben wir diesen Vorschlag angenommen, und der Entwurf des Aufrufs ist diesem Schreiben beigefügt. Wir haben versucht, die internationalistischen Prinzipien so darzustellen, dass sie von allen Unterzeichnenden akzeptiert werden können. Die Genoss:innen sind jedoch eingeladen, alternative Formulierungen zu den bestehenden vorzuschlagen, um das gemeinsame Ziel der Erklärung zu erreichen. Wir hoffen jedoch, dass die Genossen:innen, da sie wissen, dass die Zeit drängt, sich auf die Änderungen beschränken werden, die sie für die Erfüllung des gemeinsamen Projekts als wesentlich erachten, so dass eine endgültige Fassung schnell erstellt werden kann.
Wir sind zuversichtlich, dass die gemeinsame Erklärung der Kommunistischen Linken diese Prinzipien und diese Tradition in der heutigen Arbeiterklasse bekannter machen wird.
Wir freuen uns auf eure schnelle Antwort.
Kommunistische Grüße
IKS
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21. März 2022
Zu der vorgeschlagenen gemeinsamen Erklärung zum Krieg in der Ukraine
Genossinnen und Genossen
Vielen Dank für die Übersendung des Entwurfs des Aufrufs und die Information darüber, wer ihn zu unterzeichnen beabsichtigt. Bedauerlicherweise müssen wir sagen, dass wir beidem nicht zustimmen können.
Die vorgeschlagene Erklärung enthält mehrere Mängel (sowie faktische Fehler, die wir vorerst beiseite lassen) und ist als politischer Leitfaden für die Arbeiterklasse, wie wir gegen den Krieg kämpfen können, unzureichend. In erster Linie geht sie nicht auf die tatsächliche Bedeutung dieses Krieges zum jetzigen Zeitpunkt ein. Es fehlt auch eine kohärente Analyse des tatsächlichen Geschehens. So bietet sie keine Orientierungshilfe. Sie ist eine reine Erklärung auf dem Papier, und wir müssen mehr bieten als das. Wie Lenin vor langer Zeit sagte: "Ohne revolutionäre Theorie gibt es keine revolutionäre Praxis".
Ein Beispiel für diese Schwäche ist die Tatsache, dass der Erklärungsentwurf darauf verweist, dass "die Weltarbeiterklasse ihrerseits nicht umhin [kommt], ihren Kampf gegen die Verschlechterung der Löhne und des Lebensstandards zu entwickeln", aber nicht sagt, warum der Klassenkampf jetzt wieder aufleben soll, nachdem jahrzehntelang das Gegenteil der Fall war. Was den aktuellen Krieg und die anhaltenden Angriffe auf die Lebensgrundlagen der Arbeiter verbindet, ist die kapitalistische Wirtschaftskrise, die nach fast 50 Jahren immer noch ungelöst ist. Dieser Krieg ist ein neuer und deutlicher Hinweis darauf, dass dem Kapitalismus die rein wirtschaftlichen Optionen ausgehen und die Welt auf dem interimperialistischen Weg zu seiner endgültigen "Lösung" viel weiter ist. Der Entwurf lässt nicht erkennen, dass dies ein neuer und gefährlicher Schritt in der kapitalistischen Geschichte ist. (Dies wird beispielsweise durch das Fehlen jeglichen Hinweises auf China und die Tatsache bestätigt, dass der Krieg in der Ukraine bereits dazu beigetragen hat, eine klarere imperialistische Aufstellung auf globaler Ebene zu definieren.)
Diese abstrakte Zeitlosigkeit angesichts einer sich abzeichnenden Realität wird durch lange Passagen über die Geschichte der Kommunistischen Linken noch verstärkt. So unbestreitbar die Details auch sein mögen, wir leben nicht in der gleichen Welt wie unsere Vorgänger, und dieses Dokument strahlt das Gefühl aus, dass es nur für "das Milieu", wie ihr es nennt, geschrieben wurde. Die Kommunistische Linke kann auf eine prinzipielle Geschichte des Widerstands gegen den Krieg zurückblicken, auf die wir stolz sein können, aber wie in der Erklärung letztlich eingeräumt wird, haben wir in der heutigen Klasse wenig Einfluss. Glaubt ihr, dass es unseren Einfluss erweitert, wenn wir aus unserer derzeitigen Position der politischen Unbekanntheit heraus verkünden:
„Heute, angesichts der Beschleunigung des imperialistischen Konflikts in Europa, halten die politischen Organisationen, die sich auf das Erbe der Kommunistischen Linken stützen, weiterhin die Fahne des konsequenten proletarischen Internationalismus hoch und bieten einen Bezugspunkt für diejenigen, die die Prinzipien der Arbeiterklasse suchen“?
Wir leben nicht in der Zeit der Zweiten oder Dritten Internationale, als es eine Massenanhängerschaft gab, die damit endete, dass die Arbeiter verraten und in einen imperialistischen Krieg geführt wurden. Unsere Aufgabe ist es nicht, auf historischen Verrat durch eine vermeintliche Arbeiter-Internationale zu reagieren, sondern weiterhin die Basis für eine neue Internationale zu legen. Wir haben die viel schwierigere Aufgabe, sie von Grund auf neu aufzubauen.
Womit wir bei eurer Liste der potenziellen Unterzeichner wären. Sie ist sehr eng und sogar noch enger, als es den Anschein hat, da wir alle wissen, dass jede bordigistische "Partei" sich selbst als die einzig mögliche internationale Partei betrachtet. Ihr geht nicht näher darauf ein, warum es sich um eine so enge Auswahl unter den Gruppen der Kommunistischen Linken handelt, aber auf eurer Website finden wir Folgendes. „Controverses, IGCL, Internationalist Perspective, Matériaux Critiques und einige andere gehören zum parasitären Milieu und haben nichts mit proletarischem Internationalismus zu tun, auch wenn sie darüber schreiben und genau dieselbe Position vertreten. Ihre Tätigkeit zeichnet sich durch die Sabotage der kommunistischen Aktivitäten aus und steht der Möglichkeit einer einheitlichen Aktion der echten Kommunistischen Linken im Wege.
Die Gruppen, die zur Kommunistischen Linken gehören, sind: Il Partito Comunista, Il Programma Comunista, Instituto Onorato Damen, Program Communiste, Internationalist Communist Tendency, und Internationalist Voice".
Ihr verlangt also von uns, dass wir uns eurer eigenen Definition dessen anschließen, wer zur Kommunistischen Linken gehört und wer nicht, und darüber hinaus eurer langjährigen Begründung, dass jede Organisation, die von Leuten gegründet wird, die die IKS verlassen haben, des "Parasitismus" schuldig sein muss. Wir haben euch schon lange wegen dieser destruktiven Etikettierung kritisiert. Auch wir haben diese Gruppierungen gelegentlich kritisiert, aber immer in politischer Hinsicht mit dem Ziel der Klärung, nicht mit einem Etikett, das darauf abzielt, ihr Existenzrecht zu vernichten.
Auf jeden Fall ist auch euer Vorschlag zu eng gefasst. Selbst wenn wir uns darüber einig wären, wer zur Kommunistischen Linken gehört, haben wir in dieser Frage kein Monopol auf die Wahrheit. Der Einfluss internationalistischer Ideen (oft als Ergebnis all unserer Bemühungen in der Vergangenheit, den Internationalismus zu fördern) ist in politische Organisationen eingedrungen, die aus unterschiedlichen Traditionen stammen. In dieser Situation sollten wir versuchen, sie in eine breitere Bewegung gegen den Krieg einzubinden.
In gewisser Weise ist diese Debatte eine Wiederholung derjenigen, die die IKS in Großbritannien mit der CWO über die Unterstützung von No War But the Class War als organisierte Gruppe des Klassenwiderstands gegen den Krieg führte. Damals waren wir in der Tat genauso kritisch gegenüber eurem engstirnigen Ansatz, wie wir es heute sind. Damals schrieb die CWO, dass wir anerkennen:
„die absolute Schwäche der kommunistischen Kräfte weltweit und sicherlich in Großbritannien. Anders als die IKS blasen wir uns nicht mit Selbstbeschreibungen als internationale Bewegung auf, die länger überlebt hat als jede der drei Internationalen in der Geschichte der Arbeiterbewegung.
Wir anerkennen unsere zentrale Aufgabe, die kommunistische Theorie und Praxis zu bewahren und weiterzuentwickeln, aber das ist eine unmögliche Aufgabe, wenn wir isoliert und introvertiert bleiben.
Kommunisten können ihr Programm und ihre Organisation nur verteidigen und bereichern, indem sie mit der gesellschaftlichen Realität interagieren. Wir müssen die Aktualität der sich entwickelnden Kräfte erkennen und Theorie und Praxis so entwickeln, dass sie sich auf diese Entwicklungen beziehen. Dies gilt sowohl für die grundlegenden Entwicklungen in der Weltwirtschaft als auch für jene Leute, die in allen Arten von sozialen Bewegungen stecken und für das kommunistische Programm empfänglich sind“. [siehe https://www.leftcom.org/en/articles/2002-12-01/communism-against-the-war-drive [34]]
Heute sieht die IKT in der Förderung dieser Organisationsform auf internationaler Ebene den besten Weg, um zu einer echten Klassenbewegung gegen die Kriege beizutragen, die dieses System unweigerlich hervorbringt. Und wie wir bereits gesagt haben, reicht es nicht aus, Erklärungen auf dem Papier abzugeben (auch wenn sie ein notwendiger Anfang sind), wir müssen Wege finden, um das Thema in die breitere Arbeiterklasse zu tragen und sicherlich mit den am meisten betroffenen Elementen in Kontakt zu treten. Es bleibt nicht mehr viel Zeit, und angesichts des vier Jahrzehnte währenden Rückzugs der Klasse stehen wir vor enormen Herausforderungen. Eine neue Generation kommt zur Kommunistischen Linken, während sich die Krise verschärft, und wir müssen ihr etwas geben, mit dem sie arbeiten kann, um eine echte Bewegung aufzubauen. Das heißt, wir brauchen etwas, das klarer und konkreter ist als der Vorschlag, den ihr jetzt vorlegt.
Internationalistische Grüße
Das Internationale Büro der Internationalen Kommunistischen Tendenz
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22.04.2022
Liebe Genossinnen und Genossen
Die IKS stimmt mit den grundlegenden internationalistischen Prinzipien überein, die im Aufruf der IKT "Kein Krieg außer dem Klassenkrieg" zum Krieg in der Ukraine enthalten sind. Da diejenigen, die weitgehend zustimmen, gebeten werden, auf den Aufruf zu antworten, wollen wir unsere Unterstützung für die darin enthaltenen linkskommunistischen Prinzipien unterstreichen:
- Der Krieg in der Ukraine ist ein rein imperialistischer Krieg und keineswegs ein Krieg der nationalen Verteidigung. Die Arbeiterklasse kann keine Seite in dem Gemetzel unterstützen, in dem sie das Hauptopfer ist.
- Die gegenwärtige Periode der imperialistischen Kriege des Kapitalismus, für die der Krieg in der Ukraine ein Beispiel ist, bringt die Auslöschung der Menschheit näher.
- Nur der Sturz des Kapitalismus kann die imperialistischen Kriege beenden. Pazifistische Illusionen in einen friedlichen Kapitalismus begraben die revolutionäre Perspektive der Arbeiterklasse, die die einzige Lösung für den Imperialismus ist.
- Der Weg zur proletarischen Revolution kann nur auf dem Kampf der Arbeiterklasse zur Verteidigung ihrer Lebensbedingungen (und gegen die Gewerkschaften, wie ihr sagt) und dem Engagement in dem Prozess beruhen, der zur Bildung der internationalen politischen Partei der Arbeiterklasse führt. Dieser Prozess schließt notwendigerweise die sozialdemokratischen, stalinistischen und trotzkistischen konterrevolutionären Traditionen aus.
Nachdem wir unsere grundsätzliche Übereinstimmung in diesen Fragen bekräftigt haben, gibt es ein Problem im Zusammenhang mit dem IKT-Aufruf, das es zu klären gilt:
Angesichts dieser engen Übereinstimmung in Fragen internationalistischer Prinzipien, die im IKT-Aufruf zum Ausdruck kommt, war es für die IKT durchaus möglich, die Gemeinsame Erklärung der Gruppen der Kommunistischen Linken (die auf den Websites der Unterzeichner veröffentlicht wurde) zu unterzeichnen, die auf eben diesen Prinzipien beruhte und Punkte sekundärer Meinungsverschiedenheiten zwischen den Gruppen beiseite ließ. Die Gemeinsame Erklärung hätte vom Standpunkt des internationalistischen Prinzips aus von der IKT unterzeichnet werden können, auch wenn eure Organisation sie an sich als unzureichend für den Kampf gegen den imperialistischen Krieg ansieht (wir werden im Detail auf die Gründe zurückkommen, die ihr uns in eurem Schreiben zur Ablehnung der Unterzeichnung der Gemeinsamen Erklärung übermittelt habt).
Vielleicht haltet ihr es nicht für angebracht, euch in einem solchen Aufruf auf die Erfahrung und Tradition der Arbeiterbewegung seit der Zimmerwalder Konferenz und insbesondere auf die Tradition der Kommunistischen Linken zu berufen. Wenn das der Fall ist, könnt ihr uns sagen, warum? Wenn ihr hingegen dieses Anliegen, die Position der Internationalisten zum Krieg in der Ukraine in die Kontinuität unserer Vorgänger einzuordnen, für gültig haltet, sehen wir auf der Grundlage der klaren internationalistischen Positionen, die wir teilen, nicht ein, warum ihr die Gemeinsame Erklärung der Gruppen der Kommunistischen Linken nicht unterstützen könnt.
Vielleicht war der ursprüngliche Vorschlag für eine gemeinsame Erklärung, den wir euch geschickt haben, nicht deutlich genug darin, dass es sich nicht um eine ausschließliche Initiative gegen den imperialistischen Krieg handeln sollte. Die Unterzeichner sollen andere Aktivitäten haben können – so zum Beispiel die NWCW-Komitees, wie ihr in eurem Aufruf vorschlagt –, mit denen die anderen Unterzeichner nicht einverstanden zu sein brauchen oder deren Ziele und Modalitäten ihnen noch unklar erscheinen mögen.
Die Unterzeichner konnten auch in ihrer Analyse der Weltlage unterschiedlicher Meinung sein, solange sie sich einig darin sind, dass der Kapitalismus keine Alternative zum Abstieg in die Barbarei bietet.
Ein wichtiges Erfordernis in dieser Situation ist jedoch eine gemeinsame Erklärung und damit ein stärkeres Bekenntnis der Kommunistischen Linken zum Internationalismus. Natürlich hätten diese gemeinsamen Prinzipien aus dem vorgeschlagenen Entwurf umformuliert oder gestärkt werden können (wie es in den Diskussionen mit dem IOD der Fall war) und die Kriterien für Gruppen, die die Erklärung unterzeichnen, hätten diskutiert werden können.
Wir bitten euch daher, eure Weigerung, die Gemeinsame Erklärung zu unterzeichnen, zu überdenken.
Im Moment scheint der IKT-Aufruf, soweit es die "Öffentlichkeit" betrifft, mit der Gemeinsamen Erklärung zu konkurrieren, so dass diejenigen, die zu internationalistischen Klassenpositionen der Kommunistischen Linken kommen, mit zwei getrennten und rivalisierenden "Einheiten" konfrontiert werden.
Sicherlich können wir uns darauf einigen, dass diese unklare Situation eine Schwäche für das gesamte internationalistische Lager ist.
Wir freuen uns auf eure Vorschläge, wie dieses Problem gelöst werden kann.
Kommunistische Grüße
der IKS
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24. April 2022
Genossinnen und Genossen
Wenn ihr es wirklich ernst meint mit dem Versuch, uns zur Unterzeichnung Eurer Erklärung zu bewegen, geht ihr den falschen Weg.
Zunächst einmal geht ihr nicht auf den zentralen Punkt unserer Entscheidung ein, die Unterschrift zu verweigern, nämlich dass wir eure enge Definition, wer zum "Milieu" gehört und wer nicht, nicht akzeptieren. Wir haben eurer Vorstellung von "Parasitismus" nie zugestimmt und wollen sie auch nicht stillschweigend billigen.
Wir nehmen auch zur Kenntnis, dass ihr die Prinzipien des NWBCW-Aufrufs akzeptiert, aber das Ziel der NWBCW ist es nicht, sich einfach an die Kommunistische Linke zu wenden, sondern Jeden oder jede Organisation zusammenzubringen, die wirklich internationalistisch und praktisch gegen den imperialistischen Krieg sind. Wir nähern uns einem kritischen Punkt in der Weltgeschichte, an dem das kapitalistische System eine entscheidende Wende hin zu neuen und umfassenderen Konflikten vollzogen hat. Eine Haltung, die auf internationalistischen Positionen beruht, ist ein notwendiger Ausgangspunkt, aber das Ziel ist es, über die Behauptung von Prinzipien hinauszugehen. Wir müssen eine Bewegung in der breiteren Arbeiterklasse schaffen, die den Weg für eine politische Antwort auf die Schrecken bereiten kann, die das System bereits für einige bereithält und schließlich für alle Arbeiter:innen bringen wird.
Wir stellen fest, dass die Version der Erklärung, um deren Unterzeichnung ihr uns gebeten habt, nicht die Version ist, die derzeit auf eurer Website steht. Ihr habt diese Version mit den Unterschriften der anderen Organisationen am 6. April online gestellt. Heute ist die Version auf eurer Website überarbeitet worden. Der Satz, den wir in unserer vorherigen Antwort kritisiert hatten, ist verschwunden: "nur die Organisationen der kommunistischen Linken haben das Recht, das Banner des konsequenten proletarischen Internationalismus hochzuhalten".
Ebenfalls gestrichen ist der Satz, der besagt, "der beharrliche, bewusste Kampf der Arbeiterklasse gegen die Verschärfung der Austerität, die der imperialistische Krieg mit sich bringt, ist daher das einzige ernsthafte Hindernis für die Beschleunigung des Militarismus".
Es gibt keine öffentliche Stellungnahme dazu, und wir wissen nicht, ob alle Gruppen, die die Erklärung am 6. April unterzeichnet haben, zu den Änderungen konsultiert wurden. Es ist schwierig, einen ernsthaften Dialog zu führen, wenn sich die Bedingungen der Debatte ständig verschieben.
Auf jeden Fall bleibt unsere Position zur Unterzeichnung der "gemeinsamen Erklärung" dieselbe.
Internationalistische Grüße
die IKT
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29. April 2022
Liebe Genossinnen und Genossen
Wir danken euch für eure Antwort vom 24. April. Wir bedauern, dass ihr euch immer noch weigert, die gemeinsame Erklärung der Kommunistischen Linken zum Krieg in der Ukraine zu unterzeichnen.
Ihr stellt fest, dass die endgültige Fassung der gemeinsamen Erklärung der Kommunistischen Linken nicht ganz mit dem Entwurf übereinstimmt, den wir Euch und den anderen Gruppen am 13. März zur Genehmigung übermittelt haben. In dieser letztgenannten Mitteilung baten wir die Gruppen der Kommunistischen Linken um Kommentare und alternative Formulierungen zu dem Entwurf, so dass es ganz normal und logisch war, anschließend mit den bereitwilligen Mitunterzeichnenden Änderungen an dem Entwurf zu diskutieren, um sich auf eine endgültige Fassung der gemeinsamen Erklärung zu einigen. Natürlich wurden die Mitunterzeichnenden dann konsultiert und die endgültige Fassung wurde als Ergebnis einer gemeinsamen Diskussion geändert. Natürlich hättet ihr euch an diesem gemeinsamen Änderungsprozess beteiligen können, aber ihr habt euch in eurem Schreiben an uns vom 21. März gegen eine gemeinsame Erklärung entschieden.
(Im Übrigen stellen wir fest, dass der erste "No War but the Class War"-Aufruf auf der IKT-Website vom 6. April zwölf Punkte für eine Einigung enthielt, während der zweite vom 23. April nur fünf enthielt. Was ist mit den anderen sieben passiert?)
Offensichtlich bestand keine Notwendigkeit, den Entwurf der gemeinsamen Erklärung der Kommunistischen Linken zu veröffentlichen; der Sinn einer gemeinsamen Erklärung besteht darin, dass sich die Mitunterzeichnenden auf eine endgültige Fassung einigen, bevor sie veröffentlicht wird, als Ausdruck ihres gemeinsamen Handelns. Es gab also keine "Verschiebung" der Bedingungen der Debatte, wie ihr behauptet. Die Bedingungen blieben vom ersten Schreiben des Vorschlags für eine gemeinsame Erklärung bis zu ihrer endgültigen Umsetzung dieselben.
Auf jeden Fall gebt ihr zu, dass ihr die gemeinsame Erklärung ohnehin nicht unterzeichnet hättet, so dass diese Änderungen vom Entwurf zur endgültigen Fassung nicht der Grund für eure Weigerung waren, die gemeinsame Erklärung zu unterzeichnen.
Was aber sind die Gründe für eure Weigerung, die gemeinsame Erklärung zu unterzeichnen? Euer Schreiben ist in diesem grundlegenden Punkt immer noch unklar.
Euer Brief bringt die Beweggründe der IKT hinter dem "No War but the Class War"-Aufruf zur Sprache. Unabhängig von den Verdiensten dieses Aufrufs – wir stimmen mit den ihm zugrundeliegenden internationalistischen Prinzipien überein – oder seinen Schwächen war und ist es für die IKT durchaus möglich, auch die gemeinsame Erklärung zu unterzeichnen, die dieselben internationalistischen Prinzipien enthält. Die koreanische Gruppe, Internationalist Communist Perspective, hat diese Möglichkeit in der Praxis bewiesen. Aber euer Brief geht nicht auf diese Möglichkeit ein, die in unserem vorherigen Brief angesprochen wurde. Auch geht ihr nicht auf das Problem ein, das sich aus der Existenz zweier internationalistischer Appelle ergibt, die als Konkurrenz zueinander angesehen werden könnten.
Die grundlegende Notwendigkeit für das revolutionäre Lager besteht darin, dass die Gruppen der Kommunistischen Linken nicht nur getrennt voneinander internationalistische Erklärungen abgeben, sondern ihre Kräfte im Geiste von Zimmerwald und der proletarischen Einheit in der Aktion bündeln. Warum lehnt ihr dieses Grundprinzip so entschieden ab?
Die Vorstellung vom Milieu der Kommunistischen Linken, die hinter der gemeinsamen Erklärung steht, ist euch zu eng. Habt ihr euch wirklich deshalb geweigert, die gemeinsame Erklärung zu unterzeichnen, damit fake-linkskommunistische Gruppen und Blogger nicht ausgeschlossen werden, die dieses Milieu statt die imperialistische Bourgeoisie angreifen? Obwohl ihr mit der Beschreibung der falschen kommunistischen Linken als "parasitär" nicht einverstanden seid, habt ihr dennoch ihre negative Rolle in der jüngsten Korrespondenz mit der IKS anerkannt. Die Ablehnung des Begriffs "parasitär" ist also kaum ein Grund, sich der wichtigen Verantwortung zu entziehen, die echte Kommunistische Linke gegen den imperialistischen Krieg zu vereinigen.
Schließlich sagt ihr, dass wir den "falschen Weg" gehen, um euch davon zu überzeugen, die gemeinsame Erklärung zu unterzeichnen. Bitte sagt ihr uns, was der "richtige Weg" wäre, um euch zu überzeugen.
Kommunistische Grüße
IKS
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30. April 2022
Genossinnen und Genossen
Wir haben in unserer früheren Korrespondenz klar zum Ausdruck gebracht, dass wir zwar alle internationalistischen Erklärungen gegen den Krieg unterstützen, dass aber euer Aufruf durch die Enge seiner Zielsetzung definiert ist. Ihr schließt nicht nur alle Gruppen aus, die ihr als "Parasiten" betrachtet, sondern im ursprünglichen Dokument hieß es sogar, dass "nur die Organisationen der Kommunistischen Linken das Recht haben, das Banner des konsequenten proletarischen Internationalismus hochzuhalten", und das war die Version, die ihr am 6. April veröffentlicht habt. Jetzt behauptet ihr, dass euer Aufruf von "der Kommunistischen Linken" sei, was euch auf eine Stufe mit den Bordigisten stellt.
Wir glauben nicht, dass ihr wirklich unsere Besorgnis über den Ernst der aktuellen Situation teilt. Wir stellen fest, dass es auf eurer Seite einen Artikel gibt, der besagt, dass es keinen allgemeinen imperialistischen Krieg geben werde, da "die Blöcke nicht gebildet" worden seien [siehe Unsere Machthaber verlangen Opfer auf dem Altar des Krieges [35]]. Die Welt hat eine entscheidende Wendung in Richtung des imperialistischen Krieges genommen, von dem die Kommunistische Linke wusste, dass er das Ergebnis dieser langen Krise des Zyklus der Kapitalakkumulation sein würde. Selbst wenn sie einen Frieden über die Ukraine schließen (was von Tag zu Tag unwahrscheinlicher wird), wird es nur ein Waffenstillstand sein. Die zunehmenden Widersprüche des Systems diktieren jetzt den Kurs, auf den uns der imperialistische Kapitalismus bringt. Es hat länger gedauert, als wir alle dachten, aber das ist nicht das einzige wichtige Thema. Wie wir in unserem Aufruf zum Handeln sagten, befindet sich die Arbeiterklasse seit Jahrzehnten auf dem Rückzug, und wie wir vorausgesagt haben, gibt es noch keine Massenbewegung, die zu einer theoretischen Zusammenführung der Ansichten führen würde, die eine lebensfähige neue Internationale hervorbringen würde. Unsere Idee rund um die NWBCW ist es, Internationalist:innen aller Richtungen auf praktische Weise zusammenzubringen, um sowohl dem imperialistischen Krieg und allen falschen Antworten der kapitalistischen Linken (einschließlich des Pazifismus) zu widerstehen, als auch die internationalistische Kritik am Kapitalismus als Verursacher imperialistischer Kriege auf die breiteste Arbeiterklasse auszuweiten. Kurz gesagt, während euer Appell nach innen schaut, versuchen wir, nach außen zu schauen.
Wir möchten auf keinen Fall mit eurer seit langem vertretenen Ansicht in Verbindung gebracht werden, dass bestimmte andere Gruppen "Parasiten" sind, und es ist unehrlich von euch, auch nur anzudeuten, dass wir eure Ansicht in dieser Hinsicht teilen. Wir haben andere Gruppen im proletarischen Lager kritisiert, allerdings in Bezug auf bestimmte Themen (z.B. dass die Arbeiterklasse den Krieg verhindere), aber wir sprechen ihnen nicht das Recht auf politische Existenz ab oder glauben, wie ihr in diesem Brief sagt, dass sie "fake" sind. Genauso wenig verurteilen wir andere Gruppen, wie ihr es tut. Die koreanische ICP kann selbst entscheiden, was sie zu tun hat, und wir haben die Erklärung akzeptiert, die sie uns für die Unterzeichnung eures Appells geschickt hat. Die wichtige Tatsache ist, dass sie auch den wirklichen Wert des Versuchs erkennen können, eine Opposition gegen den Krieg und den Kapitalismus auf die breitest mögliche Weise zu entwickeln. In dieser Hinsicht erwarten wir nicht, dass jeder mit allen unseren zwölf Punkten im "Aufruf zum Handeln" übereinstimmt, da diese auch die Begründung der IKT für die Forderung nach NWBCW-Komitees beinhalteten. Wie im Jahr 2002 bei den NWBCW-Gruppen der CWO gegen den Irak-Krieg hatten wir jedoch immer einen funktionierenden Katalog internationalistischer Kriterien, die es anderen ermöglichen würden, sich ihnen anzuschließen. Wenn wir nämlich darauf bestehen würden, dass jeder genau dem zustimmt, wie die IKT die Welt sieht, würden wir euren Fehler wiederholen.
Dies ist unser letztes Wort in dieser Angelegenheit. Solange ihr nur bereit seid, einige wenige Auserwählte als anerkennungswürdig zu betrachten, gibt es für uns nichts mehr zu sagen. Im Gegensatz dazu haben wir einen Aufruf zum Handeln veröffentlicht, der jede:r Internationalist:in die Möglichkeit gibt zu antworten. Auf diese Weise könnten wir tatsächlich einen kleinen Schritt in Richtung einer echten internationalen Klassenbewegung gegen das Kapital machen, bevor die Zeit für die Menschheit abläuft.
Internationalistische Grüße
Die IKT
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16. Mai 2022
Genosss:innen,
Leider wird in Eurem jüngsten Brief (2. Mai 2022) erneut nicht ausreichend erklärt, warum die IKT sich konsequent weigert, die Gemeinsame Erklärung von Gruppen der Kommunistischen Linken zum Krieg in der Ukraine zu unterzeichnen, obwohl eure Organisation als Teil der Kommunistischen Linken mit den proletarisch-internationalistischen Prinzipien der Erklärung voll übereinstimmt.
Wir verstehen, dass die IKT einen "Aufruf zum Handeln" gegen den imperialistischen Krieg will, aber wir verstehen nicht, warum die IKT im Hinblick auf eine gemeinsame Position des Lagers der Kommunistischen Linken untätig bleibt.
Eure Organisation will einen "breiten" Aufruf im Gegensatz zu dem "begrenzten" der Gemeinsamen Erklärung. Aber indem ihr euch weigert, die Gemeinsame Erklärung zu unterzeichnen, habt ihr die breitere Wirkung einer gemeinsamen Haltung der Kommunistischen Linken eingeschränkt.
Schlimmer noch, weil die IKT sich weigert, die Gemeinsame Erklärung zu unterzeichnen, scheint der Aufruf "Kein Krieg außer dem Klassenkrieg" (No War but the Class War) der IKT einen Wettbewerb innerhalb der Kommunistischen Linken zu begründen. Wir haben euch in früheren Briefen um eine Antwort auf dieses Problem gebeten, aber bis jetzt ist keine eingetroffen.
Der "Aufruf zum Handeln" der IKT scheint, eurem letzten Brief nach zu urteilen, immer flexibler zu werden: Diejenigen, die ihm zustimmen, müssen nicht allen 12 Punkten zustimmen, vorausgesetzt, die IKT verfügt über einen "funktionierenden Katalog von internationalistischen Kriterien". Aber gegenüber Gruppen der Kommunistischen Linken ist die IKT unerbittlich starr in ihrer Weigerung, eine gemeinsame Erklärung abzugeben.
Ihr tut wieder so, als ob ihr über den Inhalt der Gemeinsamen Erklärung getäuscht worden wärt. In Wirklichkeit habt ihr euch geweigert, den Entwurf der Erklärung zu überarbeiten, als er euch für alternative Vorschläge vorgelegt wurde. Das eigentliche Problem für euch war nicht diese oder jene Formulierung, sondern die Bereitschaft, eine gemeinsame Erklärung abzugeben, das eigentliche Prinzip einer gemeinsamen Anstrengung, das ihr abgelehnt habt.
Auch hier wird die unterschiedliche Analyse der Weltlage durch die IKT als Rechtfertigung für die Ablehnung angeführt. Aber die Unterschiede in der Interpretation der jüngsten Ereignisse sind kein Hindernis für die Abgabe einer gemeinsamen Erklärung, die die Gruppen der Kommunistischen Linke in Bezug auf den Bankrott des Weltkapitalismus und die Unvermeidbarkeit der Ausbreitung und Intensivierung des imperialistischen Krieges teilen. Die Gemeinsame Erklärung, die die grundlegende gemeinsame Achse der Analyse des Weltimperialismus durch die Kommunistische Linke verteidigt, schließt eine spätere Debatte über Unterschiede in der Interpretation dieser Achse nicht aus. Im Gegenteil, die Gemeinsame Erklärung ist die Grundlage für eine solche Debatte, eine unabdingbare Vorbedingung.
Eurer Meinung nach war die Definition der Kommunistischen Linken im Entwurf der Gemeinsamen Erklärung zu eng gefasst und daher unmöglich zu unterschreiben, weil sie die parasitären Blogger und vorgeblichen politischen Gruppen ausschloss, die sich fälschlicherweise auf diese Tradition berufen. Die IKT stellte jedoch die Einbeziehung der bordigistischen Parteien in den ursprünglichen Vorschlag der Gemeinsamen Erklärung in Frage, die einen wichtigen Teil der wirklichen Tradition der Kommunistischen Linken darstellen, mit der ihr einen gemeinsamen Ursprung teilt. Der Ausschluss der bordigistischen Gruppen aus der Einladung zum Appell hätte eine viel schmalere und in der Tat unzureichende Grundlage für die Teilnahme geschaffen. Natürlich ist die Frage der Kriterien, wer in eine gemeinsame Erklärung der Kommunistischen Linken aufgenommen werden soll, eine wichtige Diskussion. Diese Frage der Kriterien kann jedoch nicht als Rechtfertigung dafür dienen, den Versuch aufzugeben, eine gemeinsame Erklärung der Kommunistischen Linken zu schmieden. Die Einigung auf diese Kriterien ist Teil des Diskussionsprozesses, der zu einer gemeinsamen Position führt. Wesentlich ist der Wille, dies zu erreichen, der in der Haltung der IKT zur Gemeinsamen Erklärung durchweg gefehlt hat.
In einer analogen Situation reagierte die IKS 1976 positiv auf den Aufruf von Battaglia Comunista zu gemeinsamen Diskussionskonferenzen von Gruppen der Kommunistischen Linken und brachte ihre Bereitschaft zu solchen Bemühungen zum Ausdruck, bedauerte aber, dass die Initiative von Battaglia keine Kriterien für die Entscheidung enthielt, welche Gruppen an den Konferenzen teilnehmen sollten. Dieses Bedauern hielt die IKS nicht davon ab, die gemeinsame Arbeit fortzusetzen und an der ersten Konferenz teilzunehmen. Wie wir damals an Battaglia schrieben:
"In dieser Hinsicht können wir nur bedauern, dass ihr es nicht für sinnvoll erachtet habt, die Namen der zu diesem Treffen eingeladenen Gruppen mitzuteilen, und auch nicht, auf der Grundlage welcher Kriterien die Auswahl dieser Gruppen getroffen wurde. Dieser Mangel an Informationen hindert uns jedoch nicht daran, mit unserem besten revolutionären Willen an diesem Treffen teilzunehmen. Außerdem hätten wir uns gewünscht, wie wir bereits zum Ausdruck gebracht haben, dass ein Bulletin mit den Antwortschreiben und anderen Texten der verschiedenen eingeladenen Gruppen vorbereitet und vor dem Treffen an die Teilnehmer verteilt wird." (1. März 1977)
Zum Glück für die 2. Konferenz der Kommunistischen Linken wurde eine Reihe von Kriterien, die von der IKS vorgeschlagen worden waren, angenommen und die bordigistischen Parteien wurden eingeladen. Die Lehren aus dieser Episode für die Bemühungen um eine gemeinsame Arbeit dieser Art sind, dass nicht notwendigerweise alle Bedingungen im Voraus erfüllt sein müssen und dass die auftretenden Meinungsverschiedenheiten nicht als Entschuldigung für den Rückzug aus dem Projekt benutzt werden sollten. Entscheidend und eine der wichtigsten Lehren für das letztendliche Scheitern der Internationalen Konferenzen in den siebziger Jahren war, dass die Überzeugung vom Prinzip einer gemeinsamen Anstrengung und der Wille, ein Forum für die Diskussion von Differenzen in der Kommunistischen Linken zu erhalten, fehlten. Die 3. Konferenz der Kommunistischen Linken hat es in der Tat versäumt, eine gemeinsame internationalistische Erklärung gegen den Einmarsch der UdSSR in Afghanistan abzugeben, die von der IKS vorgeschlagen worden war.
In eurem Brief vom 24. April 2022 sagtet ihr, dass die IKS euch bittet, eure Weigerung, die Gemeinsame Erklärung zu unterzeichnen, zu überdenken, da sie "falsch" sei. Wir haben euch daher in unserem Antwortschreiben gefragt, was der "richtige Weg" wäre. In eurem letzten Schreiben geht ihr nicht auf diese Frage ein. Auf der jüngsten öffentlichen Diskussionsveranstaltung der IKS in London am Samstag, den 7. April, stellte sich der IKT die gleiche Frage: Was sollte die IKS tun, um euch zu überzeugen, die Gemeinsame Erklärung der Kommunistischen Linken gegen den imperialistischen Krieg zu unterzeichnen? Der IKT-Genosse, der an dem Treffen teilnahm, gab zu, dass er auch auf diese Frage keine Antwort hatte.
Ist das Fehlen einer Antwort auf diese Frage auch der Grund, warum ihr euch in eurem letzten Brief als "letztes Wort" zu diesem Thema geäußert habt?
Die IKS ihrerseits bleibt offen für eine Diskussion mit euch über unsere Differenzen bezüglich der Weigerung der IKT, die Gemeinsame Erklärung der Gruppen der Kommunistischen Linken gegen den Krieg in der Ukraine zu unterzeichnen.
Kommunistische Grüße
IKS
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Liebe Genossinnen und Genossen,
Wir haben auf eurer Website die Ankündigung der öffentlichen Konferenz gelesen, die ihr für Freitag, den 22. April in Genua zum Thema Krieg in der Ukraine organisiert habt. Wir haben auch die fünf Themen gelesen, die ihr für die Diskussion vorschlagt und denen wir in ihrem Grundansatz vollkommen zustimmen. Wie ihr richtig sagt, ist der Krieg eine Konstante des Kapitalismus, umso mehr in dieser Phase des historischen Niedergangs. Daher halten wir die Entscheidung eurer Organisation, eine öffentliche Konferenz zu diesem Thema zu veranstalten, für eine wichtige und verantwortungsvolle Entscheidung, um der bürgerlichen Kampagne entgegenzutreten, die uns dazu drängt, eine der beiden Seiten im Kampf zu unterstützen, in diesem speziellen Fall die Ukraine, als ein Land, das angegriffen wird und daher durch die Lieferung von – Waffen unterstützt werden sollte. Die bürgerliche Propaganda versucht durch einen mitschuldigen Pazifismus, uns alle in die Schrecken des gegenwärtigen Krieges zu verwickeln. All dies muss energisch angeprangert werden, und wir sind sicher, dass ihr dies auf eurer Veranstaltung tun werdet. Leider haben wir zu spät von der Abhaltung dieser Veranstaltung erfahren und bedauern, dass wir nicht persönlich teilnehmen können, und sehen auch nicht, dass eine Teilnahme über das Internet möglich ist. Erlaubt uns jedoch, euch den Text der Gemeinsamen Erklärung der Gruppen der Internationalen Kommunistischen Linken zum Krieg in der Ukraine zu übermitteln, eine Erklärung, die wir auch anderen Teilen der Kommunistischen Linken vorgeschlagen haben und die wir für wichtig halten, um sie dem Proletariat heute als Ausdruck dessen zu zeigen, was die revolutionären Organisationen angesichts der verschiedenen bürgerlichen Mystifikationen eint. Wie wir euch in einem früheren Brief geschrieben haben, bitten wir euch, diese Erklärung zu unterzeichnen, nicht um eine bestimmte Zahl zu erringen, sondern um, ausgehend von der gegenseitigen Anerkennung der Zugehörigkeit zum selben revolutionären Lager, einen Prozess der Konfrontation und der öffentlichen Diskussion zu eröffnen, der im Laufe der Zeit zu einer Dekantierung der Positionen und einer politischen Klärung vor der Klasse führen kann. Bei dieser Gelegenheit möchten wir auch die nächsten öffentlichen Veranstaltungen zu einem ähnlichen Thema ankündigen, die über das Internet abgehalten werden und somit leicht zugänglich sind, vorerst auf Italienisch am 4. Mai und auf Englisch am 8. Mai. Die Ankündigung dieser Veranstaltungen wird so bald wie möglich – die in italienischer Sprache bereits morgen – auf unserer Website erscheinen. Wir laden euch hiermit offiziell zu diesen Treffen ein, die eine wertvolle Gelegenheit für eine Aussprache zwischen wirklich revolutionären Organisationen bieten könnten.
Wir freuen uns auf eure Antwort und senden euch unsere brüderlichen Grüße
Internationale Kommunistische Strömung
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Liebe Genossinnen und Genossen
Wir senden euch Links zu der gemeinsamen Erklärung zum imperialistischen Krieg in der Ukraine (auf Englisch und Russisch), die von drei Gruppen der kommunistischen Linken und einer weiteren Gruppe, die dieser Tradition nahesteht, unterzeichnet wurde.
Gemeinsame Erklärung von Gruppen der internationalen kommunistischen Linken zum Krieg in der Ukraine | International Communist Current (internationalism.org);
Совместное заявление групп
Интернациональной коммунистической
левой о
войне на Украине | Интернациональное
коммунистическое течение
(internationalism.org )
Wir verstehen, dass ihr einer anderen politischen Tradition entstammt, aber wir haben immer anerkannt, dass ihr konsequent und mutig – besonders unter den gegenwärtigen Bedingungen in Russland – internationalistische Positionen gegen die Kriege des Kapitalismus verteidigt, und so haben wir kürzlich eure Erklärung zum Krieg in der Ukraine auf unserer Website in mehreren Sprachen veröffentlicht (vgl. Eine internationalistische Erklärung aus Russland [36]).
Wir bitten euch daher um die Unterstützung unserer Erklärung, sei es durch eure direkte Unterschrift oder durch die Bekanntgabe, dass ihr trotz aller Differenzen mit ihr weitgehend einverstanden seid, und sie auf eurer eigenen Website und anderen euch zur Verfügung stehenden Kommunikationsmitteln veröffentlicht.
Wir freuen uns auch über eure Kommentare oder Kritik zu der Erklärung
solidarisch
IKS
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14. April 2022
Hallo Genossen,
Vielen Dank für die Verbreitung unserer Erklärung zum Krieg. Wir können uns der Erklärung, die ihr gemeinsam mit anderen linkskommunistischen marxistischen Organisationen herausgegeben habt, nicht anschließen – sicherlich nicht, weil wir mit ihrer internationalistischen Ausrichtung nicht einverstanden wären, sondern wegen theoretischer Meinungsverschiedenheiten, zum Beispiel der positiven Erwähnung der "Diktatur des Proletariats" – ein Konzept, mit dem wir nicht einverstanden sind.
Nichtsdestotrotz haben wir euren Text "Gegen den imperialistischen Krieg – Klassenkampf" übersetzt und auf unsere Website gestellt (mit einem Vorwort und einem Hinweis auf die Meinungsverschiedenheiten), mit dessen Bewertungen und internationalistischem Ansatz wir grundsätzlich einverstanden sind: https://aitrus.info/node/5949 [37]
Solidarisch
KRAS-IWA
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Liebe Genossinnen und Genossen,
1) Wir senden Euch die Einleitung zur gemeinsamen Erklärung:
"Die Organisationen der Kommunistischen Linken müssen ihr gemeinsames Erbe des Festhaltens an den Prinzipien des proletarischen Internationalismus vereint verteidigen, insbesondere in einer Zeit großer Gefahren für die Arbeiterklasse der Welt. Die Rückkehr des imperialistischen Gemetzels nach Europa im Krieg in der Ukraine ist ein solcher Zeitpunkt. Deshalb veröffentlichen wir im Folgenden mit anderen Unterzeichnern aus der Tradition der Kommunistischen Linken (und einer Gruppe mit einem anderen Werdegang, die die Erklärung voll unterstützt) eine gemeinsame Erklärung zu den grundlegenden Perspektiven für die Arbeiterklasse angesichts des imperialistischen Krieges."
Wir werden diese, wie bereits erwähnt, am Mittwoch, den 06.04. veröffentlichen.
2) Wir schlagen vor, als "Unterschriften" für die Unterzeichner
Internationale Kommunistische Strömung
Istituto Onorato Damen
Internationalist Voice
Internationalist Communist Perspective (Korea) unterstützt die gemeinsame Erklärung voll und ganz.
Ist das für euch in Ordnung?
[1] Einige Gruppen der bordigistischen IKP-Tradition, die zur Teilnahme eingeladen wurden, wie Il Partito und Le Proletaire/Il Comunista, haben auf die Einladungsschreiben nicht geantwortet, so dass es keine Briefe von ihnen gibt. Il Programma antwortete nur mit einer kurzen Absage, die hier enthalten ist. Auch die Gruppe Fil Rouge hat nicht geantwortet. Der Name von Il Partito wurde in der Adressatenliste des ursprünglichen Vorschlagsschreibens irrtümlich ausgelassen, aber der Vorschlag wurde dennoch an sie gesandt. Ihr Name wurde in die Liste der Adressaten der späteren Schreiben aufgenommen. Ein weiteres Schreiben wurde an Il Partito gesandt, das gegen Ende der vorliegenden Sammlung enthalten ist und eine Aufforderung zur Unterzeichnung der Erklärung enthält, und die IKS fragte Il Partito, warum er nicht auf die Einladung zur Erklärung an einem Online-Treffen über den Krieg in der Ukraine von Il Partito am 22. Mai geantwortet habe. Auch auf diese Anfragen gab es keine Antwort.
Während die Pandemie und die Umweltkatastrophe wüten, trifft uns die Wirtschaftskrise mit explodierenden Preisen, steigender Arbeitslosigkeit und Prekarität, und in diesem Kontext werden wir von den Kapitalisten noch stärker ausgepresst. Wir sehen das in Cádiz, wo der Tarifvertrag für die Metallarbeiter die Streichung von zwei Sonderzahlungen vorsieht, was einen Verlust von 200 Euro pro Monat bedeutet.
Die Bucht von Cádiz ist ein erschreckendes Bild der kapitalistischen Krise: mehr als 40% Arbeitslosigkeit, zahlreiche Unternehmensschließungen, die Schließung von AIRBUS Puerto Real, die Schließung von Delphi[1] – junge Menschen, die gezwungen sind, nach Norwegen und in andere, vermeintlich "glücklichere" Länder auszuwandern.
Gegen diese Bedrohung für das Leben und die Zukunft aller Arbeiter*innen kämpfen die Metallarbeiter mit einer Entschlossenheit und einem Kampfgeist, wie es ihn seit langem nicht mehr gegeben hat.
Dies ist nicht der einzige Kampf. Die Angestellten des öffentlichen Dienstes in Katalonien demonstrierten massiv gegen den unerträglichen Missbrauch von Leiharbeit (mehr als 300.000 Staatsbedienstete sind prekär beschäftigt); es gibt Kämpfe bei der Eisenbahn auf Mallorca, in Vestas (Coruña) gegen 115 Entlassungen; Unicaja gegen mehr als 600 Entlassungen; die Metallarbeiter in Alicante; die Proteste in verschiedenen Krankenhäusern gegen die Entlassung von Angestellten, die zuvor wegen COVID unter Vertrag genommen worden sind.
Diese Kämpfe begleiten solche in anderen Ländern: in den Vereinigten Staaten, im Iran, in Italien, Korea usw.[2]
Wir möchten unsere Solidarität mit den Arbeiter*innen in Cádiz zum Ausdruck bringen. Ihr Kampf trägt dazu bei, Passivität und Resignation zu durchbrechen, er drückt Empörung über unsere Leiden in diesem System aus, was die ersten Schritte einer proletarischen Antwort auf die Krise und die Barbarei des Kapitalismus fördern kann.
Die Arbeitgeber schlugen in den Tarifverhandlungen vor, "die Löhne in den Jahren 2020 und 2021 einzufrieren, zwei Zulagen zu streichen, die Arbeitszeiten zu erhöhen, eine neue Kategorie unterhalb der Fachkräfte zu schaffen und nicht über die Löhne für die Beschäftigten zu verhandeln, die mit giftigen und gefährlichen Substanzen zu tun haben“.[3] Dies ist ein brutaler Angriff, gegen den die Gewerkschaften versuchten, die Spannung mit zwei fruchtlosen Kampftagen zu mindern, aber angesichts der Unruhe und des Kampfgeistes haben sie schließlich einen unbefristeten Streik ab dem 16. November ausgerufen, der massenhaft befolgt wurde und sich auf die Bucht von Gibraltar ausgeweitet hat.
Am 17. und 18. November hat die radikale Gewerkschaftsbewegung die Arbeiter in Verkehrsblockaden eingespannt, die zu Zusammenstößen mit der Polizei in einem sinnlosen "urbanen Guerillakrieg" führten, der der Presse, dem Fernsehen und den sozialen Netzwerken Munition lieferte, um sie als "Terroristen" usw. zu verleumden. So erhebt El Mundo eine hasserfüllte Anklage gegen die Arbeiter: "Absage von Operationen, eine Geburt in einem Krankenwagen... Der Streik der Metallarbeiter verhindert den Zugang zum Krankenhaus von La Línea für Kranke und Pflegende" (17.11.2021).
Wie sich in Euzkalduna 1984, in Gijon 1985 und in früheren Kämpfen in Cádiz gezeigt hat, dienen solche Konfrontationen nur dazu, sich zu isolieren, andere Arbeiter*innen davon abzuhalten, sich anzuschließen und die möglichen Sympathien der Bevölkerung zu verhindern. Sie stärken das Kapital und seinen Staat und geben ihm die Mittel, grausame Repressionen zu entfesseln.
Aber die Arbeiter*innen suchen nach anderen Mitteln, um stark zu sein. Am 19. November wurde eine Mahnwache von mehr als 300 Arbeiter*innen gebildet, um die Solidarität der Navantia-Beschäftigten von San Fernando einzufordern. Am gleichen Tag wurden Demonstrationen in den Arbeitervierteln von Cádiz, Puerto Real und San Fernando organisiert. Nach einer Kundgebung vor dem Sitz der Arbeitgeber zogen die Demonstrierenden auf einer improvisierten Route durch die Stadt und erläuterten den Passant*innen ihre Forderungen. Am 20. Mai gab es eine große Demonstration im Zentrum von Cádiz und Kundgebungen in den Stadtvierteln zur Unterstützung der Kolleginnen und Kollegen.
Wir können nur stark sein, wenn wir den Kampf auf die anderen Beschäftigten ausdehnen, wenn wir mit Demonstrationen, Streikposten und Versammlungen, die Ausdehnung des Kampfes organisieren. Der Kampf ist stark, wenn er sich ausweitet, indem er die Schranken des Unternehmens, des Sektors, der Stadt durchbricht, indem er den vereinigten Kampf der gesamten Arbeiterklasse auf der Straße schmiedet.
Von Anfang an haben die Gewerkschaften unter Vermittlung des andalusischen Rates für Arbeitsbeziehungen die Verhandlungen mit den Unternehmern monopolisiert. Wir wissen bereits, was diese "Verhandlungen" sind: eine Parodie, bei der sie schließlich unterschreiben, was das Kapital will. Das ist in Cádiz schon oft passiert: In Delphi haben die Gewerkschaften die Beschäftigten dazu gebracht, die Entlassungen zu schlucken, dasselbe geschah bei den verschiedenen Kämpfen in den Werften oder kürzlich bei AIRBUS. In Erinnerung an diesen Dolchstoß rief eine Arbeiterkundgebung am 20. November vor dem Sitz der Gewerkschaften: "Wo sind sie? Sie sind nicht zu sehen, Comisiones und UGT".
Um stark zu sein, ist es notwendig, dass der Kampf von der Vollversammlung aller Arbeiter geführt wird und dass sie die gewählten und abwählbaren Ausschüsse organisiert, um die Forderungen zu verteidigen, Kampfaktionen zu fördern, usw.
Seit den historischen Erfahrungen von 1905 und 1917-23 werden die Kämpfe, in denen die Arbeiterklasse stark ist, von den Arbeiter*innen selbst in Vollversammlungen organisiert, die der übrigen Arbeiterklasse offen stehen: Arbeitslosen, Pensionierten, prekär Beschäftigten, usw. Das war die Erfahrung der Metallarbeiter von Vigo im Jahr 2006[4] und der Bewegung der Indignados im Jahr 2011.[5]
Die Arbeiter*innen können den Kampf nicht in den Händen der Gewerkschaften lassen. In einer Erklärung der Coordinadora de Trabajadores del Metal de Cádiz heißt es: "Die Gewerkschaften müssen uns beraten und vertreten und dürfen keine Entscheidungen für uns und im Geheimen treffen". Auf keinen Fall! Was ist denn ihr "Rat"? Sie akzeptieren, was die Bosse verlangen, und was die Gegenwehr betrifft, so besteht ihre "Mobilisierung" darin, vereinzelt Druck auszuüben ohne jegliche Gewalt oder auf der Grundlage von Zusammenstößen von Minderheiten mit der Polizei. Sie vertreten nicht uns, sie vertreten das Kapital und seinen Staat. Ihre eigentliche Funktion als Apparate des Kapitals besteht darin, "Entscheidungen für uns und im Geheimen zu treffen".
Sie wollen den Kampf in eine "Bürgerbewegung" zur "Rettung von Cádiz" einbinden. Es stimmt, dass Industriebetriebe schließen, dass jeder dritte junge Mensch auswandern muss. Aber das sehen wir in allen Ländern. Detroit, einst das Zentrum der US-Autoindustrie, ist heute eine Wüste aus Eisen- und Zementruinen. Das Gleiche geschieht in der asturischen Bergbauindustrie. Es gibt Tausende von Beispielen. Es ist nicht Cádiz, das untergeht, es ist der Weltkapitalismus, der in einem Prozess von Wirtschaftskrise, Umweltzerstörung, Pandemien, Kriegen und allgemeiner Barbarei untergeht.
"Rettet Cádiz" lenkt den Kampf der Arbeiter auf ein völlig hilfloses lokales Terrain ab. Seit 40 Jahren lassen sie uns für die "Auslastung der Werften in Cádiz" kämpfen, für Investitionen in der Bucht usw. Wir sehen die Ergebnisse! Immer mehr Arbeitslosigkeit, mehr Prekarität, mehr Auswanderungszwang.
Die große Gefahr des Kampfes besteht darin, dass die Solidarität, die sich zu manifestieren beginnt, in Richtung "Rettet Cádiz" kanalisiert wird. Das treibt uns auf ein bürgerliches Terrain, das das schlimmste Gift für den Kampf der Arbeiter*innen ist. Sie wird auf ein kapitalistisches Ziel der "wirtschaftlichen Entwicklung" gelenkt, um angeblich "Arbeitsplätze zu schaffen", und auf die "Einheit" mit den Kleinunternehmern, die uns ausbeuten, mit den Polizisten, die uns verprügeln, mit den Politikern, die uns verkaufen, mit dem egoistischen und engstirnigen Kleinbürgertum.
Sie stecken den Kampf in Cádiz in die gleiche Schublade wie die Proteste der Transportunternehmer. So sagt Kichi, der "radikale" Bürgermeister von Cádiz: "Wir mussten Feuer anzünden, damit Madrid auf uns hört". Damit wird der Kampf der Arbeiter*innen verfälscht und verdreht, indem er in eine "Bewegung wütender Bürger" verwandelt wird, die "Feuer anzünden", damit die "demokratischen Behörden" ihnen das gäben, was "ihnen gehöre".
Nein! Der Kampf der Arbeiter*innen ist kein egoistischer Kampf für Teilforderungen. Im Kommunistischen Manifest heißt es: "Alle bisherigen Bewegungen waren Bewegungen von Minoritäten oder im Interesse von Minoritäten. Die proletarische Bewegung ist die selbständige Bewegung der ungeheuren Mehrzahl im Interesse der ungeheuren Mehrzahl».[6] Der Kampf um Forderungen ist Teil der historischen Bewegung der Arbeiterklasse zum Aufbau einer Gesellschaft, die der vollen Befriedigung der menschlichen Bedürfnisse dient.
Es ist nicht die "Bucht von Cádiz", auf die wir schauen müssen, um den Kampf voranzutreiben. Sie richtet sich an die gesamte Arbeiterklasse, die unter den gleichen Problemen leidet wie ihre Brüder in Cádiz: Inflation, Prekarität, Kürzungen der Tarifverträge, Kürzungen der Sozialleistungen, Chaos in den Krankenhäusern, drohende Fortsetzung der COVID. Aber umgekehrt müssen die Arbeiter*innen der anderen Regionen in ihren Genossen*innen in Cádiz ihren Kampf sehen und sich mit ihnen solidarisieren, indem sie ihre eigenen Forderungen stellen.
Entgegen den demokratischen Lügen ist die heutige Gesellschaft keine Summe von Bürgern, die "alle vor dem Gesetze gleich sind". Sie ist in Klassen geteilt, eine ausbeutende Minderheit, die alles hat und nichts produziert, und ihr gegenüber die Arbeiterklasse, die ausgebeutete Mehrheit, die alles produziert und immer weniger hat. Nur der Kampf als Klasse kann die Forderungen der Arbeiter*innen von Cádiz durchsetzen, nur der Kampf als Klasse kann angesichts der Krise und der Barbarei des Kapitalismus eine Zukunft eröffnen.
IKS 21.11.2021
[1] Zu unserer Intervention im Arbeiterkampf in Delphi siehe (auf Spanisch): Delphi: Die Stärke der Arbeiter ist die Solidarität [38] (Mai 2007); Schließung von Delphi: Nur mit Massenkampf und Solidarität werden wir stark sein [39] (Feb. 2007)
[2] Siehe: Kämpfe in den Vereinigten Staaten, im Iran, in Italien, in Süd-Korea... Weder die Pandemie noch die Wirtschaftskrise haben den Kampfgeist des Proletariats gebrochen! [15] (Nov. 2021)
[3] Aus einem Kommuniqué der Coordinadora de Trabajadores del Metal de la Bahía de Cádiz (Koordinationsausschuss der Metallarbeiter der Bucht von Cádiz).
[4] Siehe: Streik der Metallarbeiter in Vigo, Spanien: die proletarische Kampfmethode [40] (2006)
[5] Siehe: 2011: Von der Empörung zur Hoffnung [41] (März 2012)
[6] https://marxwirklichstudieren.files.wordpress.com/2012/11/mew_band04.pdf [42], MEW 4, S. 472
Putin rechtfertigt den militärischen Aufmarsch an der Grenze zur Ukraine, indem er die "aggressiven" Absichten der NATO und der westlichen Mächte anprangert. Die politischen und medialen Sprachrohre in den westlichen "Demokratien" rufen dazu auf, gegen Russlands "aggressive" Bedrohungen der Souveränität der Ukraine standhaft zu bleiben, und verweisen auf die Intervention russischer Spezialkräfte zur "Wiederherstellung der Ordnung" in Kasachstan als weiteren Beweis für Putins Ambitionen zum "Aufbau" (oder Wiederaufbau) eines Imperiums.
Dies sind die gegenseitigen Anschuldigungen der kapitalistischen, imperialistischen Mächte, und die Position unserer Klasse, der Proletarisierten, die "kein Vaterland haben", besteht darin, sich zu weigern, sich auf diese Konflikte einzulassen, und erst recht, wirtschaftliche oder physische Opfer für ihre Ausbeuter zu bringen, seien es die Amerikaner, die Europäer, die Russen oder die Ukrainer.
Aber um die Propaganda beider Seiten zu entlarven, ist es die Aufgabe der Revolutionäre, nicht nur alle Lügen, die jene verbreiten, anzuprangern, sondern auch eine kohärente Analyse zu liefern, um den Wurzeln dieser Verschärfung der inter-imperialistischen Spannungen auf den Grund zu gehen.
Vor 1989 stand Moskau an der Spitze der zweiten Weltmacht, an der Spitze eines ganzen imperialistischen Blocks. Die Ukraine und viele der anderen "unabhängigen" Republiken, die die Russische Föderation umgeben, waren Teil der UdSSR, der so genannten "Sowjetunion". Doch 1989-91, auf dem Höhepunkt einer langen wirtschaftlichen und politischen Krise, deren Ursprünge wir an anderer Stelle analysiert haben[1], brach der Ostblock zusammen und die UdSSR selbst wurde vom Tsunami mitgerissen.
Eines der wichtigsten Mittel für diesen beispiellosen Sieg des von den USA geführten Blocks war die Politik der Einkreisung der UdSSR, indem ein Bündnis mit China geschmiedet, die Türkei als Raketenbasis genutzt und eine "Pax Americana" im gesamten Nahen Osten angestrebt wurde. Dies ging mit einem intensiven Wettrüsten einher, das den Bankrott der UdSSR beschleunigte. Der zunehmend angeschlagene russische Block versuchte, den Kreislauf zu durchbrechen, insbesondere durch die Invasion in Afghanistan im Jahr 1979, aber dieser Versuch, Zugang zu den "warmen Meeren" zu erhalten, ging nach hinten los, da die russischen Truppen in einen nicht zu gewinnenden Krieg gegen islamistische Kräfte verwickelt wurden, die von den USA und ihren Verbündeten unterstützt wurden. Mehr oder weniger zur gleichen Zeit zeigten die Massenstreiks der Arbeiterklasse in Polen den Machthabern der UdSSR, wie wenig sie bei weiteren militärischen Abenteuern, vor allem in Europa selbst, auf die Arbeiter im eigenen Block zählen konnten.
Die USA wurden so zur einzigen "Supermacht", und Bush Senior verkündete eine "Neue Weltordnung" des Friedens, des Wohlstands und der Demokratie, während die US-Militärstrategen die "Überlegenheit auf allen Ebenen" und das "Neue Amerikanische Jahrhundert" planten. Doch schon nach wenigen Jahren erwies sich der Triumph der USA als hohl. Als der gemeinsame Feind im Osten niedergeschlagen war, begann der westliche Block selbst zu zersplittern, und das Prinzip "Jeder für sich" trat mehr und mehr an die Stelle der alten Blockdisziplin – in den internationalen Beziehungen Ausdruck einer neuen und letzten Phase im langen Niedergang des kapitalistischen Systems. Dieser Prozess wurde durch den Balkankrieg Anfang der 90er Jahre plastisch veranschaulicht, bei dem die "loyalsten" Verbündeten der USA in Streit gerieten und sogar verschiedene Fraktionen bei den blutigen Massakern unterstützten, die den Zerfall Jugoslawiens begleiteten.
Die Reaktion der USA auf diese Bedrohung ihrer Hegemonie bestand in dem Versuch, ihre Autorität durch den Einsatz ihrer überwältigenden militärischen Überlegenheit wiederherzustellen – mit einigem Erfolg im ersten Golfkrieg von 1991, aber mit weitaus negativeren Ergebnissen bei den Invasionen in Afghanistan 2001 und im Irak 2003. Als nächstes fuhren sich die USA in nicht zu gewinnenden Konflikten mit islamistischen Banden fest. Anstatt die Tendenz zum Alleingang zu stoppen, beschleunigten diese Abenteuer die zentrifugalen Tendenzen in der gesamten strategisch wichtigen Nahost-Region. Vor allem der Hauptfeind der USA in der Region – der Iran – profitierte von dem Chaos im benachbarten Irak, indem er seine Marionetten im Libanon, im Jemen, in Syrien und anderswo aufstellte.
Gleichzeitig schuf diese neue Unordnung in der Welt einen Raum für China, das bereits von den massiven westlichen Wirtschaftsinvestitionen profitiert hatte, die darauf abzielten, einen Weg aus den wirtschaftlichen Rezessionen der 70er und 80er Jahre zu finden, und das sich zu einem echten imperialistischen Rivalen der USA entwickeln konnte.
Nach einer kurzen Periode – den Jelzin-Jahren –, in der Russland bereit schien, sich an den Meistbietenden zu verkaufen, begann der russische Imperialismus unter der Führung des ehemaligen KGB-Mannes Putin, sich wieder zu behaupten, wobei er sich auf seine einzigen wirklichen Trümpfe stützte: den riesigen Militärapparat, den er aus der Zeit des Kalten Krieges geerbt hatte, und seine beträchtlichen Energiereserven, insbesondere Erdgas, die zur Erpressung energieabhängigerer Länder genutzt werden konnten. Und selbst wenn es nicht in der Lage war, seine imperialistischen Rivalen direkt zu konfrontieren, so konnte es doch Vollgas geben, um die Spaltung zwischen ihnen zu verschärfen, vor allem durch den geschickten Einsatz von Cyber-Kriegsführung und schwarzer Propaganda. Ein offensichtliches Beispiel sind Russlands Bemühungen, die EU durch die Unterstützung populistischer Kräfte beim Brexit-Referendum, in Frankreich, Osteuropa usw. zu schwächen. In den USA unterstützten ihre Trolle in den sozialen Medien die Trump-Kandidatur, und als Präsident erwies sich Trump, gelinde gesagt, als nachgiebig gegenüber russischen Ambitionen und Handlungen – zum Teil, weil Trump sich durch seine finanziellen und möglicherweise sexuellen Eskapaden dem russischen Druck geöffnet hatte, aber auch, weil es eine beträchtliche Fraktion der US-Bourgeoisie gab, die Russland als Gegengewicht zu China umwerben wollte.
Die imperialistische Wiederbelebung Russlands vollzog sich in mehreren Etappen – innenpolitisch durch die Beendigung des Jelzinschen Ausverkaufs und die Durchsetzung einer viel strengeren Kontrolle über die Volkswirtschaft, aber vor allem durch militärische Aktionen: in Tschetschenien, das von 1999 bis in die 2000er Jahre als Warnung vor künftigen Versuchen, sich von der Russischen Föderation abzuspalten, in Schutt und Asche gelegt wurde; in Georgien im Jahr 2008, wo russische Streitkräfte zur Unterstützung der Abspaltung Südossetiens und zur Verhinderung der Annäherung Georgiens an die NATO intervenierten; die Annexion der Krim im Jahr 2014, die den Höhepunkt der russischen Reaktion auf die "Orangene Revolution" in der Ukraine und die Bildung einer prowestlichen Regierung darstellte, die die Mitgliedschaft in der NATO anstrebte; und in Syrien, wo russische Waffen und Streitkräfte entscheidend dazu beitrugen, den Sturz Assads und den möglichen Verlust des russischen Marinestützpunkts in Tartus zu verhindern. In den 1970er und 80er Jahren war es den USA weitgehend gelungen, den russischen Einfluss aus dem Nahen Osten zu vertreiben (z.B. in Ägypten, Afghanistan usw.). Jetzt ist Russland zurückgekehrt, und die USA haben sich zurückgezogen. Bei vielen dieser Militäraktionen hat Russland die offene oder stillschweigende Unterstützung Chinas genossen – nicht weil es keine imperialistischen Differenzen zwischen den beiden Ländern gäbe, sondern weil China die Vorteile einer Politik erkannt hat, die den Einfluss der USA schwächt.
Trotz des Aufschwungs Russlands und der zahlreichen Rückschläge für die USA haben diese jedoch nicht alle Gewinne aufgegeben, die sie in den an Russland angrenzenden Ländern erzielt haben; in vielerlei Hinsicht wird die alte Politik der Einkreisung fortgesetzt. Die Erweiterung der NATO war die Speerspitze dieser Politik und hat Estland, Litauen, Lettland, Polen, Ungarn, die Tschechische Republik, die Slowakei, Rumänien, Bulgarien, Kroatien, Albanien, Montenegro, Nordmazedonien und Slowenien – von denen die meisten früher zum russischen Block gehörten – mit einbezogen. All dies geschah in den letzten zwei Jahrzehnten. Es ist daher nicht verwunderlich, dass sich der russische Staat durch die Bemühungen, Georgien und die Ukraine in die NATO aufzunehmen, bedroht fühlt. Eine der wichtigsten Forderungen Putins zur "Entschärfung" der Ukraine-Krise beinhaltet das Versprechen, dass die Ukraine niemals der NATO beitreten wird und dass ausländische Truppen oder Waffen aus den Ländern abgezogen werden, die der NATO seit 1997 beigetreten sind.
Darüber hinaus haben die USA verschiedene "farbige Revolutionen", insbesondere in der Ukraine, nach Kräften unterstützt und versucht, die Proteste gegen die wirtschaftliche Misere und die despotischen prorussischen Machthaber in eine Unterstützung für EU- und US-freundliche politische Kräfte zu lenken.
Russland bleibt in dieser Situation also im Wesentlichen in der Defensive. Moskau weiß jedoch auch, dass die USA selbst mit großen Schwierigkeiten zu kämpfen haben, da sie mit dem Aufstieg Chinas beschäftigt sind und darauf bedacht sind, sich nicht an zu vielen Fronten gleichzeitig zu engagieren, wie der demütigende Rückzug aus Afghanistan deutlich zeigt. Es ist also ein "guter" Moment für Putin, mit den Säbeln zu rasseln, und wie immer kann dies dazu beitragen, sein Image des starken Mannes im eigenen Land zu stärken, vor allem, wenn seine Popularität im Zuge von Korruptionsskandalen, einer zunehmend repressiven Politik gegenüber Oppositionspolitikern und Journalisten und den zunehmenden wirtschaftlichen Schwierigkeiten des Landes schwindet.
All dies bedeutet nicht, dass die Ukraine eine "unschuldige Beteiligte" an dieser militärischen Aufrüstung ist. Die Ukraine hält jährlich gemeinsame Militärübungen mit den NATO-Verbündeten ab und ist eines von 26 Ländern, die an der NATO-Initiative Defender-Europe 2021 teilnehmen, einer von der US-Armee geleiteten Militäroperation zur Verbesserung der Einsatzbereitschaft und der Interoperabilität zwischen den Streitkräften der USA, der NATO und der Partnerstaaten in ganz Europa (siehe "Defender-Europe 21 Fact Sheet").
Kiew hat Schritte unternommen, um seine militärischen Mittel und Ausrüstungen zu modernisieren und die Kriterien für eine NATO-Mitgliedschaft zu erfüllen. Im Juni 2020 wurde die Ukraine sogar zu einem "Partner mit erweiterten Möglichkeiten" der NATO und vertiefte damit die Zusammenarbeit mit dem Militärbündnis.
Anfang 2021 kündigte der ukrainische Außenminister an, dass der Nationale Sicherheits- und Verteidigungsrat eine Strategie zur Rückeroberung und Wiedereingliederung der Krim in das Land gebilligt habe. Selenskys Regierung strebte die "volle ukrainische Souveränität" nicht nur über die Krim, sondern auch über die Hafenstadt Sewastopol an.
Steuern wir auf einen direkten Konflikt zwischen Russland und den USA um die Ukraine oder gar auf einen dritten Weltkrieg zu, wie einige der alarmistischsten Berichte vermuten lassen?[2]
Weder die USA noch Russland sind Teil eines stabilen Militärblocks, der die Disziplin hat, für einen globalen Krieg zu mobilisieren. Und keiner von beiden hat ein Interesse an einem unmittelbaren, direkten militärischen Zusammenstoß. Trotz der beträchtlichen landwirtschaftlichen und industriellen Ressourcen der Ukraine [3] wurde eine Invasion und Annexion der Ukraine mit einer Python verglichen, die eine Kuh verschluckt: In die Ukraine einzumarschieren mag eine Sache sein, sie festzuhalten eine ganz andere. Und wie wir schon sagten, hat Amerika dringendere Sorgen an der imperialistischen Front, daher Bidens eher unwirksame Warnung, dass Schlimmes passieren wird, wenn Russland einmarschiert, und sein Engagement für diplomatische Gespräche auf hoher Ebene.
Wir sollten jedoch nicht vergessen, dass der Konflikt niedriger Intensität mit den russischen Separatisten im Osten der Ukraine trotz verschiedener Versuche eines Waffenstillstands weitergeht. Selbst wenn Russland von einer direkten Invasion absieht, könnte es gezwungen sein, seine Unterstützung für diese separatistischen Kräfte zu verstärken oder die Integrität der Ukraine als Staat an anderen Fronten anzugreifen. Und selbst wenn das Letzte, was der "Westen" will, der Einsatz von Bodentruppen ist, ist er nicht völlig machtlos. Er kann der ukrainischen Armee weiterhin Waffen und Ausbildung zur Verfügung stellen, und er kann auch mit einigen schädlichen wirtschaftlichen Maßnahmen gegen Russland reagieren, wie z.B. einer vollständigen Sperrung der großen russischen Staatsbanken und Investitionsagenturen und neuen Sanktionen, die auch den Bergbau, die Metallindustrie, die Schifffahrt und das Versicherungswesen beträfen[4].
Die Phase des Zerfalls, in die der Weltkapitalismus vor dreißig Jahren eingetreten ist, ist durch chaotische militärische Konflikte und einen zunehmenden Kontrollverlust der herrschenden Klasse gekennzeichnet. Davor und während des Kalten Krieges, hielten die großen Weltmächte das nukleare Damoklesschwert über dem Kopf der Menschheit. Es schwebt noch immer in einer Welt, die nicht mehr dem Diktat kohärenter Blöcke gehorcht und in der mehr Länder als je zuvor mit Massenvernichtungswaffen ausgestattet sind. Kurzum, was auch immer die "rationalen" Berechnungen der Spieler auf dem imperialistischen Schachbrett sein mögen, wir können plötzliche Ausbrüche, Eskalationen oder das Abgleiten in irrationale Zerstörungswut nicht ausschließen. Der Krieg bleibt die Lebensform dieses dekadenten Systems, und die Tatsache, dass die Machthaber bereit sind, das Leben der Menschheit und den Planeten selbst aufs Spiel zu setzen, ist bereits ein Grund, dieses System zu verurteilen und für eine globale menschliche Gemeinschaft zu kämpfen, die Nationalstaaten und Grenzen ins Museum der Antiquitäten verbannt.
10.01.2022, Amos
[1] Siehe zum Beispiel: Thesen zur ökonomischen und politischen Krise in der UdSSR und den osteuropäischen Ländern [43], in Internationale Revue Nr. 12
[2] Die britische Rechtsaußen-Zeitung The Daily Express ist auf diese Art von Alarmismus spezialisiert: Warnung vor dem 3. Weltkrieg: Russische Invasion wird verheerenden globalen Konflikt auslösen - dringender Alarm [44], express.co.uk, 16.12.2021
[3] Siehe zum Beispiel die Studie einer der Bordigistengruppen: https://www.international-communist-party.org/CommLeft/CL36.htm#UkraineLeaf [45]
[4] Der Westen muss entschlossen gegen Russlands Bedrohung der Ukraine vorgehen [46], euronews.com, 28.12.2021
Im Folgenden veröffentlichen wir zwei Briefe von IKS-Sympathisanten, die die Überlegungen fortsetzen sollen, die bei einem Treffen in Frankreich am 15. Mai 2021 zum Thema „Wesen und Zusammensetzung der Arbeiterklasse“ entstanden sind. Bei dieser Diskussion stellten einige Teilnehmende die Frage, welche Auswirkungen die "Uberisierung" der Arbeit auf die Zusammensetzung der Arbeiterklasse hat. Mit anderen Worten: Gehören die "uberisierten" Arbeiter und Arbeiterinnen zur Arbeiterklasse?[1] Wir begrüßen die Bemühungen der Genossinnen und Genossen um Reflexion und ihre Bereitschaft, ihre Bedenken zu äußern. Die Briefe der Genossen sind zwei Beiträge zu dieser Debatte, die auf anderen IKS-Treffen fortgesetzt werden wird. Die IKS ist entschlossen, ihre Position zu diesem Thema weiterzuentwickeln, und wir werden in unserer Presse weiteres Material zu diesem Thema veröffentlichen.
Im Allgemeinen haben sich die Bedingungen der Produktion von Reichtum seit dem 19. Jahrhundert, als der Kapitalismus in den westlichen Ländern aufkam (in Großbritannien im 18. Jahrhundert), nicht geändert. Die Arbeiterklasse ist nach wie vor die Klasse, die den gesamten Reichtum produziert, und sie wird weiter existieren, solange Mehrwert produziert wird. Die Definition von Marx besagt, dass die Arbeiterklasse nicht Eigentümerin der Produktionsmittel ist, sondern nur über ihre Arbeitskraft verfügt, mit der sie im Austausch gegen einen Lohn Mehrwert produziert. Im 19. Jahrhundert konzentrierte sich das Proletariat jedoch hauptsächlich auf den primären Sektor (Gewinnung und Ausbeutung natürlicher Ressourcen) und sekundären Sektor (Umwandlung von Grundstoffen in Waren). Die Arbeiter arbeiteten Seite an Seite nebeneinander und konnten sich leicht austauschen und organisieren.
Nach dem Aufstieg des Kapitalismus hat sich die Zusammensetzung des Proletariats im Zusammenhang mit der Entwicklung anderer Bereiche verändert. Der tertiäre Sektor, zu dem Beamte gehörten, die das gesellschaftliche Leben verwalteten und organisierten, umfasst heute viel mehr Beschäftigte, die an der Verwertung von Waren beteiligt sind, einen Mindestlohn erhalten und keine Hoffnung mehr auf einen einfachen sozialen Aufstieg haben; dies gilt für die Post (bei der es immer weniger Beschäftigte mit Beamtenstatus gibt), für das Bildungswesen, das Gesundheitswesen und den öffentlichen Verkehr (wo der Beamtenstatus ebenfalls verschwindet).
Die Bourgeoisie ist immer auf der Suche nach "verdeckten" Möglichkeiten, die Arbeiterklasse weiter unter Druck zu setzen: Großbritannien hat eine Politik des "fire and re-hire" eingeführt, die es den Arbeitgebern erlaubt, bestehende Arbeitsverträge zu kündigen und sie durch für die Beschäftigten weit weniger "vorteilhafte" Verträge zu ersetzen. In einem Artikel über die Situation im Vereinigten Königreich[2] wird diese neue hinterhältige Praxis erwähnt, die von Tesco, British Telecom, British Gas und Busunternehmen angewendet wird. In Großbritannien wurde auch erstmals der Status des selbständigen "Arbeitnehmers" eingeführt, der für Uber, Deliveroo und andere Post- und Paketzustelldienste usw. arbeitet.
Auf dem letzten Diskussionstreffen wurde zu Recht die Zugehörigkeit dieser "unabhängigen" Beschäftigten zur Arbeiterklasse verteidigt. Auch wenn sie nicht assoziiert arbeiten, nehmen sie an der Verwertung der Ware Arbeitskraft teil, indem sie anderen Arbeitern Mahlzeiten liefern, Pakete transportieren, Büros reinigen usw.
Auch in Großbritannien hat es in verschiedenen Branchen Kämpfe mit Leiharbeitern gegeben: "Im März 2021 führten 150 Pförtner, Reinigungskräfte, Telefonisten und Catering-Mitarbeiter, die von der Ausrüstungsfirma Mitie im Cumberland County Hospital beschäftigt wurden, über die Gewerkschaft Unison einen ersten Aktionstag durch, weil ihnen die Überstunden nicht bezahlt wurden..."
Heute gibt es immer weniger Industriearbeiter, da die Maschinen sie ersetzt haben. Aber die Techniker, die die Maschinen bedienen und warten, sind Arbeiter, da sie ebenfalls an der Produktion von Wert beteiligt sind.
Mit der Ausbreitung des Kapitalismus auf der ganzen Welt gibt es immer weniger kleine Bauernhöfe. Heute sind sie in großen, industriell geführten Landwirtschaftsbetrieben zusammengefasst; diese (Land-)Arbeiter sind Teil der Arbeiterklasse.
Die Arbeiterklasse war schon immer heterogen, aber die Arbeiter in den peripheren Ländern haben nicht die historische Erfahrung der Arbeiter in den zentralen Ländern und lassen sich eher von den demokratischen Lockrufen beeinflussen, die ihren Kampf auf die Beteiligung an Gewerkschaftsarbeit oder auf die Teilnahme an Wahlen lenken.
Daher werden die Kämpfe der Arbeiter in den zentralen Ländern entscheidend sein, um gegenüber den Arbeitern in der ganzen Welt den Weg zu weisen zur Entwicklung einer vorrevolutionären Situation.
Menschen aus anderen Klassen können sich dem Kampf der Arbeiterklasse anschließen, indem sie revolutionäre Gruppen unterstützen und davon überzeugt sind, dass nur eine kommunistische Revolution eine lebensfähige Zukunft für die Menschheit bringen kann.
Die Erfahrung hat gezeigt, dass die Besetzung von Fabriken kein wirksames Mittel des Kampfes mehr ist und dass die Beschränkung auf die Fabrik keine Macht darstellt. Im Gegenteil. Die Ausweitung des Kampfes und die Kommunikation mit anderen Branchen ist das, was den Kampf stärkt. Bei der letzten Bewegung gegen die Rentenreform in Frankreich zum Beispiel gingen die Beschäftigten unterschiedlichster Branchen auf die Straße, darunter der öffentliche und der private Bereich, Leiharbeiterinnen, befristet Beschäftigte, Anwälte und Arbeitslose. Auch wenn ein Teil der Beschäftigten nicht eng assoziiert in großen Unternehmen arbeitet, war der Angriff auf das Rentensystem ein starkes verbindendes Element (und kann es auch in Zukunft sein).
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass heute, in der Epoche des Zerfalls des Kapitalismus, alle Arbeitenden, die traditionell an der Produktion des Mehrwerts beteiligt sind, in den Fabriken, aber auch die Leiharbeiter, die Angestellten in der Primar- und Sekundarstufe, die einfachen Verwaltungsangestellten, die prekär Beschäftigten, die (Schein-)Selbstständigen, die isoliert arbeiten, aber in große (Klassen-)Bewegungen eingebunden werden können, alle, die in dem einen oder anderen Maße an der Verwertung der Ware beteiligt sind, Teil der Arbeiterklasse sind. Die Bourgeoisie tut alles, um zu verhindern, dass die Arbeiter:innen ein Zusammengehörigkeitsgefühl verspüren und versucht, sie zu spalten, aber das gemeinsame Interesse der Arbeiter:innen, der Kampf für die Verteidigung der Löhne, der Renten, der Lohnfortzahlung im Krankheitsfall, der Arbeitszeiten, des Urlaubs, der Widerstand gegen Entlassungen, kurzum der Widerstand gegen die Zunahme der Ausbeutung, verbindet sie unaufhaltsam.
L, 19/05/2021
Auf dem letzten IKS-Treffen (Samstag, 15. Mai 2021) warfen einige Genoss:innen die Frage nach dem Wesen der Arbeiterklasse in einer Gesellschaft auf, in der sich in den letzten zehn Jahren ein Phänomen etabliert hat, das als "Uberisierung" (benannt nach dem Unternehmen Uber, einem Pionier dieser Branche) in der so genannten "Gig Economy" bezeichnet wird. Es ist wichtig zu fragen, ob diese neuen Beschäftigten zum Proletariat gehören oder ob sie aus Klassen außerhalb des Proletariats kommen, die zum Kleinbürgertum gehören, denn die Antwort auf diese Frage hat wichtige Konsequenzen, insbesondere politische. Sie bestimmt, ob wir diese Beschäftigten verteidigen sollten oder nicht, je nachdem, ob sie sich auf dem Terrain der Arbeiterklasse oder auf einem Terrain außerhalb der Arbeiterklasse befinden.
Die IKS schreibt in ihrer Resolution zum Kräfteverhältnis zwischen den Klassen (2019): „Die Zunahme von Arbeitslosigkeit und Unsicherheit hat auch das Phänomen der „Uberisierung“ der Arbeit hervorgebracht. Indem die Uberisierung eine Internetplattform zur Arbeitssuche nutzt, verschleiert sie den Verkauf der Arbeitskraft an einen Chef hinter der Form von „selbständig Erwerbenden“ und verstärkt gleichzeitig die Verarmung und Unsicherheit dieser „Unternehmer“. Die „Uberisierung“ der individuellen Arbeit ist ein Schlüsselfaktor für die Atomisierung und die Schwierigkeiten, in den Streik zu treten, denn die Selbstausbeutung dieser Arbeiter*innen fesselt ihre Fähigkeit, kollektiv zu kämpfen und untereinander Solidarität gegen die kapitalistische Ausbeutung zu entwickeln.“
Mehrere Punkte sind in dieser Resolution wichtig. Erstens heißt es darin, dass die Uberisierung "den Verkauf von Arbeitskraft an einen Chef verschleiert". Nach Ansicht der IKS ist diese Form der Selbständigkeit nur ein juristischer Kunstgriff. Darüber hinaus hat der Oberste Gerichtshof in Großbritannien beschlossen, Uber-Fahrer als Arbeitnehmer einzustufen, was zeigt, dass selbst die Rechtsorgane des bürgerlichen Staates nicht auf einen solchen Trick hereinfallen. Wenn die Uber-Beschäftigten nicht als Selbstständige betrachtet werden und umgekehrt ihre Arbeitskraft an einen Chef verkaufen, können sie dann nicht als Teil der Arbeiterklasse betrachtet werden? Der Rest der Resolution ist in dieser Frage weniger eindeutig.
Sie argumentiert, dass "die 'Uberisierung' der individuellen Arbeit ein Schlüsselfaktor für die Verstärkung der Atomisierung ist und die Schwierigkeit, in den Streik zu treten", und dass sie "ihre Fähigkeit, kollektiv zu kämpfen" gegen die kapitalistische Ausbeutung erheblich behindert. Es ist unbestreitbar, dass die Art der ausgeführten Aufgabe, die sich je nach Dienstleistung unterscheidet – die wichtigsten sind jedoch das Ausliefern von Mahlzeiten oder die Arbeit als Fahrer:innen – sowie der mystifizierte Glaube, dass die Uber-Beschäftigten ihre eigenen Chefs sind und niemandem außer sich selbst Rechenschaft ablegen müssen, eine Rolle bei der Atomisierung der Klasse spielen und die notwendige Solidarität zwischen den Beschäftigten brechen. Erinnern wir uns daran, dass für Marx der Kapitalismus durch die Konzentration und Zentralisierung des Kapitals zu assoziierter Arbeit führt, die letztlich das Klassenbewusstsein der Arbeiter stärkt, die kollektiv mit der gleichen Realität der brutalen Ausbeutung konfrontiert sind. Dies unterscheidet das Proletariat grundlegend von der Kleinbauernschaft, die ebenfalls ausgebeutet wird, aber über das Land verstreut ist, was sie daran hindert, solidarische Bande zu knüpfen.
Aber wenn Uber-Beschäftigte atomisiert und verstreut sind und es für sie äußerst schwierig ist, Solidaritätsbeziehungen zu knüpfen und kollektive Kämpfe oder Streiks zu führen, sind sie dann nicht trotzdem ein Teil der Arbeiterklasse, des Proletariats? Die Tatsache, dass sie aufgrund ihrer prekären Arbeitsbedingungen zur Nachhut der Arbeiterklasse gehören, bedeutet nicht, dass wir diesen Beschäftigten ihren Status als ausgebeutete Proletarier absprechen sollten, die von den Produktionsmitteln getrennt und dazu verurteilt sind, ihre Arbeitskraft zu verkaufen, um ihren Lebensunterhalt zu bestreiten, was der Definition des Proletariers nach Marx entspricht. Die Modalitäten ihrer Ausbeutung könnten im Übrigen mit denen des Akkordlohns verglichen werden, die Marx in Band 1 des Kapitals (in Kapitel 21) analysiert hat, wobei die Rentabilität ihrer Arbeit nicht in Arbeitsstunden, sondern in der Anzahl der ausgeführten Aufgaben berechnet wird, was die Konkurrenz zwischen den Arbeitern noch verschärft, da jeder versucht, so viele Aufgaben wie möglich im Laufe des Tages zu erledigen.
Bevor wir zum Schluss kommen, ist es wichtig, die tatsächliche Kampffähigkeit der Uber-Beschäftigten zu betrachten. Wie wir bereits gesagt haben, untergräbt ihre Atomisierung, der Wettbewerb in dieser modernen Form der Akkordarbeit, ständig die Solidarität zwischen diesen Arbeiter:innen. Dennoch haben wir an mehreren Orten auf der Welt gesehen, wie spontane Formen des Kampfes entstanden sind, ohne dass Gewerkschaften, die Instrumente der Zusammenarbeit mit dem bürgerlichen Staat und der Verteidigung der kapitalistischen Produktionsweise, gegründet oder beteiligt wurden. In Los Angeles streikten die Beschäftigten von Uber spontan, um gegen ihre Arbeitsbedingungen zu kämpfen. Dies ist auch in anderen Ländern und bei anderen (Gig-Economy-)Unternehmen in Italien, Großbritannien usw. der Fall. Es stimmt, dass diese Beschäftigten manchmal Gewerkschaften gründen oder Unterstützung von bestehenden Gewerkschaften suchen. Kommunisten müssen diese Sackgassen ablehnen und stattdessen für die spezifischen Instrumente des Klassenkampfes plädieren, insbesondere den wilden Streik, der jede Beteiligung der Gewerkschaften ablehnt. Aber solche Fehler rechtfertigen es nicht, die "uberisierten Beschäftigten" außerhalb des Proletariats zu stellen und sie dem Kleinbürgertum zuzuordnen.
In den letzten Jahren hat die Zahl der prekären Arbeitsplätze zugenommen und die Arbeiterklasse ist das Opfer dieses Prozesses, und die "Uberisierung" der Arbeiter ist einer der Ausdrücke dafür. Die Behauptung, dass die Uber-Beschäftigten nicht zum Proletariat gehören, weil sie atomisiert sind und Schwierigkeiten haben, sich auf das Terrain der Arbeiterklasse zu begeben, erfordert eine tiefgehende und ernsthafte Diskussion auf der Grundlage einer marxistischen Analyse. Nur durch eine polemische, aber brüderliche Debatte ist die Arbeiterklasse in der Lage, die von der Bourgeoisie und ihren Ideologen gestellten Fallen zu vermeiden und den Kampf für den Sturz des Kapitalismus und die Emanzipation des Proletariats voranzutreiben.
Mit brüderlichen Grüßen, Patche
[1] Mehr Info zum Status von Uber-Fahrern/Beschäftigten siehe u.a. https://de.wikipedia.org/wiki/Uber_(Unternehmen) [47]
[2] The working class bears the brunt of the pandemic [48], ICConline, April 2021
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Öffentliche Diskussionsveranstaltung der IKS in Zürich
am Freitag, 6. Mai 2022, 19:00 Uhr
im Café Boy, Rosa-Luxemburg-Saal, Kochstrasse 2
Europa ist erneut in einen brutalen Krieg eingetreten. In der Ukraine sterben täglich Tausende von Menschen, Millionen sind auf der Flucht, ganze Städte werden in Schutt und Asche gelegt.
Auch wenn dieser Krieg bisher auf dem Territorium der Ukraine wütet, er ist keinesfalls ein lokales Ereignis. Ihn auf die irrsinnige Persönlichkeit Putins zu reduzieren, wäre eine absolute Unterschätzung. Der Krieg in der Ukraine ist Ausdruck der zerstörerischen Logik des Kapitalismus und der erbarmungslosen Auseinandersetzung zwischen den mächtigsten Staaten.
Im Namen des Friedens und der Humanität werden Waffen in die Ukraine geliefert, Rüstungsbudgets, wie in Deutschland, über Nacht verdoppelt oder lügnerische Kriegsrechtfertigungen einer „Entnazifizierung“ der Ukraine propagiert.
Wir lehnen alle falschen und heuchlerischen Alternativen ab, mit denen die verschiedenen Fraktionen der herrschenden Klasse in allen Ländern hausieren gehen, ob sie nun von rechts oder von links kommen, ob sie die ArbeiterInnen auffordern, Russland oder die NATO/Ukraine zu unterstützen.
Es gilt, sich nicht von den Ereignissen erdrücken zu lassen oder die Augen zu verschliessen.
Das Hauptziel dieser Diskussionsveranstaltung ist es, eine internationalistische Position gegen den Krieg in der Ukraine darzulegen: keine Unterstützung für irgendein Lager, keine pazifistischen Illusionen, für den entschlossenen Klassenkampf der ArbeiterInnenklasse in allen Ländern als einzigen Weg, den kapitalistischen Krieg zu bekämpfen.
Wir werden zu Beginn dieser Veranstaltung unsere Analyse der historischen Bedeutung und Tragweite dieses Krieges darlegen.
Internationale Kommunistische Strömung
Machtdemonstration der russischen Armee durch groß angelegte "Manöver" entlang der ukrainischen Grenzen seit Januar, fast tägliche Ankündigungen der USA, dass eine russische Invasion unmittelbar bevorstehe, Entsendung von NATO-Truppen in die baltischen Staaten und nach Rumänien, intensives diplomatisches Ballett "zur Rettung des Friedens", russische Medienkampagne, die die westliche Hysterie anprangert und die Rückkehr der Truppen in ihre Unterkünfte ankündigt, was von den USA und der NATO sofort dementiert wird, Zusammenstöße zwischen der ukrainischen Armee und den Separatisten im Donbass: in diesem makabren Kriegssabbat zwischen den imperialistischen Bourgeoisien sind die Absichten vielfältig und komplex, verbunden mit den Ambitionen der verschiedenen Protagonisten und der Irrationalität, die für die Zeit des Zerfalls charakteristisch ist. Das macht die Situation umso gefährlicher und unberechenbarer: Aber wie auch immer der konkrete Ausgang der "Ukraine-Krise" aussehen mag, er bedeutet schon jetzt eine deutliche Verschärfung der Militarisierung, der kriegerischen Spannungen und der imperialistischen Widersprüche in Europa.
Die hysterische Hetze der USA gegen die bevorstehende russische Invasion der Ukraine folgt auf eine ähnliche, von den USA im Herbst 2021 inszenierte Hetze gegen die "bevorstehende Invasion" Taiwans durch China. Konfrontiert mit einem systematischen Niedergang der amerikanischen Führungsrolle, verfolgt die Biden-Administration eine imperialistische Politik, die in Fortsetzung der von Trump eingeleiteten Ausrichtung zunächst darin besteht, ihre wirtschaftlichen, politischen, aber auch militärischen Mittel gegen den Hauptfeind China zu konzentrieren; unter diesem Gesichtspunkt verstärkt die kompromisslose Positionierung gegenüber den russischen Zielen das Signal, das im Herbst 2021 an Peking gesendet wurde.
Zweitens entwickelt Biden durch die Schaffung von "Hotspots" in der Welt eine Politik der Spannungssteigerung, die darauf abzielt, die verschiedenen imperialistischen Mächte, die ihre eigenen Karten spielen, davon zu überzeugen, dass es für sie besser ist, sich unter dem Schutz des dominanten Schutzherrn zu positionieren. Diese Politik war jedoch an die durch den Zerfall gesetzten Grenzen gestoßen und hatte im Pazifik mit der Gründung der AUKUS, in der sich nur die 'weißen' englischsprachigen Länder (USA, UK, Australien) zusammenschlossen, während Japan, Südkorea und Indien auf Distanz blieben, nur mäßigen Erfolg. Die gleiche Art von Politik wird heute gegenüber Russland betrieben, um die europäischen Länder wieder unter die amerikanische Obedienz in die NATO zu bringen: Die US-Propaganda prangert ständig die russische Invasion an und stellt gleichzeitig zynisch klar, dass die USA nicht militärisch in die Ukraine eingreifen werden, da sie gegenüber diesem Land keine Verteidigungsverpflichtungen haben, im Gegensatz zu denen, die innerhalb der NATO existieren. Dies ist eine perfide Botschaft an die europäischen Länder. Doch neben Boris Johnson, der sich wie in Asien als treuer Leutnant der Amerikaner positioniert, unterstreicht das jüngste diplomatische Ballett nach Moskau, das Macron und Scholz inszenierten, wie sehr die deutsche und französische Bourgeoisie mit allen Mitteln versuchen, ihre besonderen imperialistischen Interessen zu wahren.
Gleichzeitig hofft Joe Biden, durch diese konfrontative Politik sein durch den Abzug der US-Streitkräfte aus Afghanistan und die wiederholten Misserfolge bei seinen sozioökonomischen Plänen stark angeschlagenes Image aufzupolieren: "Präsident Joe Biden hat nach einem Jahr im Amt die schlechteste Zustimmungsrate von fast allen gewählten Präsidenten, mit Ausnahme des ehemaligen Präsidenten Donald Trump" (CNN politics, 06.02.22) und dementsprechend "steuert seine Partei im kommenden November auf eine Niederlage bei den Zwischenwahlen zu" (La Presse, Montréal, 23. Januar 2022). Kurzum, die USA sind zwar in der Offensive, aber der Handlungsspielraum ihres Präsidenten ist dennoch aufgrund seiner inneren Unbeliebtheit eingeschränkt, aber auch aufgrund der Tatsache, dass es nach den Erfahrungen im Irak und in Afghanistan nicht in Frage kommen kann, heute massiv "boots on the ground" einzusetzen. Die Präsenz von US-Truppen an den Grenzen der Ukraine bleibt daher eher symbolisch.
In den letzten zehn Jahren haben wir hervorgehoben, dass Russland dank seiner starken Streitkräfte und Waffen – ein Erbe aus der Zeit, als es einen ganzen imperialistischen Block anführte – eine Rolle als "Unruhestifter" in der Welt spielt – obwohl es ein wirtschaftlicher Zwerg ist. Dies bedeutet jedoch nicht, dass es sich heute insgesamt in der Offensive befände. Im Gegenteil, es befindet sich in einer allgemeinen Situation, in der es entlang seiner Grenzen zunehmend unter Druck gerät.
- In Zentralasien, wo die Taliban in Kabul an der Macht sind, stellt die muslimische Bedrohung für die asiatischen Verbündeten der "Stans" (Usbekistan, Turkmenistan, Tadschikistan) eine große Belastung dar;
- zweitens befindet es sich zwischen dem Schwarzen Meer und dem Kaspischen Meer nach der Besetzung Südossetiens und Abchasiens im Jahr 2008 in einem verdeckten Krieg mit Georgien und versucht nach dem Krieg in Bergkarabach im Jahr 2020, den Status quo zwischen Armenien und Aserbaidschan aufrechtzuerhalten, wobei dieses von der Türkei weitgehend umworben wird.
- Schließlich ist die jüngste Destabilisierung Kasachstans ein Albtraum für Russland, da das Land eine zentrale Stellung bei der Verteidigung seines östlichen Glacis einnimmt.
- Auf der europäischen Seite sind die Ukraine und Weißrussland, die zentrale Gebiete in seinem westlichen Glacis sind (die ukrainische Grenze ist nur 450 km von Moskau entfernt), in den letzten Jahren stark unter Druck geraten. Russland rechnete damit, dort weiterhin Regime zu halten, die ihm wohlgesonnen sind, doch mit der Orangenen Revolution in Kiew 2014 kippte das Land in Richtung Europa, und 2020 wäre in Weißrussland fast das Gleiche passiert.
Durch die Besetzung der Krim im Jahr 2014 und die Unterstützung der russischsprachigen Sezessionisten in der Ostukraine (Donezk und Luhansk) hoffte Putin, die Kontrolle über die gesamte Ukraine zu behalten: „Eigentlich hatte der russische Präsident auf das Minsker Protokoll von 2014 und das Umsetzungsabkommen vom Februar 2015 gehofft, um sich über den Umweg der Donbass-Republiken ein Mitspracherecht in der ukrainischen Politik zu sichern. Das Gegenteil ist geschehen: Die Umsetzung der Minsker Vereinbarungen ist an einem toten Punkt angelangt. Die Wahl von Präsident Volodimir Selenski im April 2019 weckte in Moskau die Hoffnung auf bessere Beziehungen zu Kiew, aber er verstärkte die von seinem Vorgänger eingeleitete Politik des Bruchs mit der ‚russischen Welt‘ noch. Außerdem wird die militärisch-technische Kooperation zwischen der Ukraine und der Nato immer enger. Die Türkei, selbst Nato-Mitglied, hat Kiew sogar Kampfdrohnen geliefert, weshalb Moskau befürchtet, die Ukraine könnte eine militärische Rückeroberung des Donbass versuchen. Putin will also die Initiative ergreifen, solange noch Zeit ist.“ (Le Monde Diplomatique, Februar 2022)
Angesichts der Tendenz der USA, sich zunehmend auf China zu konzentrieren, hielt Putin den Zeitpunkt für günstig, den Druck auf die Ukraine zu erhöhen und damit auch "seinen Platz auf der imperialistischen Bühne zu verhandeln"; er verfolgte eine Politik der "hybriden Kriegsführung", die mehrere Druckmittel beinhaltet, die auf militärischen Spannungen, Cyberangriffen, wirtschaftlichen (russisches Gas) und politischen Drohungen (Anerkennung der abtrünnigen Republiken) beruhen. Die US-amerikanische politische und mediale Offensive nimmt ihn jedoch in die Zange: Durch die Ankündigung einer Militäroperation zur Besetzung der Ukraine durch Russland mit großem Trommelwirbel sorgen die USA dafür, dass jede kleinere Aktion Russlands als Rückschlag aufgefasst wird, und versuchen daher gewissermaßen, Russland zu einer riskanten und wahrscheinlich langwierigen Militäroperation zu bewegen, während die russische Bevölkerung ebenfalls nicht bereit ist, in den Krieg zu ziehen und die "body bags" in großer Zahl zurückkehren zu sehen. Der russische Politologe und Experte für internationale Politik Russlands, Fyodor Lukyanov, betont, dass "das Überschreiten der Linie zwischen der Demonstration von Stärke und der Anwendung von Stärke ein Übergang zu einer anderen Ebene von Risiken und Konsequenzen ist. Moderne Gesellschaften sind darauf nicht vorbereitet, und ihre Führer wissen das" (zitiert aus De Morgen, 11.02.22).
Die Ereignisse in der Ukraine haben bereits jetzt einen sehr großen Einfluss auf die Situation in Europa, und zwar in zweierlei Hinsicht:
- Erstens üben die Verschärfung der imperialistischen Konfrontationen, der Druck der USA und die Betonung des "Jeder-für-sich"-Prinzips einen extrem starken Druck auf die Positionierung der verschiedenen europäischen Staaten aus. Bidens unnachgiebige Äußerungen zwingen sie, Stellung zu beziehen, und die Risse zwischen ihnen werden immer größer, was sowohl für die NATO als auch für die EU weitreichende Folgen haben wird. Auf der einen Seite positioniert sich Großbritannien, das von den Zwängen des Konsenses innerhalb der EU befreit ist, als treuer Leutnant unter den Getreuen der USA: Sein Außenminister bezeichnet die deutsch-französischen Versuche, einen Kompromiss zu finden, sogar als "zweites München". Verschiedene osteuropäische Länder wie Rumänien, Polen oder die baltischen Staaten rufen nach einer harten Haltung der NATO und stellen sich entschieden unter den Schutz der USA.
Demgegenüber sind Frankreich oder Deutschland deutlich zögerlicher und versuchen, ihre eigene Ausrichtung in Bezug auf den Konflikt zu entwickeln, was durch die intensiven Verhandlungen von Macron und Scholz mit Putin unterstrichen wird. Der Konflikt macht deutlich, dass besondere Interessen wirtschaftlicher, aber auch imperialistischer Art diese Länder dazu veranlassen, je eine eigene Politik gegenüber Russland zu verfolgen, und genau das ist das Ziel des Drucks der USA.
Auf einer allgemeineren Ebene, mit der Konfrontation in der Ukraine, werden Kriegstöne und die Tendenz zur Militarisierung der Wirtschaft den europäischen Kontinent erneut prägen, und zwar auf einer viel tieferen Ebene als wir es beim Krieg im ehemaligen Jugoslawien in den 1990er Jahren oder sogar bei der Besetzung der Krim durch Russland im Jahr 2014 gesehen haben, angesichts der Vertiefung der Widersprüche in einem Kontext des Chaos und des Jeder-für-sich. Die Positionierung der verschiedenen Länder (insbesondere Deutschlands und Frankreichs) zur Verteidigung ihrer imperialistischen Interessen kann die Spannungen innerhalb Europas sowie das mit der Entwicklung des Jeder-für-sich verbundene Chaos nur noch weiter verschärfen und die Unvorhersehbarkeit der Situation kurz- und mittelfristig erhöhen.
Zweifellos strebt keiner der Protagonisten einen allgemeinen Krieg an, denn zum einen sind die Bündnisse aufgrund des zunehmenden Jeder-für-sich unzuverlässig, und zum anderen und vor allem hat die Bourgeoisie in keinem der betroffenen Länder freie Hand: Die USA konzentrieren sich weiterhin auf ihren Hauptfeind China, und Präsident Biden, wie übrigens auch Trump vor ihm, vermeidet unter allen Umständen "boots on the ground". Russland fürchtet einen langen und massiven Krieg, der seine Wirtschaft und seine militärische Stärke untergraben würde (das Afghanistan-Syndrom), und vermeidet es ebenfalls, seine regulären Einheiten zu stark einzusetzen, indem es die "Drecksarbeit" von Privatfirmen erledigen lässt (die Wagner-Gruppe). Wie die anhaltenden Schwierigkeiten bei der Erhöhung der Impfrate zeigen, misstraut die russische Bevölkerung dem Staat zutiefst. Für Europa schließlich wäre es wirtschaftlicher Selbstmord, und die Bevölkerung ist grundsätzlich ablehnend.
Das Ausbleiben eines totalen und massiven Krieges bedeutet jedoch keineswegs, dass es nicht zu kriegerischen Handlungen kommen wird; diese finden derzeit bereits in der Ukraine durch den Krieg "niedriger Intensität" (sic) mit den sezessionistischen Milizen in Charkow und Luhansk statt. Die imperialistischen Ambitionen der verschiedenen Imperialismen in Verbindung mit der Zunahme des "Jeder-für-sich" und der Irrationalität, die mit dem Zerfall verbunden sind, bedeuten unwiderruflich die Aussicht auf eine Vervielfachung der Konflikte in Europa selbst, die immer chaotischere und blutigere Formen annehmen könnten: Vervielfachung der "hybriden" Konflikte (Kombination aus militärischem, wirtschaftlichem und politischem Druck), neue Flüchtlingswellen, die nach Westeuropa strömen, sowie Spannungen innerhalb der Bourgeoisie in den USA (siehe Trumps "Wohlwollen" gegenüber Putin) wie auch in Europa (z.B. in Deutschland) und ein zunehmender Kontrollverlust der Bourgeoisie über ihren politischen Apparat (populistische Wellen).
Gegen die hasserfüllte Hetze des Nationalismus prangert die Kommunistische Linke die imperialistischen Lügen jedweder Seite an, die nur den Interessen der verschiedenen Bourgeoisien – der russischen, amerikanischen, deutschen, französischen, ... oder ukrainischen – dienen und die Arbeiter in barbarische Konflikte hineinziehen können. Die Arbeiterklasse hat kein Vaterland, der Arbeiterkampf gegen die kapitalistische Ausbeutung ist international und lehnt jede Spaltung aufgrund von Geschlecht, Rasse oder auf nationaler Basis ab. Die Arbeiter müssen sich bewusst sein, dass, wenn sie der Verschärfung der Konfrontationen zwischen den imperialistischen Haien nicht durch ihre Kämpfe entgegenwirken, diese Konfrontationen auf allen Ebenen in einem Kontext des zunehmenden Jeder-für-sich, der Militarisierung und Irrationalität wachsen werden. In dieser Hinsicht ist die Entwicklung von Arbeiterkämpfen, insbesondere in den Kernländern des Kapitalismus, auch eine wesentliche Waffe, um sich der Ausweitung der kriegerischen Barbarei zu widersetzen.
18.02.2022 / R. Havanais
Wenn man mit seiner Familie aus den Kriegsgebieten in der Ukraine zu fliehen versucht, wird man, wie Hunderttausende andere auch, von seiner Frau, seinen Kindern und seinen alten Eltern auseinander gerissen; wenn man männlich und zwischen 18 und 60 Jahre alt ist, wird man zum Kampf gegen die vorrückende russische Armee eingezogen. Wenn man in einer Stadt bleibt, ist man dem Beschuss und den Raketen ausgesetzt, die angeblich auf militärische Ziele gerichtet sind, aber immer den "Kollateralschaden" verursachen, von dem wir zum ersten Mal im glorreichen Golfkrieg des Westens 1991 gehört haben - Wohnblocks, Schulen und Krankenhäuser werden zerstört und Hunderte von Zivilisten getötet. Wenn man russischer Soldat ist, hat man ihnen vielleicht gesagt, das ukrainische Volk würde sie als Befreier willkommen heißen, aber sie werden für diese Lüge mit Blut bezahlen. Das ist die Realität des heutigen imperialistischen Krieges, und je länger er andauert, desto höher wird der Blutzoll an Tod und Zerstörung sein. Die russischen Streitkräfte haben gezeigt, dass sie in der Lage sind, ganze Städte dem Erdboden gleichzumachen, wie sie es in Tschetschenien und Syrien getan haben. Die westlichen Waffen, die in die Ukraine strömen, werden die Verwüstung noch verstärken.
In einem ihrer jüngsten Artikel über den Krieg in der Ukraine titelte die rechtsgerichtete britische Zeitung The Daily Telegraph „Die Welt schlittert in ein neues dunkles Zeitalter von Armut, Irrationalität und Krieg“ (The world is sliding into a new Dark Age of poverty, irrationality and war (telegraph.co.uk))
Mit anderen Worten: Die Tatsache, dass wir in einem globalen System leben, das in seiner eigenen Auflösung versinkt, lässt sich immer schwerer verbergen. Seien es die Auswirkungen der weltweiten Covid-Pandemie, die jüngsten düsteren Prognosen über die ökologische Katastrophe, die dem Planeten bevorsteht, die wachsende Armut infolge der Wirtschaftskrise, die ganz offensichtliche Bedrohung durch die Verschärfung der interimperialistischen Konflikte oder das Erstarken politischer und religiöser Kräfte, die von einst marginalen apokalyptischen Legenden und Verschwörungstheorien angeheizt werden – die Schlagzeile des Telegraph ist nicht mehr und nicht weniger als eine Beschreibung der Realität, auch wenn die Meinungsschreiber des Telegraph kaum nach den Wurzeln all dessen in den Widersprüchen des Kapitalismus suchen.
Seit dem Zusammenbruch des Ostblocks und der UdSSR in den Jahren 1989-91 haben wir die Auffassung vertreten, dass ein Gesellschaftssystem, das bereits seit Beginn des 20. Jahrhundert überholt war, in eine neue und letzte Phase des Niedergangs eingetreten ist. Entgegen dem Versprechen, dass das Ende des "Kalten Krieges" eine neue Weltordnung des Friedens und des Wohlstands bringen würde, haben wir darauf bestanden, dass diese neue Phase durch zunehmende Unordnung und eskalierenden Militarismus gekennzeichnet sein würde. Die Kriege auf dem Balkan Anfang der 90er Jahre, der Golfkrieg von 1991, die Invasion Afghanistans und des Irak, die Zerschlagung Syriens, unzählige Kriege auf dem afrikanischen Kontinent, der Aufstieg Chinas zur Weltmacht und das Wiederaufleben des russischen Imperialismus haben diese Prognose bestätigt. Die russische Invasion in der Ukraine markiert einen neuen Schritt in diesem Prozess, in dem das Ende des alten Blocksystems zu einem rasanten Kampf aller gegen alle geführt hat, in dem ehemals untergeordnete oder geschwächte Mächte eine neue Position in der imperialistischen Hackordnung für sich beanspruchen.
Die Bedeutung dieser neuen Runde offener Kriege auf dem europäischen Kontinent darf nicht unterschätzt werden. Der Balkankrieg hat bereits die Tendenz gezeigt, dass das imperialistische Chaos aus den peripheren Regionen in die Kerngebiete des Systems zurückkehrt, aber das war ein Krieg "innerhalb" eines zerfallenden Staates, in dem die Konfrontation zwischen den großen imperialistischen Mächten viel weniger direkt war. Heute erleben wir einen europäischen Krieg zwischen Staaten und eine viel offenere Konfrontation zwischen Russland und seinen westlichen Rivalen, vor allem den USA. Während die Pandemie eine Beschleunigung des kapitalistischen Zerfalls auf mehreren Ebenen (sozial, gesundheitlich, ökologisch usw.) darstellt, ist der Krieg in der Ukraine eine deutliche Erinnerung daran, dass der Krieg zur Lebensweise des Kapitalismus in seiner Dekadenzepoche geworden ist und dass sich militärische Spannungen und Konflikte weltweit ausbreiten und verschärfen.
Die Schnelligkeit des russischen Vormarsches in die Ukraine hat viele gut informierte Experten überrascht, und wir selbst waren uns nicht sicher, dass er so schnell und so massiv erfolgen würde[1]. Wir glauben nicht, dass dies auf Fehler in unserem grundlegenden Analyserahmen zurückzuführen ist. Vielmehr lag es daran, dass wir zögerten, diesen Rahmen vollständig anzuwenden, der bereits Anfang der 90er Jahre in einigen Schlüsseltexten[2] ausgearbeitet worden war, in denen wir argumentierten, dass diese neue Phase der Dekadenz durch zunehmend chaotische, brutale und irrationale militärische Konflikte gekennzeichnet sein würde. Irrational sogar aus der Sicht des Kapitalismus selbst[3]: Während in seiner aufstrebenden Phase Kriege, vor allem jene, die den Weg für die koloniale Expansion ebneten, klare wirtschaftliche Vorteile für die Sieger brachten, hat der Krieg in der Zeit der Dekadenz eine zunehmend zerstörerische Dynamik angenommen, und die Entwicklung einer mehr oder weniger permanenten Kriegswirtschaft hat die Produktivität und die Profite des Kapitals enorm belastet. Selbst bis zum Zweiten Weltkrieg gab es am Ende des Konflikts noch "Gewinner", insbesondere die USA und die UdSSR. Doch in der gegenwärtigen Phase haben sich die Kriege, die selbst von den "führenden" Nationen der Welt begonnen worden sind, als Fiasko erwiesen, sowohl auf militärischer als auch auf wirtschaftlicher Ebene. Der demütigende Rückzug der USA aus dem Irak und Afghanistan ist ein klarer Beweis dafür.
In unserem letzten Artikel haben wir darauf hingewiesen, dass eine Invasion oder Besetzung der Ukraine Russland wahrscheinlich in eine neue Version des Sumpfes stürzen würde, in den es in den 1980er Jahren in Afghanistan geraten war – und der ein wichtiger Faktor für den Untergang der UdSSR selbst war. Es gibt bereits Anzeichen dafür, dass die Invasion in der Ukraine, die auf beträchtlichen bewaffneten Widerstand gestoßen ist, bei weiten Teilen der russischen Gesellschaft, einschließlich Teilen der herrschenden Klasse selbst, auf Ablehnung stößt und eine Reihe von Vergeltungssanktionen von Russlands Hauptkonkurrenten ausgelöst hat, die die materielle Armut der Mehrheit der russischen Bevölkerung mit Sicherheit noch verschärfen werden. Gleichzeitig verstärken die westlichen Mächte die Unterstützung für die ukrainischen Streitkräfte, sowohl ideologisch als auch durch die Lieferung von Waffen und militärischer Beratung. Doch trotz dieser vorhersehbaren Folgen verringert der Druck auf den russischen Imperialismus täglich die Möglichkeit, dass die Mobilisierung seiner Streitkräfte um die Ukraine bei einer bloßen Machtdemonstration stehen bleibt. Insbesondere die Weigerung der NATO, eine eventuelle Expansion in die Ukraine auszuschließen, konnte von Putins Regime nicht hingenommen werden, und seine Invasion hat das klare Ziel, einen Großteil der militärischen Infrastruktur der Ukraine zu zerstören und eine prorussische Regierung zu installieren. Die Irrationalität des gesamten Projekts, das mit einer fast messianischen Vision von der Wiederherstellung des alten russischen Imperiums verbunden ist, und die sehr hohe Wahrscheinlichkeit, dass es in einem neuen Fiasko enden wird, hätten Putin und sein Umfeld niemals davon abgehalten, das Risiko einzugehen.
Auf den ersten Blick sieht sich Russland nun einer "Einheitsfront" der westlichen Demokratien und einer neu erstarkten NATO gegenüber, in der die USA eindeutig eine führende Rolle spielen. Die USA werden der Hauptnutznießer sein, wenn Russland in einen nicht zu gewinnenden Krieg in der Ukraine verwickelt wird, und sie werden von dem größeren Zusammenhalt der NATO angesichts der gemeinsamen Bedrohung durch den russischen Expansionismus profitieren. Dieser Zusammenhalt ist jedoch fragil: Bis zur Invasion versuchten sowohl Frankreich als auch Deutschland, ihr eigenes Spiel zu spielen, indem sie die Notwendigkeit einer diplomatischen Lösung betonten und getrennte Gespräche mit Putin führten. Der Beginn der Feindseligkeiten zwang beide zum Rückzug, indem sie sich auf die Umsetzung von Sanktionen einigten, auch wenn diese ihre Wirtschaft viel direkter treffen als die der USA (Beispiel: Deutschland stoppt die russischen Energielieferungen, die es dringend benötigt). Aber es gibt auch Bestrebungen, dass die EU ihre eigenen Streitkräfte aufbaut, und die Entscheidung Deutschlands, seinen Rüstungshaushalt stark zu erhöhen, muss auch unter diesem Gesichtspunkt betrachtet werden. Es muss auch daran erinnert werden, dass die US-Bourgeoisie selbst in ihrer Haltung gegenüber der russischen Macht gespalten ist: Biden und die Demokraten neigen dazu, die traditionell feindliche Haltung gegenüber Russland beizubehalten, aber ein großer Teil der republikanischen Partei hat eine ganz andere Einstellung. Insbesondere Trump konnte seine Bewunderung für Putins "Genialität" nicht verbergen, als die Invasion begann...
Während wir von der Bildung eines neuen US-Blocks noch weit entfernt sind, hat das russische Abenteuer auch keinen Schritt in Richtung der Bildung eines russisch-chinesischen Blocks markiert. Trotz der jüngsten gemeinsamen Militärübungen und trotz früherer Bekundungen chinesischer Unterstützung für Russland in Fragen wie Syrien hat sich China diesmal von Russland distanziert, indem es sich bei der Abstimmung über die Verurteilung Russlands im UN-Sicherheitsrat der Stimme enthielt und sich als "ehrlicher Makler" präsentierte, der zur Einstellung der Feindseligkeiten aufrief. Und wir wissen, dass Russland und China trotz gemeinsamer Interessen im Gegensatz zu den USA ihre eigenen Differenzen haben, insbesondere in der Frage von Chinas Projekt der "Neuen Seidenstraße". Hinter diesen Differenzen verbirgt sich die Sorge Russlands, sich Chinas eigenen expansionistischen Ambitionen unterzuordnen.
In dieser Situation spielen auch andere Faktoren der Instabilität eine Rolle, insbesondere die Rolle der Türkei, die in gewisser Weise Russland in seinem Bemühen um eine Aufwertung seines globalen Status umworben hat, aber gleichzeitig wegen der Kriege zwischen Armenien und Aserbaidschan und in Libyen mit Russland in Konflikt geraten ist. Die Türkei hat nun damit gedroht, russischen Kriegsschiffen den Zugang zum Schwarzen Meer über die Dardanellen zu versperren, aber auch hier wird diese Aktion ausschließlich auf der Grundlage der nationalen Interessen der Türkei berechnet.
Aber wie wir in unserer Resolution zur internationalen Lage vom 24. IKS-Kongress schrieben, bedeutet die Tatsache, dass die internationalen imperialistischen Beziehungen immer noch von zentrifugalen Tendenzen geprägt sind, "13. ... nicht, dass wir in einer Ära größerer Sicherheit lebten als in der Periode des Kalten Krieges, die unter der Bedrohung durch ein nukleares Armageddon litt. Im Gegenteil: Wenn die Phase des Zerfalls durch einen zunehmenden Kontrollverlust der Bourgeoisie gekennzeichnet ist, so gilt dies auch für die enormen Mittel der Zerstörung – nukleare, konventionelle, biologische und chemische –, die von der herrschenden Klasse angehäuft worden und nun über eine weitaus größere Zahl von Nationalstaaten verteilt sind als in der vorangegangenen Periode. Wir sehen zwar keinen kontrollierten Marsch in Richtung Krieg, der von disziplinierten Militärblöcken angeführt würde, aber wir können die Gefahr einseitiger militärischer Ausbrüche oder sogar grotesker Unfälle nicht ausschließen, die eine weitere Beschleunigung des Abgleitens in die Barbarei bedeuten würden.“[4]
Angesichts der ohrenbetäubenden internationalen Kampagne zur Isolierung Russlands und der praktischen Maßnahmen, die darauf abzielen, seine Strategie in der Ukraine zu blockieren, hat Putin seine nuklearen Verteidigungskräfte in höchste Alarmbereitschaft versetzt. Dies mag im Moment nur eine kaum verhüllte Drohung sein, aber die Ausgebeuteten der Welt können es sich nicht leisten, auf die ultimative Vernunft irgendeines Teils der herrschenden Klasse zu vertrauen.
Um die Bevölkerung und vor allem die Arbeiterklasse für den Krieg zu mobilisieren, muss die herrschende Klasse neben ihren Bomben und Artilleriegranaten auch einen ideologischen Angriff starten. In Russland scheint sich Putin hauptsächlich auf plumpe Lügen über die "Nazis und Drogensüchtigen", die in der Ukraine das Sagen hätten, verlassen zu haben und er hat nicht viel in den Aufbau eines nationalen Konsenses über den Krieg investiert. Dies könnte sich als Fehlkalkulation erweisen, denn in den eigenen Regierungskreisen, unter den Intellektuellen und in breiteren Schichten der Gesellschaft regt sich Unmut. Es hat eine Reihe von Straßendemonstrationen gegeben, und etwa 6.000 Menschen wurden festgenommen, weil sie gegen den Krieg protestiert haben. Es gibt auch Berichte über die Demoralisierung eines Teils der in die Ukraine entsandten Truppen. Doch bisher gibt es kaum Anzeichen für eine Bewegung gegen den Krieg, die sich auf die Arbeiterklasse in Russland stützt, die durch den jahrzehntelangen Stalinismus von ihren revolutionären Traditionen abgeschnitten ist. In der Ukraine selbst ist die Lage der Arbeiterklasse noch düsterer: Angesichts des Schreckens der russischen Invasion ist es der herrschenden Klasse weitgehend gelungen, die Bevölkerung für die Verteidigung des "Vaterlandes" zu mobilisieren, wobei sich Hunderttausende freiwillig gemeldet haben, um den Invasoren mit jeder Waffe zu widerstehen, die sie in die Hände bekommen. Wir sollten nicht vergessen, dass sich auch Hunderttausende für die Flucht aus den Kampfgebieten entschieden haben, aber der Aufruf, für die bürgerlichen Ideale der Demokratie und der Nation zu kämpfen, wurde sicherlich von Teilen des Proletariats befolgt, die sich auf diese Weise in das ukrainische "Volk" aufgelöst haben, in dem die Realität der Klassenspaltung vergessen ist. Die Mehrheit der ukrainischen Anarchisten scheint den extrem linken Flügel dieser Volksfront zu stellen[5].
Die Fähigkeit der russischen und ukrainischen herrschenden Klassen, "ihre" Arbeiter in den Krieg zu zerren, zeigt, dass die internationale Arbeiterklasse nicht homogen ist. Anders ist die Situation in den wichtigsten westlichen Ländern, wo die Bourgeoisie seit vielen Jahrzehnten mit der mangelnden Bereitschaft der Arbeiterklasse konfrontiert ist, sich – trotz aller Schwierigkeiten und Rückschläge – auf dem Altar des imperialistischen Krieges zu opfern. Angesichts der zunehmend kriegerischen Haltung Russlands hat es die herrschende Klasse im Westen sorgfältig vermieden, "boots on the ground" (Bodentruppen) zu stellen und dem Abenteuer des Kremls mit direkter militärischer Gewalt zu begegnen. Das bedeutet jedoch nicht, dass unsere Herrscher die Situation passiv hinnehmen. Im Gegenteil, wir sind Zeugen der koordiniertesten ideologischen Pro-Kriegs-Kampagne seit Jahrzehnten, der Kampagne für "Solidarität mit der Ukraine gegen die russische Aggression". Die Presse, von rechts bis links, propagiert und unterstützt die Pro-Ukraine-Demonstrationen und preist den "ukrainischen Widerstand" als Bannerträger der demokratischen Ideale des Westens, die durch den Wahnsinnigen im Kreml bedroht seien. Und sie verschweigen nicht, dass es Opfer geben wird – nicht nur, weil die Sanktionen gegen russische Energielieferungen den Inflationsdruck verstärken werden, der es den Menschen schon jetzt schwer macht, ihre Wohnung zu heizen, sondern auch, weil uns gesagt wird, dass wir unsere "Verteidigungs"-Ausgaben aufstocken müssen, wenn wir die "liberale Demokratie" verteidigen wollen. Wie der politische Chefkommentator des liberalen Observer, Andrew Rawnsley, es diese Woche ausdrückte:
„Seit dem Fall der Berliner Mauer und der darauf folgenden Abrüstung haben das Vereinigte Königreich und seine Nachbarn die "Friedensdividende" hauptsächlich dafür ausgegeben, der alternden Bevölkerung eine bessere Gesundheitsversorgung und Renten zu bieten, als sie es sonst getan hätte. Die Zurückhaltung, mehr Geld für die Verteidigung auszugeben, hält an, auch wenn China und Russland immer kriegerischer werden. Nur ein Drittel der 30 Nato-Mitglieder erfüllt derzeit die Verpflichtung, 2 % des BIP für ihre Streitkräfte auszugeben. Deutschland, Italien und Spanien liegen weit hinter diesem Ziel zurück.
Die liberalen Demokratien müssen dringend die Entschlossenheit zur Verteidigung ihrer Werte gegen Tyrannei wiederentdecken, die sie während des Kalten Krieges gezeigt haben. Die Autokraten in Moskau und Peking glauben, dass der Westen gespalten, dekadent und im Niedergang begriffen ist. Sie müssen eines Besseren belehrt werden. Andernfalls ist die ganze Rhetorik über Freiheit nur Lärm vor der Niederlage“.[6]
Gerade als die Arbeiterklasse in einer Reihe von Ländern Anzeichen einer neuen Bereitschaft zeigte, ihre Lebens- und Arbeitsbedingungen zu verteidigen[7], wird diese massive ideologische Offensive der herrschenden Klasse, dieser Aufruf zu Opfern bei der Verteidigung der Demokratie, ein schwerer Schlag gegen das Potenzial für die Entwicklung von Klassenbewusstsein sein. Aber die zunehmende Erkenntnis, dass der Kapitalismus vom Krieg lebt, kann langfristig auch dazu beitragen, dass ein Bewusstsein dafür entsteht, dass dieses ganze System, in Ost und West, tatsächlich "dekadent und im Niedergang begriffen" ist, dass die kapitalistischen Gesellschaftsverhältnisse von der Erde verschwinden müssen.
Angesichts des gegenwärtigen ideologischen Angriffs, der echte Empörung über das Grauen, das wir in der Ukraine erleben, in Unterstützung für den imperialistischen Krieg umwandelt, wird die Aufgabe der internationalistischen Minderheiten der Arbeiterklasse nicht leicht sein. Sie beginnt damit, allen Lügen der herrschenden Klasse entgegenzutreten und darauf zu bestehen, dass die Arbeiterklasse sich nicht für die Verteidigung des Kapitalismus und seiner Werte opfern darf, sondern mit aller Kraft für die Verteidigung ihrer eigenen Arbeits- und Lebensbedingungen kämpfen muss. Gleichzeitig bedeutet es, darauf hinzuweisen, dass nur die Umwandlung von Defensivkämpfen in eine politische Offensive gegen den Kapitalismus die menschliche Gattung vor der drohenden Zerstörung bewahren wird.
Amos 01.03.2022
[1] https://de.internationalism.org/content/3034/ukraine-zuspitzung-der-krie... [50] (internationalism.org) [51]; https://de.internationalism.org/content/3031/russland-ukraine-konflikt-d... [52] https://de.internationalism.org/content/3036/imperialistischer-krieg-der... [53]
[3] Diese grundlegende Irrationalität eines sozialen Systems, das keine Zukunft hat, wird natürlich von einer wachsenden Irrationalität auf der Ebene der Ideologie und der Psychologie begleitet. Die derzeitige Hysterie über Putins Geisteszustand beruht auf einer Halbwahrheit, denn Putin ist nur ein Beispiel für die Art von Führer, die durch den Zerfall des Kapitalismus und die Zunahme des Populismus hervorgebracht wurde. Haben die Medien den Fall Donald Trump schon vergessen?
[5] Vgl. zum Beispiel: CrimethInc. : Russian Anarchists on the Invasion of Ukraine : Updates and Analysis [56]
Als Reaktion auf den mörderischen Krieg in der Ukraine hat die IKS wiederholt die Notwendigkeit einer gemeinsamen Antwort als kohärentesten Ausdrucks des proletarischen Internationalismus - der Kommunistischen Linken - betont, um einen klaren Bezugspunkt für alle zu schaffen, die sich dem imperialistischen Krieg auf Klassenbasis widersetzen wollen.
Obwohl der Aufruf zu einer gemeinsamen Erklärung und der daraus entstandene Text von drei Gruppen[1] positiv aufgenommen wurde, haben die bordigistischen Gruppen unseren Aufruf mehr oder weniger ignoriert. Die Internationalistische Kommunistische Tendenz IKT hat, obwohl sie erklärte, dass sie grundsätzlich für solche gemeinsamen Erklärungen von Internationalisten ist, unseren Aufruf aus Gründen abgelehnt, die unklar bleiben: neben Unstimmigkeiten in der Analyse schienen unterschiedliche Ansichten darüber, was die authentische Kommunistische Linke ausmacht und eine Ablehnung unserer Auffassung von Parasitismus in den Vordergrund zu treten.
Wir werden diese Argumente an anderer Stelle aufgreifen. Hier wollen wir uns auf den Alternativvorschlag der IKT konzentrieren, der darin besteht, die Bildung lokaler/nationaler "Kein Krieg außer dem Klassenkrieg"-Gruppen (NWCW) voranzutreiben, die sie als Ausgangspunkt für eine internationalistische Aktion gegen den Krieg auf einer viel breiteren Ebene als einer gemeinsamen, von den Gruppen der Kommunistischen Linken unterzeichneten Erklärung sehen.
Wenn wir den Text des ersten Aufrufs zur Gründung von "No War but the Class War"-Gruppen als Reaktion auf den Ukraine-Krieg [2], der von der NWCW in Liverpool veröffentlicht wurde, untersuchen, können wir sagen, dass er eindeutig internationalistisch ist, sich gegen beide imperialistischen Lager wendet, pazifistische Illusionen zurückweist und darauf besteht, dass der Abstieg des Kapitalismus in die militärische Barbarei nur durch den revolutionären Kampf der Arbeiterklasse aufgehalten werden kann.
Wir sind jedoch der Meinung, dass der Text im folgenden Absatz ein eindeutiges Element von Unmittelbarkeit enthält: "Die verstreuten Anti-Kriegs-Aktionen, von denen bisher berichtet wurde - Proteste in Russland, befehlsverweigernde Soldaten in der Ukraine, Verweigerung von Transporten durch Hafenarbeiter in Großbritannien und Italien, Sabotage durch Eisenbahnarbeiter in Weißrussland - müssen die Perspektive der Arbeiterklasse einnehmen, um wirklich Anti-Krieg zu sein, damit sie nicht von der einen oder anderen Seite instrumentalisiert werden. Unterstützung für Russland oder die Ukraine in diesem Konflikt bedeutet Unterstützung für den Krieg. Die einzige Möglichkeit, diesen Albtraum zu beenden, besteht darin, dass sich die Arbeiter über die Grenzen hinweg verbrüdern und die Kriegsmaschinerie zu Fall bringen”.
Die Erklärung weist zu Recht darauf hin, dass vereinzelte Proteste gegen den Krieg von verschiedenen bürgerlichen Gruppierungen oder Ideologien vereinnahmt werden können. Aber es wird der Eindruck erweckt, dass die Arbeiterklasse in ihrer gegenwärtigen Situation, sei es im Kriegsgebiet oder in den zentraleren kapitalistischen Ländern, in der Lage sein könnte, kurzfristig eine revolutionäre Perspektive zu entwickeln und "die Kriegsmaschinerie zu Fall zu bringen", um diesen gegenwärtigen Krieg zu beenden.
Dahinter verbirgt sich eine weitere Fehleinschätzung, dass die Bildung von NWCW-Gruppen ein Moment für diesen plötzlichen Sprung aus dem gegenwärtigen Zustand der Orientierungslosigkeit in der Arbeiterklasse hin zu einer voll entfalteten Reaktion gegen das Kapital sein könnte.
Wenn wir die Geschichte der Communist Workers' Organisation, der britischen Mitgliedsorganisation der IKT, in Bezug auf ihre Beteiligung an früheren NWCW-Projekten untersuchen, gibt es eindeutige Beweise dafür, dass solche Illusionen unter diesen GenossInnen existieren.
Wir werden in Kürze eine ausführlichere Analyse der Perspektiven des Klassenkampfes in dieser Phase der sich beschleunigenden Barbarei veröffentlichen, in der wir erklären, warum wir nicht glauben, dass eine Massenbewegung der Arbeiterklasse direkt gegen diesen Krieg eine realistische Möglichkeit ist. Die IKT könnte darauf antworten, dass der NWCW-Aufruf hauptsächlich darauf abzielt, all jene Minderheiten zu gruppieren, die internationalistische Positionen vertreten und nicht darauf, irgendeine Art von Massenbewegung auszulösen. Aber selbst auf dieser Ebene ist ein wirkliches Verständnis der Natur des NWCW-Projekts erforderlich, um Fehler opportunistischer Art zu vermeiden, in denen die einzigartige Kohärenz der Kommunistischen Linken in einem Labyrinth der Verwirrung verloren geht, das stark von anarchistischen oder sogar linken Ideen beeinflusst ist.
Ziel des vorliegenden Artikels ist es daher, die Geschichte der NWCW-Idee kritisch zu untersuchen, um daraus die klarsten Lehren für unsere gegenwärtige Intervention zu ziehen. Diese Dimension fehlt in dem Vorschlag der IKT völlig. Als die CWO 2018 einen ähnlichen Aufruf machte und eine Reihe von Treffen unter dem NWCW-Banner mit der Anarchist Communist Group und ein oder zwei anderen anarchistischen Formationen organisierte, erklärten wir bei einem dieser Treffen, warum wir ihre Einladung, dieser Gruppe "beizutreten", nicht annehmen konnten. Der Hauptgrund war, dass diese neue Formation zusammengebracht worden war, ohne den Versuch zu unternehmen, die überwiegend negativen Lehren aus früheren Versuchen, NWCW-Gruppen zu gründen, zu verstehen. Dieses Versäumnis, eine kritische Prüfung der Erfahrungen vorzunehmen, wiederholte sich, als sich die Gruppe einfach auflöste, ohne dass die CWO oder die ACG eine öffentliche Erklärung abgaben.
Was den jüngsten Vorstoß der IKT in dieses Projekt betrifft, so haben wir die Genossen ausdrücklich eingeladen, an unseren letzten öffentlichen Diskussionsveranstaltungen zum Krieg in der Ukraine teilzunehmen und ihre Einschätzung der bisherigen Entwicklung des NWCW-Projekts abzugeben. Leider haben die Genossen an diesen Treffen nicht teilgenommen, so dass eine Gelegenheit, die Debatte voranzutreiben, verpasst wurde. Nichtsdestotrotz bieten wir diese Untersuchung des Hintergrundes und der Geschichte der NWCW-Idee als unseren eigenen Beitrag zum Vorantreiben der Debatte an.
Unseres Wissens wurde der erste Versuch, eine solche Gruppe zu gründen, als Reaktion auf den ersten Golfkrieg 1991 unternommen. Aber erst mit der Bildung neuer NWCW-Gruppen als Reaktion auf den Krieg im ehemaligen Jugoslawien und die Invasionen in Afghanistan und im Irak in den Jahren 2001 und 2003 konnten wir direkte Erfahrungen mit der Zusammensetzung und Dynamik dieser Initiative sammeln.
Unsere Entscheidung, an den von diesen Gruppen vor allem in London organisierten Treffen teilzunehmen, beruhte auf unserer Erkenntnis, dass der Anarchismus ein "Sumpf" ist, der eine Reihe von Tendenzen umfasst, die von der reinen bürgerlichen Linken bis zum echten Internationalismus reichen. Unserer Ansicht nach enthielten diese neuen NWCW-Gruppen, obwohl sie in der Tat äußerst heterogen waren, Elemente, die eine proletarische Alternative zu den von der Linken des Kapitals organisierten "Stop the War"-Mobilisierungen suchten.
Unsere Intervention gegenüber diesen Gruppen basierte auf den folgenden Zielen:
- Klärung der Grundsätze des proletarischen Internationalismus und der Notwendigkeit einer scharfen Abgrenzung von der Linken des Kapitals und des Pazifismus
- Konzentration auf die politische Debatte und Klärung gegenüber aktivistischen Tendenzen, die in der Praxis bedeuteten, sich in den Stop-the-War-Demonstrationen aufzulösen
- Trotz des Vorwurfs, dass unser Ansatz, der das Primat der politischen Diskussion betont, rein "monastisch" oder "inaktivistisch" sei, dass wir nur an der Diskussion um der Diskussion willen interessiert seien, machten wir einige konkrete Vorschläge für Aktionen, insbesondere die Möglichkeit der Einberufung eines "internationalistischen Treffens" auf dem Trafalgar Square am Ende des großen Stop the War-Marsches im November 2001. Dies stünde in direktem Gegensatz zu den linken Reden, die von der STW-Plattform kommen. Dieser Vorschlag wurde teilweise aufgegriffen - nicht von der NWCW als solcher, sondern von der IKS und der CWO...[3]. Wir werden später auf die Bedeutung dieses Vorschlags zurückkommen.
Im Jahr 2002 intervenierte auch die CWO in diesen Prozess, insbesondere in Sheffield, wo sie eine zentrale Rolle bei der Bildung einer neuen NWCW-Gruppe spielte - einer Gruppe, die Positionen vertrat, die denen der Kommunistischen Linken nahe kamen und sich sogar von ihnen nicht unterscheiden ließen. In unserem Artikel "Revolutionäre Intervention und der Irak-Krieg" in WR 264, in dem wir eine Bilanz unserer Intervention bei NWCW ziehen wollten, begrüßten wir diese Tatsache, kritisierten aber auch, dass die CWO das Potenzial des NWCW-Netzwerks, insbesondere seiner Hauptgruppe in London, überschätzte, als eine Art Organisationszentrum für proletarischen Widerstand gegen den Krieg zu fungieren und sich mit einigen kleinen Ausdrucksformen des Klassenkampfes zu verbinden, die parallel zur "Antikriegs"-Bewegung stattfanden[4]
Im Gegensatz zu dieser Vorstellung stellte unser Artikel klar, dass "wir nie dachten, dass NWCW ein Vorbote eines Wiederauflebens des Klassenkampfes oder einer bestimmten klassenpolitischen Bewegung sei, der wir uns 'angeschlossen' hätten. Sie könnte höchstens ein Bezugspunkt für eine sehr kleine Minderheit sein, die Fragen über den kapitalistischen Militarismus und die elitären und pazifistischen Betrügereien, die ihn begleiten, stellt. Und deshalb haben wir ihre - wenn auch begrenzten - Klassenpositionen gegen die reaktionären Angriffe von Linken wie Workers Power (in WR 250) verteidigt und von Anfang an auf der Bedeutung der Gruppe als Diskussionsforum bestanden und vor den Tendenzen zur 'direkten Aktion' und zur Schließung der Gruppe vor revolutionären Organisationen gewarnt".
Aus den gleichen Gründen haben wir in einem anderen Artikel "Zur Verteidigung der Diskussionsgruppen" in WR 250 unsere Differenzen mit der CWO in der Frage der "Vermittler" zwischen der Klasse und der revolutionären Organisation erläutert. Wir waren immer gegen die vom Partito Comunista Internazionalista (heute die italienische Schwesterorganisation der IKT) entwickelte und später von der CWO aufgegriffene Idee von "Betriebsgruppen", die als "Instrumente der Partei" definiert wurden, um eine Verankerung in der Klasse zu erreichen und sogar ihre Kämpfe zu "organisieren". Wir sahen darin einen Rückschritt zur Idee der Fabrikzellen als Grundlage der politischen Organisation, die von der Kommunistischen Internationale in der Phase der "Bolschewisierung" in den 1920er Jahren vertreten und von der Kommunistischen Linken in Italien heftig bekämpft wurde. Die spätere Entwicklung der Idee der Betriebsgruppen zum Aufruf zu territorialen Gruppen und dann zu Antikriegsgruppen änderte zwar die Form, aber nicht wirklich den Inhalt. Die Vorstellung der CWO, dass die NWCW ein Organisationszentrum für den Klassenwiderstand gegen den Krieg werden könnte, verriet ein ähnliches Missverständnis darüber, wie sich das Klassenbewusstsein in der Zeit der kapitalistischen Dekadenz entwickelt. Sicherlich gibt es neben der politischen Organisation an sich eine Tendenz zur Bildung informellerer Gruppen, die sich aus Kämpfen am Arbeitsplatz oder aus der Opposition gegen den kapitalistischen Krieg zusammenschließen, aber solche Gruppen - die nicht Teil der kommunistischen politischen Organisation sind - bleiben Ausdruck einer Minderheit, die versucht, sich selbst zu klären und diese Klarheit innerhalb der Klasse zu verbreiten, und können sich nicht selbst ersetzen oder den Anspruch erheben, der Organisator allgemeinerer Bewegungen in der Klasse zu sein, ein Punkt, in dem die IKT unserer Meinung nach zweideutig bleibt. [5]
Obwohl es in der Anfangsphase der NWCW-Gruppen einige fruchtbare Diskussionen gab, wurde deutlich, dass die NWCW als Ausdruck des Anarchismus allen möglichen widersprüchlichen Einflüssen ausgesetzt war - einer echten Suche nach internationalistischen Positionen und Praktiken, aber auch dem Einfluss der Linken und dessen, was wir als Parasitismus bezeichnen, Gruppen und Elemente, die im Wesentlichen durch den Willen motiviert sind, authentische revolutionäre Strömungen zu isolieren und sogar zu zerstören. Solche Elemente hatten in beiden Phasen der NWCW-Gruppierungen ein wachsendes Gewicht. Im Jahr 1999 wurde die IKS (wenn auch nur knapp) von der Teilnahme an der Gruppe ausgeschlossen, mit der Begründung, wir seien leninistisch, dogmatisch, beherrschten die Treffen usw. [6]; und die Hauptelemente, die auf diesen Ausschluss drängten, waren solche wie Juan McIver und "Luther Blisset", die zwei äußerst verleumderische Pamphlete herausgegeben haben, in denen sie die IKS als paranoide stalinistische Sekte, als kleine Einbrecher usw. denunzieren.
Im Jahr 2002 gab es eine weitere Runde von Manövern gegen die Kommunistische Linke, diesmal angeführt von K, jemand, der Luther Blisset nahesteht. In RP 27 spricht die CWO selbst über die unverantwortliche Rolle von K und seinem "Freundeskreis" innerhalb des NWCW, nachdem K sein Bestes getan hatte, um sowohl die Sheffield-Gruppe als auch die IKS von den Treffen des NCWC auszuschließen. Dieses Mal war der Mechanismus, der schließlich angewandt wurde, keine "demokratische" Abstimmung wie 1999, sondern eine Entscheidung hinter den Kulissen, geschlossene Sitzungen abzuhalten, wobei die IKS und der Sheffield-Gruppe die Orte und Zeiten vorenthalten wurden.
Was zeigt dies? Dies zeigt, dass die Gruppen der Kommunistischen Linken in einem vom Anarchismus beherrschten Umfeld einen harten Kampf gegen die destruktiven und sogar bürgerlichen Tendenzen führen müssen, die unweigerlich vorhanden sein werden und immer in eine negative Richtung drängen werden. Es sollte eine elementare Antwort der Gruppen der Kommunistischen Linken sein, zusammenzustehen gegen die Manöver derjenigen, die versuchen, sie von der Teilnahme an jenen temporären, heterogenen Formationen auszuschließen, die durch den Versuch entstehen, gegen die herrschende Ideologie zu kämpfen. Die Erfahrungen, die die CWO im Jahr 2002 selbst gemacht hat sollten sie daran erinnern, dass und wie real diese Gefahren sind. Wir sollten hinzufügen, dass Gruppen, die behaupten, Teil der Kommunistischen Linken zu sein, aber in einer ähnlich destruktiven Weise agieren, das Etikett des "politischen Parasitismus" verdienen und von den echten Gruppen der Kommunistischen Linken nicht noch honoriert werden sollten.
Der Vorwurf, dass die Haltung der IKS während dieser Episoden "monastisch" war, wurde von der CWO in ihrem Artikel in RP 27 erhoben, der sich auf eine Demonstration im September 2002 bezog. Aber vor einer früheren großen Demonstration, die im November 2001 stattfinden sollte, hatte die CWO uns geschrieben und unseren Vorschlag für ein eindeutiges internationalistisches Treffen am Trafalgar Square unterstützt, und auf dem Marsch selbst gab es tatsächlich eine fruchtbare Zusammenarbeit zwischen den beiden Gruppen. Wie wir in unserem Artikel in der WR 264 schrieben, hatten wir das Potenzial der NWCW-Gruppe, ein großes oppositionelles Treffen am Trafalgar Square zu organisieren, überschätzt, da die meisten (wenn auch nicht alle) ihrer Teilnehmer es vorzogen, mit einem "antikapitalistischen Block" zu marschieren, der sich nur wenig oder gar nicht von den Organisatoren von Stop the War unterschied. Aber wenn es am Ende eine kleine Versammlung gab, so war dies vor allem der Initiative der IKS und der CWO zu verdanken, die von einigen Mitgliedern der NWCW unterstützt wurden, um unsere Megaphone an diejenigen zu übergeben, die bereit waren, für eine internationalistische Alternative zu den Linken auf der Hauptplattform einzutreten. Ein weiterer Beweis dafür, dass der beste Weg, denjenigen außerhalb der Kommunistischen Linken zu helfen, sich einer klaren internationalistischen Position und Praxis anzunähern, darin besteht, dass die Gruppen der Kommunistischen Linken gemeinsam handeln.
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Um auf das aktuelle NWCW-Projekt zurückzukommen: In einem kürzlich erschienenen Artikel über ein NWCW-Treffen in Glasgow behauptet die IKT, dass das Projekt beachtliche Erfolge erzielt: "Die erste Gruppe wurde vor ein paar Wochen in Liverpool gegründet und seitdem wurde ihre Botschaft von Genossen in der ganzen Welt aufgegriffen, von Korea über die Türkei, Brasilien, Schweden, Belgien, Holland, Frankreich, Deutschland, Italien, Kanada bis hin zu den Vereinigten Staaten und anderen Orten".
Wir sind nicht in der Lage, die tatsächliche Substanz dieser Gruppen und Initiativen zu beurteilen. Der Eindruck, den wir von den Gruppen haben, die wir kennen, ist, dass es sich hauptsächlich um "Duplikate" der IKT oder ihrer Mitgliedsorganisationen handelt. In diesem Sinne stellen sie kaum einen Fortschritt gegenüber den Gruppen dar, die in den 1990er und 2000er Jahren auftauchten, die trotz aller Verwirrung zumindest eine gewisse Bewegung zum Ausdruck brachten, die von Elementen ausging, die eine internationalistische Alternative zur extremen Linken und zum Pazifismus suchten. Wir werden auf diese Frage in einem späteren Artikel zurückkommen müssen und wir rufen die IKT weiterhin auf, einen Beitrag zur Diskussion zu leisten.
Amos, Juli 2022
[3] Siehe “Communists work together at ‘anti-war’ demo, WR 250
[4] Siehe z.B. “Communism against the war drive: intervention or monasticism?” in Revolutionary Perspectives 27
[5] The organisation of the proletariat outside periods of open struggle (workers' groups, nuclei, circles, committees) | International Communist Current (internationalism.org) [59]; also World Revolution 26, “Factory Groups and ICC intervention”
[6] Siehe World Revolution 228, “Political parasitism sabotages the discussion”
Während Russland unablässig Bombenteppiche auf ukrainische Städte wirft, sangen die Vertreter der großen "demokratischen" Mächte am Ende des G7-Treffens, das am 8. Juni in der idyllischen Landschaft der bayerischen Alpen stattfand, im Chor die Worte Macrons: "Russland kann und darf nicht gewinnen"
Dies ist ihre Art, um ihrer vorgetäuschten Empörung über die Schrecken der Kämpfe, die Zehntausenden von Toten und Millionen von Flüchtlingen, die systematische Zerstörung ganzer Städte, die Hinrichtung und Verstümmelung von Zivilisten, die unverantwortliche Bombardierung von Atomkraftwerken und die erheblichen wirtschaftlichen Folgen für den gesamten Planeten Ausdruck zu verleihen. Mit der Vortäuschung von Angst versuchte diese Bande von Zynikern, die sehr reale Verantwortung des Westens für dieses Massaker zu verschleiern. Hier möchten wir insbesondere auf das destabilisierende Handeln der Vereinigten Staaten verweisen, die in ihrem Bemühen, dem Niedergang ihrer weltweiten Führungsrolle entgegenzuwirken, nicht zögerten, Chaos und Barbarei vor den Toren des historischen Zentrums des Kapitalismus zu schüren.
Heute präsentieren sich die USA und die anderen westlichen Mächte als Verfechter des Friedens, der „antidespotischen“ Demokratie und der armen unschuldigen Ukraine, die einem schändlichen Angriff des russischen Regimes ausgesetzt ist. Auch wenn die vom russischen Imperialismus begangenen Gräueltaten schwieriger zu verbergen sind, können weder die USA noch die Ukraine als "Unschuldige" gesehen werden.
Im Gegenteil, sie haben eine aktive Rolle bei der Entfesselung und Fortsetzung des Massakers gespielt. Die ukrainische Bourgeoisie, korrupt bis auf die Knochen, hatte bereits das Minsker Abkommen von 2014 sabotiert, das unter anderem eine gewisse Autonomie für den Donbass und den Schutz der russischen Sprache in der Ukraine vorsah. Heute agiert sie gegenüber Russland besonders unnachgiebig im Sinne eines "Kampfes bis zum Ende"; bestimmte Gruppierungen streben sogar die Rückeroberung der Krim an.
Die Politik der USA ist äußerst heuchlerisch und sehr berechnend. In den frühen 1990er Jahren hatten die Vereinigten Staaten Moskau "informell" versprochen, die Implosion des Ostblocks nicht auszunutzen, um ihren Einfluss bis an die Grenzen Russlands auszudehnen. Sie zögerten jedoch nicht, die ehemaligen Ostblockländer nach und nach in ihren Einflussbereich zu integrieren. Ebensowenig zögerten sie, Taiwan massiv aufzurüsten und dessen Versuche zu unterstützen, sich von Peking zu distanzieren, nachdem sie „eigentlich“ zuvor versprochen hatten, das Ein-China-Prinzip' zu respektieren. Die US-Politik gegenüber der Ukraine hat weder mit der Verteidigung der Witwen und Waisen oder der Demokratie zu tun, noch mit den schönen humanitären Prinzipien. Die US-Politik zögert nicht, jedwedes Land mit Blut und Schlamm zu beschmieren, um ihre schmutzigen, imperialistischen Interessen zu verteidigen.
Durch die herauslockende Vorgehensweise beflügelte sie Putin in die Ukraine einzumarschieren. Er wurde dazu nahezu gedrängt, indem die USA ihm klar machten, dass sie nicht eingreifen würden. Indem sie ihn in einen umfassenden Krieg hineinzogen, haben die USA in einem machiavellistischen Manöver wichtige Punkte auf dem imperialistischen Bankett gesammelt. Die US-Strategie versucht vor allem und mit allen Mitteln, dem unwiederbringlichen Niedergang ihrer weltweiten Führungsrolle entgegenzuwirken.
Die US-Bourgeoisie konnte so die Kontrolle der NATO über die europäischen Imperialismen wiederherstellen. Während diese Organisation dem Untergang geweiht schien, die laut Macron "hirntot" sei , ermöglichte der Krieg in der Ukraine dieses Instrument der Unterordnung der europäischen Imperialismen unter die US-Interessen wieder aufzuwerten. Washington nutzte die russische Invasion, um die protestierenden europäischen "Verbündeten" zur Ordnung zu rufen: Deutschland, Frankreich und Italien waren gezwungen, ihre Handelsbeziehungen mit Russland abzubrechen und die von den USA seit Jahren geforderten militärischen Investitionen in aller Eile zu tätigen. In ähnlicher Weise versetzen die USA der Militärmacht Russland schwere Schläge.
Doch hinter Russland haben die USA im Wesentlichen China im Visier und setzen es unter Druck. Das grundlegende Ziel des machiavellistischen Manövers der USA ist die Fortsetzung der Eindämmung Chinas, die im Pazifik begann, durch die Schwächung der russisch-chinesischen Beziehungen. Das Versagen Russlands angesichts der US-Militärhilfe für die ukrainische Armee ist eine klare Warnung an Peking. China hat auf die russische Invasion mit Verlegenheit reagiert: Peking missbilligt zwar die Sanktionen, vermeidet es aber, die rote Linie zu überschreiten, die zu amerikanischen Sanktionen gegen China führen würde. Außerdem ermöglicht der Ukraine-Konflikt die Blockade eines großen Gebiets von der Ostsee bis zum Schwarzen Meer, das für die "Neue Seidenstraße" unverzichtbar ist. Dieses Projekt zu verhindern ist zweifellos ein wichtiges Ziel des amerikanischen Manövers.
Unabhängig davon, welche Fraktion der Bourgeoisie an der Regierung ist, seit dem Beginn der Periode des Zerfalls sind die USA in ihrem Bestreben, ihre schwindende Vormachtstellung zu verteidigen, die Hauptkraft für die Ausbreitung von Chaos und Barbarei infolge ihrer Interventionen und Manöver: Sie haben das Chaos in Afghanistan und im Irak verursacht und den Aufstieg von Al-Qaida und Daesh (Islamischer Staat) begünstigt.
Im Herbst 2021 schürten sie bewusst die Spannungen mit China wegen Taiwan, um die anderen asiatischen Mächte hinter sich zu versammeln. Ihre Politik in der Ukraine ist heute nicht anders, obwohl ihre Strategie es ihnen erlaubt, sich sich als friedliche Nation darzustellen, die sich der russischen Aggression entgegenstellt. Mit ihrer überwältigenden militärischen Überlegenheit schüren die USA ein kriegerisches Chaos als die wirksamste Barriere gegen die Herausforderung durch China. Doch weit davon entfernt, die Weltlage zu stabilisieren, verschärft diese Politik die Barbarei des Krieges und spitzt die imperialistischen Konfrontationen auf allen Seiten in einem chaotischen, unvorhersehbaren und besonders gefährlichen Kontext zu.
Indem Washington Russland in die Enge treibt, verschärft es die Gefahr von Chaos und Krieg in Europa. Der Krieg in der Ukraine führt zu immer verheerenderen Verlusten für Russland. Putin kann die Feindseligkeiten in dieser Phase jedoch einerseits nicht beenden, weil er um jeden Preis Trophäen braucht, um die Operation innenpolitisch zu rechtfertigen und das restliche militärische Prestige Russlands zu retten. Hierzu muss er versuchen, dieses hochstrategische Gebiet dem amerikanischen Einfluss zu entziehen. Andererseits werden die militärische Macht und die Wirtschaft Russlands umso mehr geschwächt, je länger der Krieg andauert. Die Vereinigten Staaten haben kein Interesse daran, eine Einstellung der Feindseligkeiten zu fördern, selbst wenn dies bedeutet, dass die Bevölkerung in der Ukraine zynisch geopfert wird. Unter den gegenwärtigen Bedingungen kann das Gemetzel nur weitergehen und die Barbarei ausgeweitet werden, wahrscheinlich für Monate oder sogar Jahre. Hierbei sollten wir nicht die besonders gefährlichen Formen, wie die Bedrohung durch "taktische" Atomwaffen vergessen.
Indem die USA das Joch der NATO wiederherstellen, verschärfen sie auch die imperialistischen Ambitionen und den Militarismus der europäischen Bourgeoisien. Nach 1989 konnten die europäischen Länder noch die Illusion nähren, ihre imperialistische Politik im Wesentlichen auf der Grundlage ihrer wirtschaftlichen Trümpfe betreiben zu können. Im Rahmen der Trump- Präsidentschaft und noch deutlicher mit der aggressiven Biden-Politik die sich auf die militärische Überlegenheit der USA stützt, wie nun auch in der Ukraine sichtbar wird, begreifen die europäischen Staaten immer mehr erstens ihre militärische Abhängigkeit von den USA und der Nato, und zweitens die Notwendigkeit eines massiven Ausbaus ihrer Rüstungspolitik Die Entscheidung Deutschlands, massiv aufzurüsten und seinen Militärhaushalt zu verdoppeln, stellt mittelfristig eine wichtige imperialistische Entwicklung dar, da Deutschland seit dem Zweiten Weltkrieg nur bescheidene Streitkräfte unterhalten hatte.
Innerhalb der NATO zeichnen sich bereits die Meinungsverschiedenheiten zwischen einem "unnachgiebigen" Pol, der "Putin in die Knie zwingen" will (USA, Großbritannien und Polen, baltische Länder), und einem eher "versöhnlichen" Pol ("all dies muss in Verhandlungen enden", "wir müssen vermeiden, Russland zu demütigen") ab. Indem die US-Bourgeoisie den Druck auf China erhöht, steigert sie auch hier das Risiko neuer militärischer Konfrontationen. Die Krise in der Ukraine hat gefährlich destabilisierende Folgen für die imperialistische Position des wichtigsten Herausforderers der USA.
Peking verfolgt weiterhin eine Politik der formellen Unterstützung für Putin, ohne Kompromisse einzugehen. Aber der Krieg hat schwere Auswirkungen auf das Projekt "Neue Seidenstraße" und auf die Kontakte mit den mitteleuropäischen Ländern, die China zu verführen wusste. Dies geschieht zu einer Zeit, in der die Verlangsamung des Wachstums der chinesischen Wirtschaft immer deutlicher wird, deren Wachstum derzeit auf 4,5 % des BIP geschätzt wird. Während die Vereinigten Staaten nicht zögern, diese Schwierigkeiten hervorzuheben und sie in ihrer Konfrontation mit Peking auszunutzen, verschärft die Situation die Spannungen innerhalb der chinesischen Bourgeoisie und erhöht das Risiko einer Beschleunigung der Konfrontationen auf politischer, wirtschaftlicher und sogar militärischer Ebene.
Das Fehlen jeglicher wirtschaftlicher Motivation für Kriege war seit Beginn der Dekadenz des Kapitalismus offensichtlich: "Der Krieg war das unentbehrliche Mittel, mit dem das Kapital die Möglichkeiten für seine weitere Entwicklung erschloss, zu einer Zeit, als solche Möglichkeiten existierten und nur durch Gewalt erschlossen werden konnten. In gleicher Weise findet die kapitalistische Welt, die historisch alle Entwicklungsmöglichkeiten erschöpft hat, im modernen imperialistischen Krieg den Ausdruck ihres Zusammenbruchs. Der Krieg kann heute die Produktivkräfte nur in einen Abgrund stürzen und in einem immer schnelleren Rhythmus Ruin auf Ruin häufen, ohne irgendeine Möglichkeit für die äußere Entwicklung der Produktion zu eröffnen."1
Konflikt in der Ukraine ist ein anschauliches Beispiel dafür, dass der Krieg nicht nur seine ökonomische Funktion verloren hat, sondern dass der Zwang zum militärischen Chaos den strategischen Nutzen des Krieges zunehmend schmälert. So hat Russland einen Krieg im Namen der Verteidigung der russischsprachigen Bevölkerung begonnen, massakriert aber Zehntausende von Zivilisten in überwiegend russischsprachigen Regionen. Währenddessen verwandelt Russland diese Städte und Regionen in Ruinen und erleidet selbst erhebliche materielle und infrastrukturelle Verluste. Wenn es am Ende dieses Krieges den Donbass und die Südostukraine erobert, wird es ein Trümmerfeld erobert haben (die Kosten für den Wiederaufbau werden derzeit auf 750 Milliarden Euro geschätzt) und eine von Krieg, Misshandlung und Vertreibung traumatisierte Bevölkerung vorfinden, die es hasst. Es wird einen erheblichen strategischen Rückschlag in Bezug auf seine Großmachtambitionen erlitten haben. Die Vereinigten Staaten werden durch ihre Politik der Eindämmung Chinas dazu verleitet, eine zynische Politik der "verbrannten Erde" zu betreiben, die zu einer unermesslichen Explosion des wirtschaftlichen, politischen und militärischen Chaos führen wird. Die Irrationalität des Krieges war noch nie so offensichtlich wie heute.
Diese Tendenz zur zunehmenden Irrationalität militärischer Konflikte geht Hand in Hand mit der zunehmenden Verantwortungslosigkeit der herrschenden Gruppierungen, die an die Macht kommen, wie das Abenteuer von Bush Junior und den "Neo-Cons" im Irak 2003, die Politik von Trump von 2018 bis 2021 oder die Gruppierung um Putin in Russland zeigen. Sie sind Ausdruck der Verschärfung des Militarismus und des Kontrollverlusts der Bourgeoisie über ihren politischen Apparat, was zu einem Abenteurertum führen kann, das auf lange Sicht für diese Gruppierungen fatal, aber vor allem für die Menschheit gefährlich ist.
Gleichzeitig sind die Folgen des Krieges für die wirtschaftliche Situation vieler Länder dramatisch. Russland ist ein wichtiger Lieferant von Düngemitteln und Energie, Brasilien ist auf Düngemittel für seine Ernten angewiesen. Die Ukraine ist ein wichtiger Exporteur von Agrarprodukten, und die Preise für Rohstoffe wie Weizen werden wahrscheinlich steigen. Staaten wie Ägypten, die Türkei, Tansania oder Mauretanien sind zu 100 % von russischem oder ukrainischem Weizen abhängig und stehen am Rande einer Nahrungsmittelkrise. Sri Lanka und Madagaskar, die bereits überschuldet sind, sind bankrott. Laut UN-Generalsekretär droht die Ukraine-Krise "bis zu 1,7 Milliarden Menschen (mehr als ein Fünftel der Menschheit) in Armut, Elend und Hunger zu stürzen". Die wirtschaftlichen und sozialen Folgen werden global und unabsehbar sein: Verarmung, Elend, Hunger...
Das Gleiche gilt für die ökologischen Bedrohungen des Planeten. Die Kämpfe in der Ukraine, einem Land mit dem drittgrößten AKW-Bestand Europas, in einer Region mit einer alternden Industrie, einem Erbe der "sowjetischen" Ära, bergen enorme Risiken für ökologische und nukleare Katastrophen. Aber ganz allgemein in Europa und in der Welt hat die Notwendigkeit, sich von der Abhängigkeit von russischen Brennstoffen zu befreien und auf die steigenden Energiepreise zu reagieren, die großen Volkswirtschaften bereits dazu veranlasst, die Produktion von Kohle, Öl, Gas und Kernenergie wieder anzukurbeln, auch wenn die "saubere, grüne Energiewende" offiziell weiterhin Priorität hat. Deutschland, die Niederlande und Frankreich haben bereits Maßnahmen in dieser Richtung angekündigt.
Die Unvorhersehbarkeit der gegenwärtigen Konfrontationen und die Möglichkeit, dass sie außer Kontrolle geraten, und in ihren Auswirkungen stärker sind als während des Kalten Krieges, kennzeichnen die gegenwärtige Zerfallsphase. Sie stellen eine der besonders beunruhigenden Dimensionen dieser Beschleunigung des Militarismus dar. Mehr denn je verdeutlicht der gegenwärtige Krieg die Notwendigkeit einer grundsätzlichen Entscheidung: "Sozialismus oder die Zerstörung der Menschheit". Anstelle von Tod und kapitalistischer Barbarei: Sozialismus!
R. Havannais, 4. Juli 2022
1 Bericht an die Konferenz der Gauche Communiste de France vom Juli 1945, zitiert in „50 years ago: The real causes of the Second World War [60] ; International Review, Nr. 59, 1989,
Von Slowenien bis zur Tschechischen Republik, der Türkei, Portugal, Griechenland, Italien, Deutschland, Frankreich, Spanien und den Kanarischen Inseln sind Hunderttausende von Hektar Wald und Häuser in Schutt und Asche gelegt worden, mit allen ökologischen und menschlichen Folgen, die man sich vorstellen kann. Selbst in Grossbritannien kam es in der Region London zu ausgedehnten Bränden. In jüngster Zeit sind viele Teile des US-Bundesstaats Kalifornien in Flammen aufgegangen. Der Yosemite-Park und seine legendären Redwoods sind von einem riesigen Feuer bedroht, wo mehr als 7.000 Hektar in Flammen standen. Auch im Maghreb und im Tschad häufen sich die Brände... Kurzum, überall auf der Welt brennt es! Wenn jedes Jahr 350 Millionen Hektar in der Welt in Rauch aufgehen, wenn Bereiche des Amazonas, ein großer Teil Australiens und Sibiriens bereits von Flammen verwüstet wurden, dann erreichen wir heute neue tragische Rekorde!
Es liegt auf der Hand, dass diese Brände eine direkte Folge des weltweiten Klimawandels sind: immer häufigere und intensivere Hitzewellen, wie die historischen Hitzewellen in Europa in diesem Sommer. In Indien und Pakistan haben die Temperaturen in den letzten Wochen 50°C erreicht! Eine Hitze, die für das Überleben von Millionen von Menschen unerträglich ist und die nach Ansicht eines Großteils der wissenschaftlichen Welt zur Norm wird. Gleichzeitig wird z.B. der Iran von tödlichen Überschwemmungen heimgesucht. Die seit langem vorhergesagte Abwärtsspirale wird also Realität.
Wenn die Bourgeoisie versucht, die Verantwortung der kapitalistischen Produktionsweise für den Klimawandel zu verschleiern, indem sie die Aufmerksamkeit auf Brandstifter, auf das beklagenswerte Verhalten dieses oder jenes Milliardärs mit seinen Privatjets, auf Touristen oder auf dieses oder jenes Unternehmen lenkt, dann sind diese Geschichten auch ein Mittel, um ihre Nachlässigkeit und ihre völlige Unfähigkeit zu verschleiern, das Phänomen einzudämmen, da die Herrschenden so sehr in die rasende Zerstörung verstrickt sind. In dieser Hinsicht sind die so genannten "historischen Vereinbarungen" der zahlreichen Klimakonferenzen reine Heuchelei, schöne Worte, die nur "minimale Maßnahmen" hervorbringen, die den globalen Herausforderungen, vor denen unser Planet steht, nicht gerecht werden.
Die Unfähigkeit und die zunehmenden Unzulänglichkeiten aller Regierungen und internationalen Strukturen bei der Bewältigung und Verhütung von Katastrophen sind offensichtlich: Die für Katastrophenfälle vorgesehenen Hilfs- und Warndienste sind unter der Last jahrzehntelanger Haushaltskürzungen zunehmend lückenhaft und machtlos geworden. Die technologischen Kapazitäten, die satellitengestützten Vorhersagen bleiben aufgrund fehlender Budgets und finanzieller Mittel weitgehend unausgeschöpft. Die Flotten von Feuerlöschflugzeugen (in Frankreich beispielsweise nur einige Dutzend Flugzeuge und Hubschrauber), die in der Lage wären, so schnell wie möglich zu reagieren und diese verheerenden Brände wirksam zu bekämpfen, werden aufgrund fehlender Mittel nur ganz langsam verstärkt. Sie sind natürlich weit davon entfernt, mit den militärischen Luftflotten aller Armeen gleichzuziehen, die jeden Tag mehr Kampfflugzeuge und Bomber anschaffen, die in der Lage sind, den potenziellen "Feind" unter Beschuss zu nehmen: Ihren imperialistischen Konkurrenten.
Angesichts der Brände werden die Feuerwehrleute heute als die Helden dieses "Krieges gegen das Feuer" dargestellt, als Kämpfer, die bereit sind, "ihr Leben zu opfern", so wie früher das Gesundheitspersonal als "Helden der Nation" bei der Bekämpfung der Pandemie bejubelt wurde. Sie alle zahlen jedoch den Preis für die Angriffe und die Verschlechterung ihrer Arbeits- und Lebensbedingungen in der ganzen Welt: "Immer mehr Einsätze, mit immer weniger Mitteln". Viele haben bereits ihr Leben verloren.
Aber die Verteidigung der Natur, der menschlichen Spezies, des Lebens, hat angesichts der Forderungen des Profitgesetzes und des kapitalistischen Wettbewerbs zwischen den Staaten kein großes Gewicht. Denn das ist das eigentliche Anliegen der Bourgeoisie: die Verteidigung ihrer eigenen Interessen, nicht die der Menschheit und ihrer Beziehung zur "natürlichen Welt".
Diese Brände von heute sind keine außergewöhnlichen Epiphänomene. Sie sind zu einem alltäglichen Ereignis in der kapitalistischen Welt geworden, in der die Verwüstung neue Ausmaße annimmt. Mit der Ausbreitung intensiver Monokulturen, der massiven Abholzung von Wäldern und einer zunehmend anarchischen, auf unmittelbare Rentabilität ausgerichteten Landnutzungsplanung werden die Ökosysteme, Tierarten und die biologische Vielfalt der Welt Tag für Tag zerstört. Die Beschleunigung des Klimawandels und die damit einhergehenden Umweltkatastrophen sind das Ergebnis der Logik eines kapitalistischen Systems, das darauf hinausläuft, eine Politik der "verbrannten Erde" zu betreiben, die ganz offen das Überleben der Menschheit bedroht.
Die Welt steht heute in Flammen, und das ist nicht nur ein Bild. Im Juli 1914, kurz vor dem Ausbruch des Ersten Weltkriegs, erklärte Jean Jaurès: "Der Kapitalismus trägt den Krieg wie eine Wolke den Sturm". Das ist auch heute noch so: Die Verwüstungen des Krieges in der Ukraine zeugen davon, aber sie werden durch die globale Erwärmung und die Klimakatastrophe noch verstärkt und zeigen, dass der Kapitalismus die allgemeine Zerstörung in sich trägt und sie aus jeder Pore seiner Haut absondert.
In der Tat lässt sich ein klarer Zusammenhang zwischen Krieg und der sich verschärfenden ökologischen Krise erkennen. In jüngster Zeit wird im Namen der Entwicklung der Unabhängigkeit von russischen Gaslieferungen die Laufzeit von Kohlekraftwerken im Westen verlängert, die bekanntermaßen zur globalen Verschmutzung beitragen. Der Kapitalismus opfert den Planeten für den Krieg.
Diese Fäulnis wird immer gewalttätiger und unkontrollierbarer, und es ist klar, dass der Kapitalismus nicht mehr eine Quelle des Fortschritts für die Menschheit ist, sondern ein Synonym für Tod und Zerstörung. Die kapitalistische Welt wird mehr und mehr lebensfeindlich. Nur das Proletariat kann ihr ein Ende setzen, indem es seinen revolutionären Kampf, sein Klassenbewusstsein zur Verteidigung seiner Lebensbedingungen und die Errichtung einer Gesellschaft ohne Ausbeutung entwickelt. Das Schicksal der Menschheit liegt in seiner Hand.
Stopio, 24. Juli 2022
Die IKS wird öffentliche Online-Diskussionen in deutscher Sprache abhalten. Es gilt die Beschleunigung der kapitalistischen Barbarei, die durch den Krieg in der Ukraine sowie durch die sich verschärfende Wirtschaftskrise und die sich verschlimmernden Auswirkungen des Klimawandels deutlich wird zu analysieren. Bei der Betrachtung der Reaktion der internationalen Arbeiterklasse, werden wir den wichtigen Arbeiterkämpfen die derzeit in Großbritannien stattfinden besondere Aufmerksamkeit schenken.
Kommt und diskutiert mit uns!
Die nächste Diskussion finden am Mittwoch den 14. September, um 20.00 Uhr statt.
Wer teilnehmen möchte, schreibt uns vorher bitte an https://de.internationalism.org/contact [61] damit wir Kontakt aufnehmen können.
Kaum war die "Trauerzeit" für die Königin mit ihren ohrenbetäubenden Hymnen auf die nationale Einheit zu Ende, bestätigten über 500 Hafenarbeiter in Liverpool, dass sie in den Streik treten werden, unmittelbar gefolgt von den Hafenarbeitern in Felixstowe, die bereits in den Wochen vor dem Tod der Königin gestreikt hatten. Geplante Streiks bei der Eisenbahn, die von den Gewerkschaften "aus Respekt vor der Königin" verschoben wurden, werden fortgesetzt und von weiteren Streiks bei der Post, den Bussen und der U-Bahn begleitet. Andere Auseinandersetzungen, an denen Müllwerker, Bauarbeiter, Amazon-Lagerangestellte und andere beteiligt sind, dauern an. Auch die Beschäftigten im Bildungswesen und andere stehen bereit zur Urabstimmung. Der "Sommer des Zorns" scheint sich in einen heißen Herbst und vielleicht einen weiteren "Winter der Unzufriedenheit" zu verwandeln, da die Arbeiter:innen steigenden Preisen und winzigen Lohnerhöhungen gegenüber stehen.
In der Zwischenzeit hat die linksliberale Presse den "Mini-Haushalt" der Truss-Regierung, der ostentativ die Begrenzung der Banker-Boni aufhebt und Steuersenkungen vorsieht, die eindeutig den sehr Reichen zugute kommen, als eine Klassenkriegserklärung der Truss-Regierung angeprangert. Und das ist natürlich richtig: Die herrschende Klasse befindet sich ständig im Krieg mit denjenigen, die sie ausbeutet, und ist vor allem in Krisenzeiten gezwungen, den Lebensstandard der Ausgebeuteten zu senken, sei es grob und offen, sei es in einem subtileren, schrittweisen Vorgehen. Denn der Klassenkampf ist keine ideologische Deformation, keine Entscheidung der Herrschenden. Er ist die grundlegende Wirklichkeit dieses Gesellschaftssystems, das nur auf dem Boden der ausgebeuteten Arbeit der Mehrheit leben und "wachsen" kann.
Und was die Streiks in diesem Sommer und Herbst gezeigt haben, ist, dass die ausgebeutete Klasse die ersten Schritte unternimmt, um den Klassenkrieg auf ihrem eigenen Terrain und für ihre eigenen Bedürfnisse zu führen.
Wir haben an anderer Stelle[1] über die internationale Bedeutung der gegenwärtigen Kämpfe in Großbritannien geschrieben, als Zeichen dafür, dass die Arbeiterklasse nicht verschwunden ist, nicht vom beschleunigten Zerfall des kapitalistischen Systems verschlungen wurde – und somit als eine Art Appell an die Weltarbeiterklasse, auf den Angriff auf ihre Arbeits- und Lebensbedingungen mit der Rückkehr auf den Weg des Kampfes zu reagieren.
Das kapitalistische System schlug zuerst in Großbritannien Wurzeln, und in der Zeit des aufsteigenden Kapitalismus im 19. Jahrhundert stand die britische Arbeiterklasse zu bestimmten Zeiten an der Spitze der internationalen Arbeiterbewegung. In Großbritannien gründeten die Arbeiter zunächst Gewerkschaften, um sich gegen die brutale Ausbeutung zu wehren, und später eine politische Partei, die Chartisten, die die unabhängigen Interessen der Klasse im Parlament und in der Gesellschaft insgesamt zu vertreten suchte.
Die von den Arbeitern gegründeten Gewerkschaften und Parteien sind längst zu Rädchen im kapitalistischen System geworden, aber der kämpferische Geist der Arbeiterklasse ist nicht mit ihnen gestorben, ob wir nun von Red Clydeside 1919, dem Generalstreik von 1926 oder in den späten 60er und 70er Jahren von den Kampfwellen sprechen, die den Aufstieg der Arbeiterklasse aus der langen Konterrevolution kennzeichneten, die seit Ende der 20er Jahre über die internationale Arbeiterklasse hereinbrach.
Um der Militanz der Arbeiterklasse in Großbritannien zu begegnen, startete die Bourgeoisie unter der Führung der Thatcher-Regierung, aber mit der vollen Unterstützung der herrschenden Klasse der ganzen Welt, eine große Gegenoffensive. Am deutlichsten wurde dies bei der Niederschlagung des einjährigen Bergarbeiterstreiks, der nicht nur die Schließung der Zechen, sondern die Demontage ganzer Sektoren der britischen Industrie ermöglichte. Aber auch die Hafenarbeiter erlitten 1989 und erneut 1995-98 schwere Niederlagen.
Der Prozess der "Deindustrialisierung" hatte seine wirtschaftlichen Gründe – insbesondere die Suche nach höheren Profitraten in den "aufstrebenden" Volkswirtschaften –, aber es ist kein Zufall, dass er auch einige der kämpferischsten Sektoren der Arbeiterklasse auflöste, nicht nur die Bergarbeiter, sondern auch die Arbeiter in den Werften, in den Stahl- und Autowerken, in den Docks usw., während die neuen Maßnahmen der "Privatisierung" auch dafür sorgten, dass wichtige Sektoren wie die Eisenbahner nicht mehr nur einem einzigen staatlichen Arbeitgeber gegenüberstanden, sondern mehreren, und somit leichter gespalten werden konnten.
All dies wurde von einer neuen ideologischen Offensive begleitet, die auf dem Motto basierte, dass der Klassenkrieg vorbei sei und der Klassenkampf in die Geschichtsbücher eingegangen sei. Und mit dem Zusammenbruch des Ostblocks 1989-91 nahm diese Kampagne in der ganzen Welt Fahrt auf und betonte noch nachdrücklicher, dass die Arbeiterklasse tot sei und dass jede Vorstellung, sie könne das gegenwärtige System ändern, nur zum Scheitern verurteilt sei. Der "Tod des Kommunismus"[2], so wurde uns gesagt, bedeute das Ende jeder Hoffnung auf eine Alternative zum Kapitalismus.
Der Zusammenbruch des Ostblocks markierte den Eintritt des Kapitalismus in eine neue, letzte Phase seines Niedergangs, die durch zunehmende Zersplitterung und Chaos auf allen Ebenen gekennzeichnet ist. Auch dieser Prozess traf die Arbeiterklasse in Großbritannien mit besonderer Härte, verschärfte die soziale Atomisierung, förderte das Aufkommen städtischer Banden, nährte die Spaltung zwischen verschiedenen ethnischen Gruppen und betonte neue "Identitäten", die an die Stelle der Klassenidentität und damit der Klassensolidarität traten. In den letzten zehn Jahren wurden all diese Spaltungen durch die Brexit-Kampagne und die Schürung der sogenannten "Kulturkriege" sowohl durch den rechten als auch den linken Flügel der Bourgeoisie weiter verschärft.
Die Arbeiterklasse in Großbritannien hat sich daher nur schwer von den Rückschlägen der 1980er und 1990er Jahre erholen können. Aber heute, trotz dieses langen Rückzugs, trotz aller Spaltungen, erhebt die Arbeiterklasse wieder ihr Haupt, und in vielen Fällen sind es die "traditionell" kämpferischen Sektoren, diejenigen mit einer langen Geschichte vergangener Kämpfe – Eisenbahn, Häfen, Busse, Post –, die eine Führung bieten, der andere Sektoren folgen können, die zwar zahlreicher sind, aber nicht immer die gleiche Geschichte von Klassenkämpfen haben: Bildung, Gesundheit, Vertrieb usw. Die Wirtschaftskrise und vor allem der Anstieg der Inflation machen es objektiv erforderlich, dass alle Arbeiter:innen gemeinsam kämpfen und dabei das Gefühl der Zugehörigkeit zu einer Klasse mit eigenen, unabhängigen Interessen und letztlich mit einer eigenen Alternative für die Zukunft der Gesellschaft zurückgewinnen. Diese Kämpfe richten sich zwar nicht direkt gegen die kapitalistische Kriegstreiberei oder prangern nicht offen die Opferaufrufe für den Konflikt zwischen der NATO und dem russischen Imperialismus an, aber allein die Tatsache, dass sie angesichts solcher Aufrufe stattfinden, ist ein Beweis dafür, dass die Arbeiterklasse, vor allem in den zentralen Ländern des Systems, nicht bereit ist, sich auf dem Altar des kapitalistischen Krieges zu opfern.
Die meisten Streiks in den Schlüsselsektoren wurden von den Gewerkschaften gut kontrolliert, die ihre Rolle für den Kapitalismus erfüllten, indem sie die Streiks voneinander isoliert hielten (so wie sie es mit den Bergarbeitern und anderen Sektoren in den 1980er Jahren taten), sie auf verschiedene Tage verteilten, sogar unter den Arbeiter:innen in verschiedenen Teilen des Verkehrssystems (Bahn, U-Bahn, Busse ...), und sich oft auf einen oder zwei Streiktage beschränkten, die lange im Voraus angekündigt wurden. Ein Zeichen für die zugrundeliegende Kampfbereitschaft der Arbeiter:innen ist jedoch die herausragende Rolle, die linke Gewerkschaftsführer:innen spielen. Mick Lynch von der RMT (der wichtigsten Eisenbahngewerkschaft) ist am meisten in Erscheinung getreten, und er wurde weithin für seine Fähigkeit gelobt, in Medieninterviews feindselige Fragen zu beantworten. So hat er beispielsweise auf den Vorwurf der Medien, die Bahnstreiks würden im Namen eines privilegierten Sektors geführt, geantwortet, dass seine Mitglieder kämpfen, weil alle Arbeiter angegriffen würden und gemeinsam kämpfen müssten. Die Generalsekretärin der Gewerkschaft Unite, Sharon Graham, hat sich von der kleinmütigen Haltung der Labour-Partei gegenüber Streiks distanziert und ist über den Kopf ihrer eigenen Bürokraten hinweggegangen, um "Gemeinsame Ausschüsse" einzurichten, in denen Gewerkschaftsvertreter aus verschiedenen Sektoren (Abfallwirtschaft, Lagerhäuser, Gastgewerbe usw.) zusammenkommen. Es sollte uns nicht überraschen, wenn wir, während die Kämpfe im Herbst und Winter weitergehen, mehr Appelle zur Einheit der Arbeiterklasse und mehr gemeinsame Aktionen, Demonstrationen usw. hören. Für linke Gruppen wie die Socialist Workers' Party wird dies als Beweis dafür angeführt, dass die Basis die Führungen zum Kampf zwingen kann, wenn sie genug Druck auf sie ausübt, aber für Kommunist:innen, die verstehen, dass die Gewerkschaften zu Staatsorganen geworden sind, entspricht die Radikalisierung der Gewerkschaften der Notwendigkeit, sich der Klassenbewegung anzupassen, um die Kontrolle über sie zu behalten.
Wir sollten auch beachten, dass der Kampfgeist der Arbeiter:innen auch in inoffiziellen Aktionen, sogar wilden Streiks, in einer Reihe von verschiedenen Sektoren zum Ausdruck gekommen ist. In ihrem Artikel Wildcat Strikes in the UK: Getting Ready for a Hot Autumn (Vorbereitung auf einen heißen Herbst) hat die Communist Workers Organisation eine (nicht erschöpfende) Liste mit den folgenden Beispielen erstellt:
"10. Mai: Etwa 100 Müllmänner in Welwyn Hatfield legten die Arbeit nieder, um gegen einen Manager zu protestieren, dem Sexismus, Rassismus und Mobbing vorgeworfen wurden. 11. Mai: Etwa 300 Bauarbeiter in einer Raffinerie in Hull streikten, weil die Lohnzahlungen verspätet oder unvollständig waren. 17. Mai: Mehr als tausend Offshore-Ölarbeiter in der Nordsee legten auf 19 Bohrinseln die Arbeit nieder und forderten, dass ihre Löhne an die Inflation angepasst werden. 27. Juli: Etwa 100 Arbeiter in einem Lebensmittelbetrieb in Bury legten die Arbeit nieder, weil sie keine angemessenen Pausen am Arbeitsplatz erhielten. 3. August: Hunderte von Amazon-Beschäftigten an verschiedenen Standorten in Tilbury, Rugeley, Coventry, Bristol, Dartford und Coalville haben Streiks und Bummelstreiks als Reaktion auf eine "Lohnerhöhung" von nur 35 Pence mehr pro Stunde organisiert. 10. August: Hunderte von Vertragsarbeitern, darunter Gerüstbauer und Wartungsarbeiter, in Raffinerien, Chemiewerken und anderen Anlagen in Teesside, Grangemouth, Pembroke, Fife, Fawley und Drax legten im Kampf um die Löhne die Arbeit nieder und bestreikten Autofahrer, die in die Anlagen ein- und ausfuhren".[3]
Im Anschluss an diesen Artikel veröffentlichte die CWO den Aufruf des Offshore Oil and Gas Workers Strike Committee, in dem erklärt wird, warum die Streikenden eine "wilde Aktion" starteten, ohne eine Urabstimmung abzuwarten:[4]
"Unsere Gewerkschaften sagen, dass sie derzeit nicht die nötigen Teilnehmer finden, um eine Urabstimmung durchzuführen. Wir sagen, dass das Unsinn ist, denn die gesamte Nordsee ist absolut wütend über unsere Behandlung.
Die wilden Streiks, über die gesprochen wird und die geplant sind, sind das Ergebnis jahrelanger Untätigkeit der Gewerkschaften und unserer Arbeitgeber und haben uns das Gefühl gegeben, dass wir nur etwas erreichen können, wenn wir die Dinge selbst in die Hand nehmen.
Wir haben das gesamte ordnungsgemäße Verfahren durchlaufen, als es darum gegangen ist, unsere Beschwerde vorzubringen. Wir haben die ordnungsgemäßen Kanäle genutzt, aber wir haben das Gefühl, dass wir an der Nase herumgeführt werden.
Das ganze Vereinigte Königreich ist wegen der Lebenshaltungskosten in Aufruhr. Wir sind nicht anders".[5]
Dieser Streik wurde von der RMT, der Unite und der GMB angeprangert, die in einem gemeinsamen Schreiben erklärten: "Unsere Sorge ist, dass inoffizielle Aktionen alles gefährden. Einige Betreiber der alten Infrastruktur werden die Arbeitsunruhen nutzen, um eine vorzeitige Stilllegung zu rechtfertigen, und alles, was wir bekommen, sind weitere Entlassungen. Andere werden eine gespaltene Belegschaft sehen und dies ausnutzen."
Die Aktionen bei Amazon sind auch deshalb interessant, weil die Mehrheit der Beschäftigten gestreikt hat, ohne überhaupt einer Gewerkschaft anzugehören. Die "arbeitertümelnde" Gruppe Notes from Below hat Berichte von einigen der an den Streiks beteiligten Arbeiter:innen veröffentlicht, hier aus dem "Fulfilment Centre" von Amazon in Coventry:
"Wir haben während der gesamten Covid-Pandemie gearbeitet, einschließlich während der Lockdowns. Wir haben seit April auf Informationen über die Lohnerhöhung gewartet und alle haben mindestens 2 Pfund mehr pro Stunde erwartet. Am Mittwoch gab die Geschäftsleitung jedoch bekannt, dass wir nur eine Lohnerhöhung von 50 Pence pro Stunde erhalten würden.
Wir planten den Streik erst zwei Stunden, bevor er tatsächlich stattfand. Wir hatten die Streiks in den Abwicklungszentren von Tilbury und Rugeley in unserer Pause auf TikTok gesehen, und das hat uns inspiriert zu streiken. Wir sahen uns diese Videos um 11 Uhr an und begannen, die Idee einer Arbeitsniederlegung durch Mundpropaganda im Lagerhaus zu verbreiten. Um 13 Uhr hatten wir bereits über 300 Leute, die die Arbeit niederlegten. Am Anfang hatten wir keine Unterstützung von den Gewerkschaften. Wir haben das alles selbst organisiert. Nachdem wir jedoch die Arbeit niedergelegt hatten, nahm GMB Kontakt mit uns auf, um uns zu beraten und dazu aufzufordern, der Gewerkschaft beizutreten".[6]
Diese Schilderung wirft ein Licht auf eine Reihe von Fragen: Ein Element des derzeitigen Aufschwungs der Klassenwut ist die Tatsache, dass zahlreiche Sektoren – Gesundheit, Recycling, Transport, Vertrieb usw. –, denen während der Pandemie gesagt wurde, dass ihre Arbeit unerlässlich sei und dass sie Helden seien, weil sie weitermachten, jetzt mit beleidigenden Lohnerhöhungen "belohnt" werden. Es zeigt auch, dass die Arbeiter:innen in der Lage sind, ohne gewerkschaftliche "Unterstützung" zu streiken, wie in einem Bericht über den ersten wilden Streik bei Amazon[7] ausführlicher beschrieben wird.
Es zeigt aber auch, dass die Gewerkschaften immer bereit sind, einzugreifen und die Arbeiter:innen zu ihrem eigenen Vorteil zu "organisieren". Wenn es sich, wie in diesem Fall, nicht um eine offizielle Gewerkschaft wie die GMB handelt (die sich selbst als "Gewerkschaft für alle Arbeitnehmer" bezeichnet), dann gibt es eine Reihe von halb-syndikalistischen "Standesorganisationen" wie die United Voices of the World und die IWGB (The Independent Workers' Union of Great Britain), die sich darauf spezialisiert haben, die prekäreren Sektoren zu rekrutieren, die bisher von den großen Gewerkschaftsorganisationen ignoriert wurden. Und wir sollten nicht vergessen, dass auch die unterste Ebene der offiziellen Gewerkschaften, die Vertrauensleute oder die lokalen Organisatoren, scheinunabhängige Streikkomitees und -koordinationen einrichten können, die kein echter Ausdruck der Massenversammlungen der Streikenden sind und versuchen, als letztes Bollwerk der Gewerkschaften zu fungieren.
Die Gewerkschaften und die grundlegende Ideologie des Gewerkschaftswesens haben in Großbritannien eine sehr lange Geschichte, und es wird lange dauern und viele Konfrontationen mit gewerkschaftlicher Sabotage erfordern, bevor die Arbeiter:innen in der Lage sind, autonome Organisationsformen in großem Umfang zu entwickeln – insbesondere souveräne Vollversammlungen, auf denen die Arbeiter:innen darüber debattieren und entscheiden können, wie sie ihre Kämpfe ausweiten und vereinigen wollen. Und es ist auch wahrscheinlich, dass die von der Regierung Truss angekündigten neuen "gewerkschaftsfeindlichen" Maßnahmen dazu beitragen werden, die Vorstellung zu verstärken, dass die Gewerkschaften wirklich den Arbeiter:innen gehören und verteidigt werden müssen, obwohl die Gewerkschaften sehr geschickt darin geworden sind, frühere streikfeindliche Gesetze zu überwachen und zu normalisieren (Urabstimmungen, Beschränkungen von Streikposten usw.).
Dennoch können wir an einigen dieser jüngsten Beispiele sehen, dass die authentische Klassentradition, Aktionen auf Vollversammlungen zu beschließen, Massenstreikposten zu organisieren und andere Betriebe direkt zum Kampf aufzurufen, keineswegs aus dem kollektiven Gedächtnis der Arbeiterklasse in Großbritannien verschwunden ist und immer noch in embryonaler Form existiert. Die gegenwärtige Streikwelle ist eine wesentliche Vorbereitung für die Kämpfe der Zukunft, um das dringend benötigte Maß an Selbstorganisation zu erreichen, das es den Arbeiter:innen ermöglichen wird, ihre Kämpfe zu vereinheitlichen.
Amos / 04.10.2022
[1] Siehe unser internationales Flugblatt Sommer des Zorns in Großbritannien: Die Bourgeoisie erzwingt neue Opfer. Die Arbeiterklasse antwortet mit Streik [62] (27.08.2022)
[2] Diese Kampagne basierte auf einer grundlegenden Lüge: dass der stalinistische Staatskapitalismus in Wirklichkeit Kommunismus sei.
[3] Siehe auch https://libcom.org/article/wildcat-action-hit-refineries-and-power-plants-august-24th [63]
[4] "RMT, Unite und GMB-Gewerkschaften verurteilen wilde Streiks auf Öl- und Gasplattformen in der Nordsee", https://www.wsws.org/en/articles/2022/09/08/coef-s08.html [64]
[5] „Öl- und Gasfelder in der Nordsee: The Struggle Continues! [65]“, IKT (31.08.2022)
Seit dem 27. September 2022 sind immer mehr Arbeiter der Ölkonzerne TotalEnergies und Esso-ExxonMobil in den Streik eingetreten. Bei Redaktionsschluss waren sieben von acht Raffinerien blockiert. Ihre Hauptforderung ist klar: um den explodierenden Preisen entgegenzuwirken, fordern sie eine Lohnerhöhung von 10 Prozent.
Alle Arbeitnehmer, Rentner, Arbeitslosen, prekär beschäftigten Studenten, die heute die Inflation, diesen schwindelerregenden Anstieg der Lebensmittel- und Energiepreise, zu spüren bekommen, sind mit demselben Problem konfrontiert: Löhne, Renten oder Vergütungen, die kein würdiges Leben mehr ermöglichen. Die Entschlossenheit der Streikenden in den Raffinerien, ihre Wut und ihr Kampfgeist verkörpern und konkretisieren, was die gesamte Arbeiterklasse in allen Sektoren, im öffentlichen wie im privaten Sektor, empfindet.
Die Medien können noch so viele Bilder von - wegen fehlendem Benzin - endlosen Warteschlangen vor den Tankstellen in Endlosschleife drehen, noch so viele Reportagen über die Mühsal der Autofahrer, die zu ihrem Arbeitsplatz fahren wollen - nichts hilft: Dieser Kampf ruft in den proletarischen Reihen momentan mehr als nur Sympathie hervor, er weckt auch das Gefühl, dass die Arbeiter aller Sektoren im selben Boot sitzen!
Dann können die gleichgeschalteten Medien noch so laut schreien: "Schaut euch diese Wohlhabenden an, die mehr als 5.000 Euro im Monat verdienen!". Aber wer glaubt schon an eine solche Lüge? Umso mehr, als sie uns das bei jedem Streik der Eisenbahner oder der Beschäftigten im Luftverkehr vorhalten... 5.000, 7.000, 10.000 Euro... Wer bietet mehr? In Wirklichkeit verdienen diese Arbeitnehmer nicht mehr als 2.000 Euro als Einstieg, 3.000 für manche am Ende ihrer Laufbahn, wie Lehrer, Krankenschwestern, Facharbeiter usw. Aber diese Propaganda wird im Laufe der Monate immer weniger hörbar, weil in der Arbeiterklasse die Vorstellung wächst, dass wir alle vom Lohnverfall und den immer unerträglicheren Angriffen betroffen sind.
Die spürbare Zunahme der Wut und der Kampfbereitschaft in vielen Bereichen Frankreichs in den letzten Wochen ist daher keine Überraschung. Es ist vielmehr Teil einer breiteren, umfassenderen und internationalen Dynamik, die sich am deutlichsten in den Kämpfen der Arbeiter in Großbritannien in diesem Sommer (und noch immer) widerspiegelt. In unserem internationalen Flugblatt vom 27. August 2022 schrieben wir wie folgt: "Dies ist die größte Bewegung der Arbeiterklasse in diesem Land seit Jahrzehnten; man muss bis zu den riesigen Streiks von 1979 zurückgehen, um eine größere und massivere Bewegung zu finden. Eine Bewegung dieser Größenordnung in einem so großen Land wie Großbritannien ist kein "lokales" Ereignis. Es ist ein Ereignis von internationaler Bedeutung, eine Botschaft an die Ausgebeuteten aller Länder. [...] Die Massenstreiks in Großbritannien sind ein Kampfaufruf an die Proletarier aller Länder". Seitdem haben die Streiks in Deutschland oder die angekündigten Streiks in Belgien diese Tendenz nur bestätigt.
Dennoch sieht sich die Arbeiterklasse einer echten Schwäche gegenüber: der Zersplitterung ihrer Kämpfe. In den letzten zwei Monaten gab es Streiks im Transportwesen (in Metz am 7. Oktober, in Dijon am 8. Oktober, in Saint Nazaire am 11. Oktober, landesweit vom 17. bis 23. Oktober), in der Kinderbetreuung und im öffentlichen Dienst (am 6. Oktober), einen Demonstrationstag am 29. September 2022, der hauptsächlich im öffentlichen Sektor stattfand, usw.
Warum diese Spaltung? Weil die Gewerkschaften heute die Organisation dieser Bewegungen in ihren Händen halten, die sie in viele Körperschaften, Sektoren und spezifische Forderungen zerstreuen und aufteilen. Weil sie die Betreuung der Arbeiter zwischen "radikalen" und "versöhnlichen" Gewerkschaftsorganisationen aufteilen und so mit Spaltungen spielen, die schließlich Zweifel und Misstrauen in den Reihen der Arbeiter erzeugen.
Gegenüber Macron und seiner Regierung präsentieren sich die Gewerkschaften heute als radikal, als Meister des Kampfes ... um uns besser einzukreisen und uns voneinander zu trennen. Indem sie der Idee einer "Besteuerung der Superprofite" und einer besseren "Verteilung des Reichtums" Glauben schenken, die staatliche Bestrafung von Streikenden anprangern sowie die Vorzüge echter Verhandlungen preisen, geben die "Sozialpartner" durch das Spiel ihrer "Opposition" dem Staat Auftrieb, der gerade versucht, als Garant einer wohlwollenden Schiedsgerichtsbarkeit aufzutreten. Die Medien, die Führer der bürgerlichen Klasse, setzen noch einen drauf, indem sie die Gewerkschaften CGT und FO als "unverantwortlich bis zum Äußersten" darstellen, um sie in den Augen der Ausgebeuteten glaubwürdiger zu machen, indem sie ihnen angeblichen Kampfgeist unterstellen, obwohl diese Gewerkschaften selbst perfekt institutionalisierte Staatsorgane sind.
Heute erfahren wir, dass die Beschäftigten des Kernkraftwerks Gravelines, des leistungsstärksten in Westeuropa, ebenfalls in den Streik treten. Ebenso wie die Beschäftigten der SNCF, der RATP oder der großen Einzelhandelsunternehmen. Auch sie fordern höhere Löhne! In einigen Tagen, am 18. Oktober 2022, ist ein "branchenübergreifender" Streik- und Demonstrationstag im Berufsbildungssektor, in den Kliniken, in den privaten Altenheimen, usw. geplant. Mit anderen Worten: Jeder in seiner Ecke, die Einen getrennt von den Anderen. Im Übrigen will der Führer der CGT, Philippe Martinez, in den Sendungen von BFM-TV auf keinen Fall, dass eine einheitliche Bewegung der Klasse notwendig erscheint. Aus diesem Grund orchestriert er mit dem "Generalstreik" die Vervielfachung lokaler Aktionen: "Wir müssen in allen Unternehmen über Aktionen diskutieren und die Streiks verallgemeinern. Das bedeutet, dass es überall Streiks geben muss". Im Klartext: Die Gewerkschaften organisieren die Spaltung und Zersplitterung von Unternehmen zu Unternehmen unter dem Deckmantel der "Verallgemeinerung".
Erinnern wir uns an die Schwäche der sozialen Bewegung gegen die Rentenreform 2019: Es gab große Sympathie für die streikenden Eisenbahner, aber diese Solidarität blieb platonisch und beschränkte sich darauf, Geld in die von der CGT in den Demonstrationszügen herumgereichten "Solidaritäts"-Kassen zu spenden. Die Stärke unserer Klasse liegt jedoch nicht in der Ermutigung aus der Ferne oder in der Zerstückelung in isolierte Streiks.
Nein! Unsere Stärke ist die Einheit, ist die Solidarität im Kampf! Es geht nicht darum, zu "orchestrieren", sich nebeneinander zu stellen. Der Kampf der Arbeitnehmer ist eine einzige Bewegung. In den Streik treten und in Massendelegationen zu den anderen Arbeiterinnen und Arbeiter gehen, die ihnen geografisch am nächsten sind (die Fabrik, das Krankenhaus, die Schule, das Verwaltungszentrum …). Sich treffen, diskutieren und immer mehr Arbeiterinnen und Arbeiter für den Kampf gewinnen. Versammlungen organisieren, um zu debattieren und sich für gemeinsame Forderungen zusammenschließen. Es ist diese Übernahme ihrer Kämpfe durch die Arbeiterinnen und Arbeiter selbst, diese Dynamik der Solidarität, der Ausweitung und der Einheit, die die Bourgeoisie im Laufe der Geschichte immer wieder zum Zittern gebracht hat. Im Klartext: das genaue Gegenteil von dem, was die Gewerkschaften tun.
Heute ist es für die Ausgebeuteten immer noch sehr schwierig, ihren Kampf selbst zu führen. Es scheint ihnen sogar unmöglich, so präsent ist die ständig eingetrichterte Idee, dass man die Führung dieser Kämpfe den gewerkschaftlichen "Spezialisten" anvertrauen müsse. Die Geschichte der Arbeiterklasse beweist jedoch das Gegenteil! Wenn die Führung des Kampfes von den Generalversammlungen übernommen wurde, die kollektiv über die Führung des Kampfes entschieden und gewählte und abwählbare Streikkomitees ernannten, die den Versammlungen gegenüber verantwortlich waren und gerade nicht den verschiedenen Gewerkschaftszentralen (welche nie zögern Spaltungen einzuleiten um die Arbeiter zu demoralisieren), dann waren die Arbeiterinnen und Arbeiter am stärksten und konnten ihre Ausbeuter zurückdrängen.
Internationale Kommunistische Strömung, 13. Oktober 2022
Der Tod von Königin Elisabeth II. war das Signal für die gesamte Bourgeoisie, sich in einen Propagandawahn zu stürzen und immer wieder die Bedeutung von "Pflicht, Opfer und Widerstandskraft" im "Dienst" der nationalen Einheit zu wiederholen, sei es aus dem Munde rechter Tory-Politiker oder linker Gewerkschaftsführer, sei es auf den Seiten der reaktionären Daily Mail oder des liberalen Guardian. Die Kirche von England, vom Erzbischof von Canterbury bis zum örtlichen Pfarrer, singt die gleiche Melodie. Fast jeder, der in der Öffentlichkeit steht, jeder, der irgendeine privilegierte Verbindung zur herrschenden Klasse hat oder haben möchte - Akademiker, Romanautoren, Historiker, Künstler, Schauspieler, Sportler, Zeitungskolumnisten - tragen ihren eigenen kleinen Beitrag zu diesem zehn Tage dauernden Karneval der Trauer bei und offenbaren damit, dass sie nicht so unabhängig sind, wie sie vorgeben, sondern genauso Lakaien wie die livrierten Lakaien der königlichen Familie.
Aber diese Propagandalawine hat eine heilsame Lektion für klassenbewusste Arbeiter: Trotz all ihrer vielen zweitrangigen Spaltungen und Konflikte vereinen sich alle Teile der herrschenden Klasse und des Staatsapparats, linke und rechte, liberale und populistische, royalistische und gewerkschaftliche, im Angesicht der Verteidigung der Nation, an der die Arbeiterklasse weder Anteil noch Interesse hat, zu einer Einheit.
Der Einsatz dieser Kampagne als Keule, um die Arbeiterklasse zu schlagen, wurde kurz nach der Bekanntgabe des Todes der Königin deutlich, als drei Gewerkschaften, die an der aktuellen Streikwelle in Großbritannien beteiligt sind - die RMT (Bahn), die CWU (Post) und die TSSA (Transport) - ankündigten, dass sie geplante Streiks während der Zeit der Staatstrauer aussetzen würden. Der "radikale" RMT-Vorsitzende Mick Lynch drückte es so aus: "Die RMT schließt sich der ganzen Nation an, um Königin Elizabeth die Ehre zu erweisen. Die geplanten Bahnstreiks am 15. und 17. September werden ausgesetzt. Wir sprechen ihrer Familie, ihren Freunden und dem ganzen Land unser tiefstes Beileid aus.
Der TUC, die Führung aller Gewerkschaften, hat seinen Kongress, auf dem er vorgeben wollte, die Streiks zu koordinieren, auf Oktober oder November verschoben.
Die Achtung der nationalen Einheit in Krisenzeiten ist das Markenzeichen der Gewerkschaften seit 1914, als sie dazu dienten, Arbeiter für die imperialistischen Schlachtfelder zu rekrutieren, so dass diese "Aussetzung" des Klassenkampfes in keiner Weise eine Ausnahme darstellt.
Auch die Labour-Partei, von der Rechten bis zur Linken, hat dem konstitutionellen Monarchen stets ihre Treue geschworen. Der linke ehemalige Vorsitzende der oppositionellen Labour-Partei, Jeremy Corbyn - der von den Trotzkisten und anderen Linken eifrig unterstützt wurde - erklärte 2017, dass "die Abschaffung der Monarchie nicht auf seiner Agenda stehe", und er erschien vor einigen Tagen erneut, um an einer der offiziellen Ehrungen der Königin teilzunehmen.
Die Bourgeoisie lässt keine Gelegenheit aus, um von einer Krise zu profitieren, und hofft, dass die Hymnen und Predigten, die Prozessionen, die Böllerschüsse und die bewegenden Ehrungen einer kämpferischen Arbeiterklasse vermitteln werden, wie wichtig es ist, alles für das nationale Interesse, d. h. für Profite und imperialistische Kriege, aufzugeben.
Und während die herrschende Klasse versucht, mit dieser Kampagne die Klassenspaltung zu verbergen, auf der diese Gesellschaft beruht, versucht sie auch, einige der tiefen Risse in ihrer eigenen imperialistischen Position zu überdecken - Risse, die durch den Aufstieg des Populismus und das Brexit-Desaster, das die Existenz des Vereinigten Königreichs selbst bedroht, noch verstärkt werden. Es ist kein Zufall, dass angesichts der drohenden schottischen Unabhängigkeit und des Zerfalls der Beziehungen Großbritanniens zu Nordirland die düsteren Zeremonien der Trauerwoche mit der Parade des Sarges der Königin durch die Straßen von Edinburgh begannen, und dass die erste Aufgabe des neuen Königs darin bestand, Hillsborough Castle in Nordirland zu besuchen.
Aber was ist mit der Weltbourgeoisie, d.h. der herrschenden Klasse jener Nationen, die in tödlicher Konkurrenz zu Großbritannien stehen, warum beteiligen sie sich ebenfalls an dieser Maskerade der Trauer und hissen ihre eigenen Flaggen auf Halbmast? Selbst Wladimir Putin hat sein Beileid bekundet.
Die Antwort ist, dass die Queen nicht nur für die britische herrschende Klasse nationale Kontinuität, Stabilität und Langlebigkeit repräsentierte, sondern auch für den Weltkapitalismus insgesamt, für jede Bourgeoisie, die ihrem Klassenfeind, dem Proletariat, gegenübersteht. Sie und das britische Königshaus waren die menschliche, nachvollziehbare Fassade der bürgerlichen Ordnung überall, die koloniale Gräueltaten, imperialistisches Gemetzel, verheerende Wirtschaftskrisen, die Ausbeutung und Verelendung der arbeitenden Massen überall im Namen der Einheit und des Dienstes an der "Gemeinschaft der Nationen" verschleierte, aber stillschweigend rechtfertigte.
In einer Zeit, in der der Weltkapitalismus zerfällt, wurde die Herrschaft von Königin Elisabeth dazu benutzt, den Schein einer grundlegenden bürgerlichen Ordnung und Kontinuität zu symbolisieren, die Illusion, dass die gegenwärtige Produktionsweise durch Dick und Dünn fortbestehen könne. Doch ihr Tod ist wiederum ein Symbol für die Realität der zunehmenden Instabilität des Weltkapitalismus, für die Lawine der Katastrophen auf allen Ebenen.
Als die britische Bourgeoisie während der englischen Revolution an die Macht kam, wurde König Charles I., Vertreter und Verteidiger der absoluten Monarchie, 1649 von den revolutionären Parlamentariern enthauptet. Doch die aufstrebende britische Bourgeoisie erkannte in der Folge, dass ihre Herrschaft nicht durch einen völlig neuen Staatsapparat aufrechterhalten und stabilisiert werden konnte. Die Monarchie musste wieder eingeführt werden, zusammen mit der langjährigen diplomatischen, politischen und militärischen Erfahrung der Aristokratie, aber dieses Mal verfassungsmäßig begrenzt und dem bürgerlichen Parlament untergeordnet.
Wenn der bürgerliche Staat im Interesse der herrschenden Kapitalistenklasse regiert, muss er dennoch als Repräsentant der gesamten Bevölkerung auftreten und so tun, als sei er schon immer da gewesen und nicht, wie in Wirklichkeit, erst vor relativ kurzer Zeit durch eine gewaltsame Revolution an die Macht gekommen. Der Staat muss also als über den Interessen der rivalisierenden Klassen stehend erscheinen, um zu verhindern, dass die Gesellschaft sich selbst zerreißt. Die Ausbeuter und Kriegstreiber dürfen den Ausgebeuteten und Abgeschlachteten nicht als solche erscheinen, sondern letztlich als eine Familie, als Menschen aus Fleisch und Blut, mit menschlichen Gefühlen, wie du und ich[1]. Hier hatte die Erhaltung feudaler Institutionen wie der Monarchie ihre Bedeutung, denn in der kapitalistischen Gesellschaft, in der "gefühllose Barzahlung" herrscht, kann die Lohnsklaverei durch die Illusion gemildert werden, dass auch sie, die Ausgebeuteten, Teil einer nationalen Familie sind.
Die konstitutionelle Monarchie in Großbritannien hat diese Fassade der patriarchalischen Einheit über drei Jahrhunderte lang perfektioniert. Doch die Widersprüche des Weltkapitalismus erreichen ein Ausmaß, bei dem selbst die Fassade brüchig wird. Die schmeichelnden Kommentatoren des Ablebens von Königin Elisabeth II. erkennen, dass ihre Erben nicht in der Lage sein werden, die Illusionen ihrer Herrschaft zu wiederholen. Der neue König, der als Prinz von Wales immer dazu neigte, sich in die Politik einzumischen, war bei bestimmten Teilen der Bourgeoisie nie beliebt und wird es daher viel schwerer haben, sich als Symbol der Einheit über politische Spaltungen hinweg zu präsentieren.
Der gegenwärtige Karneval der nationalen Einheit findet zu einem Zeitpunkt statt, an dem das interkapitalistische Gemetzel in der Ukraine, an dem das imperialistische Großbritannien mit Begeisterung beteiligt ist, die Heuchelei und den Anachronismus jeglicher nationaler Verteidigung und patriotischen Stolzes offenbart hat. Die Zukunft liegt bei einer Klasse, die keine nationalen Interessen hat, einer internationalen Klasse: dem Weltproletariat.
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[1]Wir sollten jedoch nicht vergessen, dass die kapitalistische Religion der nationalen Einheit nicht nur auf der Manipulation von Ideen und Gefühlen beruht. Sie schreckt auch nicht davor zurück, die Hilfe der Polizei in Anspruch zu nehmen. Zwei Demonstranten, die an Zeremonien in London und Edinburgh teilnahmen, wurden verhaftet, weil sie Plakate mit Slogans wie "Abschaffung der Monarchie" und "Nicht mein König" hochhielten. Zur Rechtfertigung der Verhaftungen wurde der Police, Crime, Sentencing and Courts Act 2022 herangezogen, der die Möglichkeit, auf der Straße zu demonstrieren, stark einschränkt.
Die weit verbreiteten Proteste im Iran mögen durch die Ermordung einer jungen Frau ausgelöst worden sein, die von der Sittenpolizei des Regimes wegen eines "unvorschriftsmäßigen Hidschabs" verhaftet wurde, sie sind jedoch Ausdruck einer viel tiefer gehenden Unzufriedenheit in der iranischen Bevölkerung, die zu Hunderttausenden auf die Straßen strömt und sich der Polizei entgegenstellt. Die Demonstrationen sind nicht nur Ausdruck einer allgemeinen Abscheu vor der offenen und legalen Unterdrückung der Frauen durch die Islamische Republik, sondern auch eine Reaktion auf die steigende Inflation und die Verknappung der Lebensmittel. Diese sind durch die vom Westen gegen den Iran verhängten Sanktionen verschärft und werden durch die schwere und langjährige Last einer Kriegswirtschaft, welche durch die unerbittliche Verfolgung der imperialistischen Ambitionen des Irans angeschwollen ist, noch verstärkt. Sie sind auch eine Reaktion auf die schmutzige Korruption der herrschenden Elite, die sich nur durch brutale Unterdrückung aller Formen des Protests, einschließlich des Widerstands der Arbeiterklasse gegen stagnierende Löhne und erbärmliche Arbeitsbedingungen, aufrechterhalten kann. Das iranische Parlament hat gerade neue Gesetze verabschiedet, die Hinrichtungen für "politische" Verbrechen sanktionieren, und Hunderte, wenn nicht Tausende von Demonstranten wurden von der staatlichen Polizei und den grotesk falsch benannten "Revolutionsgarden" getötet oder verwundet.
Dieser Rückgriff auf direkte Repression ist ein Zeichen für die Schwäche des Regimes der Mullahs, nicht für seine Stärke. Es stimmt, dass das katastrophale Ergebnis der US-Interventionen im Nahen Osten seit 2001 eine Lücke geschaffen hat, die es dem iranischen Imperialismus ermöglichte, seine Marionetten im Irak, im Libanon, im Jemen und in Syrien voranzubringen, aber die USA und ihre zuverlässigeren Verbündeten (insbesondere Großbritannien) haben in gleicher Weise reagiert, indem sie das saudische Militär im Jemen-Krieg unterstützten und lähmende Sanktionen gegen den Iran unter dem Vorwand verhängten, sich seiner Politik der Entwicklung von Atomwaffen entgegenzustellen. Das Regime ist zunehmend isoliert, und die Tatsache, dass es nun Russland mit Drohnen beliefert, um Infrastruktur und Zivilisten in der Ukraine anzugreifen, wird den Ruf des Westens nur noch lauter werden lassen, den Iran neben Russland als Pariastaat zu behandeln. Die Beziehungen des Iran zu China sind ein weiterer Grund, warum die westlichen Mächte das Land noch mehr schwächen wollen, als es ohnehin schon ist. Gleichzeitig beobachten wir eine konzertierte Aktion der US-amerikanischen und westeuropäischen Regierungen, um die Proteste zu instrumentalisieren, insbesondere indem sie den bekanntesten Slogan der Proteste, "Frauen, Leben, Freiheit", aufgreifen:
"Am 25. September 2022 schmückte die französische Zeitung Liberation ihre Titelseite mit dem Slogan 'Frauen, Leben, Freiheit' in persischer und französischer Sprache und einem Foto der Demonstrationen. Während einer Rede über die Unterdrückung der Demonstranten im Iran schnitt sich eine Abgeordnete des EU-Parlaments die Haare ab, während sie im Plenarsaal des EU-Parlaments die Worte 'Frau, Leben, Freiheit' sagte"[1]. Es ließen sich viele weitere Beispiele anführen.
Angesichts der Schwäche des Regimes ist viel von einer neuen "Revolution" im Iran die Rede, vor allem von Linken und Anarchisten verschiedener Couleur, wobei letztere vor allem von einem "feministischen Aufstand"[2] sprechen, während die eher klassischen bürgerlichen Fraktionen einen "demokratischen" Umsturz betonen, bei dem ein neues Regime eingesetzt wird, das seine Feindschaft gegenüber den USA und ihren Verbündeten aufgibt. Aber wie wir in unserer Antwort auf die ganze Mystifizierung der "Revolution" von 1978-79 schrieben: "Die Ereignisse im Iran zeigen, dass die einzige Revolution, die heute auf der Tagesordnung steht, sowohl in den rückständigen Ländern als auch im Rest der Welt, die proletarische Revolution ist". [3]
Im Gegensatz zur Revolution von 1917 in Russland, die sich als Teil der Weltrevolution verstand, werden die aktuellen Proteste im Iran nicht von einer autonomen Arbeiterklasse angeführt, die sich in ihren eigenen einheitlichen Organen organisiert und in der Lage ist, allen unterdrückten Schichten und Kategorien der Gesellschaft einen Ausweg zu bieten. Es stimmt, dass wir in den Jahren 1978-79 einen flüchtigen Eindruck vom Potenzial der Arbeiterklasse hatten, einen solchen Weg nach vorne zu bieten: "Im Gefolge der Arbeiterkämpfe in verschiedenen Ländern in Lateinamerika, Tunesien, Ägypten usw. waren die Streiks der iranischen Arbeiter das wichtigste politische Element, das zum Sturz des Schah-Regimes führte. Trotz der Massenmobilisierungen, als sich die "Volksbewegung", in der fast alle unterdrückten Schichten im Iran zusammengeschlossen waren, zu erschöpfen begann, hat der Eintritt des iranischen Proletariats in den Kampf Anfang Oktober 1978, vor allem im Erdölsektor, nicht nur die Agitation angeheizt, sondern das nationale Kapital vor ein praktisch unlösbares Problem gestellt".[4]
Und doch wissen wir, dass die Arbeiterklasse schon damals politisch nicht stark genug war, um zu verhindern, dass die Mullahs, unterstützt von einer Heerschar "antiimperialistischer" Linker, den Unmut der Massen ausnutzen konnten. Der internationale Klassenkampf, obwohl er seit dem Mai 68 in Frankreich in eine zweite Welle von Arbeiterbewegungen mündete, war selbst noch nicht auf dem Niveau, das die Perspektive einer proletarischen Revolution im Weltmaßstab eröffnete. Und die Arbeiter im Iran waren - wie ein Jahr später die Arbeiter in Polen - nicht in der Lage, die revolutionäre Alternative aus eigener Kraft zu stellen. Die Frage, wie man sich zu den anderen unterdrückten Schichten verhalten sollte, blieb also ungelöst. Wie es in unserer Erklärung weiter heißt: "Die entscheidende Position, die das Proletariat bei den Ereignissen im Iran einnimmt, wirft ein wesentliches Problem auf, das von der Klasse gelöst werden muss, wenn sie die kommunistische Revolution erfolgreich durchführen will. Dieses Problem konzentriert sich auf das Verhältnis des Proletariats zu den nicht ausbeutenden Schichten der Gesellschaft, insbesondere zu den Arbeitslosen. Diese Ereignisse zeigen Folgendes:
- Trotz ihrer großen Zahl haben diese Schichten für sich genommen keine wirkliche Kraft in der Gesellschaft;
- Mehr noch als das Proletariat sind diese Schichten offen für verschiedene Formen der Mystifizierung und der kapitalistischen Kontrolle, einschließlich der veraltetsten, wie etwa der Religion;
- Aber da die Krise auch die Arbeiterklasse trifft, während sie diese Schichten mit zunehmender Gewalt angreift, können sie eine Kraft im Kampf gegen den Kapitalismus sein, vorausgesetzt, das Proletariat kann sich an die Spitze des Kampfes stellen und tut dies auch.
Angesichts aller Versuche der Bourgeoisie, ihre Unzufriedenheit in eine aussichtslose Sackgasse zu lenken, besteht das Ziel des Proletariats im Umgang mit diesen Schichten darin, ihnen klar zu machen, dass keine der vom Kapitalismus vorgeschlagenen "Lösungen" zur Beendigung ihres Elends ihnen Erleichterung verschaffen wird. Dass sie nur im Gefolge der revolutionären Klasse ihre Ansprüche befriedigen können, nicht als besondere - historisch verdammte - Schichten, sondern als Mitglieder der Gesellschaft. Eine solche politische Perspektive setzt die Organisation und die politische Autonomie des Proletariats voraus, was mit anderen Worten bedeutet, dass das Proletariat alle politischen 'Allianzen'mit diesen Schichten ablehnt".
Heute sind die Mystifikationen, die die Volksbewegung in eine Sackgasse führen, weniger religiöser Natur - was verständlich ist, wenn die Massen das brutale und korrupte Gesicht eines theokratischen Staates leicht erkennen können -, sondern eher "moderne" bürgerliche Ideologien wie Feminismus, Freiheit und Demokratie. Aber wenn überhaupt, dann ist die Gefahr noch größer, dass die Arbeiterklasse als eine Masse von Individuen in einer klassenübergreifenden Bewegung aufgelöst wird, die nicht in der Lage ist, den Vereinnahmunsplänen der rivalisierenden bürgerlichen Fraktionen zu widerstehen. Dies wird durch den internationalen Kontext des Klassenkampfes unterstrichen, in dem die Arbeiterklasse gerade erst beginnt, sich nach einer langen Periode des Rückzugs zu erheben, während der der fortschreitende Zerfall der kapitalistischen Gesellschaft das Selbstverständnis des Proletariats als Klasse mehr und mehr aufgezehrt hat.
Damit soll nicht die Tatsache geleugnet werden, dass das Proletariat im Iran eine lange Tradition des militanten Kampfes hat. Die Ereignisse von 1978-79 sind der Beweis dafür. 2018-19 gab es sehr weit verbreitete Kämpfe, an denen die Zuckerarbeiter von Haft Tappeh, LKW-Fahrer, Lehrer und andere beteiligt waren. 2020-21 begannen die Ölarbeiter eine Reihe von militanten landesweiten Streiks. Auf ihrem Höhepunkt waren diese Bewegungen ein deutliches Zeichen der Solidarität zwischen verschiedenen Branchen, die mit staatlicher Repression und starkem Druck konfrontiert waren, um die Arbeitnehmer zur Rückkehr an die Arbeit zu bewegen. Angesichts des offenkundig regimefreundlichen Charakters der offiziellen Gewerkschaften gab es in vielen dieser Kämpfe auch wichtige Anzeichen für die Selbstorganisation der Arbeiter, wie wir bei den Streikkomitees in den Jahren 1978-79, den Versammlungen und Streikkomitees in Haft Tappeh und in jüngster Zeit auf den Ölfeldern gesehen haben. Es besteht auch kein Zweifel daran, dass die ArbeiterInnen darüber diskutieren, wie sie mit den aktuellen Protesten umgehen sollen, und es gab Aufrufe, aus Protest gegen die staatliche Repression zu streiken. Und wir haben z.B. im Mai 68 gesehen, dass die Empörung über die staatliche Repression, auch wenn sie sich zunächst nicht gegen die Arbeiter richtet, eine Art Brennpunkt für die Arbeiter sein kann, um auf die soziale Bühne zu treten - unter der Bedingung, dass sie dies auf ihrem eigenen Klassenterrain und mit ihren eigenen Kampfmethoden tun. Aber im Moment scheinen diese Überlegungen in der Klasse, diese Wut über die Brutalität des Regimes, unter der Kontrolle der Gewerkschaften und der Linken zu stehen, die versuchen, eine falsche Verbindung zwischen der Arbeiterklasse und den Protesten des Volkes herzustellen, indem sie "revolutionäre" Forderungen zu den Slogans der letzteren hinzufügen. Wie Internationalist Voice schrieb: "Die Losung 'Frau, Leben, Freiheit' ist in der nationalen Bewegung verwurzelt und hat keine klassenspezifische Bedeutung. Deshalb wird diese Parole von der extremen Rechten bis zur extremen Linken erhoben, und ihr Widerhall ist in den bürgerlichen Parlamenten zu hören. Ihre Bestandteile sind keine abstrakten Konzepte, sondern eine Funktion der kapitalistischen Produktionsverhältnisse. Ein solcher Slogan macht die arbeitenden Frauen zur schwarzen Armee der Demokratiebewegung. Diese Frage wird für die Linke des Kapitals, die den radikalen Begriff "Revolution" verwendet, zu einem Problem, weshalb sie vorschlägt, diesen Slogan durch Erweiterungen zu "retten". Sie haben die folgenden Vorschläge gemacht:
- Frau, Leben, Freiheit, Räteverwaltung (Trotzkisten)
- Frau, Leben, Freiheit, Sozialismus
- Frau, Leben, Freiheit, Arbeiterregierung"[5]
Dieser Aufruf zur Räte- oder Sowjetmacht kursiert mindestens seit 2018 im Iran. Auch wenn er seinen Ursprung in den realen, aber embryonalen Bemühungen zur Selbstorganisation bei Haft Tappeh und anderswo hat, ist es immer gefährlich, den Embryo mit einem ausgewachsenen Menschen zu verwechseln. Wie Bordiga in seiner Polemik mit Gramsci während der Fabrikbesetzungen in Italien 1920 erklärte, stellen Arbeiterräte oder Sowjets einen wichtigen Schritt über defensive Organe wie Streikkomitees oder Betriebsräte hinaus dar, da sie eine Bewegung hin zu einem einheitlichen, politischen, offensiven Kampf der Arbeiterklasse zum Ausdruck bringen. Die Linken, die behaupten, dass dies heute auf der Tagesordnung steht, täuschen die Arbeiter, mit dem Ziel, ihre Kräfte für einen Kampf für eine "linke" Form der bürgerlichen Herrschaft zu mobilisieren, die von falschen Arbeiterräten "von unten" dekoriert wird.
Wie Internationalist Voice weiter ausführt: "Im Gegensatz zu den Linken des Kapitals besteht die Aufgabe der Kommunisten und Revolutionäre nicht darin, Anti-Diktatur-Parolen zu verbreiten, sondern für Transparenz über deren Ursprung und Inhalt zu sorgen. Im Gegensatz zu den Demagogen auf der linken Seite des Kapitals ist die Distanzierung von solchen Parolen und die Erhebung der Klassenforderungen des Proletariats ein Schritt in Richtung einer Verfeinerung des Klassenkampfes".
Dies ist richtig, auch wenn es bedeutet, dass Revolutionäre in Momenten der "populären" Euphorie gegen den Strom schwimmen müssen. Leider scheinen nicht alle Gruppen der Kommunistischen Linken gegen einige der radikaleren Täuschungen immun zu sein, die in die Proteste eingebracht werden. Hier können wir zwei beunruhigende Beispiele in der Presse der Internationalistischen Kommunistischen Tendenz ausmachen. So veröffentlicht die IKT im Artikel "Workers'Voices on the protests in Iran"[6] Erklärungen zu den Protesten des Haft Tappeh Sugarcane Workers'Syndicate, des Council for Organising Protests by Oil Contract Workers und des Coordinating Council of Trade Union Organisations of Iranian Teachers. Zweifellos sind diese Erklärungen eine Antwort auf eine reale Diskussion in den Betrieben darüber, wie auf die Proteste zu reagieren ist. Aber die erste und die dritte dieser Organisationen machen keinen Hehl daraus, dass sie Gewerkschaften sind (auch wenn sie ihre Ursprünge echten Klassenorganen verdanken mögen, können sie, indem sie dauerhaft werden, nur eine gewerkschaftliche Funktion übernommen haben) und können daher keine von der Linken des Kapitals unabhängige Rolle spielen, die, wie wir gesagt haben, nicht für die wirkliche Autonomie der Klasse steht, sondern versucht, die Macht der Arbeiter als Instrument für einen "Regimewechsel" zu nutzen. Parallel dazu gelingt es der IKT auch nicht, sich von der linken Rhetorik über die sowjetische Macht im Iran zu unterscheiden. So wird in dem Artikel "Iran: Imperialistische Rivalitäten und die Protestbewegung 'Frau, Leben, Freiheit"[7] zwar wichtiges Material zu den Versuchen der imperialistischen Mächte außerhalb des Irans, die Proteste zurückzudrängen, zur Verfügung gestellt, und man verspricht eine Fortsetzung: "In unserer nächsten Notiz werden wir für eine andere Alternative plädieren: Brot, Arbeit, Freiheit - Sowjetmacht! Wir werden uns mit dem Arbeiterkampf und den Aufgaben der Kommunisten befassen und im Lichte dessen die internationalistische Perspektive skizzieren."
Aber wir befinden uns nicht im Petrograd des Jahres 1917, und in einer Situation, in der die Arbeiterklasse mit der Notwendigkeit konfrontiert ist, ihre grundlegendsten Interessen zu verteidigen. Sich in den Massenprotesten aufzulösen, nach Sowjets zu rufen und jegliche anfänglichen Formen der Selbstorganisation vor ihrer Wiederbelebung durch Linke und Basisgewerkschafter zu verlieren, bedeutet im besten Fall, das gegenwärtige Niveau des Klassenkampfes völlig falsch einzuschätzen, und im schlimmsten Fall, die Arbeiter in die Mobilisierungen der Linken des Kapitals zu locken. Die Kommunistische Linke wird ihre Fähigkeit, eine wirkliche Intervention in der Klasse zu entfalten, nicht entwickeln, wenn sie der Illusion von unmittelbaren Gewinnen auf Kosten grundlegender Prinzipien und einer klaren Analyse des Gleichgewichts zwischen den Klassen verfällt.
In einem kürzlich erschienenen Artikel in Internationalist Voice wird darauf hingewiesen, dass im Iran zur gleichen Zeit wie die Straßenproteste eine Reihe von Arbeiterstreiks stattfinden: "In den letzten Tagen haben wir Demonstrationen und Streiks von Arbeitern erlebt, deren gemeinsames Merkmal der Protest gegen ihre niedrigen Löhne und die Verteidigung ihres Lebensstandards war. Der Slogan der streikenden Arbeiter der Esfahan Steel Company "Genug der Versprechungen, unser Tisch ist leer" ist ein Spiegelbild der schwierigen Lebensbedingungen der gesamten Arbeiterklasse. Nachfolgend einige Beispiele für Streiks der letzten Tage, die die gleiche Forderung hatten oder haben: Streik der Arbeiter der Esfahan Steel Company; Hungerstreik der offiziellen Angestellten der Öl-, Gas- und petrochemischen Raffinerie- und Vertriebsunternehmen; Streik der Arbeiter des Esfahan City Centre Complex; Streik der Arbeiter der Abadeh Zementfabrik in der Provinz Esfahan; Streik der Arbeiter der Damash Mineralwasserfabrik in der Provinz Gilan; Streik der Arbeiter der Pars Mino Company; Streik der Arbeiter der Cruise Industriegesellschaft; Protest der Arbeiter des Nationalen Stahlkonzerns".[8]
Es scheint, dass diese Bewegungen noch relativ zerstreut sind, und während Demokraten und Linke ihre Aufrufe zu einem "Generalstreik" verstärken, hat das, was sie damit meinen, nichts mit einer wirklichen Dynamik in Richtung Massenstreik zu tun, sondern wäre eine von der bürgerlichen Opposition von oben gesteuerte Mobilisierung, die mit den Streiks der Ladenbesitzer und anderer nicht-proletarischer Schichten vermischt würde. Dies unterstreicht nur die Notwendigkeit für die Arbeiter, auf ihrem eigenen Terrain zu bleiben und ihre Klasseneinheit als minimale Basis zu entwickeln, um die mörderische Unterdrückung des islamischen Regimes zu blockieren.
Amos, November 2022
[1]https://en.internationalistvoice.org/the-continuation-of-the-social-protests-and-the-entry-of-the-working-class-into-the-demonstrations/ [68]...
[2]Siehe: libcom.org/article/revolt-iran-feminist-resurrection-and-beginni.
[3]IKS Statement, “The lessons of Iran”, 17.2.79, in World Revolution Nr. 23
[4]ebenso
Dieser Artikel von Anton Pannekoek (1873-1960), der 1909 veröffentlicht wurde, widerlegt auf eindrucksvolle Weise die Behauptungen (inspiriert von den Lügen des Stalinismus, der fälschlicherweise als "Kommunismus" dargestellt wurde), dass der Marxismus sich nicht um die Natur und die ökologische Frage kümmere; dass er - wie das kapitalistische System, das er bekämpft - von demselben "Produktivismus" geprägt sei, der die Natur so sehr zerstöre. Das genaue Gegenteil ist der Fall.
In diesem Artikel entwickelt Pannekoek in komprimierter und sehr zugänglicher Form denselben Ansatz, den Marx bereits im Kapital dargelegt hat. Er bekräftigt, dass nur eine kommunistische Gesellschaft eine realistische Alternative zur Zerstörung der Natur bietet.
Heute wird in den ideologischen Kampagnen der herrschenden Klasse die Verantwortung für die ökologische Katastrophe ganz bewusst dem "Menschen" im Allgemeinen zugeschoben, um die Tatsache zu verbergen, dass die menschliche Spezies als integraler Bestandteil der Natur durch die Vermittlung der verschiedenen gesellschaftlichen Organisationsformen, die in der Geschichte aufeinander gefolgt sind, mit der Natur interagiert. Seit dem Ende der primitiven kommunistischen Gesellschaft in der Vorgeschichte waren alle Systeme der Ausbeutung, die auf der Aufteilung der Gesellschaft in soziale Klassen beruhten. Es ist nicht "der Mensch", sondern das kapitalistische System, das einzig und allein von der maximalen Gewinnmaximierung beseelt ist, das die gesamte Natur plündert und sie ebenso wie die Arbeitskraft des Proletariats (die beiden Quellen seines Reichtums) einer grausamen Ausbeutung unterwirft, die in Erschöpfung und Vernichtung endet. Das ist der Grund, warum der Kapitalismus keine Lösung für die ökologische Frage hat, und warum die wirkliche Lösung dieser Frage mit der Lösung der sozialen Frage einhergeht.
Bereits 1909 betonte Pannekoek, dass die Verwüstung der Wälder eine lebenswichtige Frage für die Menschheit darstelle. Nach mehr als einem Jahrhundert der Dekadenz des Kapitalismus, in dem die Zerstörung der Natur ein solches Ausmaß angenommen hat, dass ihre Auswirkungen (Erwärmung des Klimas, Zusammenbruch der ausgebeuteten Ökosysteme, Abholzung mit der Folge von Infektionskrankheiten, die gleichermaßen bei Tieren und Menschen vorkommen, usw.) in Verbindung mit den Auswirkungen der Wirtschaftskrise und der imperialistischen Kriege die Gefahr der Zerstörung der Menschheit greifbarer denn je machen. Diese dramatische Situation erfordert, dass das Proletariat seiner historischen Verantwortung als Totengräber des Kapitalismus gerecht wird, denn nur die Gesellschaft, die es in sich trägt, die auf der Abschaffung des Gesetzes der Ware und der gesellschaftlichen Ausbeutungsverhältnisse beruht, die Schaffung einer klassenlosen Gesellschaft, die auf die Befriedigung der menschlichen Bedürfnisse ausgerichtet ist, wird es ermöglichen, ein wirkliches Gleichgewicht zwischen der Natur und der menschlichen Gattung herzustellen.
IKS
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Vielfach begegnet man in naturwissenschaftlichen Schriften bewegten Klagen über die zunehmende Waldverwüstung. Dabei ist nicht allein die Freude maßgebend, die jeder Naturfreund an dem Wald empfindet. Es kommen wichtige materielle Interessen, sogar Lebensinteressen für die Menschheit hinzu. Mit dem Verschwinden der reichen Waldbestände sind Länder, die im Altertum als fruchtbare dicht bevölkerte Gegenden, als Kornkammer für die Großstädte berühmt waren, zu den Steinwüsten geworden. Der Regen fällt dort selten, aber dann in verheerenden Güssen, die die dünnen Humusschichen wegspülen, statt sie zu befruchten. Wo der Wald auf den Bergen ausgerottet ist, wälzen die durch den Sommerregen genährten Wildbäche ungeheure Stein- und Sandmassen herunter, die lachende Alpentaler verschütten, Wälder abscheren und Dörfer verwüsten, deren Bewohner unschuldig daran sind, „dass Eigennutz und Unverstand im Hochtal und Quellgebiet den Wald zerstört haben“.
Eigennutz und Unverstand, weiter dringen die Autoren, die in beredten Worten diesen Jammer schildern, in seine Ursachen nicht ein. Sie glauben wohl, dass es genügt auf die Folgen hinzuweisen, um den Unverstand durch bessere Einsicht zu ersetzen und seine Wirkung aufzuheben. Sie sehen nicht, dass es sich hier um eine Teilerscheinung handelt, um eine einzige unter den vielen ähnlichen Wirkungen des Kapitalismus, der Produktionsweise, die die höchste Form der Profitjägerei darstellt.
Wie ist Frankreich zu dem waldarmen Land geworden, das jährlich für Hundertmillion Franken Holz aus dem Ausland kommen lassen muss, und noch viel mehr ausgeben muss, um in den Alpen durch Aufforstung die schlimmsten Folgen der Entwaldung wieder gut zu machen? Unter dem alten Regime gab es dort viele Wälder als Staatsdomäne. Aber die Bourgeoisie, die in der französischen Revolution ans Ruder kam, sah in den Staatsforsten nur Mittel zur privaten Bereicherung. Drei Millionen Hektar ließen die Spekulanten fallen, um aus Holz Gold zu machen. An die Zukunft dachten sie nicht, nur an einen augenblicklichen Gewinn.
Dem Kapitalismus sind alle Naturschätze nichts als Gold. Umso rascher er sie ausbeutet, umso stärker fließt der Goldstrom. Die Privatwirtschaft bewirkt, dass jeder einzelne möglichst viel Profit zu erhaschen sucht, ohne auch nur einen Augenblick an das Interesse der Gesamtheit, der Menschheit zu denken. Daher ist jedes wilde Tier, das einen Geldwert darstellt, jede wildwachsende Pflanze, die Profit liefert, sofort das Objekt eines Ausrottungswettkampfes. Die Elefanten in Afrika sind durch die systematische Jagd nach Elfenbein fast verschwunden. Ähnlich steht es mit den Kautschukbäumen, die einer Raubwirtschaft zum Opfer fallen, bei der jeder nur Bäume vernichtet, und keiner neue pflanzt. Aus Sibirien wird berichtet dass die Pelztiere infolge der intensiven Jagd immer seltener werden und die kostbarsten Arten vielleicht bald ganz ausgestorben sein werden. In Kanada werden ungeheure Urwälder niedergebrannt, nicht nur von Ansiedlern, die den Boden bebauen wollen, sondern von „Prospektors“ die nach Erzlagern suchen und des besseren Übersichtes des Terrains wegen die Bergabhänge in nackte Felsen verwandeln. In Neuguinea wurde eine Aufräumung unter den Paradiesvögeln gehalten, um der Prunksucht einer amerikanischen Milliardendame zu befriedigen. Die Modetollheiten, die als Verschwendungsform des Mehrwerts zum Kapitalismus gehören, haben schon zur Ausrottung seltener Tiere geführt; die Seevögel der ostamerikanischen Küste sind nur durch strenges Eingreifen des Staates vor diesem Schicksal bewährt geblieben. Diese Beispiele sind beliebig zu vermehren.
Sind aber die Pflanzen und Tiere nicht dazu da, von Menschen für seine Zwecke gebraucht zu werden? Wir wollen hier die Frage der Erhaltung der Natur, so wie sie ohne das Eingreifen der Menschen sein würde, ganz außer Acht lassen. Wir wissen, dass die Menschen nun einmal die Herren der Erde sind und die Natur zu ihren Zwecken völlig umwandeln. Wir sind zu unseren Leben ganz auf die Naturkräfte und die Naturschätze angewiesen; wir müssen sie gebrauchen und verbrauchen. Nicht um diese Tatsache handelt es sich hier, sondern nur die Art und Weise, wie der Kapitalismus sie gebraucht.
Eine vernünftige Gesellschaftsordnung wird die ihr zur Verfügung stehenden Schätze der Natur in solcher Weise benutzen müssen, dass nicht mehr verbraucht wird, als jeder zugleich neu aufwächst, so dass die Gesellschaft nie ärmer wird und nur reicher werden kann. Eine abgeschlossene Wirtschaft, die einen Teil des zur Aussaat bestimmten Getreides verzehrt, wird immer ärmer und muss schließlich unfehlbar Bankrott machen. In solcher Weise wirtschaftet aber der Kapitalismus. Er denkt nicht an die Zukunft, sondern lebt nur beim Augenblick. Unter der heutigen Wirtschaftsordnung ist die Natur nicht der Menschheit sondern dem Kapital dienstbar; nicht das Bedürfnis der Menschheit nach Kleidung, Nahrung und Kultur sondern das Bedürfnis des Kapitals nach Profit, nach Gold beherrscht die Produktion. Die Naturschätze werden ausgebeutet, als wären die Vorräte unendlich und unerschöpflich. In den üblen Folgen der Waldverwüstung für die Landwirtschaft, in der Ausrottung nützlicher Tiere und Pflanzen tritt die Endlichkeit der Vorräte als ein Bankrott dieser Wirtschaftsweise zu Tage. Als eine Anerkennung dieses Bankrotts ist es auch zu bezeichnen, wenn Roosevelt eine internationale Konferenz zusammenberufen will, der den Bestand der noch vorhandenen Naturschätze aufnehmen und Maßnahmen gegen ihre weitere Verschwendung treffen soll.
Natürlich ist dieser Plan selbst nur Humbug. Der Staat kann zwar Vieles tun, um die ruchlose Ausrottung seltener Naturwesen zu verhindern. Aber der kapitalistische Staat ist immerhin nur ein trauriger Vertreter der Allgemeinheit der Menschen. Vor den wesentlichen Interessen des Kapitals muss er Halt machen.
Der Kapitalismus ist eine kopflose Wirtschaft, die ihre Taten nicht durch das Bewusstsein der Folgen regulieren kann. Darin allein ließt aber sein verwüstender Charakter nicht. Auch in früheren Jahrhunderten haben die Menschen kopflos drauf los gewirtschaftet, ohne an die Zukunft der ganzen Menschheit zu denken. Aber ihre Macht war gering; die Natur war so groß und gewaltig, dass sie mit ihren kleinen schwachen Hilfsmitteln nur ausnahmsweisen Schaden darin anrichten konnten. Der Kapitalismus hat dagegen an die Stelle des Lokalbedarfs den Weltbedarf gesetzt und gewältige technische Hilfsmittel zur Ausbeutung der Natur geschaffen. Dabei handelt es sich dann sofort von ungeheuren Massen, die mit kolossalen Vernichtungsmitteln in Angriff genommen und mit mächtigen Transportmitteln weggeschafft werden. Die Gesellschaft unter dem Kapitalismus ist einem mit Riesenkraft ausgestatteten vernunftlosen Körper zu vergleichen; während er seine Kraft immer gewaltiger entwickelt, verwüstet er zugleich in sinnloser Weise die Natur, worin und wodurch er lebt. Nur der Sozialismus, der diesem mächtigen Körper Bewußtsein und überlegtes Handeln beibringt, wird damit zugleich die Naturverwüstung durch eine vernünftige Wirtschaft ersetzen.
(Publiziert in: Zeitungskorrespendenz Nr. 75, 10. Juli 1909)
Im Folgenden veröffentlichen wir einen Auszug aus einem Leserbrief zu unserem internationalen Flugblatt gegen Krieg in der Ukraine, gefolgt von unserer Antwort.
Reaktionen wurden hier und da gesammelt, können aber in keiner Weise eine allgemeine Aussage darüber treffen, wie die Arbeiterklasse oder die Bevölkerung im Allgemeinen diesen Krieg wahrnehmen. Dazu müsste eine Untersuchung natürlich länger dauern und die Methode wissenschaftlicher sein. Daher könnte nur eine "Arbeiterumfrage" einen objektiven Aspekt haben.
Der Krieg in Europa ist nichts Neues, und so fällt es Manchen schwer, den besonderen Charakter dieses Krieges zu verstehen, wenn nicht die offizielle Propaganda wäre die den russischen Imperialismus als den "Bösen" darstellt. (...) Das Flugblatt betont, wie wichtig es für die Arbeiterklasse und damit auch für kommunistische Minderheiten ist, in den Auseinandersetzungen die die verschiedenen imperialistischen Staaten gegeneinander führen, nicht für eine Seite Partei zu ergreifen. Jahrzehntelange stalinistische und/oder Dritte-Welt-Propaganda machen es kompliziert, für eines der beiden Kriegslager Stellung zu beziehen.
Ich bemerkte oft "pro-russische" Stellungnahmen, die in Wirklichkeit aus "anti-amerikanischen" Gründen erfolgten. Für Einige ist es offenbar schwierig, die imperialistische Natur des russischen Staates zu erkennen. "Der Imperialismus" oder "die Imperialisten" werden nur verwendet um über die NATO-Mächte und Westeuropa zu sprechen.
(Die IKS geht auf die Geschichte der vergangenen Kriege seit dem Zweiten Weltkrieg ein, was aufgrund der Klarheit die es schafft zu begrüssen ist, aber Fragen bezüglich der Gleichwertigkeit der verschiedenen Konflikte aufwirft.)
Krieg an der Peripherie Russlands ist nichts Neues. Die letzten Kriege in Tschetschenien, Georgien, zwischen Armenien und Aserbaidschan, und vor allem der verdeckte Krieg zwischen den beiden ukrainischen Fraktionen - die eine in Kiew und die andere in Donezk.
Das Neue und Überraschende daran ist die direkte Intervention des russischen Staates und das Ausmaß dieser Intervention. Doch während der russische Militarismus als titanische Macht dargestellt wurde, hinterlässt das langsame Voranschreiten des russischen Militärs den Eindruck, dass die russische Militärmacht überschätzt wird. Ich weiß nicht, ob die Analogien zum "Winterkrieg" richtig sind oder ob sie schon zu oft gezogen wurden, aber in diesem Rahmen ist es meines Erachtens angemessen.
Die Mobilisierung der Arbeiterklasse hinter der Verteidigung des "Vaterlandes" oder der "Demokratie" ist hingegen noch nicht erfolgt. Obwohl es offensichtlich ist, dass die Bourgeoisie im Rahmen von Wahlen versucht einen Teil der Bevölkerung hinter sich zu scharen, scheint dies nicht zu gelingen. Ich gebe zu, dass ich den Satz "Das Dilemma heute ist, mit wem man denn Putin ersetzen soll" nicht nur einmal gehört habe. Andererseits sind internationalistische Positionen nach wie vor schwach. Das Desinteresse scheint vor allem unter jungen Menschen groß zu sein.
Der Krieg verlässt die Peripherie um sich den Zentren des Kapitalismus zu nähern. Indem er sich den Zentren nähert, stellt er sich der Gefahr die vom Proletariat der fortgeschrittenen Länder ausgeht. Die Reaktion der Arbeiterklasse auf die Einberufung zur Verteidigung der Demokratie scheint den Rahmen des Zerfalls zu bestätigen, nämlich, dass das Proletariat zu schwach sei um sich offensiv zu behaupten, aber noch nicht so besiegt, dass es direkt hinter dem Staat marschieren würde. In diesem Sinne freue ich mich auf die geplanten polemischen Artikel, denn sie werden sicherlich auf den Zerfall zurückkommen, und das wird mir die Möglichkeit einer Vertiefung geben.
Der Krieg erfordert die Intervention von Kommunisten, die die Führung bei der Propaganda gegen den Krieg übernehmen. Allerdings: Welche Perspektiven gibt es für die Politisierung der Arbeiterklasse zu dieser Frage? Die Verbreitung der internationalistischen Positionen und der Interessen des Proletariats ist notwendig, aber das Flugblatt geht nur zu allgemein und zu abstrakt auf die wirtschaftlichen Folgen in Form von künftigen Preissteigerungen ein. Auf diesen Aspekten muss jedoch der Schwerpunkt liegen. Vielleicht sollten wir uns mit dem Reallohn befassen.
Ich weiß nicht, welchen Plan die Organisation hat und ob eventuell weitere Beiträge zu spezifischeren Punkten geplant sind, wie dem wirtschaftlichen Druck der aufgrund der Inflation auf die Arbeitnehmer ausgeübt werden wird, und gegen die Mobilisierung hinter dem demokratischen Kriegsherrn Macron, oder den anderen Kandidaten die eine Sichtweise auf "pazifistischem" oder "multipolarem" Terrain vertreten, etc.
Ich weiß nicht, ob alle Probleme die dieser Krieg mit sich bringt, als Ganzes und aufs Mal behandelt werden können. Ich habe zu wenig Erfahrung um diese Frage zu beantworten.
Die Frage mit welchen Mitteln politisiert wird, sowie der Prozess der Politisierung, beziehen sich auf das Kräfteverhältnis zwischen den Klassen und die "Messung" des Klassenbewusstseins.
Empirisch mag es einige Methoden oder Techniken geben um die "Temperatur" in der Klasse zu messen, aber entscheidend ist die Aufmerksamkeit, die die Klasse den Revolutionären und ihrer Propaganda schenkt. So verstehe ich beim Flugblatt nicht, warum es keine klaren Parolen formuliert die verwendet werden können. Es geht hier keinesfalls um Aktivismus, sondern um Klarheit. Eine Parole ist wichtig für jede Frage die durch den Konflikt aufgeworfen wird, d.h.:
1. Imperialismus und die internationalistische Antwort.
2. Die zukünftigen Folgen für die Arbeiter aller Länder in Bezug auf die Senkung der Kaufkraft.
3. Kampf gegen die Verstrickung hinter der demokratischen Ideologie oder hinter dem Pazifismus.
In der Tat spricht die IKS alle diese Fragen an, so dass es wirklich nur eine Frage der Form des Flugblatts ist, wie klar die vermittelten Parolen sind.
Albert, März 2022
Wir begrüßen ausdrücklich den Schritt des Genossen, zu unserem internationalen Flugblatt[1] Stellung zu nehmen und uns über die Diskussionen die er darüber geführt hat zu berichten. Die IKS braucht solche Initiativen, die ihre Intervention durch Unterstützung, Fragen oder Kritik anregen. Dies ist unverzichtbar um unsere Argumentation überzeugender zu machen. Es handelt sich hier nicht um eine "Marotte" der IKS, sondern um die Methode der Arbeiterbewegung. So widmete die Iskra[2] eine Seite jeder ihrer Ausgaben der Veröffentlichung von Korrespondenzen. Die Revue Bilan[3] ließ trotz des sehr ungünstigen Kontextes der Konterrevolution in den 30er Jahren keine Gelegenheit aus, Korrespondenzen zu veröffentlichen. Im Gegenzug muss es der IKS ein Anliegen sein, so klar wie möglich auf die eingehenden Briefe zu antworten.
Genosse Albert meinte, dass unser Flugblatt zu abstrakt sei und nicht genug mit den aktuellen Überlegungen in der Arbeiterklasse und ihren unmittelbaren Bedürfnissen angesichts der Situation zu tun habe. Genosse Albert argumentiert insbesondere, dass die wirtschaftlichen Folgen des Krieges und der daraus resultierende Druck auf die Arbeiterklasse stärker hervorgehoben werden müssten. Seiner Meinung nach wäre ein solcher Schwerpunkt besser geeignet um die Arbeiterklasse konkret zu orientieren. Bevor wir weiter auf die Kritik des Genossen eingehen, möchten wir insbesondere das Anliegen dieses Briefes unterstützen, dass Revolutionäre vor allem in "heißen" Momenten, in denen es gilt, grundlegende Prinzipien wie den proletarischen Internationalismus zu verteidigen, intervenieren sollten.
Wenn unser Flugblatt, das am 27. Februar veröffentlicht wurde, nicht sofort auf die wirtschaftlichen Folgen des Krieges für die Arbeiterklasse eingeht, dann deshalb, weil dies zu diesem Zeitpunkt nicht die Priorität war. Angesichts eines Ereignisses von solcher Bedeutung für die Zukunft, konnte sich die Priorität unserer Meinung nach nur um folgende Achsen drehen:
- die Bekräftigung der proletarischen Prinzipien angesichts des Krieges;
- die Entlarvung der Lügen der Kriegspropaganda und der imperialistischen Natur aller Staaten;
- die Bekräftigung echter Solidarität durch die Entwicklung massiver und bewusster Arbeiterkämpfe überall auf der Welt.
Sich in einem Flugblatt zu diesem Zeitpunkt nicht an diese Priorität zu halten, wäre ein schwerer politischer Fehler unsererseits gewesen.
Wie unser Leser sind auch wir davon überzeugt, dass der Schlüssel zum Problem in der Mobilisierung der Arbeiterklasse für die kompromisslose Verteidigung ihrer Lebensbedingungen gegen die zunehmenden Angriffe des krisengeschüttelten Kapitalismus liegt. Denn um zu überleben ist der Kapitalismus gezwungen, die Lebensbedingungen des Proletariats immer stärker anzugreifen, und das Proletariat wird, um zu überleben, ebenfalls gezwungen sein, sich immer massiver, bewusster und geschlossener zu verteidigen... bis zur Überwindung des Kapitalismus oder seiner eigenen Niederlage.
Aus diesem Grund hat die Frage der notwendigen Entwicklung des Klassenkampfes sehr schnell einen größeren Raum in unserer Intervention eingenommen und wird auch zunehmend der Fall sein[4]. Aber nicht auf abstrakte Weise, oder durch Losungen die nicht den unmittelbaren Möglichkeiten der Arbeiterklasse entsprechen, welche bei Ausbruch des Krieges in der Ukraine eine gewisse politische Lähmung infolge der Pandemie noch nicht vollständig überwunden hatte. Darüber hinaus hat der Krieg, die Entfesselung der Barbarei, und zum Teil auch die demokratischen Kampagnen, die Arbeiterklasse zunächst in einen Zustand der Betäubung versetzt.
Die Streiks in Großbritannien in den letzten Monaten haben eine deutliche Veränderung der Situation aufgezeigt, wie wir in einem neuen, international verbreiteten Flugblatt bekräftigt haben, in dem wir insbesondere die Notwendigkeit des gemeinsamen Kampfes und der Solidarität zwischen den verschiedenen Sektoren hervorgehoben haben, wohingegen die Gewerkschaften die Kämpfe ständig isolieren und spalten.
Die Intervention einer revolutionären Organisation kann sich jedoch nicht auf Flugblätter oder Artikel über den Klassenkampf beschränken, auch wenn diese unverzichtbar sind.
Denn eine Intervention per Flugblatt ermöglicht zwar aufgrund ihrer Form eine größere Verbreitung, aber keine tiefgehende politische und historische Analyse der Situation. Eine solche Analyse ist aber angesichts von Ereignissen wie dem Ausbruch des Krieges in der Ukraine, die von weltweiter Bedeutung sind und die Zukunft stark beeinflussen, absolut unerlässlich und vorrangig.
Wenn die IKS, die über eigene Analysen verfügt, nicht auf dieser Ebene interveniert, wird niemand an ihrer Stelle diese Positionen vertreten. Dieser Aspekt unserer Intervention war von Beginn des Konflikts an dominant. Dies war notwendig, um unserer Verantwortung gerecht zu werden, aktiv zur Entwicklung des Bewusstseins in der Arbeiterklasse beizutragen. Wir mussten uns mit folgenden Fragen befassen:
- Die Bedeutung des Krieges in der Periode des kapitalistischen Zerfalls verstehen;
- Die Merkmale der gegenwärtigen Phase des kapitalistischen Zerfalls und ihre Auswirkungen auf die imperialistischen Spannungen verstehen;
- Die imperialistischen Ziele der verschiedenen Kriegslager verstehen;
- Die Anfälligkeit der verschiedenen globalen Teile des Proletariats für nationalistische Propaganda einschätzen.
Tatsächlich ist sich Genosse Albert bewusst, dass die Intervention einer revolutionären Organisation verschiedene Fragen betrifft: «Ich weiß nicht, ob alle Probleme die dieser Krieg mit sich bringt, als Ganzes und aufs Mal behandelt werden können». In diesem Zusammenhang möchten wir betonen, dass die Intervention einer revolutionären Organisation einen Analyserahmen erfordert, der seinerseits anhand der Realität überprüft und bereichert werden muss, um den Herausforderungen der historischen Periode standhalten zu können. Dieser Analyserahmen muss nicht nur unserer Intervention zugrunde liegen, sondern auch dem Leser in geeigneter Weise präsentiert werden.
Schließlich gibt es noch eine wesentliche Dimension unserer Intervention die ebenfalls berücksichtigt werden muss: Der Aufruf an die Gruppen der Kommunistischen Linken, angesichts des Ausbruchs des kriegerischen Chaos in Europa, gemeinsam für den proletarischen Internationalismus einzutreten. Diese Initiative, die später in der Gemeinsamen Erklärung von Gruppen der internationalen Kommunistischen Linken zum Krieg in der Ukraine mündete, stellte sich entschieden in das Erbe der revolutionären Bewegung und insbesondere in die Nachfolge der Konferenz von Zimmerwald 1915. Diese Konferenz war ein wichtiges Ereignis für die Verteidigung des Internationalismus, inmitten von Weltkrieg und nationalistischem Fieber. Unter der Führung der Bolschewiki war die Konferenz aber auch ein Wendepunkt, an dem die politischen Grundlagen für die Umgruppierung der revolutionären Kräfte zur Gründung einer neuen Partei nach dem Zusammenbruch der Zweiten Internationale gelegt wurden.
Die Intervention durch die Presse ist eine wesentliche und ständige Aufgabe revolutionärer Organisationen. Revolutionäre können ihre Rolle in der Klasse vor allem auf diesem Weg wahrnehmen. Um ihre Rolle so effizient wie möglich zu gestalten, ist es jedoch unerlässlich, dass ihre Stellungnahmen auf die konkreten Bedürfnisse der Klasse eingehen, aber immer mit dem Kompass in die gleiche Richtung zeigen: die Verteidigung der revolutionären Perspektive und die Notwendigkeit einer kommunistischen Gesellschaft.
IKS, Oktober 2022
[1]Imperialistischer Konflikt in der Ukraine: Kapitalismus ist Krieg, Krieg dem Kapitalismus!
[2]Organ der Sozialdemokratischen Arbeiterpartei Russlands. Es wurde ab 1900 unter der Leitung von Lenin, Martow und Plechanow herausgegeben.
[3]Theoretisches Organ der Linksfraktion der Kommunistischen Partei Italiens.
[4]Wir haben bereits folgende Artikel veröffentlicht:
Links
[1] mailto:[email protected]
[2] https://en.internationalism.org/content/17159/joint-statement-groups-international-communist-left-about-war-ukraine
[3] https://en.internationalism.org/content/17154/internationalist-statement-inside-russia
[4] https://en.internationalism.org/content/17185/between-internationalism-and-defence-nation
[5] https://libcom.org/article/ukrainian-anarchists-take-part-relief-population-massacred-kyiv-suburbs
[6] https://nl.crimethinc.com/2022/02/26/russian-anarchists-on-resisting-the-invasion-of-ukraine-updates-and-analysis
[7] https://www.leftcom.org/en/articles/2022-06-13/about-anarchists-who-forget-the-principles
[8] https://www.anarchistcommunism.org/2022/06/08/anarchists-who-forget-the-principles-statement-by-kras-iwa/
[9] https://de.internationalism.org/content/3043/gemeinsame-erklaerung-von-gruppen-der-internationalen-kommunistischen-linken-zum-krieg
[10] https://en.internationalistvoice.org/
[11] https://www.istitutoonoratodamen.it/
[12] https://www.leftcom.org/de
[13] https://www.handelsblatt.com/politik/international/rohstoffe-deutschland-importierte-seit-2014-energie-aus-russland-im-wert-von-170-milliarden-euro/28156942.html
[14] https://en.internationalism.org/content/17108/covid-crisis-shows-dead-end-capitalism
[15] https://de.internationalism.org/content/3020/kaempfe-den-vereinigten-staaten-im-iran-italien-sued-korea-weder-die-pandemie-noch-die
[16] https://de.internationalism.org/content/3030/metallarbeiterstreik-cadiz-unsere-staerke-ist-als-klasse-zu-kaempfen
[17] https://fr.internationalism.org/content/10649/manifestation-defense-lhopital-public-proletariat-doit-lutter-contre-lenfermement
[18] https://fr.internationalism.org/content/10617/revoltes-aux-antilles-syndicats-entrainent-ouvriers-impasse-dangereuse
[19] https://iwa-ait.org/content/kras-iaa-gegen-den-krieg
[20] https://iwa-ait.org/content/lets-turn-capitalist-wars-workers-revolution
[21] https://iwa-ait.org/content/peace-cottages-war-palaces
[22] https://en.internationalism.org/wr/263_russia_int.htm
[23] https://de.internationalism.org/content/1683/stellungnahme-der-krass-russland-zum-krieg-georgien
[24] https://en.internationalism.org/icconline/2011/07/kras-statement-war-libya
[25] https://en.internationalism.org/worldrevolution/201403/9565/internationalist-declaration-russia
[26] https://de.internationalism.org/files/de/gegen_die_angriffe_der_bourgeoisie_brauchen_wir_einen_vereinten_und_massiven_kampfneu.pdf
[27] https://www.marxists.org/deutsch/archiv/marx-engels/1844/oek-phil/3-2_prkm.htm
[28] https://www.marxists.org/deutsch/archiv/marx-engels/1875/kritik/randglos.htm
[29] http://www.mlwerke.de/me/me23/me23_483.htm#Kap_13_10
[30] http://www.mlwerke.de/me/me25/me25_790.htm#Kap_47_V
[31] http://www.mlwerke.de/me/me25/me25_627.htm
[32] https://de.internationalism.org/content/732/oekologie-der-kapitalismus-vergiftet-die-erde
[33] http://www.mlwerke.de/me/me03/me03_017.htm
[34] https://www.leftcom.org/en/articles/2002-12-01/communism-against-the-war-drive
[35] https://de.internationalism.org/content/3038/unsere-machthaber-verlangen-opfer-auf-dem-altar-des-krieges
[36] https://de.internationalism.org/content/3042/eine-internationalistische-erklaerung-aus-russland
[37] https://aitrus.info/node/5949
[38] https://es.internationalism.org/accion-proletaria/200705/1917/delphi-la-fuerza-de-los-trabajadores-es-la-solidaridad
[39] https://es.internationalism.org/cci-online/200702/1283/cierre-de-delphi-solo-con-la-lucha-masiva-y-solidaria-seremos-fuertes
[40] https://de.internationalism.org/content/1016/streik-der-metallarbeiter-vigo-spanien-die-proletarische-kampfmethode
[41] https://de.internationalism.org/Weltrevolution_welt171bilanz2011
[42] https://marxwirklichstudieren.files.wordpress.com/2012/11/mew_band04.pdf
[43] https://de.internationalism.org/content/871/thesen-zur-oekonomischen-und-politischen-krise-der-udssr-und-den-osteuropaeischen
[44] https://www.express.co.uk/news/world/1536856/World-War-3-warning-Russia-Ukraine-invasion-Vladimir-Putin-latest-attack-Kyiv-Moscow
[45] https://www.international-communist-party.org/CommLeft/CL36.htm#UkraineLeaf
[46] https://www.euronews.com/2021/12/28/the-west-must-stand-firm-to-combat-russia-s-threats-to-ukraine-view
[47] https://de.wikipedia.org/wiki/Uber_(Unternehmen)
[48] https://en.internationalism.org/content/17002/working-class-bears-brunt-pandemic
[49] https://de.internationalism.org/files/de/einladung_ov.pdf
[50] https://de.internationalism.org/content/3034/ukraine-zuspitzung-der-kriegerischen-spannungen-osteuropa
[51] https://en.internationalism.org/content/17144/ukraine-worsening-military-tensions-eastern-europe
[52] https://de.internationalism.org/content/3031/russland-ukraine-konflikt-der-krieg-ist-die-lebensform-des-kapitalismus
[53] https://de.internationalism.org/content/3036/imperialistischer-krieg-der-ukraine-der-kapitalismus-ist-der-krieg-krieg-dem
[54] https://de.internationalism.org/content/758/orientierungstext-militarismus-und-zerfall
[55] https://de.internationalism.org/content/3005/24-internationaler-kongress-der-iks-resolution-zur-internationalen-lage
[56] https://crimethinc.com/2022/02/26/russian-anarchists-on-resisting-the-invasion-of-ukraine-updates-and-analysis
[57] https://www.theguardian.com/commentisfree/2022/feb/27/liberal-democracies-must-defend-their-values-and-show-putin-that-the-west-isnt-weak
[58] http://www.leftcom.org/en/articles/2022-04-06/no-war-but-the-class-war-a-call-for-action
[59] https://en.internationalism.org/ir/021_workers_groups.html
[60] https://en.internationalism.org/content/3171/50-years-ago-real-causes-second-world-war
[61] https://de.internationalism.org/contact
[62] https://de.internationalism.org/content/3070/sommer-des-zorns-grossbritannien-die-bourgeoisie-erzwingt-neue-opfer-die-arbeiterklasse
[63] https://libcom.org/article/wildcat-action-hit-refineries-and-power-plants-august-24th
[64] https://www.wsws.org/en/articles/2022/09/08/coef-s08.html
[65] https://www.leftcom.org/en/articles/2022-08-31/north-sea-oil-and-gas-fields-the-struggle-continues
[66] https://notesfrombelow.org/article/how-amazon-wildcat-spread
[67] https://notesfrombelow.org/article/wildcat-strike-amazon
[68] https://en.internationalistvoice.org/the-continuation-of-the-social-protests-and-the-entry-of-the-working-class-into-the-demonstrations/
[69] http://www.leftcom.org/en/articles/2022-09-29/workers-voices-on-the-prot
[70] http://www.leftcom.org/en/articles/2022-11-02/iran-imperialist-rivalries
[71] https://en.internationalistvoice.org/the-continuation-of-the-protests-labour-strikes-and-general-strike/
[72] https://de.internationalism.org/content/3041/die-arbeiterklasse-darf-keine-opfer-fuer-den-krieg-und-fuer-die-krise-akzeptieren
[73] https://de.internationalism.org/content/3045/krieg-der-ukraine-dem-imperialistischen-krieg-den-klassenkampf-entgegensetzen