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Wer in der Firma klaut, begeht einen Vertrauensbruch und kann damit rechnen, fristlos entlassen zu werden. Diese Tatsache ist uns Arbeitern hinlänglich bekannt. Nun, haben wir bis jetzt unter stehlen uns schon eine Entwendung von Waren von irgendeinem Wert oder eine Entwendung von Geld vorgestellt. Hat jemand im Abfall in seiner Firma etwas entdeckt, was er gebrauchen kann, und das an sich genommen, so ist ihm nicht so recht das Gefühl aufgekommen, er wäre ein Dieb und würde seinen ‚Arbeitgeber’ beschädigen. Jetzt werden wir in der Tageszeitung von einem Fachanwalt für Arbeitsrecht eines Besseren belehrt. Es wäre nicht der Betrag oder die geringwertige Sache allein ausschlaggebend, als zuletzt eine Altenpflegerin acht übrig gebliebene Maultauschen mit nach Hause nahm, sie damit vor der Mülltonne im Altersheim bewahrend. Das Arbeitsrecht, so das Argument, richte den Blick nicht nur in die Vergangenheit, sondern in die Zukunft. Würde ein ‚Arbeitnehmer’ sich einmal eines Vergehens gegen seinen ‚Arbeitgeber’ schuldig machen, wäre das ‚Vertrauensverhältnis’ zerrüttet und eine ‚Zusammenarbeit’ nicht mehr zumutbar.
Mit Erstaunen können wir aus den Medien entnehmen, was alles in den normalen Alltag eines Lohnabhängigen den Tatbestand einer Straftat erfüllt. Nur ein paar Beispiele, etwas aus dem Abfall nehmen, sein Handy laden (der Strom gehört dem ‚Arbeitgeber’), ein privates Telefongespräch führen (der Strom gehört dem ‚Arbeitgeber’, sowie die Arbeitszeit, die für das Gespräch gebraucht wird). Jetzt schießen einige Gedanken durch unseren Kopf. Wenn wir in der Firma ankommen und unsere Arbeit beginnen, verwandeln wir uns nicht in Maschinen, ohne menschliche Bedürfnisse. Wir müssen während der Arbeitszeit, essen, trinken, auf die Toilette gehen, auch mal inne halten und überlegen, wie wir eine gewisse Aufgabe lösen und erledigen können. Uns schwant, wir könnten jeder Zeit nach Bedarf eines Verbrechens gegen unseren ‚Arbeitgeber’ überführt werden. Aber, bedenken wir, das Gesetz ist ja auch für uns da, es herrscht keine Willkür.
Es ist also im Arbeitsrecht geregelt, welches Verhalten seitens der Arbeiter zu Kündigung führen kann. In diesem selben Recht sind gewiss auch die Verpflichtungen des ‚Arbeitgebers’ festgelegt. Es wird aber nirgendwo festgehalten und „geahndet“, was wir Arbeiter den ‚Arbeitgebern’ an mehr geben und welche Misere sich bei uns im Laufe der Zeit anhäuft. Zunächst einmal gilt festzustellen, dass der Profit des Kapitalisten von der unbezahlten Mehrarbeit der Lohnabhängigen herrührt. Damit nicht genug: Viele von uns arbeiten am Tag mehr, als mit dem Arbeitgeber vereinbart, einfach, weil wir das ganze Arbeitspensum sonst nicht schaffen. Wenn wir nach Feierabend müde nach Hause gehen, bleiben die Sorgen, Gedanken, Ängste und Ärger nicht in der Firma, sie kommen mit uns nach Hause. Sie sind da, wenn wir uns bemühen, uns um die Familie zu kümmern, um unseren Kindern gute Eltern zu sein. Weil wir von der Arbeit dermaßen kaputt sind, sind unsere Fähigkeiten beschränkt, unser Leben gut und sinnvoll zu gestallten. Unsere Suche nach Wegen, um uns von der Arbeit seelisch und körperlich entspannen zu können, landet viel zu oft in Alkohol und Drogen. Wir werden immer öfter krank, der Körper und die Seele streiken. Gewalt, Depressionen und Selbstmorde nehmen zu.
Es wird uns klar, dass der Raub von Leben in keinem Gesetzbuch der Welt als Straftat gilt, dagegen das Mitnehmen von 8 Maultaschen aus dem Abfall des Arbeitgebers schon. Den Misstand, dass unser Leben immer mehr zum Überleben wird, wird kein Gericht, kein Richter der Welt beheben. Unser Leben müssen wir selbst verteidigen, jenseits allen Arbeitsrechts und aller Gerichte. Lasst uns anfangen, Gedanken zu machen, wie dies möglich ist! FF