Submitted by InternationaleRevue on
Polemik: Die Wurzeln der IKS und des IBRP, Teil II
Die Gründung des Partito Comunista Internazionalista
In der letzten Ausgabe der Internationalen Revue (Nr. 22) veröffentlichten wir den ersten Teil eines Artikels, der auf die Polemik „Die politischen Wurzeln der Organisationskrankheit der IKS" antwortet, welche in der International Communist Review Nr. 15 erschienen war, der englischsprachigen Revue des Internationalen Büros für die Revolutionäre Partei (IBRP), das sich aus der Communist Workers Organisation (CWO) und des Partito Comunista Internazionalista (PCInt.) zusammensetzt. In diesem ersten Teil gingen wir, nachdem wir eine gewisse Zahl von Behauptungen des IBRP berichtigt hatten, die Zeugnis für einen Mangel an Kenntnissen unserer Positionen ablegen, auf die Geschichte der Italienischen Fraktion der Kommunistischen Linken zurück, einer politischen Strömung, auf die sich sowohl das IBRP als auch die IKS berufen. Insbesondere zeigten wir, daß die Vorfahren der IKS, die Gauche Communiste de France (GCF), mehr als eine „winzige Gruppe" war, wie es das IBRP formuliert: In Wahrheit war sie der tatsächliche politische Erbe der Italienischen Fraktion, indem sie sich auf die Basis der Errungenschaften der letztgenannten stellte. Genau diese Errungenschaften hat der PCInt, als er sich 1943 bildete und noch stärker auf seinem ersten Kongreß 1945, über Bord geworfen oder einfach abgelehnt. Dies beabsichtigen wir in diesem zweiten Teil des Artikels aufzuzeigen.
Für Kommunisten hat das Studium der Geschichte der Arbeiterbewegung und ihrer Organisationen nichts mit akademischer Neugier gemein. Im Gegenteil, es ist ein unersetzliches Mittel für sie, ihr Programm auf eine solide Basis zu stellen, sich selbst in der aktuellen Situation zu orientieren und klare Perspektiven für die Zukunft zu erkunden. Insbesondere ermöglicht die Untersuchung der vergangenen Erfahrungen der Arbeiterklasse die Verifizierung der Gültigkeit der Positionen, die von den früheren Klassenorganisationen vertreten worden waren, und Lehren daraus zu ziehen. Die Revolutionäre einer Epoche sitzen nicht zu Gericht über ihre Vorfahren. Aber sie müssen imstande sein, das, was in den von ihnen vertretenen Positionen immer noch gültig ist, herauszuziehen und gleichzeitig ihre Irrtümer zu erkennen, so wie sie auch in der Lage sein müssen, den Moment zu erkennen, in dem eine in einem bestimmten historischen Zusammenhang richtige Position unter veränderten historischen Bedingungen hinfällig geworden ist. Andernfalls werden sie große Schwierigkeiten haben, ihrer Verantwortung nachzukommen, dazu verdammt, die Irrtümer zu wiederholen oder an anachronistischen Positionen festzuhalten.
Solch eine Herangehensweise ist das ABC für eine revolutionäre Organisation. Wenn wir seinen Artikel betrachten, dann teilt das IBRP diese Herangehensweise, und wir erkennen es als sehr positiv an, daß diese Organisation unter anderem die Frage nach ihren eigenen Ursprüngen (oder vielmehr nach den Ursprüngen des PCInt) und den Ursprüngen der IKS stellt. Uns scheint, daß das Verständnis der Differenzen zwischen unseren beiden Organisationen mit der Untersuchung ihrer entsprechenden Geschichte beginnen muß. Aus diesem Grund wird sich unsere Antwort auf die Polemik des IBRP auf diese Frage konzentrieren. Wir begannen damit im ersten Teil dieses Artikels mit unserem Blick auf die Italienische Fraktion und die GCF. Jetzt wollen wir auf die Geschichte des PCInt eingehen.
In der Tat ist einer der wichtigsten Punkte, die behandelt werden müssen, folgender: Können wir zustimmen, daß, wie das IBRP sagt, „der PCInt die erfolgreichste Kreation der revolutionären Arbeiterklasse seit der Russischen Revolution ist" (1)? Falls dies der Fall wäre, so müßten wir die Aktionen des PCInt als beispielhaft und als Hauptinspirationsquelle der Kommunisten von heute und morgen ansehen. Die Frage, die sich stellt, ist die: Wie beurteilen wir den Erfolg einer revolutionären Organisation? Die Antwort kann nur sein: indem wir daran Maß anlegen, wie sie die Aufgaben erfüllt, die ihr in der historischen Periode, in der sie wirkt, zufallen. In diesem Sinn sind die ausgewählten Kriterien des „Erfolgs" in sich selbst bedeutsam für die Weise, wie man die Rolle und Verantwortung der Vorhutorganisation des Proletariats begreift.
Die Kriterien für den „Erfolg" einer revolutionären Organisation
Eine revolutionäre Organisation ist Ausdruck und aktiver Faktor des Prozesses, in dem das Proletariat sein Klassenbewußtsein entwickelt und so seine historische Mission des Sturzes des Kapitalismus und der Schaffung des Kommunismus übernimmt. In diesem Sinn ist solch eine Organisation ein unersetzliches Instrument des Proletariats im Augenblick des historischen Sprunges, der die kommunistische Revolution darstellt. Wenn die revolutionäre Organisation mit dieser besonderen Situation konfrontiert ist, wie dies für die kommunistischen Parteien zwischen 1917 und dem Beginn der 20er Jahre der Fall war, dann ist das entscheidende Kriterium zur Beurteilung ihrer Aktivitäten ihre Fähigkeit, die großen Massen der Arbeiter, die das Subjekt der Revolution sind, um sich und um das von ihr vetretene kommunistische Programm zu sammeln. In diesem Sinn können wir sagen, daß die bolschewistische Partei 1917 diese Aufgabe völlig erfüllte (nicht nur angesichts der Revolution in Rußland, sondern auch angesichts der Weltrevolution, da es ebenfalls die bolschewistische Partei war, die die Hauptanregung zur Bildung der Kommunistischen Internationalen 1919 gab). Vom Februar bis zum Oktober 1917 war ihre Fähigkeit, sich mit den Massen inmitten der revolutionären Gärung zu verbinden, in jedem Moment der Heranreifung der Revolution die geeignetesten Parolen aufzustellen, mit der größten Unnachsichtigkeit gegen alle Sirenen des Opportunismus zu handeln – war all dies zweifellos entscheidend für ihren „Erfolg".
So weit, so gut, doch ist die Rolle der kommunistischen Organisationen nicht auf revolutionäre Perioden beschränkt. Wenn dies der Fall wäre, dann hätten solche Organisationen nur in der Periode von 1917 bis 1923 existiert, und wir müßten die Bedeutung der Existenz des IBRP und der IKS in Frage stellen. Es ist klar, daß außerhalb direkt revolutionärer Perioden kommunistische Organisationen die Rolle besitzen, die Revolution vorzubereiten, d.h. auf bestmögliche Weise zur Entwicklung der wesentlichen Voraussetzung für die Revolution beizutragen: die Bewußtwerdung des gesamten Proletariats über seine historischen Ziele und die Mittel, um sie zu erreichen. Dies bedeutet in erster Linie, daß es die ständige Funktion von kommunistischen Organisationen (also auch in revolutionären Perioden) ist, das proletarische Programm auf die klarste und kohärenteste Weise zu definieren. In zweiter Linie, und direkt verknüpft mit der ersten Funktion, bedeutet es, politisch und organisatorisch die Partei vorzubereiten, die im Augenblick der Revolution an der Spitze des Proletariats zu sein hat. Schießlich bedeutet es eine ständige Intervention in der Klasse, entsprechend den Mitteln, die der Organisation zur Verfügung stehen, um jene Elemente für kommunistische Positionen zu gewinnen, die mit der Ideologie und den Organisationen der Bourgeoisie zu brechen versuchen.
Um zur „erfolgreichsten Kreation der Arbeiterklasse seit der Russischen Revolution", d.h. gemäß dem IBRP zum PCInt, zurückzukehren, muß die Frage gestellt werden: Über welche Art von „Erfolg" reden wir hier?
Spielte der PCInt eine entscheidende Rolle in der Aktion des Proletariats während der revolutionären Periode oder wenigstens in einer Periode intensiver proletarischer Aktivitäten?
Leistete sie entscheidende Beiträge zur Erarbeitung des kommunistischen Programms, wie zum Beispiel die Italienische Fraktion der Kommunistischen Linken, auf die sie sich berief?
Legte sie solide organisatorische Fundamente für die Gründung der künftigen kommunistischen Weltpartei, der Vorhut der kommenden proletarischen Revolution?
Wir wollen mit der Beantwortung der letzten Frage beginnen. In einem Brief der IKS an den PCInt vom 9.6.1980, just nach dem Nichtzustandekommen der dritten Konferenz der kommunistischen Linken, schrieben wir: „Wie erklärt Ihr (....), daß Eure Organisation, die bereits vor dem Wiedererwachen der Klasse 1968 existiert hatte, unfähig war, von diesem Wiedererwachen zu profitieren und sich auf internationaler Ebene auszubreiten, während unsere, die 1968 praktisch noch nicht existierte, seitdem ihre Kräfte gesteigert und sich in zehn Ländern eingepflanzt hat?"
Diese Frage, die wir damals stellten, bleibt bis heute gültig. Seitdem hat es der PCInt zwar geschafft, sich international auszuweiten, indem er in Gemeinschaft mit der CWO (die ihre wesentlichen Positionen und Analysen übernommen hat) das IBRP gründete (2). Aber wir kommen nicht umhin zu erkennen, daß die Bilanz des PCInt nach mehr als einem halben Jahrhundert der Existenz sehr bescheiden ist. Die IKS hat stets die extreme numerische Schwäche und den beschränkten Einfluß von kommunistischen Organisationen in der gegenwärtigen Periode, und dies schließt unsere mit ein, hervorgehoben und bedauert. Wir gehören nicht zu jenen, die mit Bluffs ihren Weg machen und behaupten, der „Generalstab" des Proletariats zu sein. Wir überlassen es anderen Gruppen, den „großen Napoleon" hervorzukehren. Trotzdem, wenn wir von dem hier untersuchten Kriterium des „Erfolges" ausgehen, schneidet die „winzige GCF" weitaus besser ab als der PCInt, auch wenn sie 1952 aufgehört hat zu existieren. Mit Sektionen oder Kernen in 13 Ländern, 11 regelmäßigen territorialen Publikationen in sieben verschiedenen Sprachen (einschließlich der am weitesten verbreiteten in den Industrieländern: Englisch, Deutsch, Spanisch und Französisch), einer vierteljährlichen theoretischen Zeitschrift in drei Sprachen, ist die IKS, die um die Positionen und politischen Analysen der GCF herum gegründet worden war, heute zweifellos nicht nur die größte und am weitesten verbreitete politische Organisation der Linkskommunisten, sondern auch und vor allem diejenige, die im letzten Vierteljahrhundert die positivste Dynamik in ihrer Entwicklung erfahren hat. Das IBRP mag wohl erkennen, daß der „Erfolg" der Erben der GCF, gemessen an jenem des PCInt, Beweis für die Schwäche der Arbeiterklasse ist. Wenn die Kämpfe und das Bewußtsein letzterer mehr entwickelt sind, wird sie sicherlich die Positionen und die Parolen des PCInt anerkennen und sich viel massiver um sie umgruppieren als heute. Jedenfalls ist dies ein tröstlicher Gedanke.
Tatsächlich kann das IBRP, wenn es den fabelhaften „Erfolg" des PCInt beschwört, nicht deren Fähigkeit meinen, den Grundstein für die künftige organisatorische Basis der Weltpartei gelegt zu haben (es sei denn, es nimmt Zuflucht zu Spekulationen, was das IBRP in der Zukunft sein könnte). Wir sehen uns daher veranlaßt, ein anderes Kriterium zu untersuchen: Hat der PCInt zwischen 1945 und 1946 (d.h. als er seine erste Plattform annahm) einen wesentlichen Beitrag zur Erarbeitung des kommunistischen Programms geleistet?
Wir wollen hier nicht all die in dieser Plattform enthaltenen Positionen begutachten, die sicherlich einige exzellente Dinge enthalten. Wir werden unseren Blick nur auf ein paar programmatische Punkte richten, die schon damals äußerst wichtig waren und über die wir kein großes Quantum an Klarheit in der Plattform finden können. Wir beziehen uns hier auf den Charakter der UdSSR, auf die sog. „nationalen und kolonialen Befreiungskämpfe" und auf die Gewerkschaftsfrage.
Die gegenwärtige Plattform des IBRP ist sich im klaren über die kapitalistische Natur der Gesellschaft, die bis 1990 in Rußland existierte, über die Rolle der Gewerkschaften als Instrumente zur Bewahrung der bürgerlichen Ordnung, die in keiner Weise vom Proletariat „wiedererobert" werden können, und über den konterrevolutionären Charakter der nationalen Befreiungskämpfe. Diese Klarheit ist jedoch nicht in der Plattform des PCInt von 1945 zu finden, in der die UdSSR noch immer als „proletarischer Staat" definiert ist, in der die Arbeiterklasse zur Unterstützung bestimmter nationaler und kolonialer Kämpfe aufgerufen wird und in der die Gewerkschaften noch immer als Organisationen betrachtet werden, die vom Proletariat „wiedererobert" werden können, bemerkenswerterweise durch die Schaffung von Minderheiten unter der Führung des PCInt (3). In derselben Periode hat die GCF bereits die alten Analysen der Italienischen Linken über die proletarische Natur der Gewerkschaften in Frage gestellt und begriffen, daß die Arbeiterklasse diese Organe nicht mehr wiedererobern kann. Die Analyse der kapitalistischen Natur der UdSSR war bereits während des Krieges von der Italienischen Fraktion, die sich um den Kern in Marseilles rekonstituiert hatte, erarbeitet worden. Und endlich war die konterrevolutionäre Natur der nationalen Kämpfe, die Tatsache, daß sie nichts anderes als Momente des imperialistischen Konflikts zwischen den Großmächten sind, bereits in den 30er Jahren von der Fraktion nachgewiesen worden. Deshalb halten wir heute daran fest, was die GCF 1946 über den PCInt gesagt hat und was das IBRP derart aufregt. Wie letzteres es formuliert: „Die GCF argumentiert, daß die Internationalistische Kommunistische Partei kein Fortschritt gegenüber der alten Fraktion der Linkskommunisten darstellt, die während der Mussolini-Diktatur ins französische Exil ging" (ICR, Nr. 15). Auf der Ebene der programmatischen Klarheit sprechen die Fakten für sich (4).
Wir können also nicht erkennen, daß die programmatischen Positionen des PCInt von 1945 Bestandteil seines „Erfolges" waren, zumal ein guter Teil von ihnen später revidiert wurde, besonders 1952 zur Zeit des Kongresses, als die Spaltung von der Tendenz Bordigas stattfand, und sogar noch später. Wenn uns das IBRP die kleine Ironie erlaubt, möchten wir sagen, daß einige seiner gegenwärtigen Positionen mehr von der GCF als vom PCInt von 1945 inspiriert worden sind. Also worin liegt der „große Erfolg" dieser Organisation? Alles, was übrigbleibt, ist ihre numerische Stärke und der Einfluß, den sie in einem bestimmten Augenblick der Geschichte hatte.
Es ist ganz richtig, daß zwischen 1945 und 1947 der PCInt fast 3000 Mitglieder und eine bedeutende Anzahl von Arbeitern hatte, die sich mit ihm identifizierten. Heißt das, daß diese Organisation imstande war, eine bedeutsame Rolle in den historischen Ereignissen zu spielen und sie zur proletarischen Revolution zu lenken, auch wenn dies nicht das endgültige Resultat war? Natürlich können wir dem PCInt nicht vorwerfen, angesichts einer revolutionären Situation in seiner Verantwortung versagt zu haben, weil solch eine Situation 1945 nicht herrschte. Aber genau da drückt der Schuh. Wie der Artikel des IBRP sagt, hegte der PCInt die „Erwartung, daß die Unruhen der Arbeiter sich nicht nur auf Norditalien beschränken würden, als der Krieg sich dem Ende näherte". In der Tat wurde der PCInt 1943 auf der Basis des Wiederauflebens der Arbeitermilitanz in Norditalien konstituiert, wobei er diese Kämpfe als die ersten einer neuen revolutionären Welle betrachtete, die aus dem Krieg heraus entstehen würde, wie dies am Ende des Ersten Weltkrieges der Fall gewesen war. Die Geschichte hat diese Perspektive widerlegt. Aber 1943 war es vollkommen gerechtfertigt, sie aufzustellen (5). Zwar waren die Kommunistische Internationale und die meisten kommunistischen Parteien, einschließlich der italienischen Partei, gebildet worden, als die revolutionäre Welle, die 1917 begann, mit der Zerschlagung des deutschen Proletariats im Januar 1919 am abebben war. Aber die Revolutionäre dieser Zeit waren sich dessen noch nicht bewußt (und eines der großen Verdienste der Italienischen Linken war es, zu den ersten Strömungen zu gehören, die realisierten, daß das Gleichgewicht zwischen Proletariat und Bourgeoisie umgekippt war). Als jedoch die Konferenz Ende 1945 und Anfang 1946 abgehalten wurde, war der Krieg bereits vorbei, und die proletarischen Reaktionen, die dadurch hervorgerufen worden waren, wurden durch eine systematische Politik der Prävention von seiten der Bourgeoisie schon im Keim erstickt (6). Trotzdem stellte der PCInt seine bisherige Politik nicht in Frage (auch wenn auf der Konferenz einige Stimmen laut wurden, daß nichts außer der Griff der Bourgeoisie um die Arbeiterklasse gestärkt worden ist). Was 1943 ein völlig verständlicher Irrtum gewesen war, war 1945 bereits weitaus weniger zu entschuldigen. Dennoch verfolgte der PCInt denselben Weg und stellte nie die Berechtigung seiner Gründung 1943 in Frage.
Am schlimmsten war jedoch nicht der Irrtum des PCInt bei der Einschätzung der historischen Periode und seine Schwierigkeiten, diesen Irrtum zu erkennen. Viel katastrophaler waren die Art und Weise, in der sich der PCInt entwickelte, und die Positionen, zu denen er verleitet wurde, vor allem weil er versuchte, sich den Illusionen einer im Rückzug befindlichen Arbeiterklasse „anzupassen".
Die Gründung des PCInt
Als er 1943 gegründet wurde, erklärte sich der PCInt selbst zum Erben der von der Italienischen Fraktion der Linkskommunisten erarbeiteten Positionen. Überdies zählte er, während sein Hauptanimator, Onorato Damen, einer der Führer der Linken in den 20er Jahren, seit 1924 in Italien blieb (die meiste Zeit in Mussolinis Gefängnissen, aus denen er während der Ereignisse von 1942/43 befreit wurde) (7), in ihren Reihen eine gewisse Zahl von Militanten der Fraktion zu sich, die zu Beginn des Krieges nach Italien zurückgekehrt waren. Und in der Tat können wir in den ersten heimlichen Ausgaben des Prometeo (das den traditionellen Namen der Zeitung der Linken in den 20er Jahren und der Italienischen Fraktion in den 30ern angenommen hatte), veröffentlicht seit November 1943, klare Denunziationen des imperialistischen Krieges, des Antifaschismus und der Partisanenbewegungen finden (8). Doch nach 1944 orientierte sich der PCInt in Richtung Agitation unter den Partisanengruppen; im Juni veröffentlichte er ein Manifest, das aufrief zur „Umwandlung der Partisanengruppen, die sich aus proletarischen Elementen mit einem gesunden Klassenbewußtsein zusammensetzen, in Organe der proletarischen Selbstverteidigung, dazu bereit, in den revolutionären Kampf um die Macht einzugreifen". Im August 1944 ging Prometeo Nr. 15 über solche Kompromisse sogar noch hinaus: „Die kommunistischen Elemente glauben aufrichtig an die Notwendigkeit des Kampfes gegen den Nazifaschismus und denken, daß, wenn dieses Objekt erst einmal niedergeworfen ist, sie in der Lage sein werden, den Weg der Machteroberung und des Sturzes des Kapitalismus zu beschreiten." Dies war eine Wiederbelebung der Idee, die als Basis für all jene gedient hatte, die, wie die Anarchisten und Trotzkisten, die Arbeiter auf dem Weg zum spanischen Bürgerkrieg dazu aufgerufen hatten, „erst den Sieg über den Faschismus zu erringen und dann die Revolution zu machen". Es war das Argument jener, die die Sache des Proletariats verraten und sich unter den Fahnen des einen oder anderen imperialistischen Lagers eingereiht hatten. Dies war beim PCInt nicht der Fall, weil er von der Tradition der Linken der Kommunistischen Partei stark durchdrungen blieb, welche sich angesichts des Aufstiegs des Faschismus Anfang der 20er Jahre durch ihre unversöhnliche Klassenhaltung abhob. Gleichwohl zeigte das Erscheinen solcher Argumente in der Presse des PCInt, wie weit die Dinge gehen konnten. Darüberhinaus trat eine gewisse Anzahl von Militanten des PCInt den Partisanengruppen bei und folgten somit dem Beispiel einer Minderheit in der Fraktion, die 1936 den antifaschistischen Milizen der POUM in Spanien beitraten. Aber während eine Minderheit der Fraktion mit der Organisationsdisziplin gebrochen hatte, so war dies keineswegs der Fall bei den Militanten des PCInt: Sie erfüllten lediglich die Direktiven der Partei (9).
Es ist offenkundig, daß der Wille, ein Maximum an Arbeitern in der und um die Partei herum zu sammeln, zu einer Zeit, als erstere en masse dem „Partisanentum" erlagen, den PCInt dazu verleitete, Abstand zu nehmen von der Unversöhnlichkeit, die er ursprünglich gegenüber dem Antifaschismus und den Partisanen gezeigt hatte. Dies ist keine „Verleumdung" durch die IKS, die sich an die „Verleumdungen" der GCF anschließt. Dieser Hang zur Rekrutierung neuer Militanter ohne allzuviel Sorge um die Festigkeit ihrer internationalistischen Überzeugungen wurde vom Genossen Danielis bemerkt, der verantwortungsbewußt die Stellung in der Turiner Förderation 1945 hielt und der ein altes Mitglied der Fraktion war: „Eines muß für jeden klar sein: Die Partei hat schwer an der oberflächlichen Ausweitung ihres politischen Einflusses – das Ergebnis eines ebenso oberflächlichen Aktivismus – gelitten. Ich möchte von einer persönlichen Erfahrung erzählen, die als Warnung vor der Gefahr für die Partei dienen soll, einen oberflächlichen Einfluß auf gewisse Schichten der Massen auszuüben, der eine automatische Konsequenz der gleichermaßen oberflächlichen theoretischen Bildung ihrer Kader ist (...) Man könnte annehmen, daß kein Mitglied der Partei die Richtung des ‘Komitees der Nationalen Befreiung’ akzeptiert hätte. Jetzt, am Morgen des 25.April (der Tag der ‘Befreiung’ Turins), befand sich die gesamte Turiner Förderation unter Waffen und bestand darauf, an der Krönung von sechs Jahren Massaker teilzunehmen, und einige Genossen aus der Provinz – noch unter militärischer Disziplin – kamen nach Turin, um an der Menschenjagd teilzunehmen (...) Die Partei existiert nicht mehr; sie hat sich selbst liquidiert" (Sitzungsberichte des Kongresses des PCInt im Mai 1948 in Florenz). Offenbar war auch Danielis ein „Verleumder".
Im Ernst, wenn Wörter irgeneine Bedeutung haben sollen, dann war die Politik des PCInt, die 1945 solch einen großen „Erfolg" ermöglichte, nichts anderes als opportunistisch. Noch weitere Beispiele gefällig? Wir können aus einem vom 10. Februar 1945 datierten Brief zitieren, der vom „Agitationskomitee" des PCInt gerichtet ist „an die Agitationskomitees von Parteien mit einer proletarischen Ausrichtung und an Gewerkschaftsbewegungen in den Unternehmen, um dem revolutionären Kampf des Proletariats eine Einheit in den Direktiven und der Organisation zu verleihen (...) Zu diesem Zweck schlagen wir eine Versammlung der diversen Komitees vor, um einen gemeinsamen Plan zu entwerfen" (Prometeo, April 1945) (10). Die „Parteien mit proletarischer Ausrichtung", die hier erwähnt werden, sind die sozialistischen und stalinistischen Parteien. Wie überraschend dies heute auch erscheinen mag, es ist absolut wahr. Als wir in der International Review Nr. 32 an diese Fakten erinnerten, antwortete der PCInt: „War das Dokument ‘Appell des Agitationskomitees des PCInt’, das in der Ausgabe vom April ‘45 veröffentlicht wurde, ein Irrtum? Zugegeben, es war der letzte Versuch der Italienischen Linken, die Taktik der ‘Einheitsfront von unten’ anzuwenden, unterstützt dabei von der KP Italiens in ihrer Polemik mit der KI 1921–23. Als solches legen wir ihn in die Kategorie der ‘Jugendsünden’, denn die Genossen waren in der Lage, ihn sowohl auf politischer als auch organisatorischer Ebene mit einer Klarheit zu eliminieren, die uns heute in diesem Punkt ganz sicher macht" (Battaglia Comunista, Nr. 3, Februar 1983). Darauf antworteten wir: „Wir können die Feinheit und Vornehmheit bewundern, mit der BC sein eigenes Image umhätschelt. Wenn der Vorschlag einer Einheitsfront mit den stalinistischen und sozialdemokratischen Schlächtern nur eine ‘Jugendsünde’ war, was hätte der PCInt 1945 noch machen müssen, um wirklich einen ernsten Fehler zu begehen? (...) In die Regierung eintreten?" (International Review, Nr. 34 engl./franz./span. Ausgabe) (11) Jedenfalls ist klar, daß 1944 die Politik des PCInt einen wirklichen Rückschritt darstellte, verglichen mit jener der Fraktion. Und was für einen Rückschritt! Die Fraktion hatte lange zuvor eine eingehende Kritik der Taktik der Einheitsfront gemacht, und seit 1935 hatte sie die stalinistische Partei nicht mehr eine „Partei mit proletarischer Ausrichtung" genannt, ganz zu schweigen von der Sozialdemokratie, deren bürgerliche Natur seit den 20er Jahren erkannt war.
Diese opportunistische Politik des PCInt kann auch in der „Öffnung" und in dem Mangel an Strenge beobachtet werden, den er Ende des Krieges in seinen Expansionsbestrebungen gezeigt hatte. Die Zweideutigkeiten des PCInt im Norden des Landes waren nichts, verglichen mit jenen der Gruppen im Süden, die Ende des Krieges in die Partei hineingelassen wurden. Zum Beispiel die „Frazione di sinistra dei comunisti e socialisti", die in Neapel um Bordiga und Pistone gegründet wurde: Gleich von Beginn des Jahres 1945 an praktizierte sie eine Entrismusstrategie in die stalinistische PCI, in der Hoffnung, diese wieder auf die Beine zu stellen. Sie war besonders vage in der Frage der UdSSR. Der PCInt öffnete seine Türen auch für Elemente aus der POC (Kommunistische Arbeiterpartei), die eine Zeitlang die italienische Sektion der trotzkistischen Vierten Internationalen gebildet hatte.
Wir wollen auch daran erinnern, daß Vercesi, der während des Krieges den Schluß gezogen hatte, daß nichts zu tun wäre, und der am Ende des Krieges an der „Coalizione Antifascista" in Brüssel teilgenommen hatte (12), ebenfalls der neuen Partei beitrat, ohne daß letztere verlangt hätte, daß er seine antifaschistischen Abweichungen verurteilt. Über diesen Punkt und zugunsten des PCInt schrieb O. Damen im August 1976 an die IKS: „Das Brüsseler Antifaschistische Komitee in der Person von Vercesi, der dachte, in den PCInt eintreten zu müssen, als dieser gegründet wurde, hielt an seinen pervertierten Positionen fest, bis die Partei unter den Opfern, die die Klarheit erfordert, sich selbst von dem toten Stamm des Bordigismus losmachte." Darauf antworteten wir: „Was für eine elegante Art der Darstellung! Er – Vercesi – dachte, er müsse eintreten!? Und die Partei – was dachte die Partei darüber? Oder ist die Partei ein Bridge-Klub, dem jeder beitreten kann?" (IR, Nr. 8 engl./franz. Ausgabe). Es sollte angemerkt werden, daß Damen in diesem Brief offen genug war anzuerkennen, daß die Partei 1945 noch nicht „die Opfer, die die Klarheit erfordert", geleistet hatte, sondern erst später, im Jahre 1952. Wir können diese Bestätigung nur unterstreichen, die allen Fabeln über die „große Klarheit" widerspricht, die über die Gründung des PCInt die Aufsicht führte, welche gemäß des IBRP einen „Schritt vorwärts" gegenüber der Fraktion darstellte (13).
Der PCInt äußerte keinerlei Bedenken gegenüber den Mitgliedern der Minderheit in der Fraktion, die sich 1936 den antifaschistischen Milizen in Spanien angeschlossen hatten und die daraufhin der Union Communiste (14) beitraten. Diese Elemente wurden für würdig erklärt, in die Partei integriert zu werden, ohne auch nur die leiseste Kritik an ihren vergangenen Irrtümern zu üben. O. Damen schrieb über diese Frage im selben Brief:
„Bezüglich der Genossen, die während des Krieges in Spanien entschieden haben, die Italienische Fraktion der Kommunistischen Linken abzuschaffen und sich selbst in ein Abenteuer zu werfen, das sie außerhalb der Klassenpositionen führt: Wir sollten uns daran erinnern, daß die Ereignisse in Spanien, die die Positionen der Fraktion nur bestätigten, diesen Genossen eine Lehre war und ihnen erlaubte, zur revolutionären Linken zurückzukehren." Worauf wir antworteten: „Es ging diesen Elementen niemals darum, zu den Linkskommunisten zurückkehren, bis die Fraktion sich auflöste und ihre Militanten in den PCInt integriert wurden (Ende 1945). Es ging niemals darum, eine ‘Lehre’ zu ziehen, oder darum, daß diese Militanten ihren alten Positionen abschworen und ihre Teilnahme im antifaschistischen Krieg in Spanien verurteilten" (ebenda). Wenn das IBRP dies als eine neue „Verleumdung" durch die IKS ansieht, dann sollte es uns die Dokumente zeigen, die das beweisen. Und wir fuhren fort: „Es ging einfach darum, daß die Euphorie und Konfusion bei der Gründung der Partei ‘mit Bordiga’ diese Genossen dazu anregte, (...) der Partei beizutreten... Die Partei in Italien forderte diese Genossen nicht zur Rechenschaft über ihre vergangenen Aktivitäten auf. Dies geschah nicht aus Ignoranz (...) Es geschah, weil es an der Zeit gewesen sei, ‘alte Streits’ zu vergessen: Die Rekonstitution der Partei wischte den Tisch rein. Einer Partei, die sich nicht sehr klar über die Wirkung der Partisanenbewegung auf ihre eigenen Militanten ist, ist eine strenge Haltung gegenüber dem, was die Minderheit einige Jahre zuvor getan hatte, kaum zuzutrauen. Also war es nur ‘natürlich’, daß sie ihre Türen diesen Genossen öffnete..." (ebenda).
In der Tat war die GCF die einzige Organisation, die nicht die Gunst des PCInt fand und zu der letzterer keinerlei Beziehung haben wollte, und zwar deshalb, weil sie sich auf den Boden derselben Strenge und Unnachgiebigkeit stellte, die die Fraktion in den 30er Jahren auszeichneten. Und es trifft zu, daß die Fraktion jener Periode den Mischmasch, aus dem der PCInt gebildet wurde, nur verurteilt hätte. In der Tat ähnelte es der Praxis des Trotzkismus, für den die Fraktion nur die harschesten Worte übrig hatte.
In den 20er Jahren hatten sich die Linkskommunisten der opportunistischen Orientierung auf dem Dritten Kongress der Kommunistischen Internationalen widersetzt, besonders dem Bestreben, „zu den Massen zu gehen", zu einer Zeit, als die revolutionäre Welle im Rückfluß begriffen war. Diese Orientierung hatte Fusionen mit den aus den sozialistischen Parteien stammenden zentristischen Strömungen (die Unabhängigen in Deutschland, die „Terzini" in Italien, Cachin-Frossard in Frankreich etc.) und die Politik der „Einheitsfront" mit den SPs zur Folge. Dieser Methode der „breiten Sammlung", die von der KI benutzt wurde, um Kommunistische Parteien zu errichten, widersetzten sich Bordiga und die Linken, die die Methode der „Auswahl" vorzogen, die auf einer strengen und unnachgiebigen Verteidigung der Prinzipien basierte. Die Politik der KI hatte mit der Isolation und dem endgültigen Ausschluß der Linken sowie der Invasion der Partei durch opportunistische Elemente, die die besten Träger der Degeneration waren, tragische Konsequenzen.
Zu Beginn der 30er Jahre hatte die Italienische Linke, voller Vertrauen in ihre Politik der 20er Jahre, innerhalb der internationalen Linksopposition für dieselbe Rigorosität gegenüber der opportunistischen Politik Trotzkis gefochten, für den die Anerkennung der ersten vier Kongresse der KI und vor allem seine eigenen taktischen Manöver weitaus wichtigere Kriterien für die Umgruppierung waren als die Auseinandersetzungen, die innerhalb der KI gegen deren Degeneration ausgetragen wurden. Bei einer solchen Politik waren die gesundesten Elemente, die danach trachteten, eine internationale Strömung der Linkskommunisten aufzubauen, entweder korrupt, entmutigt oder zur Isolation verurteilt. Auf solch zerbrechlichem Fundament basierend, durchlitt die trotzkistische Strömung eine Krise nach der anderen, ehe sie während des Zweiten Weltkrieges mit Sack und Pack ins bürgerliche Lager wechselte. Was die Italienische Linke angeht, so war das Resultat ihrer unnachgiebigen Haltung ihr Ausschluß aus der Linksopposition 1933 mit Trotzki gewesen, der auf das Phantom einer „Neuen Italienischen Opposition" (NIO) setzte, die sich aus Elementen zusammensetzte, die an der Spitze der PCI 1930 für den Ausschluß von Bordiga aus der Partei gestimmt hatten.
1945 nahm der PCInt, sorgsam darauf bedacht, seine Mitgliederschaft so gut wie möglich zu verstärken, und mit dem Anspruch angetreten, Erbe der Linken zu sein, tatsächlich nicht die Politik letzterer gegenüber der KI und dem Trotzkismus auf, sondern genau jene Politik, die von der Linken bekämpft worden war: eine „breite" Sammlung, die auf programmatischen Zweideutigkeiten beruht, eine Umgruppierung – ohne nach irgendeiner „Rechenschaft" zu fragen – auf der Basis von Militanten und „Persönlichkeiten" (15), die sich den Positionen der Fraktion während des Krieges in Spanien widersetzt hatten, eine opportunistische Politik, die den Illusionen der Arbeiter in Partisanenverbänden und Parteien, welche längst zum Feind übergelaufen waren, schmeichelte etc. Und um diese Sammlung so vollständig wie möglich zu machen, mußte die GCF aus der internationalen linkskommunistischen Strömung ausgeschlossen werden, eben weil sie am loyalsten zum Kampf der Fraktion stand. Gleichzeitig war die einzige Gruppe, die als Repräsentant der Linkskommunisten in Frankreich anerkannt wurde, die Französische Fraktion der Kommunistischen Linken (FFGC bis). Dabei sollte man sich in Erinnerung rufen, daß diese Gruppe von drei jungen Elementen gegründet wurde, die sich im Mai 1945 von der GCF abgespalten hatten, Mitglieder der Ex-Minderheit in der Fraktion die während des Spanischen Krieges ausgeschlossen wurden, und der ehemaligen Union Communiste, die zur gleichen Zeit dem Antifaschismus anheimgefallen war (16). Gibt es nicht eine gewisse Ähnlichkeit zwischen dieser Haltung des PCInt und der Politik Trotzkis gegenüber der Fraktion und der NIO?
Marx schrieb, daß „Geschichte sich stets wiederholt, das erste Mal als Tragödie, das zweite Mal als Farce". Ein bißchen davon trifft auf die nicht sehr glorreiche Episode der Gründung des PCInt zu. Unglücklicherweise sollten die folgenden Ereignisse zeigen, daß diese Wiederholung der von der Linken in den 20er und 30er Jahren vertretenen Politik durch den PCInt von 1945 eher dramatische Konsequenzen hatte.
Die Konsequenzen der opportunistischen Herangehensweise des PCInt
Wenn wir die Sitzungsberichte der Konferenz des PCInt von Ende 1945, Anfang 1946 lesen, sind wir lediglich von der Heterogenität beeindruckt, die hier vorherrscht.
Die Hauptführer waren sich uneinig über die Analyse der historischen Periode, die eine ganz wichtige Frage war. Damen fuhr fort, die „offizielle Position" zu vertreten: „Der neue Kurs der Geschichte des proletarischen Kampfes ist offen. Unsere Partei hat die Aufgabe, diesen Kampf in die Richtung zu lenken, die es ermöglichen wird, während der nächsten unvermeidlichen Krise dem Krieg und seinen Betreibern rechtzeitig und endgültig durch die proletarische Revolution das Handwerk zu legen" („Bericht über die internationale Situation und die Perspektiven", S. 12).
Aber gewisse Stimmen bemerkten, ohne es offen zu sagen, daß die Bedingungen für die Bildung der Partei nicht günstig waren:
„.... was heute vorherrscht, ist die ‘Kampf-bis-zum-Ende’-Ideologie der CLN und der Partisanenbewegung, und deshalb sind die Bedingungen für die siegreiche Behauptung des Proletariats nicht vorhanden. Folglich können wir den gegenwärtigen Augenblick nur als reaktionär qualifizieren" (Vercesi, „Die Partei und internationale Probleme", S. 14).
„Als Schlußfolgerung aus dieser politischen Bilanz ist es notwendig, uns selbst zu fragen, ob wir weitermachen sollen mit einer Politik der Erweiterung unseres Einflusses, oder ob uns die Situation in einer vergifteten Atmosphäre die Notwendigkeit aufzwingt, die elementaren Fundamente unserer politischen und ideologischen Abgrenzung zu schützen, die Kader ideologisch zu stärken, sie gegen die Bazillen, die man in der gegenwärtigen Umwelt einatmet, zu immunisieren und sie so auf die neuen politischen Positionen vorzubereiten, die sich ihnen morgen präsentieren. Nach meiner Auffassung sollte die Aktivität der Partei erst in zweiter Linie auf alle Bereiche gerichtet sein" (Maffi, „Politisch-organisatorische Beziehungen in Norditalien").
Mit anderen Worten, Maffi befürwortet die klassische Arbeit einer Fraktion.
In der parlamentarischen Frage sehen wir dieselbe Heterogenität:
„Daher werden wir unter einem demokratischen Regime alle Zugeständnisse, soweit diese Situation die Interessen des revolutionären Kampfes nicht beeinträchtigt, ausnutzen. Wir bleiben unwiderruflich antiparlamentarisch; aber der Sinn fürs Konkrete, der unsere Politik anregt, läßt uns jede, im voraus bestimmte abstentionistische Position ablehnen" (Damen, ebenda, S. 12).
„Maffi, der über die durch die Partei abgesegneten Schlußfolgerung hinaus ging, fragte, ob das Problem des Wahlabstentionismus in seiner alten Form (Teilnahme an den Wahlen nur, wenn die Situation sich in Richtung einer revolutionären Explosion bewegt) gestellt werden sollte, oder ob es im Gegenteil in einem Umfeld, das von Wahlillusionen korrumpiert sei, nicht besser wäre, eine klar gegen die Wahlen gerichtete Position einzunehmen. Sich nicht an die uns von der Bourgeoisie gemachten Zugeständnissen klammern (Zugeständnisse, die nicht ein Ausdruck ihrer Schwäche, sondern ihrer Stärke sind), sondern uns mit dem realen Prozeß des Klassenkampfes und unserer linken Tradition verbinden" (ebenda; S. 12)
Sollen wir noch hervorheben, daß Bordigas linke Strömung in der Italienischen Sozialistsichen Partei während des Ersten Weltkrieges als „Abstentionistische Fraktion" bekannt war?
Auch in der Gewerkschaftsfrage argumentiert der Berichterstatter Luciano Stefanini gegen die schließlich angenommene Position: „Die politische Linie der Partei in der Gewerkschaftsfrage ist noch nicht genügend deutlich. Auf der einen Seite sehen wir die Gewerkschaften als Dependancen des kapitalistischen Staates an; auf der anderen Seite laden wir die Arbeiter dazu ein, innerhalb ihrer zu kämpfen und sie von innen zu erobern, um sie zu Klassenpositionen zu bringen. Diese Möglichkeit wird jedoch durch die oben erwähnte kapitalistische Evolution ausgeschlossen. Die gegenwärtigen Gewerkschaften können ihre Physiognomie als Staatsorgan nicht ändern. Die Forderung nach neuen Massenorganen ist heute nicht gültig, aber die Partei hat die Pflicht, den Verlauf der Ereignisse vorherzusagen und den Arbeitern anzuzeigen, welche Art von Organen, die aus der Entwicklung der Situation heraus entstehen, als einheitliche Führung für das Proletariat unter der Leitung der Partei nötig sind. Die Vorstellung, Kommandostellen im gegenwärtigen Gewerkschaftsorganismus zu halten, um sie umzuwandeln, muß endgültig zu Grabe getragen werden" (S. 18/19).
Nach dieser Konferenz schrieb die GCF:
„Die neue Partei ist keine politische Einheit, sondern ein Konglomerat, eine Addition von Strömungen und Tendenzen, die es nicht fertigbringen, aufzutreten und einander zu konfrontieren. Der gegenwärtige Waffenstillstand kann nur provisorisch sein. Die Eliminierung der einen oder anderen Strömung ist unvermeidbar. Früher oder später wird sich eine politische und organisatorische Definition von allein aufdrängen" (Internationalisme, Nr. 7, Februar 1946).
Nach einer Periode der intensiven Rekrutierung begann die Phase der Definitionssuche. Ende 1946 führte die Unruhe, die im PCInt durch seine Teilnahme an Wahlen provoziert wurde (viele Militante konnten die abstentionistische Tradition der Linken einfach nicht vergessen), die Parteiführung dazu, eine Stellungnahme in der Presse mit dem Titel „Unsere Stärke" zu veröffentlichen, worin zur Disziplin aufgerufen wurde. Nach der Euphorie der Turiner Konferenz verließen viele entmutigte Militante die Partei. Eine gewisse Anzahl von Elementen spaltete sich ab, um an der Gründung der trotzkistischen POI teilzunehmen, Beweis dafür, daß es für sie keinen Platz gab in einer Organisation der Linkskommunisten. Viele Militante wurden ausgeschlossen, ohne daß die Divergenzen klar zutage traten, zumindest in der öffentlichen Presse. Eine der Förderationen spaltete sich ab, um die „Autonome Turiner Förderation" zu bilden. 1948, auf dem Florentiner Kongreß, hatte die Partei bereits die Hälfte ihrer Mitglieder und ihre Presse die Hälfte ihrer Leser verloren. Was den „Waffenstillstand" von 1946 anbetrifft, so wurde er in einen „bewaffneten Frieden" umgewandelt, den die Führer nicht zu stören versuchten, indem sie bei den Hauptdivergenzen Irreführung betrieben. So sagte Maffi, daß er „davon absieht, dieses oder jenes Problem anzusprechen, weil ich weiß, daß diese Diskussion die Partei vergiften würde". Dies hinderte den Kongreß jedoch nicht daran, die Position zu den Gewerkschaften, die anderthalb Jahre zuvor angenommen worden war (die Position von 1945, die angeblich durch so viel Klarheit glänzt), radikal in Frage zu stellen. Dieser bewaffnete Frieden führte schließlich zu einer offenen Konfrontation (besonders nachdem Bordiga 1949 der Partei beigetreten war), was 1952 in die Spaltung zwischen der Damen-Tendenz und der von Bordiga und Maffi angeregten Tendenz mündete, die der Ursprung von Programma Comunista war. Was die „Schwesterorganisationen" angeht, die der PCInt bei der Bildung eines Internationalen Büros der Kommunistischen Linken aufgezählt hat, so sind ihre Ergebnisse noch weniger beneidenswert. Die belgische Fraktion hörte mit der Veröffentlichung von L’Internationaliste 1949 auf und verschwand bald darauf; die französische Fraktion FFGC ging durch einen zweijährigen Niedergang, in dem die meisten ihrer Mitglieder sie verließen, bevor sie als die französische Gruppe der Internationalen Kommunistischen Linken wieder erschien, die sich mit der bordigistischen Strömung verband (17).
Der „größte Erfolg seit der Russischen Revolution" war also kurzlebig. Und wenn uns das IBRP zur Stärkung seiner Argumente für diesen „Erfolg" erzählt, daß der PCInt „trotz eines halben Jahrhunderts der weiteren kapitalistischen Vorherrschaft, seine Existenz fortgesetzt hat und heute wächst", vergißt es darauf hinzuweisen, daß der heutige PCInt in Bezug auf die Mitgliederschaft und auf seine Zuhörerschaft nicht viel damit zu tun hat, was er Ende des letzten Krieges dargestellt hat. Ohne lange bei Vergleichen zu verweilen, können wir sagen, daß die Größe dieser Organisation heute annähernd jener des direkten Erben der „winzigen GCF" entspricht, der französischen Sektion der IKS. Und wir wollen in der Tat glauben, daß der PCInt „heute wächst". Auch die IKS hat in der jüngsten Periode herausgefunden, daß es ein größeres Interesse an den Positionen der Kommunistischen Linken gibt, was sich insbesondere durch eine gewisse Anzahl neuer Mitglieder ausgedrückt hat. Dennoch denken wir nicht, daß das gegenwärtige Wachstum es dem PCInt ermöglichen wird, schnell auf den Mitgliederstand von 1945/46 zurückzukehren.
So reicht dieser große „Erfolg" nur bis zur nicht sehr glorreichen Situation, in der eine Organisation, die damit fortfährt, sich selbst eine „Partei" zu nennen, tatsächlich dazu gezwungen ist, die Rolle einer Fraktion zu spielen. Was viel bedenklicher ist, ist, daß heute das IBRP nicht die Lehren aus dieser Erfahrung zieht und vor allem nicht die opportunistische Methode in Frage stellt, welche einer der Gründe dafür ist, daß der „glorreiche Erfolg" von 1945 den darauf folgenden „Mißerfolg" einleitete (18).
Dieses unkritische Verhalten gegenüber den opportunistischen Abweichungen des PCInt in seinen Ursprüngen läßt uns befürchten, daß das IBRP, wenn die Klassenbewegung entwickelter als heute ist, versuchen wird, zu denselben opportunistischen Zweckmäßigkeiten Zuflucht zu nehmen, wie wir sie hervorgehoben waren. Die Tatsache, daß das Haupt-"Kriterium des Erfolgs" einer proletarischen Organisation für das IBRP die Anzahl der Mitglieder und der Einfluß ist, den sie zu einem gegebenen Augenblick hat, wobei die programmatische Strenge und die Fähigkeit, das Fundament für eine langfristige Arbeit anzulegen, außer acht gelassen werden, enthüllt die immediatistische Herangehensweise, die es gegenüber der Organisationsfrage pflegt. Und wir wissen, daß der Immediatismus der Vorraum des Opportunismus ist. Wir können auch einige andere, akutere Konsequenzen für die Unfähigkeit des PCInt hervorheben, seine Ursprünge zu kritisieren.
An erster Stelle verleitete die Tatsache, daß er (als es evident wurde, daß die Konterrevolution immer noch in Saft und Kraft war) die Gültigkeit der Gründung der Partei aufrechterhielt, den PCInt von 1945/46 dazu, die gesamte Auffassung der Italienischen Fraktion über die Beziehung zwischen Partei und Fraktion radikal zu revidieren. Für den PCInt konnte von nun an die Bildung der Partei in jedem Augenblick stattfinden, unabhängig vom Gleichgewicht der Kräfte zwischen Proletariat und Bourgeoisie (19). Dies ist die Position der Trotzkisten, nicht der Italienischen Linken, welche stets anerkannte, daß die Partei erst im Gefolge des historischen Wiedererwachens der Klasse gebildet werden kann. Aber gleichzeitig bedeutete diese Revision auch die Infragestellung der Idee, daß es bestimmte und antagonistische historische Kurse gibt: den Kurs hin zu entscheidenden Klassenkonfrontationen oder den Kurs in den Weltkrieg. Für das IBRP können diese beiden Kurse parallel verlaufen, ohne sich gegenseitig auszuschließen, was in der Unfähigkeit endet, die gegenwärtige historische Periode zu analysieren, wie wir in unserem Artikel „Die CWO und der historisch Kurs: Ein Berg von Widersprüchen" (Internationale Revue Nr. 20) aufgezeigt haben. Deshalb schrieben wir im ersten Teil des vorliegenden Artikels: „Genauer betrachtet nämlich hat die gegenwärtige Unfähigkeit des IBRP, eine Analyse des historischen Kurses herauszuarbeiten, ihre Wurzeln zu einem grossen Teil in politschen Irtümmern bezüglich der Organisationsfrage und im Speziellen in der Frage des Verhältnisses zwischen Fraktion und Partei". (Internationale Revue Nr. 22)
Hinsichtlich der Frage, ob die Erben der „winzigen GCF" da Erfolg haben, wo jene der ruhmreichen Partei von 1943-45 versagen, d.h. in der Bildung einer wirklich internationalen Organisation, schlagen wir dem IBRP vor, über folgendes nachzudenken: Die GCF, und in ihrem Kielwasser die IKS, waren bzw. sind erfolgreich, weil sie volles Vertrauen in die Herangehensweise hatten, mit der sich die Fraktion in die Lage gesetzt hatte, zur Zeit des Schiffbruchs der KI zur größten und aktivsten Strömung der Kommunistischen Linken zu werden, nämlich:
– als Fundament einer Organisation eine programmatische Strenge, die jeglichen Opportunismus, jegliche Hast, jegliche Politik der „Rekrutierung" auf wackligen Fundamenten ablehnt;
– eine klare Vorstellung von dem Begriff der Fraktion und ihrer Zusammenhänge mit der Partei;
– die Fähigkeit, die Natur des historischen Kurses korrekt zu identifizieren.
Der größte Erfolg seit dem Tod der KI (und nicht seit der Russischen Revolution) war nicht der PCInt, sondern die Fraktion. Nicht in numerischen Begriffen, sondern im Rahmen ihrer Fähigkeit, die Fundamente für die Weltpartei der Zukunft vorzubereiten, trotz ihres eigenen Verschwindens.
Im Prinzip präsentiert sich der PCInt (und nach ihm das IBRP) selbst als die politischen Erben der Italienischen Fraktion. Wir haben in diesem Artikel aufgezeigt, wie weit sich der PCInt seit seiner Gründung von der Tradition und den Positionen der Fraktion distanziert hatte. Seither hatte der PCInt eine Reihe von programmatischen Fragen geklärt, was wir als äußerst positiv ansehen. Nichtsdestotrotz erscheint es uns, daß der PCInt erst dann in der Lage ist, seinen vollen Beitrag zur Gründung der zukünftigen Weltpartei zu leisten, wenn er seine Erklärungen und seine Aktionen auf eine Linie bringt, d.h. wenn er sich die politische Herangehensweise der Italienischen Fraktion wiederaneignet. Und das bedeutet an erster Stelle, daß er sich als fähig erweist, eine ernsthafte Kritik über die Erfahrung aus der Gründung des PCInt 1943-45 zu leisten, statt sie zu rühmen und sie zum Beispiel, dem man folgen sollte, zu machen. Fabienne
Fussnoten:
(1) Wir nehmen an, daß der Autor des Artikels, von seinem Enthusiasmus dahingerissen, Opfer eines Schreibfehlers geworden ist und daß er eigentlich schreiben wollte „seit dem Ende der ersten revolutionären Welle und der Kommunistischen Internationalen". Wenn er es aber doch so meint, wie er schrieb, dann hätten wir gern ein paar Fragen an seine Geschichtskenntnisse und seinen Realitätssinn zu stellen: Hat er unter anderem nie von der Kommunistischen Partei Italiens gehört, welche Anfang der 20er Jahre einen viel größeren Einfluß besaß als der PCInt 1945 und gleichzeitig die Avantgarde der Internationalen in einer ganzen Reihe von politischen Fragen darstellte? Wir ziehen es jedenfalls für den Rest des Artikels vor, uns für die erste Hypothese zu entscheiden. Gegen Absurditäten zu polemisieren ist nicht in unserem Interesse.
(2) Wir erlauben uns die Bemerkung, daß während dieser Periode die IKS drei neue Territorialsektionen integrierte: in der Schweiz und in zwei Ländern der kapitalistischen Peripherie, Mexiko und Indien, Gebiete, denen das besondere Interesse des IBRP gegolten hatte (siehe insbesondere die Annahme der „Thesen über die kommunistischen Taktiken in den Ländern der kapitalistischen Peripherie" durch den 6. Kongreß des PCInt 1977).
(3) So wurde die Politik des PCInt gegenüber den Gewerkschaften formuliert: „... der substantielle Inhalt von Punkt 12 der Parteiplattform kann in folgenden Worten konkretisiert werden:
1. Die Partei strebt nach der Wiederherstellung der CGL durch den direkten Kampf des Proletariats gegen die Bosse in einzelnen und allgemeinen Klassenbewegungen.
2. Der Kampf der Partei dient nicht direkt der Spaltung der Massen von den Gewerkschaften.
3. Der Prozeß der Wiederherstellung der Gewerkschaften, der nicht ohne die Eroberung der gewerkschaftlichen Führungsorgane vonstatten gehen kann, leitet sich von einem Programm zur Organisierung des Klassenkampfes unter Führung der Partei ab."
(4) Der PCInt von heute wird durch diese Plattform von 1945 eher in Verlegenheit gebracht. Kümmerte er sich, als er 1974 dieses Dokument zusammen mit dem „Schema eines Programms", das 1944 von der Damen-Gruppe verfaßt wurde, wiederveröffentlichte, also um eine gründliche Kritik der Plattform, indem er sie dem „Schema eines Programms" gegenüberstellte, welches nicht hoch genug gelobt werden konnte? In der Einführung sagt er, daß „1945 das Zentralkomitee den Entwurf einer politischen Plattform von Genosse Bordiga erhielt, der, wir betonen, kein Mitglied der Partei war. Das Dokument, dessen Annahme in Form eines Ultimatums eingefordert wurde, wurde als unvereinbar mit den festen Positionen angesehen, welche von der Partei zu den wichtigsten Problemen eingenommen wurden, und trotz aller unternommener Modifikationen wurde das Dokument stets als Beitrag zur Debatte und nicht als De-facto-Plattform anerkannt (...) Wie wir gesehen haben, konnte das ZK das Dokument nicht akzeptieren, es sei denn als Beitrag einer einzelnen Person zur Debatte auf dem künftigen Kongreß, der, als er 1948 stattfand, die Existenz von ganz anderen Positionen erbrachte." Wir sollten noch deutlicher machen, wer genau es war, der dieses Dokument einen „Beitrag zur Debatte" nannte. Wahrscheinlich Damen und ein paar andere Militante. Sie behielten jedoch ihre Eindrücke für sich, da die Konferenz von 1945/46, d.h. die Repräsentanten der gesamten Partei eine ganz andere Position einnahmen. Das Dokument wurde einmütig als Plattform des PCInt angenommen und diente als Basis für Parteibeitritte und für die Bildung eines Internationalen Büros der Linkskommunisten. Tatsächlich wurde das „Schema eines Programms" für die Diskussion auf dem nächsten Kongreß aufgehoben. Und wenn die Genossen des IBRP wieder einmal denken, daß wir lügen, dann sollten sie in den mündlichen Sitzungsberichten der Turiner Konferenz Ende 1945 nachschlagen. Wenn etwas lügnerisch ist, dann die Art, in der der PCInt seine „Version" der Dinge 1974 darstellt. Tatsächlich ist der PCInt über gewisse Aspekte seiner eigenen Geschichte so wenig stolz, daß er es notwendig findet, sie ein bißchen zu verschönern. Angesichts dieser Feststellung können wir uns fragen, warum der PCInt es zuließ, sich irgendeinem „Ultimatum" zu unterwerfen, wo es doch von jemand stammte, der nicht einmal Parteimitglied war.
(5) Wie wir im ersten Teil dieses Artikels gesehen haben, zog die Italienische Fraktion auf ihrer Konferenz vom August 1943 die Schlußfolgerung, daß „mit dem durch die August-Ereignisse in Italien eröffneten Kurs nun der Weg frei ist für die Umwandlung der Fraktion in eine Partei". Die GCF griff bei ihrer Gründung 1944 dieselbe Analyse auf.
(6) Wir haben in unserer Presse bei einer Reihe von Gelegenheiten gezeigt, woraus diese systematische Politik der Bourgeoisie bestand – wie diese Klasse, die Lehren aus dem ersten Krieg ziehend, systematisch die Arbeit aufteilte, indem sie den besiegten Ländern die „schmutzige Arbeit" überließ (Repression gegen die Arbeiterklasse in Norditalien, die Niederschlagung des Warschauer Aufstandes etc.), während die Sieger gleichzeitig die Arbeiterkonzentrationen in Deutschland systematisch bombardierten, die besiegten Länder besetzten, um sie zu überwachen, und noch etliche Jahre nach Kriegsende Kriegsgefangene interniert hielten.
(7) Die GCF und die IKS haben oft die von Damen vertretenen Positionen genauso wie seine politischen Methoden kritisiert. Dies ändert nichts an unserer Hochachtung gegenüber der Tiefe seiner kommunistischen Überzeugung, seiner militanten Energie und seinem großen Mut.
(8) „Arbeiter! Setzt dem Schlachtruf des Nationalkrieges, der die italienischen Arbeiter gegen die deutschen und englischen Arbeiter bewaffnet, den Schlachtruf der kommunistischen Revolution entgegen, der die Arbeiter der gesamten Welt gegen ihren gemeinsamen Feind vereint: den Kapitalismus." (Prometeo, Nr. 1, 1. November 1943) „Dem Aufruf des Zentrismus (so nannte die Italienische Linke den Stalinismus), in die Partisanenbanden einzutreten, müssen wir mit unserer Präsenz in den Fabriken entgegentreten, und nur von hier kommt die Klassengewalt her, die die wesentlichen Zentren des kapitalistischen Staates zerstören wird." (Prometeo, 4. März 1944)
(9) Mehr über das Verhalten des PCInt gegenüber den Partisanen in „The ambiguities of the Internationalist Communist Party over the ‘partisans’ in Italy in 1943", International Review, Nr. 8 (engl./franz. Ausgabe).
(10) In der International Review Nr. 32 (engl./franz./span. Ausgabe) veröffentlichten wir den vollständigen Text dieses Appells wie auch unseren Kommentar dazu.
(11) Wir sollten unterstreichen, daß in dem Brief, den der PCInt der SP als Antwort auf deren Reaktion auf den Appell schickte, der PCInt diese sozialdemokratischen Schurken in der Anrede „liebe Genossen" nannte. Nicht gerade die beste Art, die Verbrechen zu demaskieren, die diese Parteien gegen das Proletariat seit dem Ersten Weltkrieg und der ihm folgenden revolutionären Welle begangen hatten. Aber ein exzellenter Weg, den Illusionen der Arbeiter, die ihnen noch folgten, zu schmeicheln.
(12) siehe den ersten Teil dieses Artikels in Internationale Revue Nr. 22;
(13) Es ist wert, über dieses Thema andere Passagen zu zitieren, die vom PCInt verfaßt wurden: „Die vom Genossen Perrone (Vercesi) zum Ausdruck gebrachten Positionen sind freie Ausdrücke einer sehr persönlichen Erfahrung und einer auf Phantasie basierenden politischen Perspektive, welche nicht als massgebend für eine Kritik der Gründung des PCInt verwendet werden können." (Prometeo, Nr. 18, 1972) Das Problem ist, daß diese Positionen im Bericht über „Die Partei und internationalen Probleme" zum Ausdruck kamen, welcher der Konferenz durch das Zentralkomitee, dessen Mitglied Vercesi war, vorgestellt wurde. Das Urteil der Militanten von 1972 über ihre Partei 1945/46 ist wahrlich hart, eine Partei, deren Zentralorgan einen Bericht präsentiert, in dem egal was gesagt werden kann. Wir nehmen an, daß nach diesem Artikel der Autor ernsthaft dafür gemaßregelt wird, daß er den PCInt von 1945 „verleumdet" hat, anstatt die Schlußfolgerung zu wiederholen, die O. Damen aus der Diskussion über den Bericht gezogen hatte: „Es gab keine Divergenzen, sondern eine besondere Sensibilität, die eine organische Klärung dieser Probleme erlaubt." (Sitzungsberichte, S. 16) Es trifft zu, daß derselbe Damen später entdeckte, daß diese „besondere Sensibilität" „pervertierte Positionen" waren und daß „organische Klärung" die „Trennung von dem toten Stamm" bedeutete. Einerlei, lang lebe die Klarheit von 1945!
(14) Über die Minderheit in der Fraktion 1936 siehe den ersten Teil dieses Artikels in Internationale Revue Nr. 22
(15) Es ist klar, daß einer der Gründe, warum der PCInt von 1945 der Integration von Vercesi zustimmte, ohne ihn aufzufordern, Rechenschaft über seine vergangenen Aktivitäten abzulegen, und warum er es zuließ, daß Bordiga sich in der Frage der Plattform „durchsetzte", darin liegt, daß er mit dem Prestige dieser beiden „historischen" Führer rechnete, um ein Maximum an Arbeitern und Militanten anzuziehen. Bordigas Feindschaft hätte den PCInt die Gruppen und Elemente in Süditalien gekostet, Vercesis Feindschaft die belgische Fraktion und die FFGC bis.
(16) Über diese Episode siehe den ersten Teil dieses Artikels.
(17) Wir können daher daran festhalten, daß die „winzige GCF", die mit soviel Geringschätzung behandelt und sorgfältig von den anderen Gruppen ferngehalten wurde, noch länger überlebte als die belgische Fraktion und die FFGC bis. Bis zu ihrem Verschwinden 1952 veröffentlichte sie 46 Ausgaben von Internationalisme, ein unschätzbares Erbe, worauf die IKS errichtet wurde.
(18) Es trifft zu, daß die opportunistische Methode nicht die einzige Erklärung für den Einfluß ist, den der PCInt 1945 erreichen konnte. Es gibt zwei fundamentale Ursachen dafür:
* Italien war das einzige Land, das eine wirkliche und mächtige Bewegung der Arbeiterklasse während des imperialistischen Krieges und gegen ihn erblickte.
* Die Linkskommunisten hatten, da sie sich die Führung der Partei bis 1925 angeeignet hatten und weil Bordiga der Hauptgründer dieser Partei war, ein Prestige unter den Arbeitern Italiens, das in keinem Vergleich stand zu jenem in anderen Ländern.
Andererseits liegt eine der Ursachen für die numerischen Schwächen der GCF gerade in der Tatsache, daß es in der Arbeiterklasse Frankreichs keine Tradition des Linkskommunismus gab und daß erstere nicht in der Lage gewesen war, sich während des Krieges zu erheben. Da ist auch die Tatsache, daß die GCF jedes opportunistische Verhalten bezüglich der Illusionen der Arbeiter in die „Befreiung" und die Partisanen vermied. Hier folgte sie dem Beispiel der Fraktion 1936 angesichts des Spanischen Krieges, der sie der Isolation überließ, wie sie in Bilan Nr. 36 selbst bemerkte.
(19) Zu dieser Frage siehe insbesondere die Broschüre „Das Verhältnis Fraktion – Partei in der marxistischen Tradition"