Die Linkspartei - eine kapitalistische "Alternative"

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Die seit Jahren spürbare und in der letzten Zeit deutlich zunehmende Verschärfung der Weltwirtschaftskrise hat einen Prozess des Verlustes der Illusionen über die Wirkungsweise und die Aussichten dieses Wirtschaftssystems in Gang gesetzt. Nicht nur Leid und Empörung spürt man bei den Betroffenen, sondern auch eine wachsende Bereitschaft, über Sinn und Unsinn des  kapitalistischen Systems nachzudenken. Zu diesem Prozess gehört der wachsende Widerwille, sich an den Wahlen zu beteiligen. So lag die Wahlbeteiligung bei den letzten Landtagswahlen gerade einmal bei 50-60 Prozent, Tendenz weiter fallend. Die herrschende Klasse spürt diese „Legitimationskrise“ ihres Herrschaftssystems. Sie ist sich dessen bewusst, dass Wut und Ablehnung gegenüber den einzelnen Kapitalisten wie auch gegenüber den Politikern insgesamt wachsen, und sie fürchten, dass sich die Wut nicht mehr in Empörung und Verachtung über einzelne Unternehmer und Politiker oder die Politikerklasse äußert, sondern in eine Ablehnung des Systems mündet. Gleich welche Partei oder welche Parteienkonstellation die Regierung stellt, all ihre Maßnahmen sind notwendigerweise unpopulär; alle an der Regierung beteiligten Parteien verlieren über kurz oder lang massiv an Glaubwürdigkeit. Einzig die Oppositionspartei Die Linke vermochte bislang Stimmenzuwächse zu verbuchen. Deshalb erfüllt diese Oppositionspartei eine wichtige Funktion für das Kapital: Sie dient als Sammelbecken für viele unzufriedene, gegenüber dem System misstrauisch gewordene Menschen. Weil sie jene, die die etablierten Parteien zunehmend ablehnen, wieder  an die Wahlurnen locken will und so an den bürgerlichen Parlamentarismus fesselt, wirkt sie als Hindernis für das eigenständige Handeln der Betroffenen. Mit der Gründung dieser Partei konnte die herrschende Klasse ihr politisches Arsenal, das sie gegen die Arbeiterklasse einsetzen kann, um eine wichtige Kraft verstärken. Auch wenn die Rolle und der Aufstieg der Linkspartei den etablierten politischen Parteien nicht passt und diese insbesondere durch die SPD als Rivalin wahrgenommen wird, ist sie ein echter Trumpf in der Hand des Kapital. Als ein weiterer Schritt zur Eindämmung des wachsenden Grolls gegenüber den regierenden Parteien hat die SPD, die seit den harten Sparmaßnahmen der Schröder-Riege (Hartz IV, Agenda 2010 etc.) in verschiedenen Wahlen besonders hart „abgestraft“ wurde, begonnen, sich nach „links“ auszurichten.  Auch wenn diesem Richtungswechsel gegenwärtig enge Grenzen gesetzt sind (ihre bis 2009 geplante Beteiligung an der Großen Koalition auf Bundesebene mit der CDU sowie Regierungsverantwortung auf Länderebene zwingen sie zur Rechtfertigung von Sparmaßnahmen), wird die SPD diesen Kurs weiter verfolgen, um die sich weiter anstauende Unzufriedenheit einzudämmen. So soll es der Arbeiterklasse erschwert werden, die Irreführungsversuche dieser beiden sich links gebärdenden Parteien zu durchschauen. In der Tat wirbelt die Linkspartei die Parteienlandschaft durcheinander. Ihre „Aufwertung“ und die damit verbundenen Gewichtsverschiebungen innerhalb der bestehenden Parteienlandschaft ändern die Rangordnung und zwingen die etablierten Parteien, mit dem neuen Rivalen zu leben. Führende Fraktionen des deutschen Kapitals haben die Kontroversen um die Regierungsbildung in Hessen versucht auszunutzen, um die in den letzten Jahren entstandenen starren Regierungskonstellationen aufzubrechen. So hat das Liebäugeln von SPD-Chef Beck mit einer von der Linkspartei geduldeten SPD-Regierung in Hessen die FDP dazu bewogen, ihre bisherige einseitige Festlegung auf Koalitionen mit der Union aufzukündigen. Es geht der Bourgeoisie darum, rechte oder linke Alternativen zur bestehenden Großen Koalition zu öffnen, um dadurch politisch flexibler auf die Krisenentwicklung und die soziale Lage reagieren zu können. Außerdem sollen dadurch die Wahlkämpfe wieder „spannender“ gemacht werden. Die herrschende Klasse in den USA jedenfalls konnte nach dem Verschleiß der Bush-Clique und dem Vertrauensverlust in die politische Klasse mit Hilfe der Präsidentschaftskampagne gegenüber der Arbeiterklasse punkten. Indem gleich zwei demokratische Kandidaten – ein Schwarzer und eine Frau – als Kandidaten ins Feld geschickt werden, wird für eine große Ablenkung gesorgt. Dabei haben die Arbeiter in den USA nach all den Verschlechterungen durch die Finanzkrise allen Grund, sich nicht an die Wahlurnen locken zu lassen, sondern selbständig den Kampf in die Hand zu nehmen. Auch in Deutschland wird die herrschende Klasse mit dem Wahlzirkus und dem Gerede über mögliche Koalitionsvarianten noch für große Ablenkung sorgen.     20.03.08

 

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