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Gegenüber den Anschlägen vom 11. September und dem darauffolgenden, erneuten Krieg in Afghanistan haben sich weltweit neben den Gruppen der Kommunistischen Linken eine Reihe von Stimmen erhoben, um proletarisch internationalistische Positionen zu verteidigen.
Revolutionäre Antworten auf die Propaganda der Bourgeoisie
So auch im deutschsprachigen Raum. Gegenüber der kapitalistischen Linken, welche von liberalen Zeitungsredakteuren und grünen "Pazifisten" über die PDS bis zu den Trotzkisten die Anschläge in den USA als ein Zurückschlagen der "Dritten Welt" gegen die imperialistischen Metropolen bewerten, weist ein "Aufruf sozialrevolutionärer ArbeiterInnen" auf die Wurzeln dieser Ereignisse in der kapitalistischen Zivilisation hin.
"Die islamischen Terroristen handeln nicht aus schierer Mordlust. Sie sind Soldaten des Kapitals, auch wenn ihre Bärte länger und ihre Gewänder wallender sind als die ihrer westlichen Gesprächspartner. Mit ihren Anschlägen und Massakern in Algerien, Israel oder nun in den USA verfolgen sie direkt oder indirekt große Ziele: Sei es die Schaffung eines Horror-Gottesstaates, die Vertreibung der Juden aus Israel, die Knechtung von Frauen, die Ausbeutung der islamischen ArbeiterInnen und der bäuerlichen Bevölkerung. Die Anschläge tragen die Handschrift der kapitalistischen Zivilisation."1
Der bürgerliche "Antiimperialismus", die "antikapitalistische" Verklärung des Kampfes des kleinen imperialistischen Gangsters gegen den Großen, ist nichts anderes als eine weitere Kriegsmobilisierungsideologie der herrschenden Klasse.
"Die Angriffe auf das World Trade Centre und das Pentagon haben bei einigen Leuten eine klammheimliche Freude aufkommen lassen. Die New Yorker Skyline in Rauch gehüllt, das WTC in Flammen und schließlich völlig aus der Landschaft getilgt, das Pentagon brennend, die Symbole - ökonomischer wie militärischer - kapitalistischer Macht zerstört, das waren Bilder, die manchem ein Lächeln aufs Gesicht zauberten. Dies ist eine groteske Fehleinschätzung der Anschläge als einen Angriff auf den Kapitalismus."2
Auch der Anti-Amerikanismus ist eine bürgerliche Kriegsideologie, welche heutzutage hoch im Kurs steht bei den imperialistischen Rivalen der USA.
"Für viele Linke scheint der US-Imperialismus das Hauptproblem zu sein. Die Beteiligung der BRD am imperialistischen Krieg ist für diese Leute nur ein Problem der übertriebenen Bündnistreue. Die materiellen Interessen der deutschen Bourgeoisie werden bei dieser Art von "Analyse" ebenso unterschlagen wie die großen Erfolge des deutschen Imperialismus seit 1989."3
Die Entlarvung der Rolle des deutschen Imperialismus vom Standpunkt des proletarischen Internationalismus, der alle Seiten im imperialistischen Krieg bekämpft, hat nichts mit der bürgerlichen Ideologie der "Nie wieder Deutschland" Bewegung zu tun, dessen Vertreter wie die Zeitschrift "Jungle World" heute die USA und Israel als fortschrittlich bezeichnen gegenüber dem islamischen Fundamentalismus wie auch gegenüber Deutschland.
Wie die "Soziale Befreiung" zurecht schreibt:
"Egal ob sie als "Antideutsche" dem israelischen Staat die Treue halten, oder als LeninistInnen-StalinistInnen den "palästinensischen Befreiungskampf" hochjubeln oder mit dem staatskapitalistischen Ostblock in nekrophiler Liebe verbunden sind und um die verbliebenen Staaten Kuba und China einen Mythos aufbauen - stets sind sie NationalistInnen, zwar in Gegnerschaft zum eigenen Staat, aber vom proletarischen Internationalismus meilenweit entfernt." (Soziale Befreiung ebenda)
Aber auf den proletarischen Internationalismus kommt es gegenüber dem imperialistischen Krieg in erster Linie an.
So heißt es in einem Flugblatt unter dem Titel "Keine Solidarität mit der internationalen Bourgeoisie und ihren Terrorbanden: "Deshalb ist es äußerst wichtig, niemals den Schulterschluss zu suchen mit den ganzen verbrecherischen Bourgeoisien, die sich anderntags, andernorts, mit allen Mitteln bekämpfen, ganz gleich, ob ihre Heimatländer Rußland, China, Deutschland oder sonstwie heißen. Es ist an der Zeit, über die globale kapitalistische Warengesellschaft nachzudenken und die Betriebe und die Straße zum Ort der politischen Auseinandersetzung zu machen."
Wir begrüßen diese internationalistischen Stimmen gegen den Krieg. Wir unterstützen Wildcat, wenn es die Notwendigkeit unterstreicht, "radikal auf die Selbsttätigkeit der Ausgebeuteten in ihren Kämpfen" zu setzen und hinzugefügt: "Nur indem wir diese Kämpfe ernst nehmen, sie unterstützen, und das in ihnen enthaltene emanzipatorische Potenzial aufgreifen, können wir dieser allgemeinen Selbstentmachtung, zu der Krieg und Kriegsangst führen sollen, entgegenwirken. Dazu gehört der revolutionäre Defätismus gegenüber dem Krieg, der auf die Niederlage aller beteiligten Kriegsparteien setzt." (Wildcat ebenda).
Die Unterschätzung der Rivalitäten zwischen den imperialistischen Hauptmächten
Gegenüber dem imperialistischen Krieg ist es die Pflicht der Internationalisten, gemeinsam die Interessen des Proletariats hochzuhalten und eine politische Solidarität untereinander zu üben gegenüber dem gemeinsamen kapitalistischen Feind. Aber es ist ebenfalls ihre Pflicht, eine gemeinsame öffentliche Debatte zu entwickeln, sich gegenseitig zu kritisieren, damit die Schwächen und Halbheiten in unseren Reihen überwunden werden können. Es würde den Rahmen dieses Artikels sprengen, wollten wir allein alle hier besprochenen Aussagen und Stellungnahmen kritisieren, mit denen wir nicht einverstanden sind. Wir werden auf einige dieser Fragen in späteren Ausgaben unsere Presse zurückkommen.
Wir wollen an dieser Stelle lediglich auf die Tatsache hinweisen, dass einige dieser Stellungnahmen offensichtlich die zentrale Rolle der Verschärfung der imperialistischen Spannungen zwischen den Großmächten unterschätzen, welche nach unserer Überzeugung das Wesensmerkmal der Ereignisse um den 11. September bilden.
So schreibt beispielsweise "Soziale Befreiung" in seiner bereits zitierten Stellungnahme: "Die deutsche Bourgeoisie hat aus ihrer Vergangenheit gelernt, sie legt sich nicht mehr mit ihren mächtigen Klassenbrüdern in Europa und der USA kriegerisch an, sondern suchte und sucht das Bündnis zu ihnen. Innerhalb und durch dieses Bündnis betreibt die BRD sehr erfolgreich imperialistische Politik."
Richtig an dieser Aussage ist, dass die deutsche Bourgeoisie aus ihrer Vergangenheit gelernt hat, und dass es durch Strukturen wie beispielsweise die NATO oder die EU nicht daran gehindert wird, sehr erfolgreich imperialistische Politik zu betreiben. Die Tatsache aber, dass der deutsche Imperialismus sich heute nicht kriegerisch anlegt mit seinen europäischen und amerikanischen Rivalen, ist aus unserer Sicht keineswegs darauf zurückzuführen, dass er die Lehren aus seiner Vergangenheit gezogen hat und deswegen das Bündnis mit diesen Rivalen sucht. Diese, für den Imperialismus im allgemeinen, und für den deutschen Imperialismus insbesondere sehr uncharakteristische Zurückhaltung ist vielmehr darauf zurückzuführen, dass Deutschland heutzutage noch lange nicht stark genug ist, seine wichtigsten europäischen Rivalen (geschweige denn die USA) militärisch herauszufordern. Und es ist darauf zurückzuführen, dass es heute, im Gegensatz zur Lage von 1914 oder 1939, noch nicht imstande ist, die Arbeiterklasse für einen Weltkrieg zu mobilisieren.
"Die NATO ist die Weltpolizei der US-amerikanischen und westeuropäischen Bourgeoisie" schreibt Soziale Befreiung. Das ist so nicht richtig. Wenn es heute einen Weltpolizisten gibt, so sind das die USA. Washington denkt nicht daran, diese Aufgabe brüderlich mit seinen westeuropäischen Rivalen zu teilen. Dies ist auch der Grund, weshalb die USA den Krieg in Afghanistan unter eigener Regie führen und nicht im Rahmen der NATO. Denn eine Kriegsführung durch die NATO würde bedeuten, den "Bündnispartnern" ein Mitspracherecht einzuräumen. Im Kosovo sah sich Washington dazu gezwungen, die "Partner" mitreden zu lassen. Denn Kosovo liegt in Europa, und dort können selbst die USA ohne die europäischen Führungsmächte nicht viel ausrichten. Aber dort, wie in Zentralasien, wo Amerika sehr wohl auf eigene Faust vorgehen kann, will es den Europäern am liebsten lediglich die Rolle von Wasserträgern einräumen. Die nur noch "kritische Solidarität", welche die Grünen als treue Vertreter des deutschen Imperialismus mit den USA jetzt verkünden, kommt also nicht von ungefähr.
"Soziale Befreiung" behauptet: "Der Krieg gegen Afghanistan wird ebenfalls auch in deutschem Interesse geführt. Der "realsozialistische" Staatskapitalismus wurde vom "freien Westen" besiegt, jetzt muss der ehemaligen "dritten Welt" gezeigt werden, wer der Herr im Haus ist."
Wir meinen aber, dass dieser Krieg sich keineswegs gegen die "dritte Welt" richtet, sondern in erster Linie - wenn auch indirekt - gegen die europäischen Verbündeten der USA selbst. Europa war nicht zufällig das wichtigste militärische Aufmarschgebiet der imperialistischen Konflikte des 20. Jahrhunderts: die zwei Weltkriege, der Kalte Krieg. Denn Europa ist nach wie vor neben Amerika das Hauptzentrum der kapitalistischen Weltwirtschaft. Nur von Europa aus kann von neuem ein imperialistischer Militärblock entstehen, welcher die USA herausfordern könnte. Es kommt hinzu, dass Europa, weil es geographisch den westlichen Zipfel des riesigen, bevölkerungsreichen eurasischen Raums darstellt, strategische Vorteile besitzt, wenn es darum geht, in Richtung Asien vorzustoßen. Dies trifft besonders auf Deutschland zu, die führende Zentralmacht des alten Kontinents. Heute betreibt der deutsche Imperialismus seine Ostexpansion nach Asien gleich über zwei verschiedene Optionen: über den Balkan, die Türkei und Iran, sowie über ein mögliches Bündnis mit Russland. Wir wagen somit zu behaupten, dass Amerikas Krieg in Afghanistan eben nicht "ebenfalls auch im deutschem Interesse geführt" wird. Wir glauben vielmehr, dass in dieser Hinsicht die amerikanische Bourgeoisie ihre eigenen Lehren aus dem 2. Weltkrieg gezogen hat und einer Situation vorbeugen will, indem sie wie damals gleichzeitig Krieg in Europa und Asien führen muss, ohne starke militärische Stützpunkte im Kernbereich des asiatischen Festlandes zu besitzen.
Die Kombination zweier überragender Tatsachen - dass das Weltproletariat nicht geschlagen ist, und dass es keine Aufteilung der Welt in zwei einander gegenüberstehenden Militärblöcke gibt - schließen direkte militärische Konfrontationen zwischen den Großmächten zumindest in nächster Zeit aus. Diese Tatsachen ändern aber nichts an dem Grundgesetz der imperialistischen Konkurrenz, dass die Hauptrivalität immer unter den führenden imperialistischen Mächten zu finden ist und nicht zwischen einem Bündnis der Stärksten gegen "die dritte Welt" oder anderen hypothetischen Gebilden. Dass diese Rivalität heute nur indirekt ausgetragen werden kann, verschleiert die überragende Rolle dieser Rivalität der Großen. Aber dies darf die Marxisten nicht dazu verleiten, diese Hauptkonfliktlinien zu unterschätzen oder gar zu missachten.
Sogar die Bourgeoisie selbst sieht sich angesichts der jetzigen Zuspitzung der Rivalitäten veranlasst, zumindest indirekt an dem Mythos des "Bündnisses" der westlichen Nationalstaaten zu zweifeln. Die vollkommene Abwesenheit der Europäischen Union gegenüber den jüngsten Ereignissen kommentierte beispielsweise die Financial Times vom 15.10.2001 so:
"Es schien alles so vielversprechend. Vor den Anschlägen des 11. Septembers in den USA war die Europäische Union gerade dabei, endlich ihre diplomatische Schlagkraft anzuwenden. Die fünfzehn Mitgliedsstaaten sprachen mit einer Stimme zu den Ereignissen auf dem Balkan. Und tatsächlich bewahrten deren Anstrengungen in Mazedonien die Republik vor einem Bürgerkrieg. Auch gegenüber der Herausforderung des nationalen Raketenabwehrsystems (NMD) von George W. Bush hielt man zusammen. (...) Die Ereignisse des 11.Septembers ändern all dies. Die Staatsoberhäupter der führenden EU-Mitgliedsstaaten haben die Gelegenheit für ihre eigenen Vorstellungen beim Schopfe gepackt. Die Folge ist, dass die gemeinsame Stimme der europäischen Außenpolitik, welche nun langsam hörbar wurde, in einem Missklang von individuellen Erklärungen zusammen gebrochen ist. "Die politische Macht ist schrittmarsch zurück in die Hauptstädte zurückgezogen worden." sagte ein EU-Beamter." (Die FAZ äußert sich ähnlich in ihrem Kommentar auf der ersten Seite am 6. November: "Was die EU tun muss")
Der Operaismus und die Ursachen des imperialistischen Krieges
Während unsere Kritik an der Stellungnahme der "Soziale Befreiung" sich innerhalb des Rahmens einer Debatte unter Marxisten bewegt, hat der Erklärungsansatz des imperialistischen Krieges durch die Gruppe Wildcat mit dem Marxismus nichts zu tun. Für Wildcat ist die jetzige Verschärfung der imperialistischen Spannungen etwas ganz anderes: ein gemeinsam von allen Ausbeutern geführter Krieg gegen die Ausgebeuteten. "Kriege sind nie nur die Auseinandersetzung zwischen den Kriegsparteien, sondern im wesentlichen der gemeinsame Kampf der kriegsführenden Parteien um die Sicherung ihrer Herrschaft", heißt es in der Stellungnahme von Wildcat. Und weiter: "Auf der Oberfläche vermitteln Kriege den Eindruck eines Gegensatzes zwischen den kriegsführenden Parteien, im Wesen sind sie aber für beide Seiten das gemeinsame Mittel, um gegen das proletarische Aufbegehren, den Kampf um ein besseres Leben, die Revolution als Bewegung der Emanzipation der Menschen vorzugehen."
Hier werden die "Gegensätze zwischen den kriegsführenden Parteien" nicht nur unterschätzt, sondern beinahe schon gänzlich verneint.
Die politischen Ursprünge dieser gravierenden Fehleinschätzung liegen in der Weltsicht des Operaismus, welcher in den 60er Jahren in Italien entstand und aus dessen Tradition Gruppen wie Wildcat hervorgegangen sind. Damals, gegen Ende der Nachkriegswiederaufbauphase waren die unterschiedlichsten Theorien populär geworden, welche Grundthesen des Marxismus verwarfen, der angeblich durch die lange Wiederaufbauphase widerlegt sei. So z.B. die Situationisten, welche die marxistische Klassenanalyse zugunsten einer Vorstellung des Kampfes zwischen Befehlshabern und Untergebenen aufgaben. So Marcuse und die "Frankfurter Schule", welche das Proletariat als revolutionäre Klasse abschrieben. Der Operaismus hingegen gab die Klassenanalyse nicht auf. Was er statt dessen verwarf, war die marxistische Auffassung zur Wirtschaftskrise und zum Konkurrenzkampf unter den Kapitalisten. Er missdeutete auf groteske Weise den Satz des Kommunistischen Manifestes, dass die Geschichte der Menschheit eine Geschichte des Klassenkampfes ist, indem er behauptete, dass alle objektiven Widersprüche des kapitalistischen Systems wie die Überproduktionskrise, die Massenarbeitslosigkeit, die ständige Revolutionierung des Produktionsprozesses unter dem Druck der Konkurrenz aber auch des imperialistischen Krieges, nichts als Mittel der Herrschenden seien, um das Proletariat zu bekämpfen. Zwar besitzt diese Position eine gewisse innere Logik. Wenn es keine unlösbare Krise des Systems gibt und keinen Überlebenskampf der Kapitalisten untereinander, gibt es auch keinen zwingenden Grund für die Herrschenden, imperialistischen Krieg gegeneinander zu führen. Nur, diese Logik ist sehr, sehr realitätsfern.
Nun ist aber die Haltung des Operaismus in den letzten Jahren auch noch in sich widersprüchlich geworden. Zwar sahen sich operaistische Gruppen wie Wildcat in letzter Zeit genötigt, unter den Hammerschlägen der Wirklichkeit das Vorhandensein einer Wirtschaftskrise anzuerkennen. Dafür klammert man sich scheinbar um so hartnäckiger an die Vorstellung des Krieges "gegen die ArbeiterFklasse". Denn man spürt wohl, dass das gesamte Gebäude des Operaismus zusammenkrachen wird, wenn man auch noch diese alte Kamelle aufgibt.
Diese Haltung hat bei Wildcat zur Folge, dass man ständig nach Anzeichen einer nahen Revolution sucht und ziemlich wahllos hinter allem, was sich bewegt (von Straßenschlachten irgendwelcher Jugendlicher bis hin zu der reformistischen "Antiglobalisierungsbewegung"), ein revolutionäres Potenzial vermutet. Denn muss die Revolution nicht ständig irgendwo um die Ecke lauern, wenn die Herrschenden stets gezwungen zu sein scheinen, alles von den neuesten Mikroprozessoren bis zu der Bombardierung Afghanistans aufzubieten, um eine solche Eventualität zu verhindern? Andererseits ist man selbst außerstande, die Arbeiterklasse vor den Gefahren des imperialistischen Krieges zu warnen. Man ist auch nicht mehr imstande, den unkontrollierten, von den Herrschenden selbst nicht mehr beherrschten Charakter der geschichtlichen Weltlage zu erkennen, der die Menschheit seit einem Jahrhundert schon vor die Wahl stellt: Sozialismus oder Barbarei.
Man mag natürlich einwenden, diese Schwächen der Analyse seien zweitrangig, Hauptsache man verteidige proletarisch-internationalistische Positionen gegenüber dem Krieg. Das ist in der Tat die Hauptsache. Doch die Geschichte der Arbeiterbewegung zeigt uns, dass eine falsche Analyse der Weltlage, insbesondere aber eine Unterschätzung der imperialistischen Konflikte immer wieder dazu führt, dass Revolutionäre den proletarischen Internationalismus am Ende aufgeben. Dies geschah beispielsweise mit Karl Kautsky, der am Anfang des 20. Jahrhunderts im Gegensatz zu Rosa Luxemburg den Imperialismus unterschätzte und nach und nach den revolutionären Marxismus aufgab, bis er schließlich eine Theorie des "Superimperialismus" entwickelte. Damit schloss er aus den durch den Krieg verursachten Verwüstungen, dass der Kapitalismus an den imperialistischen Kriegen nicht mehr "interessiert" sei und sich nun lieber gemeinsam der Ausbeutung des Proletariats widmen würde.
Unmittelbar vor dem Ausbruch des 2. Weltkrieges schloss ein bedeutender Teil der Italienischen Fraktion der Kommunistischen Linken aus den unmittelbaren wirtschaftlichen Erfolgen der deutschen und anderer Kriegswirtschaften, dass der Imperialismus nicht mehr an einem Weltkrieg interessiert sei, es sei denn, es handele sich um einen "Krieg gegen die Arbeiterklasse". Als der Krieg dann doch ausbrach, wurde Vercesi, der führende Vertreter dieser Theorie, aufgrund seiner politischen Desorientierung Opfer des bürgerlichen Antifaschismus. Diese und andere Beispiele zeigen uns, dass die Analyse der Weltlage keine akademische Übung ist. Die Auseinandersetzung und das Ringen um eine richtige marxistische Analyse ist vielmehr unerlässlich für die Verteidigung und Vertiefung einer revolutionären Perspektive des Proletariats und für die langfristige Aufrechterhaltung des proletarischen Internationalismus angesichts der Wirrnisse des niedergehenden, heute zerfallenden Kapitalismus.
Weltrevolution (20.11.01)
- 1 Aufruf sozialrevolutionärer ArbeiterInnen. Mühlgasse 13, 60486 Frankfurt am Main. Wir wollen an dieser Stelle nicht auf die Frage eingehen, wie wahrscheinlich es ist, ob die Anschläge in den USA überhaupt von islamischen Terroristen verübt wurden. Zu dieser Frage siehe unsere Analyse dargestellt in der neuesten Ausgabe der Internationalen Revue Nr. 28.
- 2 Wildcat, 26.09.01, wildcat.www.de
- 3 Aufruf der Gruppe Soziale Befreiung. eMail: [email protected]