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Vorwort anlässlich des 100. Jahrestags der Zimmerwalder Konferenz
100 Jahre Zimmerwalder Konferenz: Was die Epigonen verschiedener Couleur daraus machen
Anlässlich des 100. Jahrestages der Zimmerwalder-Konferenz fand am 4. und 5. September in Zimmerwald eine Gedenkveranstaltung statt, die von einer beachtlichen Zahl von linken politischen Organisationen, Gewerkschaften, Stiftungen, Arbeitsgruppen und Bibliotheken organisiert und gesponsert wurde. Gleichzeitig hat der „Aufbau“, eine linksautonome Gruppierung mit maoistischem Einschlag aus der Schweiz, und eine stalinistische Gruppierung aus der Türkei, die MLKP, zu einer Gegenveranstaltung aufgerufen.
Für die Hauptveranstaltung wurde eine bunte Schar von Historikern, bekannten Politikern, wie Gregor Gysi von der Partei Die Linke oder der Präsident der Sozialdemokratischen Partei der Schweiz, Christian Levrat, und weniger bekannten Politikern aus anderen Ländern eingeladen. Die offiziellen Organisatoren beriefen sich dabei auf Robert Grimm, auf seine „Friedenspolitik“ und zentristische Haltung. Lenin und der linke Flügel der damaligen Sozialdemokratie kritisierten schon damals resolut diese pazifistische, zentristische Haltung.
Der entscheidende Faktor zur Mobilisierung der Arbeiterklasse für den Ersten Weltkrieg war der Verrat durch die großen historischen Organisationen der Arbeiterklasse, Sozialdemokratie und Gewerkschaften, an der internationalistischen Tradition – sie riefen zum Krieg auf. Diese tragische Entwicklung spielte sich natürlich nicht ohne eine zähe Auseinandersetzung innerhalb der proletarischen Bewegung ab. Neben den offenen Kriegsbefürwortern aus den Reihen der alten Arbeiterorganisationen (dem „rechten“ Flügel der damaligen Arbeiterbewegung) und der klar internationalistischen Opposition (dem „linken“ Flügel) gab es aber vor allem einen schwankenden, unentschlossenen Teil (den so genannten Zentrum, die Zentristen), der seine Wurzeln in der proletarischen Bewegung hatte.
Ohne auf den eigentlichen Inhalt beider Veranstaltungen einzugehen, möchten wir hier lediglich einige Worte über den politischen Charakter sowohl der Organisatoren der „Gedenkveranstaltung“ als auch jener der Gegenveranstaltung verlieren. So verheerend die historischen zentristischen Strömungen in der Arbeiterklasse zur Zeit des Ersten Weltkrieges und danach auch waren, sie waren, wie wir bereits oben feststellten, noch immer im proletarischen Milieu verwurzelt. Dies kann man über die Veranstalter der heutigen Gedenkveranstaltungen beileibe nicht mehr sagen; ihre Wurzeln kann man ebenso wenig im proletarischen Milieu wie in einer degenerierenden, aber immerhin noch lebendigen Arbeiterorganisation verorten, so dass der historische Begriff des Zentrismus alles andere als zutreffend für sie ist.
Wann eine Arbeiterorganisation ins Lager der Bourgeoisie übergewechselt ist, kann man unter anderem am Verlust zweier wichtiger Eigenschaften einer solchen Organisation erkennen: die definitive, unumkehrbare Aufgabe des Internationalismus1 und das Entweichen jeglichen proletarischen Lebens aus der Organisation: „… eine Partei ist definitiv für die Arbeiterklasse verloren, wenn keine Tendenz, kein lebendiger (proletarischer) Körper mehr aus ihr entstehen kann. Das war 1921 bei den sozialistischen Parteien der Fall; dies war Anfang der 30er Jahre bei den Kommunistischen Parteien der Fall. Es ist also richtig, bis zu jenen Jahren von zentristischen Organisationen zu sprechen.“2
Anders gesagt: erst wenn es nicht mehr möglich ist, proletarische Positionen innerhalb einer (degenerierenden) proletarischen Partei zu vertreten, ist sie definitiv zum Klassenfeind übergegangen.
Ein Wort zu den Organisatoren der angesprochenen Gegenveranstaltung, zum „Aufbau“ und zur MLKP: Entgegen ihres Selbstverständnisses als „revolutionäre Alternative“ muss man festhalten, dass solche Gruppierungen weder zentristisch oder gar revolutionär sind oder je waren. Teil ihres genetischen Codes ist ihr politischer und praktischer Rückgriff auf das stalinistisch-maoistisches Erbe der Konterrevolution, das Ausdruck der fürchterlichen Degeneration der Kommunistischen Internationale war. Es ist nur logisch, wenn diese vom Stalinismus inspirierten Gruppierungen neuerdings in ihrer Presse Stimmung machen für die Unterstützung der YPG in Kurdistan. Eine Kostprobe gefällig? „Rojava hat gezeigt, dass wenn man eine Revolution aufbauen und verteidigen will, in diesem Fall im mittleren Osten, es eine bewaffnete Organisation braucht, eine Führung und eine Partei, die erfolgreich diese [Revolution] organisiert. Das beste Beispiel ist mit der Organisation YPG/YPJ gegeben.“3
Die von der MLKP so gerühmten YPG/YPJ schrecken offensichtlich nicht davor zurück, sowohl mit den früher von den „Antiimperialisten“ zum imperialistischen Hauptfeind erklärten USA zusammen zu kämpfen als auch ganz allgemein dazu aufrufen, mit allen „demokratischen Kräften“ eine Einheitsfront zu bilden. In einem ihrer Kommuniqués verkünden diese famosen Revoluzzer: „Die Rolle, die die französische Regierung gegen den Terrorismus einer Daesh (ISIS) spielt, ist die eines entscheidenden Unterstützers der Anstrengungen vor Ort. Wir unterstützen völlig das Volk und die französische Regierung in ihrem Kampf gegen den Terror.“ (Generalkommando der Volksverteidigungskräfte, YPG; 14. November, 2015)
Wie in den 30er Jahren dient das Gefasel von der Einheitsfront gegen den Terrorismus, das Propagieren einer klassenübergreifenden Ideologie, den herrschenden Klassen als Gelegenheit, die Ausgebeuteten für ihre niederen Interessen gegeneinander aufzuhetzen. Hier gilt es darauf zu beharren, dass es allein die Kommunistische Linke ist, die die politische Kontinuität der Zimmerwalder-Konferenz von 1915 aufrechterhalten hat, die das Erbe des linken internationalistischen Flügels angetreten hat, der sich damals in der Auseinandersetzung mit Zentristen und rechten Sozialdemokraten herausgeschält hatte. In einer schwer durchschaubaren Weltlage gegen alle Fraktionen der Bourgeoisie zu kämpfen, gegen den Strom zu schwimmen, falls erforderlich, ist eine der Hauptaufgaben der Kommunistischen Linken. Die Zuspitzung der kriegerischen Konflikte wie in Syrien und der Ukraine und die zunehmenden Spannungen zwischen den Großmächten erfordern eine klare proletarische Haltung gegen den Krieg, gerade angesichts der zunehmenden Kriegshysterie der Herrschenden und ihrer Medien nach den Anschlägen in Paris.
Die Kommunistische Linke und die internationalistischen Kräfte aus dem anarchistischen Lager müssen die historischen Prinzipien der Arbeiterklasse aufrechterhalten und gegen alle Angriffe von linken- oder linksextremen Fraktionen der Bourgeoisie verteidigen – wie es 1915 die Zimmerwalder-Linke tat. Darum ist wichtig, sich mit Zimmerwald und den Kampf gegen die Degeneration alter Arbeiterparteien auseinanderzusetzen: „Zum ersten Mal hatte eine politische Organisation der ArbeiterInnen nicht nur die Interessen der Arbeiterklasse verraten, sie wurde darüber hinaus zu einer der wirksamsten Waffen in den Händen der kapitalistischen Klasse, um den Krieg zu entfesseln und die Arbeiterrevolte gegen den Krieg zu zerschmettern. Die Lehren aus der Degeneration der Sozialdemokratie bleiben somit kreuzwichtig für die heutigen Revolutionäre.“4
1 Plattform der IKS, Punkt 13: Dies war der Fall bei der II. Internationale, als die großen ihrer Parteien, befallen vom Geschwür des Opportunismus und Zentrismus, mit dem Ausbruch des I. Weltkriegs (der den Tod der II. Internationale manifestierte) mehrheitlich dazu verleitet wurden, die Politik der „nationalen Verteidigung“ zu praktizieren. Dies geschah unter der Führung der sozialchauvinistischen Rechten, die sich zu diesem Zeitpunkt ins Lager der Bourgeoisie gesellte
2(Int. Revue Nr. 152, Engl.; The centrist currents in the political organisations of the proletariat, S. 21, 3. Spalte, zweitletzter Abschnitt): https://en.internationalism.org/international-review/201508/13354/zimmer...
Vorwort und Artikel zum 80. Jahrestag der Zimmerwalder Konferenz
Vor 80 Jahren fand im September 1915 in Zimmerwald die erste internationale sozialistische Konferenz gerade ein Jahr nach dem Beginn des 1.Weltkrieges statt. Dieses Ereignis wieder aufzugreifen, heißt nicht nur, eine Seite der Geschichte wieder aufzuschlagen, sondern die immer noch gültige Hauptlehre dieser Konferenz hervorzuheben: Der Kampf des Proletariats gegen den Krieg ist untrennbar mit seinem Kampf gegen die Ausbeutung verbunden. Der Kampf gegen den Krieg erfordert die Überwindung des Kapitalismus. Bei diesem Kampf tragen die Revolutionäre eine entscheidende Verantwortung für die Orientierung dieses Kampfes hin auf eine revolutionäre Perspektive. Auf dem Hintergrund der gegenwärtigen Zunahme der kriegerischen Konflikte, der Verschärfung der Kriegspropaganda der Großmächte, die eine immer größere Barbarei hervorrufen, ist es wichtig, daß der Geist und die Lehren von Zimmerwald von der Arbeiterklasse heute wieder aufgegriffen werden.
Der Kriegsbeginn und die Auswirkungen auf die Arbeiterklasse und die Arbeiterorganisationen
Zimmerwald war die erste Reaktion der Arbeiterklasse gegenüber dem Abschlachten im 1.Weltkrieg. Das Echo, das von Zimmerwald ausging, ließ unter Millionen von Arbeitern Hoffnung aufkommen, die von den Schrecken des Krieges geplagt waren. Die Auslösung des 1.Weltkrieges am 4.August 1914 war eine bis dahin nie dagewesene Katastrophe für die Arbeiterbewegung. Neben einer unaufhörlichen nationalistischen ideologischen Bombardierung der Arbeiterklasse durch die Bourgeoisie war das entscheidende Element, das die Arbeiterklasse mit in den Krieg getrieben hatte, der Verrat des größten Teils der sozialdemokratischen Arbeiterparteien. Die parlamentarischen Fraktionen stimmten meist für die Kriegskredite im Namen der nationalen Einheit und trieben damit die Arbeitermassen dazu, sich gegenseitig im Interesse der imperialistischen Mächte abzuschlachten. Die Gewerkschaften stimmten einem Burgfrieden von Anfang an zu. Was vorher der ganze Stolz der Arbeiterklasse gewesen war, die 2.Internationale, ging in den Flammen des Weltkrieges auf, nachdem die bedeutendsten Parteien der 2.Internationalen, ein Großteil der Sozialdemokratie in Deutschland, wie auch die französische sozialistische Partei Verrat begangen hatten. Obgleich sie schon vom Reformismus und Opportunismus befallen war, hatte die 2.Internationale unter dem Einfluß der revolutionären Minderheiten, insbesondere der deutschen Linken und der Bolschewiki, sich früh gegen die Kriegsvorbereitungen und die Kriegsgefahr ausgesprochen. So hatte die 2.Internationale 1907 auf dem Stuttgarter Kongreß wie auch auf dem Baseler Kongreß 1912 und bis hin in die letzen Julitage 1914 ihre Stimme gegen die Kriegspropaganda erhoben und die militaristischen Ambitionen der herrschenden Klasse entblößt. Mit dem Verrat am 4.August 1914 jedoch wurden Jahrzehnte der Aufbauarbeit und der Bemühungen der Revolutionäre mit einem Schlag vernichtet. Aber die revolutionäre Minderheit, die dem Prinzip des proletarischen Internationalismus treu geblieben war und dieses Prinzip weiterhin unnachgiebig verteidigte, und die zuvor schon jahrelang gegen den Opportunismus in der 2.Internationalen und ihrer Parteien angekämpft hatte, leistete Widerstand. An führender Stelle in diesem Kampf standen:
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In Deutschland die 'Gruppe Internationale', die von 1914 an um Rosa Luxemburg und Karl Liebknecht gebildet wurde, die Zeitung 'Lichtstrahlen', sowie die Bremer Linke.
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die Bolschewiki in Rußland und im Exil
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In Holland die tribunistische Partei um Gorter und Pannekoek.
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In Frankreich ein Teil der revolutionären Syndikalisten um Rosmer und Monatte.
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In Polen die SDKPiL
Eine andere Strömung, die schwankte und zögerte und als zentristisch zu bezeichnen ist, nahm ebenfalls einen Aufschwung. Sie schwankte zwischen einer Haltung, wo heute zur Revolution und morgen zu einer pazifistischen Position aufgerufen wurde. Ihr gehörten z.B. die Menschewiki, die Gruppe Martow, die italienische sozialistische Partei)an. Einige unter ihnen suchten sich mit den sozialchauvinistischen Verrätern zu verbünden. Die revolutionäre Bewegung fing also den Kampf gegen den imperialistischen Krieg mittels einer schrittweisen Auseinandersetzung mit diesen Strömungen an und bereitete so die Bedingungen für die unvermeidbare Spaltung innerhalb der sozialistischen Parteien und die Bildung einer neuen Internationalen vor.
Die Konferenz von Zimmerwald
Auf der Tagesordnung stand also, die internationale Umgruppierung der Revolutionäre voranzutreiben. Unmittelbar nach Kriegsbeginn wurden erste internationalistische Kontakte hergestellt zwischen den verschiedenen internationalistischen Stimmen, die den Sozialpatrioten nicht gefolgt waren. Vor allem in Deutschland wurde der Kampf gegen den Krieg am stärksten vorangetrieben. Liebknecht stimmte als einziger am 2.Dezember 1914 offen gegen die Kriegskredite. Andere Abgeordnete sollten ihm im Jahre 1915 mit der Ablehnung der Kriegskredite im Reichstag folgen. Die Aktivität der Arbeiterklasse gegen den Krieg wurde so durch die Reaktion der Arbeiterparteien ermuntert und erhielt eine Orientierung für die Auseinandersetzung in den Fabriken und bei den Demonstrationen. Die Grauen des Krieges mit den unzähligen Toten, nicht zuletzt in den Grabenkriegen, die Verstümmelung an der Front, die Zunahme der Armut hinter der Front, all das ermöglichte immer mehr Arbeitern die Augen über die Wirklichkeit des Krieges zu öffnen und sie aus dem nationalistischen Getaumel herauszuführen. Ab März 1915 gab es in Deutschland die ersten Demonstrationen gegen den Krieg, die von Frauen getragen wurden, welche zur Arbeit in der Rüstungsindustrie gesteckt worden waren. Im Oktober 1915 kam es zu blutigen Zusammenstößen zwischen der Polizei und Demonstranten. Im November 1915 demonstrierten ungefähr 15.000 gegen den Krieg in Berlin. Der Widerstand der Arbeiterklasse gegen den Krieg nahm aber auch in anderen Ländern, so in Österreich, in Großbritannien und in Frankreich zu. Dieses Wiedererstarken des Klassenkampfes, wie auch die Aktivität der Revolutionäre selbst sollte die Voraussetzung dafür liefern, daß unter den schwierigsten Bedingungen Propaganda gegen den Krieg betrieben werden konnte. Vom 5. bis 8. September 1915 konnte so schließlich die Konferenz von Zimmerwald in der Nähe von Bern abgehalten werden, an der sich 37 Delegierte aus 12 europäischen Ländern beteiligten. Diese Konferenz sollte das Symbol des Wiedererwachens des internationalen Proletariats werden, das bis dahin unter dem Kriegstrauma gelitten hatte. Diese Konferenz sollte zu einer entscheidenden Etappe auf dem Weg hin zur russischen Revolution und der Gründung der 3.Internationalen werden. Das von der Konferenz verabschiedete Manifest ist das Ergebnis eines Kompromisses zwischen den verschiedenen Tendenzen. Die Zentristen traten zwar für die Beendigung des Krieges ein, aber sie vertraten noch eine pazifistische Auffassung, ohne die Notwendigkeit der Revolution hervorheben. So prallten sie auf's heftigste mit dem linken Flügel zusammen, der von der 'Gruppe Internationale', den Bremer Linken und den Bolschewiki vertreten wurde, die klar die Verbindung zwischen Krieg und Revolution zur zentralen Frage machten. Lenin kritisierte diese pazifistische Ausrichtung und hob die Tatsache hervor, daß der Krieg mit den Methoden der Pazifisten nicht bekämpft werden kann. Diese Kritik bezog sich auch auf das Manifest, bei dem Lenin kritisierte, daß die Forderung nach Frieden nichts Revolutionäres bedeute, sondern daß diese erst dann revolutionär werde, wenn er mit dem Aufruf zur Revolution, dem Kampf gegen die kapitalistische Klasse verbunden wird. Mit anderen Worten die einzige Parole in der imperialistischen Epoche muß sein: Umwandlung des imperialistischen Krieges in einen Bürgerkrieg. Trotz dieser Schwächen betrachtete die Linke, ohne ihre Kritik aufzugeben, das Manifest als einen Schritt vorwärts hin zum wirklichen Kampf gegen den Opportunismus, hin zum Bruch und zur Spaltung. Aber das Manifest von Zimmerwald sollte eine gewaltige Ausstrahlung in der Arbeiterklasse und unter den Soldaten haben. Mit der Intensivierung der Kämpfe in den verschiedenen Ländern und dem bedingungslosen Kampf des linken Flügels, um eine Klärung innerhalb der Reihen der Zentristen herbeizuführen, sollte die 2.Internationale Konferenz, die im März 1916 in Kienthal stattfand, eine Position einnehmen, die radikaler war und einen klaren Bruch mit den pazifistischen Formulierungen mit sich brachte. Die Intensivierung des Klassenkampfes in Deutschland wie auch in Italien im Jahre 1917, vor allem aber der Ausbruch der Revolution in Rußland, der der erste Schritt hin zur Weltrevolution war, brachte aber auch das Ende der Zimmerwalder Bewegung, die alle ihre Möglichkeiten ausgeschöpft hatte. Von nun an war die einzige Perspektive die Schaffung einer neuen Internationalen, die - sich stützend auf die langsame Reifung des revolutionären Bewußtseins sowie auf die Bildung von konsequenten kommunistischen Parteien und in Erwartung des Ausbruchs der Revolution in Deutschland - im März 1919 eineinhalb später gegründet wurde. So hatte ungeachtet ihrer Schwächen die Bewegung von Zimmerwald eine entscheidende Bedeutung in der Geschichte der revolutionären Bewegung: Sie war das Symbol des proletarischen Internationalismus, sie stellte das Banner des Proletariats im Kampf gegen den Krieg und für die Revolution dar. Zimmerwald war insofern so etwas wie eine Brücke zwischen der 2. und der 3. Internationalen.
Die Lehren für heute
Eine der größten Lehren aus Zimmerwald, die gerade in der heutigen Zeit der Zuspitzung der Spannungen und der Verschärfung der imperialistischen Konflikte weiterhin gültig ist, ist die Erkenntnis der Tatsache, daß der Krieg für die Arbeiterklasse eine herausragende Bedeutung hat. Genauso wie der Kampf gegen die Ausbeutung ist der Kampf gegen den Krieg und die Kriegsbestrebungen der Bourgeoisie überhaupt ein integraler Bestandteil des Klassenkampfes. Die Geschichte der Arbeiterbewegung zeigt, daß der Krieg die Arbeiterklasse immer zum Hauptopfer macht. Der Krieg ist nicht einfach ein Wahnsinn im Kapitalismus. Sondern er ist ein Teil des normalen Funktionierens des Kapitalismus und in der Niedergangsphase ist er gar zu seiner Überlebensform geworden. Die reformistische Illusion eines Kapitalismus ohne Krieg kann für die Arbeiterklasse tödlich sein. Von den unüberwindbaren Widersprüchen in die Enge getrieben, von einer Wirtschaftskrise gepackt, die auf Grund der weltweiten Sättigung der Märkte keine Lösung finden kann, sind die verschiedenen nationalen Fraktionen der Bourgeoisie dazu gezwungen, sich gegenseitig auf das heftigste zu bekämpfen, um ihren Anteil am Kuchen zu haben, um dabei den anderen ihre Teile zu entreißen. Dabei ist der Krieg zu einer zentralen Tätigkeit der Gesellschaft geworden. Im Krieg stehen heute immer mehr die Auseinandersetzungen um strategische Positionen im Vordergrund. Deshalb ist der Glaube, man könne für die Verbesserung der Lebensbedingungen und für den Frieden als solchen eintreten, ohne die Grundlagen der kapitalistischen Gesellschaft selbst anzukratzen, ein gefährlicher Trugschluß. Ohne die Perspektive eines massiven politischen revolutionären Kampfes der Arbeiterklasse gibt es keinen wirklichen Kampf gegen den kapitalistischen Krieg. Der Pazifismus ist eine reaktionäre Ideologie, die dazu benutzt wird, die Unzufriedenheit und die Revolte des Proletariats gegen den Krieg in bestimmte Bahnen zu lenken, damit dessen Widerstand gegen den Krieg verpufft. Wenn die Arbeiterklasse in die Falle der Verteidigung der bürgerlichen Demokratie läuft und meint, sie müßte mit ihren Ausbeutern eine gemeinsame Front aufbauen, in ein nationales Bündnis eintreten, wird sie nur in eine noch größere Barbarei hineingezogen werden. SB