Wirtschaftskrise - Die Krise ist ein Ausdruck der historischen Sackgasse der kapitalistischen Produktionsweise

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Die Krise ist ein Ausdruck der historischen Sackgasse der kapitalistischen Produktionsweise

Seit nunmehr über zweieinhalb Jahren kündigt die Bourgeoisie den Aufschwung an und nach jedem Quartal sieht sie sich gezwungen, seinen Beginn wieder zu verschieben. Seit ebenfalls mehr als zweieinhalb Jahren liegen die Ergebnis der Wirtschaftsentwicklung systematisch unter den Vorhersagen, was die herrschende Klasse dazu zwingt, sie ständig nach unten zu revidieren. Die gegenwärtige Rezession hat im zweiten Halbjahr 2000 begonnen und ist somit bereits eine der längsten seit dem Ende der 60er-Jahre. Und auch wenn sich jenseits des Atlantiks erste Anzeichen eines Aufschwungs zeigen, so sind Europa und Japan noch weit davon entfernt. Man Muss auch darauf hinweisen, dass der Aufwärtstrend in den USA hauptsächlich das Produkt eines in den vergangenen 40 Jahren beispiellosen staatlichen Interventionismus und einer Flucht nach vorn in Form einer massiven Verschuldung ist. Bereits machen sich Ängste über eine neue spekulative Blase, diesmal im Immobiliensektor, breit.
Was den auf eine Unterstützung der wirtschaftlichen Aktivitäten abzielenden staatlichen Interventionismus anbetrifft, so Muss man feststellen, dass die amerikanische Regierung das Budgetdefizit unkontrolliert ansteigen lässt. Im Jahr 2001 schloss der Haushalt mit 130 Milliarden Dollar noch positiv, während das Defizit 2003 gemäss Schätzungen bereits 300 Milliarden (3,6% des BSP) erreichen wird. Heute beunruhigen das Ausmass dieses Defizits sowie die Aussicht des weiteren Anstiegs angesichts des Irakkonflikts und der sinkenden Steuereinnahmen die politische Klasse und die Geschäftskreise in den USA mehr und mehr.
Die drastische Reduktion der Zinsraten durch die Zentralbank hat nicht nur die Unterstützung der wirtschaftlichen Aktivitäten zum Ziel, sondern hauptsächlich die Aufrechterhaltung der Nachfrage der Haushalte durch neue Verhandlungen über ihre Hypothekarschulden. Das abnehmende Gewicht der Zahlungen für Hypothekarkredite erlaubte somit eine Steigerung der von den Banken gewährten Verschuldung. Die Hypothekarschuld der amerikanischen Haushalte ist auf diese Weise auf 700 Milliarden Dollar (mehr als das Zweifache der öffentlichen Verschuldung!) angestiegen. Die Zunahme der gesamten amerikanischen Verschuldung, also des Staates, der Haushalte und Unternehmen erklärt, weshalb die USA schneller als andere Länder wieder auf Wachstumskurs gekommen sind. Allerdings kann er nur gehalten werden, wenn ihre wirtschaftliche Aktivität mittelfristig weiter unterstützt wird, sonst geht es ihnen wie Japan vor mehr als 10 Jahren, als eine spekulative Blase im Immobiliensektor platzte und Rechnungen angesichts vieler ungedeckter Schulden nicht mehr beglichen werden konnten.
Europa wird sich einen solchen Luxus kaum leisten können, denn seine Defizite sind bereits beim Eintritt der Rezession eindrücklich gewesen und diese hat sie nur noch vergrössert. So sind Deutschland und Frankreich, die zusammen das ökonomische Herz Europas bilden, mit einer öffentlichen Verschuldung von 3,8% beziehungsweise 4% des BIP die schlechtesten Schüler der Klasse. Sie befinden sich weit über der im Vertrag von Maastricht fixierten Schwelle (3%) und laufen somit Gefahr, von den Blitzen der europäischen Kommission getroffen, sprich mit den dafür vorgesehenen Bussen bestraft zu werden. Somit sind die Möglichkeiten Europas, eine konsequente Ankurbelungspolitik zu betreiben, eingeschränkt. Hinzu kommt, dass die USA mit der Abwertung des Dollars gegenüber dem Euro zur Reduktion des Handelsdefizits Europa im Weg stehen, das mehr und mehr Probleme hat, einen Exportüberschuss zu erzielen. Daher ist es nicht verwunderlich, dass sich die zentralen Länder Europas wie Deutschland, Frankreich, Holland und Italien in einer Rezession befinden und die anderen nicht weit davon entfernt sind.
Diejenigen, die beim Fall der Berliner Mauer noch den Reden der Bourgeoisie über den Beginn eines neuen Wachstumszeitalters und die Öffnung des osteuropäischen Marktes geglaubt hatten, sind bereits eines Besseren belehrt worden. Die Wiedervereinigung Deutschlands stellt in keiner Art und Weise ein Sprungbrett zur deutschen Herrschaft dar, sondern eher eine schwere Last für das Land. Deutschland war einmal die Lokomotive Europas, aber seit der Wiedervereinigung ist es lediglich  noch der letzte Wagen, der kaum mehr in der Lage ist, dem Rhythmus des Zuges zu folgen. Die Inflation ist niedrig und kippt beinahe in eine Deflation, die hohen realen Zinsraten zähmen die Aktivitäten noch mehr, und die Existenz des Euro unterbindet von nun an eine Politik der kompetitiven Abwertung der nationalen Währung. Die Arbeitslosigkeit, die Lohnbescheidenheit und die Rezession führen zu einer Stagnation des inneren Marktes, wie sie in vorangegangen Konjunkturabkühlungen in diesem Land noch nie beobachtet worden ist. Weiter wird auch die zukünftige Integration der osteuropäischen Länder schwer auf der Konjunktur lasten.
All das führt unausweichlich zu einem drastischen Anstieg der Angriffe gegen die Arbeitsbedingungen und das Lebensniveau der Arbeiterklasse. Austeritätsmassnahmen, Massenentlassungen und beispiellose Verschärfungen der Ausbeutung der Arbeit stehen auf den Tagesordnungen der Bourgeoisie überall in der Welt. Gemäss den stark untertriebenen offiziellen Statistiken wird die Arbeitslosigkeit in Deutschland bald 5 Millionen betragen und Ende des Jahres 6,1% in den USA sowie 10% in Frankreich. In Europa gibt die französisch-deutsche Achse mit dem Raffarin-Plan und Schröders Agenda 2010 den Ton der Politik an, die überall eingeleitet wird: Zurückfahren des Budgetdefizits, Verminderung der Steuern für hohe Einkünfte, Lockerung der Kündigungsbestimmungen, Reduktion der Arbeitslosenentschädigung und verschiedener Zuschüsse, Verminderung der Rückzahlungen für Pflegekosten und Erhöhung des Rentenalters. Die bereits Pensionierten müssen heute insbesondere die Kosten der Austeritätsmassnahmen tragen, womit definitiv die Idee einer wohlverdienten Ruhe nach dem Arbeitsleben zerschlagen wird. In den USA beobachtet man seit dem Zusammenbruch von Pensionskassen oder deren hohen Verlusten seit dem Börsenkrach eine massive Rückkehr von bereits Pensionierten auf den Arbeitsmarkt. Sie stehen unter dem Zwang zu arbeiten, um zu überleben. Die Arbeiterklasse steht also vor einer umfangreichen Austeritätsoffensive, die übrigens auf ökonomischer Ebene die Rezession nur verlängern und weitere Angriffe nach sich ziehen wird.

Die Krise enthüllt, dass die kapitalistischen Produktionsverhältnisse überholt sind

Der ununterbrochene Niedergang der Wachstumsraten seit dem Ende der 60er-Jahre1 entlarvt die durch die Bourgeoisie geschickt während der ganzen 90er-Jahre aufrechterhaltene Lüge über die dank der New Economy, der Globalisierung sowie der neoliberalen Rezepte angeblich wiedergefundene wirtschaftliche Prosperität des Kapitalismus. Die Krise hat denn auch nichts mit der Wirtschaftspolitik zu tun: Wenn sich die keynesianischen Rezepte der 50er- und 60er-Jahre, später die neokeynesianischen der 70er-Jahre erschöpft haben und wenn die neoliberalen Rezepte der 80er- und 90er-Jahre nichts haben lösen können, so ist das darauf zurück zu führen, dass die globale Krise nicht die Folge einer falschen Wirtschaftspolitik ist, sondern einfach die Grundwidersprüche der kapitalistischen Mechanismen offenbart. Wenn die Krise nichts mit der Wirtschaftspolitik zu tun hat, so erst recht nicht mit der Ausrichtung der Regierung. Ob es nun eine linke oder rechte Regierung ist, sie alle haben der Reihe nach alle verfügbaren Rezepte ausprobiert. So sind die gegenwärtigen Regierungen der USA und Englands, die als die glühendsten Vertreter des Neoliberalismus und der Globalisierung gelten, von entgegengesetzter politischer Ausrichtung und wenden heute die weitreichendsten neokeynesianischen Rezepte an, indem sie die öffentlichen Defizite zügellos ansteigen lassen. Wenn man die Austeritätsprogramme der rot-grünen Regierung Schröder und der rechtsliberalen Regierung Raffarin unter die Lupe nimmt, so Muss man feststellen, dass sie sich gleichen wie ein Tropfen dem anderen, dass sie die gleichen Massnahmen anwenden.
Angesichts der sich seit 35 Jahren drehenden Krisenspirale und der ununterbrochenen Austeritätsmassnahmen besteht eine der wesentlichen Verantwortungen der Revolutionäre darin aufzuzeigen, dass die Wurzeln in der historischen Sackgasse des Kapitalismus liegen und dass die im Zentrum der kapitalistischen Produktionsverhältnisses liegende Lohnarbeit2 überholt ist. Tatsächlich vereint die Lohnarbeit gleichzeitig all die sozialen, wirtschaftlichen und politischen Beschränktheiten der kapitalistischen Produktion des Profits sowie die Hindernisse bei der vollständigen Realisierung des letzteren.3 Die Verallgemeinerung der Lohnarbeit lag der Expansion des Kapitalismus im 19. Jahrhundert zugrunde; seit dem Ersten Weltkrieg ist sie die Grundlage der relativen Beschränktheit des zahlungsfähigen Marktes gemessen an den Notwendigkeiten der Akkumulation. Es liegt in der Verantwortung der Revolutionäre, gegen all die mystifizierenden, also falschen Erklärungen für die Krise anzutreten, die Sackgasse aufzuzeigen: Der Kapitalismus war eine notwendige und fortschrittliche Produktionsweise, die heute historisch überholt ist und die Menschheit ins Verderben führt. Wie bei all den dekadenten Phasen der vergangenen antiken und feudalen Produktionsweisen liegt die Sackgasse im Umstand begründet, dass die grundlegenden gesellschaftlichen Produktionsverhältnisses zu eng geworden sind und keine weitere Entwicklung der Produktivkräfte im bisherigen Ausmass erlauben.4 In der heutigen Gesellschaft stellt die Lohnarbeit diese Bremse für die volle Befriedigung der menschlichen Bedürfnisse dar. Einzig die Aufhebung dieser sozialen Verhältnisse und die Einführung des Kommunismus werden der Menschheit die Befreiung von diesen Widersprüchen bringen.
Seit dem Fall der Berliner Mauer führt die Bourgeoisie unaufhörlich Kampagnen über die „Unmöglichkeit des Kommunismus“, „die Utopie der Revolution“ und die „Auflösung der Arbeiterklasse“ in einer Masse von Bürgern, deren einzige legitime Handlungsweise die „demokratische“ Reform eines Kapitalismus sei, der als der unüberwindbare Horizont der Menschheit dargestellt wird. Im Rahmen dieses ideologischen Angriffs kommt den Globalisierungsgegnern das Protestmonopol zu. Die Bourgeoisie gibt sich alle Mühe, ihnen eine erstrangige Stellung als privilegierte Gesprächspartner und Kritiker zu geben: In den Medien wird den Analysen und Aktionen dieser Strömung viel Platz eingeräumt. Ihre hervorragendsten Vertreter erhalten gelegentlich Einladungen an Gipfeltreffen oder an andere offizielle Veranstaltungen. Der Grund liegt darin, dass sich die ideologischen Versatzstücke der Globalisierungsgegner mit der Kampagne der Bourgeoisie über die „Utopie des Kommunismus“ ideal ergänzen, da sie von den gleichen Voraussetzungen ausgehen: Der Kapitalismus sei das einzig mögliche System und seine Reform somit die einzige Alternative. Diese Bewegung mit der ATTAC an der Spitze und ihren Wirtschaftsexperten vertritt die Auffassung, dass der Kapitalismus so human gestaltet werden könne, dass der „gute und regulierte Kapitalismus“ den „schlechten Finanzkapitalismus“ ersetzen werde. Die Krise sei die Konsequenz der neoliberalen Deregulierung und der Politik des Finanzkapitalismus, der seine Diktatur der 15% zwingendem Ertrag über den Industriekapitalismus errichtet habe. Dies sei anscheinend alles an einer obskuren Versammlung 1979 im sogenannten „Washingtoner Konsens“ entschieden worden. Die Austerität, die finanzielle Instabilität, die Rezessionen usw. seien nichts anderes als die Konsequenz dieses neuen Kräfteverhältnisses, das sich innerhalb der Bourgeoisie zugunsten des Wucherkapitals herausgebildet habe. Daher auch die Forderung nach „Regulierung der Finanzen“, der „Zurückdrängung“ und „Umleitung der Investitionen in die produktive Sphäre“ usw.
In diesem Umfeld allgemeiner Verwirrung über die Ursprünge und Gründe der Krise ist es an den Revolutionären, die Grundlagen für ein klares Verständnis herzustellen und vor allem zu zeigen, dass sie das Produkt des historischen Bankrotts des Kapitalismus ist. Mit anderen Worten haben sie die Aufgabe nachzuweisen, dass der Marxismus auch und gerade auf diesem Gebiet immer noch gültig ist. Leider Muss man aber feststellen, dass die Krisenanalysen der Gruppen des proletarischen Milieus wie des PCInt - Programme Communiste oder des IBRP weit davon entfernt sind, dieser Aufgabe gerecht zu werden und sich von der Ideologie der Globalisierungsgegner abzugrenzen. Gewiss gehören diese beiden Gruppen unbestreitbar zum proletarischen Milieu und unterscheiden sich grundlegend von der Antiglobalisierungsbewegung durch ihre Denunzierung der reformistischen Illusionen und durch die Verteidigung der Perspektive einer kommunistischen Revolution. Ihre eigene Analyse der Krise ist indessen zu weiten Teilen dieser Bewegung abgekupfert.
Einige ausgewählte Beispiele: „Die aus der Spekulation hervorgehenden Gewinne sind so wichtig, dass sie nicht nur für die ,klassischen‘ Unternehmen attraktiv sind, sondern auch für viele andere. Wir erwähnen hier die Versicherungen oder die Pensionsfonds, bei denen Enron ein exzellentes Beispiel darstellt ... Die Spekulation ist ein komplementäres, um nicht zu sagen das hauptsächliche Element der Bourgeoisie, sich den Mehrwert anzueignen ... Es hat sich die Regel eingebürgert, dass der Ertrag von Investitionen in Unternehmen im Minimum 15% betragen Muss. Um bei den Aktien eine solche Wachstumsrate zu erreichen oder zu übertreffen, musste die Bourgeoisie die Ausbeutungsbedingungen der Arbeiterklasse verschärfen: Der Arbeitsrhythmus ist intensiviert, die Reallöhne sind gesenkt worden. Massenentlassungen haben Hunderttausende von Arbeitern betroffen“ (IBRP, in: Bilan et Perspectives, Nr. 4, S. 6). Man kann bereits feststellen, dass es eine seltsame Art der Problemstellung für eine Gruppe ist, die sich als „materialistisch“ versteht und die selbst die IKS als „idealistisch“ auffasst. „Eine Regel hat sich eingebürgert“, sagt uns das IBRP. Hat sie sich von ganz alleine eingebürgert? Wir wollen dem IBRP keine solche Idee unterstellen. Es ist eine Klasse, eine Regierung oder eine gegebene menschliche Organisation, die eine solche Regel aufgestellt hat, aber warum? Weil etwa gewisse Mächtige dieser Erde plötzlich gieriger und böser geworden sind, als dies normalerweise der Fall ist? Weil die „Bösen“ den Sieg über die „Guten“ (oder die „weniger Bösen“) davon getragen haben. Oder ganz einfach, wie es die Auffassung des Marxismus ist, weil die objektiven Bedingungen der Weltwirtschaft die herrschende Klasse dazu gezwungen hat, die Ausbeutung der Arbeiter zu verschärfen. Leider wird in der zitierten Passage das Problem nicht von dieser Seite angegangen.
Weiter, und das ist noch schlimmer, könnte man solche Stellen in irgendwelchem Heftchen der Antiglobalisierungsbewegung finden: Die Finanzspekulation sei zur Hauptquelle des kapitalistischen Profits geworden; die Finanzspekulation habe den Unternehmen ihre Regel von den 15% aufgezwungen; die Finanzspekulation sei verantwortlich für die verschärfte Ausbeutung, die Massenentlassungen und die Lohnsenkungen und schliesslich sei es die Finanzspekulation, die am Ursprung des Deindustrialisierungsprozesses und der Misere auf dem gesamten Planeten stehen würde. „Die Akkumulation der finanziellen und spekulativen Profite nährt den Prozess der Deindustrialisierung und zieht Arbeitslosigkeit und Elend auf dem gesamten Planeten nach sich“ (ebd., S. 7).
Was den PCInt – Programme Communiste anbelangt, so steht es mit dieser Organisation kaum besser, auch wenn sie sich weit allgemeiner hält und sich mit der Autorität Lenins schmückt:
„Das Finanzkapital, die Banken werden aufgrund der kapitalistischen Entwicklung die wirklichen Akteure der Zentralisierung des Kapitals, was zu einer Zunahme der Macht der gigantischen Monopole führt. Im imperialistischen Stadium des Kapitalismus beherrscht das Finanzkapital die Märkte, die Unternehmen, die ganze Gesellschaft, und diese Herrschaft führt wiederum zur finanziellen Konzentration bis zu dem Punkt, an dem ,das Finanzkapital, das in wenigen Händen konzentriert ist und faktisch eine Monopolstellung einnimmt, ziehtkolossale und stets zunehmende Profite aus Gründungen, aus dem Emissionsgeschäft, aus Staatsanleihen usw. , verankert die Herrschaft der Finanzoligarchie und legt der gesamten Gesellschaft einen Tribut zugunsten der Monopolisten auf‘5. Der Kapitalismus entwickelt sich aus dem kleinen Wucherkapital und beendet seine Evolution in der Form eines gigantischen Wucherkapitals“ (Programme Communiste, Nr. 98, S. 1, eigene Übersetzung). Hier haben wir also ein weiteres Beispiel einer Denunzierung des parasitären Finanzkapitals, das auch den radikalsten Globalisierungsgegnern gefallen könnte.6
Man sucht in diesen Textausschnitten vergeblich nach irgendeinem Beweis, dass der Kapitalismus als Produktionsweise überholt sei, dass es der Kapitalismus als Gesamtheit sei, der verantwortlich für die Krisen, die Kriege und das Elend auf der Welt sei. Man sucht vergeblich nach einer Verurteilung der Hauptidee der Globalisierungsgegner, gemäss der das Finanzkapital schuld an der Krise sei, während es eben tatsächlich der Kapitalismus als System ist. Diese beiden Gruppen der Kommunistischen Linken lassen mit der Übernahme einer ganzen Reihe von Argumenten der Globalisierungsgegner die Türe weit offen für die opportunistischen Theorien der linken Analysen. Sie stellen die Krise als Folge der Errichtung eines neuen Kräfteverhältnisses innerhalb der Bourgeoisie zwischen der Finanzoligarchie und dem industriellen Kapital dar. Die Finanzoligopole hätten sich mit der Entscheidung von Washington zur brüsken Erhöhung der Zinsraten über das Unternehmenskapital gestellt.
In Wirklichkeit gab es nie einen Triumph der Banken über die Industriellen, die Bourgeoisie als Gesamtheit ist in ihrer Offensive gegen die Arbeiterklasse zu einer höheren Geschwindigkeit übergegangen.

Die Finanzprofite als Basis eines Wucherkapitalismus?

Die Verurteilung der Entwicklung der Finanzsphäre ist heute ein allen kritischen Ökonomen gemeinsames Thema. Die zurzeit modische Erklärung dieser ,Kritiker des Kapitalismus‘ lautet, dass die Profitrate tatsächlich angestiegen sei, aber dass sich die Finanzoligarchie den Profit angeeignet hätte, sodass die industrielle Profitrate sich nicht bedeutend erhöht hätte. Dies erklärt auch, weshalb die Wirtschaft nicht wieder in Schwung gekommen sei (siehe Grafik). Richtig ist, dass seit Anfang der 80er-Jahre in der Folge des Entscheids von 1979 zur Erhöhung der Zinsraten ein beträchtlicher Teil des Mehrwerts nicht mehr in der Selbstfinanzierung der Unternehmen akkumuliert, sondern in Form von Finanzerträgen verteilt worden ist. Die vorherrschende Antwort auf diese Feststellung lautet, dass das Wachstum der Finanzsphäre eine Folge der Umlenkung des globalen Profits sei, was wiederum die produktive Investition behindern würde. Die Schwäche des Wirtschaftswachstums würde sich so also aus dem Parasitismus der Finanzsphäre ergeben. Daraus leiten sich auch die pseudo-marxistischen ,Erklärungen‘, die sich auf Lenin stützen, ab: „Das Finanzkapital, das in wenigen Händen konzentriert ist und faktisch eine Monopolstellung einnimmt, zieht kolossale und stets zunehmende Profite aus Gründungen, aus dem Emissionsgeschäft, aus Staatsanleihen usw., verankert die Herrschaft der Finanzoligarchie und legt der gesamten Gesellschaft einen Tribut zugunsten der Monopolisten auf.“ (siehe Fussnote 5). Die Finanzprofite würden in den Unternehmen also einen wahrhaftigen Abfluss herbeiführen (den bekannten Ertrag von 15%).
Diese Analyse ist ein Rückschritt in die Vulgärökonomie, in der das Kapital je nach Höhe der relativen Profitrate quasi zwischen produktiver Investition oder Platzierung in der Finanzsphäre auswählen kann. Auf mehr theoretischer Ebene beziehen sich diese Erklärungen der parasitären Finanzsphäre auf zwei Theorien des Werts und des Profits.
Der marxistische Ansatz besagt, dass der Wert vor seiner Verteilung existiert und ausschliesslich im Produktionsprozess durch die Ausbeutung der Arbeitskraft hergestellt wird. Im Band 3 des Kapitals präzisiert Marx, dass der Zins „...ein Teil des Profits (ist), den das fungierende Kapital, statt in die eigne Tasche zu stecken, an den Eigner  des Kapitals wegzuzahlen hat“ (MEW 25, S. 351). Diesbezüglich unterscheidet sich Marx radikal von der bürgerlichen Ökonomie, die den Profit als eine Summe der Einkünfte der Faktoren (Einkünfte der Arbeitskraft, Einkünfte des Kapitals, Einkünfte aus dem Boden usw.) darstellt. Die Ausbeutung verschwindet, weil jeder Faktor entsprechend seinem eigenen Beitrag zur Produktion entschädigt wird: „Für die Vulgärökonomie, die das Kapital als selbständige Quelle des Werts, der Wertschöpfung, darstellen will, ist natürlich diese Form ein gefundnes Fressen, eine Form, worin die Quelle des Profits nicht mehr erkenntlich und worin das Resultat des kapitalistischen Produktionsprozesses – getrennt vom Prozess selbst – ein selbständiges Dasein erhält.“ (MEW 25, S. 405 f.) Der Finanzfetischismus besteht aus der Illusion, dass die Ausgabe eines Kapitalanteilscheins (Aktie, Obligation usw.) im eigentlichen Sinn des Wortes Zinsen „produziert“. Mit einem solchen Titel kauft man sich jedoch lediglich das Anrecht auf einen Teil des geschaffenen Werts; es wird auf diese Weise aber noch kein Wert geschaffen. Einzig und allein die Arbeit fügt dem Produkt einen Wert hinzu. Das Kapital, das Eigentum, eine Aktie, ein Sparbuch oder ein Maschinenpark bringen nichts von alleine hervor. Die Menschen produzieren.7 Das Kapital bringt etwas ein, wie der Jagdhund das Wild apportiert. Es schafft nichts, aber es gibt seinem Besitzer das Recht auf einen Anteil dessen, was derjenige, der sich des Kapitals bedient hat, geschaffen hat. In diesem Sinn ist das Kapital weniger ein Objekt als vielmehr ein soziales Verhältnis: Ein Teil der Arbeitsfrucht anderer endet in den Händen des Kapitalbesitzers. Die Antiglobalisierungsideologie stellt diese Ordnung der Dinge auf den Kopf, weil sie die Schaffung von Mehrwert mit seiner Aufteilung verwechselt. Der kapitalistische Profit entsteht ausschliesslich aus der Ausbeutung der Arbeitskraft, es gibt für die Gesamtheit der Bourgeoisie keine Spekulationsprofite (auch wenn der eine oder andere besondere Sektor aus der Spekulation einen Gewinn ziehen kann). Die Börse bringt also keinen Wert hervor.
Die andere Theorie flirtet mit der Vulgärökonomie und versteht den globalen Profit als Summe aus dem industriellen Profit einerseits und dem Finanzprofit anderseits. Die Akkumulationsrate sei schwach, weil der Profit in der Finanzsphäre höher sei als der industrielle Profit. Diese Sichtweise stammt aus dem Nachlass der verstorbenen stalinistischen Parteien, die seinerzeit eine volkstümliche Kritik des Kapitalismus verbreitet haben. Diese besteht darin, dass eine parasitäre Oligarchie (die 200 Familien in Frankreich usw.) den ,legitimen‘ Profit an sich reissen würde. Es handelt sich eigentlich um dieselbe Idee: Gemäss diesem Finanzfetischismus bringt die Börse gleich wie die Ausbeutung der Arbeitskraft Wert hervor. In dieser Überlegung liegt auch die ganze Mystifikation der Tobin-Steuer, die auf eine Regulierung und einen menschlichen Kapitalismus abzielt. Wenn ein Neben- zu einem Hauptwiderspruch erhoben wird, birgt dies die Gefahr eines typisch linken Abgleitens in sich, das darin besteht, den guten Weizen vom schlechten Spreu zu trennen: den investierenden vom spekulierenden Kapitalismus. Das führt zur Sichtweise, dass die Aufblähung des Finanzsektors eine Art Parasitismus auf einem gesunden kapitalistischen Körper sei. Die Krise wird nicht verschwinden, auch nicht nach der Vernichtung des Programme Communiste so teuren gigantischen Wucherkapitals. Auf eine gewisse Weise führt diese Einengung des Blickwinkels auf die Ausweitung des Finanzsektors zu einer Unterschätzung des Ausmasses der Krise: Sie rühre von der parasitären Rolle des Finanzsektors, der den Unternehmen eine zu hohe Profitrate abverlange und sie so an der Realisierung ihrer produktiven Investitionen hindere. Wenn das tatsächlich der Fall wäre, so würde die „Euthanasie der Rentner“ (Keynes) das Problem lösen.
Diese Konzessionen auf analytischer Ebene an linksbürgerliche „Theorien“ führen dazu, eine gewisse Anzahl von ökonomischen Gegebenheiten als Beweis für die absolute Vorherrschaft des Finanzsektors und seine gegenüber der Wirtschaft praktizierte Blutsaugerei darzustellen. Die Beweisführung lässt einen richtiggehend schwindlig werden: „Die Grossunternehmen lenken ihre Investitionen in die Finanzmärkte, da sie als tragfähiger angesehen werden ... Dieser phänomenale Markt entwickelt sich in weit höherer Geschwindigkeit als derjenige der Produktion ... Was die täglichen monetären Währungstransaktionen im Umfang von 1300 Milliarden Dollar im Jahr 1996 betrifft, so sind davon 5 bis 8% zur Bezahlung von Waren oder Dienstleistungen über Grenzen hinweg getätigt worden ... 85% dieser 1300 Milliarden täglicher Operationen sind also rein spekulativ! Diese Zahlen müssen wieder angepasst werden, denn die 85% sind heute überholt“ (IBRP, in: Bilan et Perspectives, Nr. 4, S.6). Ja, sie sind tatsächlich überholt und die Beträge erreichen mittlerweile 1500 Milliarden Dollar, was den Umfang der Verschuldung der Dritten Welt ausmacht, aber diese Zahlen ängstigen nur die Ignoranten, denn sie machen keinen Sinn! In der Realität zirkulieren diese Gelder lediglich und die Summen sind um so grösser, je schneller sich das Karussell dreht. Es reicht, sich eine Person vorzustellen, die jede halbe Stunde zu spekulativen Zwecken eine Einheit von 100 in eine andere Währung umtauscht: Nach 24 Stunden beträgt die Summe der Transaktionen 4800. Wenn diese Person nun jede Viertelstunde dieselbe Operation vornimmt, so hat sich die Gesamtsumme verdoppelt. Diese Summe ist jedoch rein virtuell, denn die Person besitzt noch immer nur 100 plus 5 oder minus 10 je nach Talent in der Kunst des Spekulierens. Leider macht eine solch mediengerechte Darstellung der Tatsachen, wie sie auch das IBRP betreibt, die Interpretation der Krise als Produkt des parasitären Finanzsektors glaubwürdiger.
Tatsächlich ist die Aufblähung des Finanzsektors durch die Anhäufung nicht akkumulierten (d.h. nicht wieder investierten) Mehrwerts zu erklären. Die Überproduktionskrise und die beschränkt vorhandenen rentablen Akkumulationsfelder führen dazu, dass der Mehrwert in der Form von Einkommen aus dem Finanzsektor verteilt wird. Es ist also nicht das zinstragende Kapital, das sich den produktiven Investitionen entgegenstellen oder sie gar ersetzen würde. Die Aufblähung des Finanzsektors entspricht der Zunahme des nicht mehr profitabel investierbaren Mehrwerts.8 Die Verteilung der Gewinne aus dem Finanzkapital steht nicht automatisch in Widerspruch zur Akkumulation auf der Grundlage der Unternehmensselbstfinanzierung. Wenn die Profite aus der wirtschaftlichen Tätigkeit attraktiv sind, werden die Finanzerträge neu investiert und nehmen so an der Akkumulation der Unternehmen teil. Heute geht es nicht darum zu erklären, weshalb die Profite in der Form von Gewinnen des Finanzkapitals durch die Tür verschwinden, sondern weshalb sie nicht durch das Fenster zurückkommen und wieder produktiv im Wirtschaftskreislauf investiert werden. Wenn ein bedeutender Teil dieser Summen wieder investiert würde, so würde sich dies in einer Erhöhung der Akkumulationsrate ausdrücken. Wenn das aber nicht eintritt, so ist es auf die Überproduktionskrise und also die Verknappung von rentablen Akkumulationsfeldern zurückzuführen.
Der Finanzparasitismus ist ein Symptom, eine Folge der Schwierigkeiten des Kapitalismus und nicht die Ursache der Schwierigkeiten. Die Finanzsphäre ist das Schaufenster der Krise, weil sich in ihr die Börsenblasen, die Währungseinbrüche und die Bankenturbulenzen abspielen. Diese Erschütterungen sind aber die Konsequenzen der Widersprüche, die ihren Ursprung in der produktiven Sphäre haben.

Die Lohnarbeit im Zentrum der Überproduktionskrise

Was spielt sich seit über 20 Jahren ab? Die Austeritätspolitik und die Lohnsenkungen9 erlaubten eine Wiederherstellung der unternehmerischen Profitrate, jedoch haben die gewachsenen Profite nicht zu einer Erhöhung der Akkumulationsrate (also der Investitionen) und somit der Arbeitsproduktivität geführt. Das Wachstum ist somit rezessiv geblieben (siehe Grafik). Kurz gesagt hat die Zurückstutzung der Arbeitskosten die Märkte eingeschränkt und somit zu einem Anwachsen der Finanzerträge und nicht zu einer Reinvestition der Profite geführt. Weshalb aber sind die Reinvestitionen heute so schwach, wenn doch die Unternehmensprofite wiederhergestellt worden sind? Warum kommt die Akkumulation nach dem nunmehr zwanzigjährigen Anstieg der Profitrate nicht wieder in Gang? Marx und später Rosa Luxemburg haben uns gelehrt, dass die Produktionsbedingungen (Auspressung von Mehrwert) eine Sache und die Realisierungsbedingungen dieser in den hergestellten Waren kristallisierten Mehrarbeit eine andere Sache sind. Die in den Produkten kristallisierte Mehrarbeit wird nur zu klingendem und akkumulierbarem Mehrwert, wenn die hergestellten Waren auf den Märkten verkauft worden sind. Dieser fundamentale Unterschied zwischen den Produktions- und Realisierungsbedingungen erlaubt es uns zu verstehen, weshalb es keine mechanische Verbindung zwischen Profitrate und Wachstum gibt.
Die Grafik fasst die Entwicklung des Kapitalismus seit dem Zweiten Weltkrieg sehr gut zusammen. In der aussergewöhnlichen Wachstumsphase während dem Wiederaufbau wachsen alle wichtigen Variablen wie Profit, Akkumulation, Wachstum und Arbeitsproduktivität oder sie bewegen sich auf hohem Niveau bis zum Wiederauftauchen der offenen Krise beim Übergang von den 60er- zu den 70er-Jahren. Die Produktivitätsgewinne beginnen sich seit den 60er-Jahren zu erschöpfen und reissen die anderen Variablen bis zu Beginn der 80er-Jahre mit sich in die Tiefe. Seither befindet sich der Kapitalismus auf ökonomischer Ebene  in einer beispiellosen Situation, gekennzeichnet durch eine Konstellation von steigenden Profitraten und gleichzeitig mittelmässiger Arbeitsproduktivität, Akkumulationsrate und also Wachstumsrate. Dieses Auseinanderdriften von Profitrate und den anderen Variablen seit nun mehr als 20 Jahren kann nur im Rahmen der Dekadenz des Kapitalismus verstanden werden. Für das IBRP ist das aber nicht der Fall, es ist der Meinung, dass das Konzept der Dekadenz auf den Abfallhaufen der Geschichte gehöre: „Welche Rolle spielt also das Konzept der Dekadenz in einer militanten Kritik der politischen Ökonomie, d.h. der vertieften Analyse der Phänomene und der Dynamik des Kapitalismus in der gegenwärtigen Periode? Keine ... Mit dem Konzept der Dekadenz kann man weder die Krisenmechanismen erklären, noch das Verhältnis zwischen Krise und Aufblähung des Finanzsektors oder der Grossmachtpolitik zur Kontrolle der Finanzerträge und ihrer Ressourcen anprangern“ (IBRP: Eléments de réflexion sur les crises du CCI). Das IBRP zieht es vor, das Schlüsselkonzept der Dekadenz, das einst zu seinen eigenen Positionen gehörte10, fallen zu lassen, um es durch modische Erklärungen des globalisierungsfeindlichen Milieus wie der Aufblähung des Finanzsektors oder der Finanzrente zu ersetzen, um die Krise und die Politik der Grossmächte zu verstehen. Es geht sogar so weit zu behaupten, dass „.diese Konzepte (es ist hauptsächlich von der Dekadenz die Rede) nicht zur Methode und zum Arsenal zur Kritik der politischen Ökonomie gehören“ (ebd.).
Weshalb ist der Rahmen der Dekadenz unabdingbar für das Verständnis der Krise heute? Weil der ununterbrochene Niedergang der Wachstumsrate seit dem Ende der 60er-Jahre in den Ländern der OECD mit jeweils 5,2%, 3,5%, 2,8%, 2,6% und 2,2% für die 60er, 70er, 80er, 90er-Jahre und 2000–2002 die Rückkehr des Kapitalismus zu seiner durch den Ersten Weltkrieg eröffneten historischen Tendenz bestätigt. Die Klammer der aussergewöhnlichen Wachstumsphase (1950–1975) ist endgültig geschlossen.11 Damit fand der Kapitalismus nach einem letzten Aufbäumen unausweichlich zum Wachstumsrhythmus der Jahre 1914–1950 zurück. Ganz im Gegenteil zum Geschrei unserer Kritiker ist die Dekadenztheorie des Kapitalismus keineswegs das spezifische Produkt der 30er-Jahre.12 Sie stellt das Herzstück des historischen Materialismus dar, das endlich gefundene Geheimnis der Abfolge von Produktionsweisen in der Geschichte, und sie gibt somit den Rahmen zum Verständnis und zur Analyse der Evolution des Kapitalismus und insbesondere der Periode, die mit dem Ersten Weltkrieg einsetzte. Sie ist von allgemeiner Tragweite; sie ist für ein ganzes historisches Zeitalter gültig und hängt in keiner Weise von einer besonderen Periode oder einer momentanen ökonomischen Konjunktur ab. Aber selbst wenn wir die aussergewöhnliche Wachstumsphase zwischen 1950 und 1975 einbeziehen – zwei Weltkriege, die Depression der 30er-Jahre und mehr als 35 Jahre der Krise und Austerität präsentieren eine nüchterne Bilanz der Dekadenz des Kapitalismus: kaum 30 bis 35 (grosszügig gerechnet) Jahre ,Prosperität‘ auf 55 bis 60 Jahre von Krieg und/oder Wirtschaftskrise (und das Schlimmste kommt noch!). Die historische Tendenz zur Bremsung des Wachstums der Produktivkräfte durch die überholt gewordenen kapitalistischen Produktionsverhältnisses ist die Regel, der Rahmen zum Verständnis der Evolution des Kapitalismus, darin eingeschlossen die Ausnahme der Prosperitätsphase nach dem Zweiten Weltkrieg (wir werden darauf in einem nächsten Artikel zurück kommen). Im Gegensatz zur Vorstellung der reformistischen Strömung, die sich von den Ergebnissen des Kapitalismus der Belle Epoque hat vereinnahmen lassen, ist die Verwerfung der Dekadenz ein reines Produkt der Prosperitätsjahre.
Die Grafik zeigt uns übrigens auch deutlich, dass dem Anstieg der Profitrate weder eine Verbesserung der Arbeitsproduktivität noch eine Verringerung des Kapitals zugrunde liegt. Das erlaubt uns auch, endgültig mit dem Geschwätz über die angebliche ,neue technologische Revolution‘ Schluss zu machen. Gewisse von der Informationstechnologie entzückte Universitätsabsolventen sind der Bourgeoisie mit ihrer Kampagne über die New Economy in die Falle gegangen und verwechseln die Frequenz ihres Computers mit der Arbeitsproduktivität: Wenn der Pentium 4 zweihundertmal schneller als die erste Generation dieses Rechners dreht, bedeutet dies noch lange nicht, dass der Büroangestellte zweihundertmal schneller tippt und seine Produktivität entsprechend ansteigt. Die Grafik
zeigt deutlich, dass sich die Arbeitsproduktvität seit den 60er-Jahren im Niedergang befindet. Und der Grund dafür liegt darin, dass trotz der wiederhergestellten Profite die Akkumulationsrate (Investitionen als Grundlage für mögliche Gewinne in der Produktivität) nicht wieder angezogen hat. Die ,technologische Revolution‘ existiert nur in den bürgerlichen Kampagnen und in der Vorstellung derjenigen, die leichtfertig daran glauben. Die empirische Feststellung einer seit den 60er-Jahren ununterbrochenen Verlangsamung der Produktivität (des technischen Fortschritts und der Arbeitsorganisation) widerspricht dem in den Medien vermittelten und gut in den Köpfen verankerten Bild eines technologischen Wandels, einer neuen industriellen Revolution, die heute von der Informatik und der Telekommunikation, dem Internet und von Multimedia getragen werde. Wie kann man die Kraft dieser Mystifikation, die die Realität in unseren Köpfen verdreht, erklären?
Zuallererst Muss man daran erinnern, dass der Fortschritt in der Produktivität nach dem Zweiten Weltkrieg weit spektakulärer war als das, was uns heute als New Economy präsentiert wird. Die Einführung von Arbeitsschichten zu 8 Stunden, die Verallgemeinerung des Fliessbands in der Industrie, die schnellen Fortschritte  in der Entwicklung und Verbreitung von neuen Transporttypen (Lastwagen, Zug, Flugzeug, Auto, Schiff), die Ersetzung von Kohle durch billigeres Erdöl, die Einführung von Kunststoffen und die Ersetzung von teureren Materialen, die Industrialisierung der Landwirtschaft, der selbstverständliche Zugang zur Elektrizität, zum Erdgas, zu fliessendem Wasser, zu Radio und Telefon, die Mechanisierung des Haushalts durch die Entwicklung von elektrischen Apparaten usw. sind weit spektakulärer was die Steigerung der Produktivität anbelangt als die neusten Entwicklungen im Bereich der Informatik und Telekommunikation. Deshalb befindet sich das Produktivitätswachstum seit den Goldenen Sechzigern im Niedergang.
Weiter wird eine permanente Verwirrung zwischen dem Auftauchen neuer Konsumgüter und dem Produktivitätsfortschritt aufrecht erhalten. Der Innovationsfluss, die Vervielfachung von noch so aussergewöhnlichen Neuheiten (DVD, GSM-Telefone, Internet usw.) auf der Ebene der Konsumgüter deckt sich nicht mit dem Phänomen der Produktivitätssteigerung. Diese bedeutet nämlich die Fähigkeit, Ressourcen bei der Produktion einer Ware oder Dienstleistung einzusparen. Der Ausdruck technischer Fortschritt Muss immer im Sinn eines Fortschritts der Produktions- und/oder Organisationstechnik verstanden werden, also vom strikten Standpunkt der Einsparung von Ressourcen in der Herstellung einer Ware oder der Ausrichtung einer Dienstleistung. So vorzüglich das numerische Wachstum auch sein mag, es übersetzt sich nicht in ein bedeutendes Wachstum der Produktivität im Produktionsprozess. Das ist der ganze Bluff der New Economy.
Im Gegensatz zu den Behauptungen unserer Kritiker, die die Realität der Dekadenz und die Gültigkeit der theoretischen Beiträge von Rosa Luxemburg verneinen und die aus dem tendenziellen Fall der Profitrate das Alpha und Omega der Evolution des Kapitalismus machen, zeigt der Wirtschaftsgang seit Beginn der 80er-Jahre deutlich, dass der Anstieg der Profitrate nicht wegen eines Anstiegs des Wachstums zustande kam. Es gibt gewiss eine starke Beziehung zwischen der Profitrate und der Akkumulationsrate, aber sie ist weder mechanisch noch einseitig: Es handelt sich um zwei teilweise unabhängige Variablen. Das widerspricht den Behauptungen derjenigen, für die die Überproduktionskrise zwingend vom Fall der Profitrate und der Rückkehr des Wachstums abhängig ist: „Der Widerspruch zwischen Produktion und Realisierung des Mehrwerts erscheint als eine Überproduktion von Gütern und also als Ursache der Sättigung des Marktes, die wiederum dem Akkumulationsprozess im Weg steht. Das System in seiner Gesamtheit ist somit nicht in der Lage, den Fall der Profitrate auszugleichen. Tatsächlich verhält es sich umgekehrt ... Der Wirtschaftszyklus und der Verwertungsprozess machen den Markt ,zahlungsfähig‘ oder ,zahlungsunfähig‘. Diese widersprüchlichen Gesetze regeln den Akkumulationsprozess und nur mit ihnen kann man die ,Krise‘ des Marktes erklären“ (Text von Battaglia Comunista an der ersten Konferenz der Gruppen der kommunistischen Linken, Mai 1977). Heute können wir klar feststellen, dass die Profitrate seit 20 Jahren ansteigt, während das Wachstum bescheiden ist. Die Bourgeoisie hat niemals so viel von Deflation gesprochen wie zum gegenwärtigen Zeitpunkt. Dem Kapitalismus gelingt es zwar, profitabel zu produzieren, aber das heisst nicht, dass er automatisch durch diesen Mechanismus auch gleich den zahlungsfähigen Markt schafft, auf dem er die in seinen Produkten kristallisierte Mehrarbeit in klingenden Mehrwert umwandeln kann, was ihm wiederum die Reinvestition des Profits erlauben würde. Die Bedeutung des Marktes hängt nicht mechanisch von der Entwicklung der Profitrate ab. Genau so wie bei den anderen die Entwicklung des Kapitalismus bestimmenden Parametern handelt es sich bei ihm um eine teilweise unabhängige Variabel. Das Verständnis dieses grundlegenden Unterschieds zwischen den Produktions- und den Realisierungsbedingungen erlaubt uns, wie es Marx und meisterhaft vertieft auch Rosa Luxemburg aufgezeigt haben, zu verstehen, weshalb es keinen Automatismus zwischen des Profitrate und dem Wachstum gibt.

Dekadenz und Orientierungen für die Widerstandskämpfe

Die neben der IKS zwei wichtigsten Gruppen der kommunistischen Linken – Programme Communiste und das IBRP – können den Widerstandskämpfen der Arbeiterklasse keine klare und kohärente Orientierung geben, da sie die Dekadenz als Rahmen für das Verständnis der gegenwärtigen Periode und der Krise verwerfen, die Entwicklung des Staatskapitalismus auf allen Ebenen unterschätzen, die Finanzspekulation als Ursache aller Übel auf der Welt bezeichnen. Um sich dessen zu vergewissern, braucht man lediglich ihre Analyse über die Politik der Bourgeoisie bezüglich der Austerität und die Schlussfolgerungen, die sie aus ihrer Analyse der Krise ziehen, zu konsultieren: „Im Lauf der 50er-Jahre sind die kapitalistischen Ökonomien wieder in Schwung gekommen und die Bourgeoisie sah ihre Profite wieder und zwar auf dauerhafte Weise aufblühen. Diese Expansion setzte sich auch im folgenden Jahrzehnt fort und stützte sich auf den Kredit und auf die Unterstützung des Staates. Sie hat unbestreitbar zu einer Verbesserung der Lebensbedingungen der Arbeiter (soziale Sicherheit, Kollektivabsprachen,  Lohnerhöhungen...) geführt. Diese von der Bourgeoisie unter dem Druck der Arbeiterklasse gemachten Zugeständnisse führten zu einem Sinken der Profitrate. Dieses unabwendbare Phänomen ist auf die interne Dynamik des Kapitals zurückzuführen ... Im Anfangsstadium des Kapitalismus war die Bourgeoisie in der Lage, mit den aus den Kolonien und von ihren Völkern eingefahrenen Profiten einen gewissen sozialen Frieden zu garantieren, indem sie die Arbeiterklasse am ausgepressten Mehrwert teilhaben liess. Heute ist es nicht mehr so: Die Logik der Spekulation stellt alle in den vergangenen Jahrzehnten von der Arbeiterklasse der ,zentralen Länder‘ erkämpften sozialen Errungenschaften in Frage“ (IBRP, in: Bilan et Perspectives, Nr. 4, S. 5ff.).
Auch hier können wir feststellen, dass die Türen durch das Fallenlassen des Dekadenzrahmens sehr weit für Zugeständnisse gegenüber linken Analysen offen stehen. Das IBRP zieht es vor, die linken Märchen über die ,sozialen Errungenschaften (soziale Sicherheit, Kollektivabsprachen, Lohnerhöhungen...)‘ zu kopieren, die Zugeständnisse der Bourgeoisie unter dem Druck der Arbeiterklasse gewesen seien und in der gegenwärtigen Logik der Spekulation in Frage gestellt würden. Das IBRP würde sich besser auf die von den Gruppen der internationalen kommunistischen Linken (Bilan, Communisme usw. ) überlieferten theoretischen Errungenschaften stützen, die analysierten, dass diese Massnahmen von der Bourgeoisie benutzte Mittel waren, um die Arbeiterklasse an den Staat zu binden und sie von ihm abhängig zu machen!
In der aufsteigenden Phase des Kapitalismus waren die Entwicklung der Produktivkräfte und des Proletariats ungenügend, um die Herrschaft der Bourgeoisie zu bedrohen und auf internationaler Ebene erfolgreich eine Revolution durchzuführen. Deshalb konnte sich die  Arbeiterklasse in heftigen Kämpfen mittels eigener Organe, d.h. der Arbeiterparteien und der Gewerkschaften, als Klasse im Kapitalismus konstituieren und zwar gegen all die Sabotageversuche der Bourgeoisie. Die Vereinigung des Proletariats ist mittels der Kämpfe um Reformen herbeigeführt worden und führte zu einer Verbesserung der Lebensbedingungen der Klasse: Es wurden Reformen auf ökonomischer und politischer Ebene realisiert. Das Proletariat hat als Klasse die Bürgerrechte im politischen Leben der Gesellschaft erkämpft, oder in den Worten Marxens in Das Elend der Philosophie gesprochen: Die Arbeiterklasse hat das Recht zu leben und „als Klasse für sich selbst“ im gesellschaftlichen Leben zu existieren erkämpft. Sie besitzt als organisierte Klasse eigene Orte für tägliche Versammlungen, hat eigene Ideen und ein gesellschaftliches Programm, eigene Traditionen und Lieder.
Als der Kapitalismus 1914 in seine dekadente Phase trat, hat die Arbeiterklasse unter Beweise gestellt, dass sie in der Lage ist, die bürgerliche Herrschaft umzustürzen: Sie hat die Bourgeoisie zur Beendigung des Krieges gezwungen und eine internationale Welle von revolutionären Kämpfen entfesselt. Seither stellt das Proletariat für die Bourgeoisie eine ständige Gefahr dar. Deshalb kann sie nicht mehr tolerieren, dass die feindliche Klasse auf eigenem Terrain ständige Organisationen besitzt und darin ein eigenes Leben führt und eigene Gedanken hegt. Der Staat weitet seine totalitäre Herrschaft auf alle Aspekte des gesellschaftlichen Lebens aus. Alles wird von seinen allgegenwärtigen Tentakeln umfasst. Alles was sich in der Gesellschaft bewegt, Muss sich bedingungslos dem Staat unterwerfen oder ihm in einem tödlichen Kampf entgegentreten. Die Zeit, in der das Kapital die Existenz von permanenten proletarischen Organen tolerierte, ging endgültig zu Ende. Der Staat hat das organisierte Proletariat als permanente Kraft von der gesellschaftlichen Bühne vertrieben. „Seit dem Ersten Weltkrieg haben sich parallel zur wachsenden Bedeutung des Staates in der Wirtschaft die Gesetze vervielfacht, die die Beziehung zwischen Kapital und Arbeit regeln und damit einen engen Rahmen schaffen, der den proletarischen Widerstand aufs Minimum beschränken und ihn all seiner Kräfte berauben soll“ (Auszug aus unserer Broschüre: Die Gewerkschaften gegen die Arbeiterklasse). Der Staatskapitalismus bedeutet auf gesellschaftlicher Ebene die Überführung jeglichen Klassenlebens auf das Terrain der Bourgeoisie. Der Staat hat sich in gewissen Ländern über den Umweg der Gewerkschaften, in anderen auf direktem Weg der Streik- oder Hilfskassen und der Kranken- und Arbeitslosenversicherung bemächtigt, die in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts von der Arbeiterklasse eingerichtet worden waren. Die Bourgeoisie hat die politische Solidarität aus den Händen der Arbeiterklasse gerissen und sie in eine ökonomische Solidarität in den Händen des Staates umgewandelt. Der Staat hat durch die Aufteilung des Lohns in direkte Vergütung durch den Chef und eine indirekte Vergütung durch den Staat auf mächtige Weise die Mystifikation verstärkt, wonach er ein über den Klassen stehendes Organ sei, das die gemeinsamen Interessen und die soziale Sicherheit der Arbeiterklasse garantiere. Der Bourgeoisie ist es auf diesem Weg gelungen, die Arbeiterklasse ideologisch und materiell an den Staat zu binden. So lautete die Analyse der Italienischen Linken und der Belgischen Fraktion der Internationalen Kommunistischen Linken anlässlich der ersten in den 30er-Jahren vom Staat errichteten Arbeitslosen- und Hilfskassen.13
Was hat das IBRP der Arbeiterklasse zu sagen? Zuerst, dass die ,Logik der Spekulation‘ verantwortlich sei für die ,Infragestellung aller sozialer Errungenschaften‘ und dass die ,Aufblähung des Finanzsektors‘ das absolute Böse sei. Das IBRP vergisst so beiläufig, dass die Krise und die Angriffe gegen die Arbeiterklasse nicht erst bis zum Auftreten der ,Logik der Spekulation‘ gewartet haben. Glaubt das IBRP wirklich, wie es seine Prosa glauben lässt, dass es der Arbeiterklasse nach einer Überwindung der ,Logik der Spekulation‘ wieder besser gehen würde? Genau das Gegenteil ist der Fall. Diese linke Mystifikation, wonach der Kampf gegen die Austerität vom Kampf gegen die Logik der Spekulation abhängig sei, Muss mit allen Kräften bekämpft werden!
Aber es kommt noch viel schlimmer! Es handelt sich um eine enorme Mystifikation, dem Proletariat glauben zu machen, dass die soziale Sicherheit, die Kollektivabsprachen und selbst der Mechanismus der Lohnerhöhung über die Indexierung oder die automatische Teuerungsanpassung ,durch einen harten Kampf erreichte soziale Errungenschaften‘ seien. Bei der Reduktion der Tagesarbeitszeit, dem Verbot der Kinderausbeutung, dem Verbot der Frauen-Nachtarbeit usw. handelt es sich tatsächlich um Zugeständnisse, die durch einen harten Kampf der Arbeiterklasse in der aufsteigenden Phase des Kapitalismus erreicht worden sind. Dagegen haben die angeblichen ,sozialen Errungenschaften‘ wie die soziale Sicherheit oder die Kollektivabsprachen in den Sozialverträgen für den Wiederaufbau überhaupt nichts mit dem proletarischen Klassenkampf zu tun. Die Arbeiterklasse war geschlagen, erschöpft vom Krieg, berauscht und mystifiziert durch den Nationalismus, euphorisiert von der Befreiung, kurz: Sie war nicht in der Lage, durch Kämpfe solche Errungenschaften zu erzielen. Die Bourgeoisie der Exilregierungen hat die Initiative  für die Ausarbeitung der Sozialverträge für den Wiederaufbau ergriffen. Sie hat all die Mechanismen des Staatskapitalismus auf die Beine gestellt. Die Bourgeoisie hat mitten im Krieg in den Jahren 1943 und 1945 (!) die Initiative zur Versammlung aller ,lebendigen Kräfte der Nation‘, aller ,Sozialpartner‘ durch paritätische Zusammenkünfte von Vertretern der Unternehmer, der Regierung und der verschiedenen Parteien und Gewerkschaften., d.h. in der perfektesten nationalen Übereinstimmung der Résistance ergriffen, um den Wiederaufbau der zerstörten Wirtschaft zu planen und die gesellschaftlich schwierige Phase des Wiederaufbaus auszuhandeln. Es gab keine ,Zugeständnisse der Bourgeoisie unter dem Druck der Arbeiterklasse‘ im Sinn einer auf dem eigenen Terrain kämpfenden und eine eigene Strategie zur Überwindung des Kapitalismus entwickelnden Arbeiterklasse, die die Bourgeoisie dazu gezwungen hätte, einen Kompromiss zu akzeptieren. Jedoch sind Mittel in Übereinstimmung mit allen Teilen der Bourgeoisie (Unternehmer, Gewerkschaften, Regierung) eingesetzt worden, um die Arbeiterklasse sozial zu kontrollieren und so dem Wiederaufbau zum Erfolg zu verhelfen.13 Muss man daran erinnern, dass es auch die Bourgeoisie war, die in der unmittelbaren Nachkriegszeit eine ganze Palette von Gewerkschaften wie die CFTC in Frankreich oder die CSC in Belgien auf die Beine gestellt hat?
Selbstverständlich verurteilen die Revolutionäre den Zugriff sowohl auf den direkten als auch auf den indirekten Lohn und die Angriffe auf das Lebensniveau, wenn die Bourgeoisie die soziale Sicherheit zusammenstreicht, aber niemals dürfen die Revolutionäre das Prinzip selber des von der Bourgeoisie errichteten Mechanismus zur Bindung der Arbeiterklasse an den Staat verteidigen!14 Die Revolutionäre sollen im Gegenteil die ideologische und materielle Logik, die diesem Mechanismus als angebliche ,Neutralität des Staates‘, der ,vom Staat organisierten sozialen Solidarität‘ usw. zugrunde liegt, anprangern.
Angesichts der allgemeinen Verschärfung der Widersprüche der kapitalistischen Produktionsweise und den Schwierigkeiten der Arbeiterklasse steht sehr viel auf dem Spiel. Deshalb Muss es die Aufgabe der Revolutionäre sein, eine notwendige Vertiefung als Antwort auf die durch die Geschichte gestellten neuen Fragen herbeizuführen. Diese Vertiefung kann aber nicht auf der Grundlage der von der extremen Linken des politischen Apparates der Bourgeoisie verbreiteten Analysen gemacht werden. Einzig auf der Grundlage des Marxismus und der Errungenschaften der kommunistischen Linken und insbesondere ihrer Analyse der Dekadenz des Kapitalismus werden die Revolutionäre auf der Höhe ihrer Verantwortung sein können.     
                C. Mcl

Erbe der kommunistischen Linke: