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Noch nie wurde die Landung der Alliierten (D-Day, Decision-Day) am 6. Juni1944 mit soviel Aufwand und Medienspektakel wie in diesem Jahr gefeiert. Nochnie war der Sieg der Alliierten in Europa mit solch einer Gehirnwäsche in denMedien aufgebauscht worden. Das Ziel besteht wieder einmal darin, dasimperialistische Wesen des Holocaustes des 2. Weltkriegs zu übertünchen, wiesie es übrigens schon mit dem 1. Weltkrieg taten. Nicht nur zieht dieBourgeoisie wieder das alte faschistische Schreckgespenst hervor. Sie mussviele Erscheinungen der jetzigen zerfallenden kapitalistischen Gesellschaftselbst für ihre Propaganda einsetzen. In Deutschland wird jetzt nach demZusammenbruch des Ostens, nach der Wiedervereinigung viel Aufheben gemacht umdie Anhänger eines "Großdeutschlands" - das von Skinheads undanderen Rechtsradikalen so laut gefordert wird. Der Mord an Türken undBrandanschläge gegen Ausländer werden mediengerecht so dargestellt, dass essich jeweils um "Feinde der Demokratie", Erben der "neuen brauenPest" handelt. Wenn Neo-Nazi-Schlägerbanden Ausländer verprügeln, wirddas in den Medien so präsentiert: "Nazi-Banden jagen Ausländer in denStraßen von Magdeburg"... und wir sollen glauben, es sei alles wieder wiein den 30er Jahren unter Hitler. In Italien hat der Demagoge Berlusconi dieRegierungsgeschäfte übernommen und ernannte drei Rechtsradikale als Minister.Kurz danach ließ der Stadtrat von Vicenza einen Marsch einiger Hundert Neonazismit Hakenkreuz-Fahnen zu. Plötzlich warnen die Politiker vor einem neuen"Marsch auf Rom". Der wirkliche Marsch wurde von der bürgerlichenLinken am 25. April organisiert. Dieser Marsch zog nämlich trotz Regens ca.300.000 Menschen an, die sich unter der Fahne des Antifaschismus versammelten.Die propagandistische Trickkiste, so wie wir sie seit der Zeit nach dem 2.Weltkrieg kennen, wurde wieder ausgepackt.
In Frankreich warnen sowohl die Führer der KP als auch der SozialistischenPartei vor der faschistischen Gefahr, nachdem sie jahrelang den Führer derNationalen Front Le Pen als Schreckgespenst dargestellt haben. Als ein DutzendWaffen-SS Veteranen die Strände der Normandie mit ihrem Besuch"beehrten", musste dies als ein Beispiel für die wachsende Bedrohungdurch die "Feinde der Demokratie" herhalten.
Die 50 Millionen Kriegstoten werden von den Medien, angefangen von CNN bishin zur kleinsten Lokalzeitung, als die Opfer ausschließlich der Nazisdargestellt. In den meisten europäischen Staaten wird viel Aufheben gemacht umdie Aktionen von rechtsextremen Gruppen. Gerade rechtzeitig bringt Hollywoodeinen Film raus über das Massaker an den Juden in Europa (Schindlers List). DerIdealismus der tapferen GIs, die zu Tausenden an den Küsten der Normandie imNamen der Freiheit starben, wird hochgelobt.
Diese militärischen Feiern vermeiden sorgfältigst die Verbrechen der"siegreichen Demokratien"[1]. Dabei reichen deren Verbrechenaus, um die Führer dieser Staaten in die gleiche Gesellschaft einzuordnen wieHitler, Mussolini und Hirohito. Aber selbst dieses Denken ist eine Konzessionan die Personifizierung von "Kriegsverbrechen". Die Diktatoren warenalle nur "untergeordnete" Schergen, denn die herrschende Klasse, dieBourgeoisie, ist als Klasse insgesamt der Hauptkriegsschuldige. Als Goebbelserklärte, wenn man eine Lüge nur oft genug wiederhole, dann werde daraus eineWahrheit, zog sein zynisches Gegenstück, Churchill, nach und sagte: "InKriegszeiten ist die Wahrheit so kostbar, dass sie immer durch einen Berg von Lügengeschützt werden muss"[2].
Die meisten Rekruten zogen kaum mit Enthusiasmus in den Krieg, da dasTrauma des 1. Weltkriegs noch auf ihnen lastete, weil die Generation ihrer Vätergerade 20 Jahre zuvor im Krieg dezimiert worden war. Die große Flüchtlingsbewegungin Frankreich, der Terror, den der Nazi-Staat gegen die deutsche Bevölkerungausübte, die massiven Verschleppungen von ganzen Bevölkerungsteilen in denstaatskapitalistischen stalinistischen Regimen, all das wird heute in denZeitungsberichten verschwiegen. All die angeblich "objektiven" Dokumentationenund Artikel bringen immer nur einen Namen "Hitler"! Ähnlich wie imMittelalter, als die Pest als eine Strafe, von Gott geschickt, aufgefasstwurde. Im dekadenten Kapitalismus hat jetzt die herrschende Klasse eine neueGeißel gefunden: die braune Pest. In der Geschichte haben die herrschendenKlassen immer ein neues Übel erfunden, um eine Interessensgemeinschaftzwischen den Unterdrückten und ihren Unterdrückern herbei zu schwören. DiePersonifizierung der Ereignisse um Diktatoren oder alliierte Generale ist nützlich,um die Tatsache zu übertünchen, dass sie nichts anderes als ausführende Organeihrer jeweiligen Bourgeoisie waren. Namen werden in den Vordergrund gestellt,um dafür zu sorgen, dass die gesellschaftlichen Klassen in Kriegszeiten verschwinden.In einem neuen Kreuzzug gegen das Böse soll jeder sich in diese Einheiteinreihen.
1933 - das Jahr der Machtübernahme durch Hitler, war ein Schlüsseljahr. Wiedie Revolutionäre um BILAN zeigten, nicht weil es eine "Niederlage derDemokratie" gegeben hätte, sondern weil es ein entscheidender Sieg derKonterrevolution war, vor allem in dem Land, wo die Arbeiterklasse zuvor am stärkstengewesen war. Die Machtübernahme durch Hitler kann nicht nur allein durch denentwürdigenden Versailler Vertrag erklärt werden, der Deutschland wegen derReparationszahlungen auf die Knie zwang. Insbesondere weil die Arbeiterklasseals Gefahr für die herrschende Klasse von der Bühne der Geschichte verschwand.
In Russland fing der Staat an, Bolschewiki und revolutionäre Arbeiter imgroßen Maßstab zu massakrieren. All das geschah mit der schweigenden Zustimmungder westlichen Demokratien, die vorher schon die weißen Armeen aufgestellthatten, welche ab 1919 in Russland eingefallen waren, um die damaligeArbeitermacht zu bekämpfen. In Deutschland hatte das sozialdemokratischeRegime der Weimarer Republik Hitlers Schergen den Platz überlassen nach derenSieg bei den republikanischen Wahlen. Die "sozialistischen" Führer,die für das Massaker an den deutschen Arbeitern verantwortlich waren - Scheidemann,Noske usw. - gaben ihr Mandat demokratisch ab. Sie wurden während derdarauffolgenden 5 Jahre Nazi-Herrschaft nie wirklich bedrängt.
Die Kämpfe in Spanien und Frankreich während der 30er Jahre waren nur nochAusläuferstreiks in Anbetracht der Niederlage, die die Arbeiterklasseinternational erlitten hatte. Der Wahlsieg der Faschisten in Italien undDeutschland war nicht die Ursache dafür, sondern sie war das Ergebnis derNiederlage der Arbeiterklasse auf ihrem eigenen Klassenterrain. Als sie denFaschismus hervorbrachte, erfand die Bourgeoisie keine neue Art Regime,sondern einen Staatskapitalismus, wie er unter Roosevelts New Deal oder unterStalins Kapitalismus vorhanden war. In Kriegszeiten vereinigen sich die Fraktionender Bourgeoisie ihrem Wesen nach auf nationaler Ebene, da sie die proletarischeGefahr weltweit ausgeschaltet haben - und diese Vereinigung kann die Form derNazi- oder stalinistischen Parteien annehmen.
Die "wachsende Gefahr" wurde in Komplizenschaft mit Stalin und derrussischen Bourgeoisie von den Vasallen der Kommunistischen Partei des neuenrussischen Imperialismus organisiert. Es geschah unter dem Deckmantel derIdeologie der "Volksfront", die eine Desorientierung der Arbeiterbewirkte, nachdem sie sich für das Programm der nationalen Einheit und dieVorbereitungen für den imperialistischen Krieg einspannen lassen sollten.
Die französische KP zog 1935 die Nationalflagge, die Trikolore, hoch, alssie den Laval-Stalin-Pakt unterzeichnete, wodurch die Arbeiter ins Massakergetrieben wurden: "Falls Hitler trotz alledem einen Krieg anfängt, sollteer wissen, dass er dem vereinten französischen Volk entgegentreten muss, mitden Kommunisten an vorderster Front, um die Sicherheit des Landes und dieFreiheit und Unabhängigkeit des Volkes zu verteidigen". Die KP brach inSpanien die letzten Streiks und ließ Arbeiter mit Hilfe der GPU (StalinsGeheimpolizei) niederschießen, bevor Franco deren schmutzige Arbeit abschloss.Die stalinistischen Führer flüchteten dann nach Frankreich und Russland, genauwie de Gaulle und Thorez (Führer der KPF), als diese jeweils nach London undMoskau flüchteten.
DER WEG ZUM IMPERIALISTISCHEN KRIEG
Von 1918 bis 1935 hatte es weltweit viele Kriege gegeben, aber sie hattennoch nicht Europa erfasst. Oder es gab "Befriedungskriege" wie diedes französischen Imperialismus in Syrien, Marokko und Indochina. Revolutionärewie die Gruppe BILAN sahen die ersten Warnsignale mit dem Krieg in Äthiopien,wo auch der britische Imperialismus und die Armee Mussolinis beteiligt waren.Es diente den Interessen der westlichen Verbündeten, als sie Faschismus mitKrieg identifizieren konnten. Die Schuld für den nächsten Weltkrieg konntesomit leicht dem Faschismus angelastet werden. Das faschistische Schreckgespensterschien noch größer nach dem Sieg Francos 1939 in Spanien. Die Propaganda derAlliierten konnte "mit Recht" auf die Hunderttausende Flüchtlinge,die Opfer des Franco-Regimes waren, weisen. Es folgte eine Zeit des"status quo", als ein "Friede gesucht" wurde, währendDeutschland das Rheinland militärisch wieder besetzte und 1938 den"Anschluss" Österreichs betrieb. Der Münchner Konferenz vom 30.Sept.1938 folgte im Oktober des gleichen Jahres die Besetzung des tschechischenSudetenlandes. Die Tschechen waren noch nicht einmal zur Konferenz nach Müncheneingeladen worden, und als Deutschland im März 1939 die Tschechoslowakeiselber besetzte, rührten weder Frankreich noch England einen Finger. Daladierund Chamberlain wurden nach ihrer Rückkehr aus München enthusiastisch von denMassen begrüßt, die glaubten, "der Friede" sei gerettet. Tatsächlichspielten aber beide Seiten auf Zeitgewinn. Offizielle Historiker haben sichseitdem damit begnügt, die unzureichende Bewaffnung Frankreichs und Großbritanniensals Erklärung anzuführen. Tatsächlich aber waren die Kriegsbündnisse nochnicht ganz fest gezurrt worden. Die deutsche Bourgeoisie spielte noch mit derHoffnung eines Bündnisses mit Frankreich und Großbritannien gegen Russland. Dasdeutsche Volk war ebenso wie die Menschen in Großbritannien und Frankreichhinters Licht geführt worden: "... Die Deutschen begrüßten auch Chamberlainstürmisch, weil sie in ihm den Retter vor dem Krieg sahen. Mehr Menschen kamenzu seiner Begrüßung als zu der von Mussolini... München war voll von UnionJacks (britische Fahne), die Massen außer sich vor Freude. Als Chamberlain nachEngland zum Flughafen Heston zurückkehrte, wurde er wie ein Messias empfangen.In Paris wurde eine öffentliche Spendensammlung eingeleitet, um dem britischenPremierminister ein Geschenk zu machen"[3].
1937 leitete Japan seine Besetzung Chinas ein, eroberte Peking und bedrohtedamit die US-Vorherrschaft im Pazifik. Am 24. August 1939 kam es mit demdeutsch-russischen Pakt (Hitler-Stalin-Pakt) zum Paukenschlag. Hitler hattesomit freie Hand, Westeuropa anzugreifen. In der Zwischenzeit fiel dieWehrmacht am 1. Sept. 1939 in Polen ein. Auch Russland marschierte in Polen ein.Zögerlich erklärten die französische und britische Regierung Deutschland zweiTage später den Krieg. Die italienische Armee eroberte Albanien. Ohne förmlicheKriegserklärung landete die Wehrmacht im April 1940 in Norwegen.
Die französische Armee begann die Saar-Offensive, aber sie kam nach dem Todvon Tausenden von Soldaten zum Stehen. Danach erklärte Stalin, der damit seineAnhänger zum Narren hielt, welche erklärt hatten, der Hitler-Stalin-Pakt seiein Pakt mit dem Teufel, um Hitler vom Angriff gegen Westeuropa abzuhalten:"Nicht Deutschland hat Frankreich und Großbritannien angegriffen, sondernFrankreich und Großbritannien haben Deutschland angegriffen.... Nach dem Beginnder Feindseligkeiten machte Deutschland Frankreich und Großbritannien Friedensangebote,und die Sowjetunion unterstützte offen die deutschen Vorschläge. Die führendenPolitiker Frankreichs und Großbritanniens verwarfen die deutschen Friedensvorschlägeschroff und die Versuche der Sowjetunion, den Krieg schnell zu beenden".
Niemand wollte gegenüber der Arbeiterklasse die Verantwortung für die Auslösungdes Krieges übernehmen. Nach dem Krieg gab es plötzlich keine"Kriegsministerien" mehr sondern nur noch"Verteidigungsminister". Auch fällt auf, dass der Nazi-Staat starkdaran interessiert war, als der "angegriffene Staat" zu erscheinen.Albert Speer bemerkt in seinen Memoiren die folgende Erklärung Hitlers:"Wir werden nicht den gleichen Fehler machen wie 1914. Wir müssen jetztunserem Feind die Schuld in die Schuhe schieben". Am Vorabend desKrieges mit Japan wiederholte Roosevelt die gleiche Aussage: "DieDemokratien dürfen nie als der Aggressor erscheinen". 9 Monate Abwarten, mit Gewehr bei Fuß, bestätigendieses Zögern all der Kriegsteilnehmer. Der Historiker Pierre Miquel stelltfest, dass Hitler den Angriff gegen den Westen nicht weniger als 14-malaufgrund mangelnder deutscher Vorbereitungen und schlechter Wetterbedingungenaufschob.
Am 22. Juni 1941 marschierte Deutschland in die Sowjetunion ein, wodurchder "brillante" Stratege Stalin völlig überrascht wurde. Am 8.Dezember, nachdem der amerikanische Imperialismus seine eigenen Soldaten inPearl Harbour hatte umbringen lassen (die US-Geheimdienste hatte den japanischenAngriff vorhergesagt), erklärten die USA, und nachdem sie sich als Opfer der japanischen Angriffedarstellten, Japan den Krieg. Schließlich erklärten dann Deutschland undItalien am 11. Dezember 1941 den USA den Krieg.
Einige Bemerkungen sind hier notwendig nach dem kurzen Überblick über den"diplomatischen Weg" zum Weltkrieg, nachdem die Arbeiterklasse zumSchweigen gebracht worden war. Die beiden lokalen Kriege (Äthiopien undSpanien) hatten schließlich die Faschisten nach Jahren der Medienpropaganda inEuropa als "Kriegstreiber" dargestellt. Die militärischen Aufmärscheund Paraden Hitlers und Mussolinis waren sicher besser organisiert als diefranzösischen Feiern zum 14. Juli oder die amerikanischen und britischenNationalfeiern, aber sie waren nicht weniger absurd. Zwei weitere Kriege imHerzen Europas (Tschechoslowakei und Polen) führten zur schnellen Niederlageder mit ihnen verbündeten "Demokratien". Nachdem der Tschechoslowakei(und Spanien) keine Unterstützung gewährt wurde, zwang sich die"Verteidigung der Demokratie" und der bürgerlichen Freiheiten nachder Besetzung Polens durch die "totalitären Regime" Russlands undDeutschlands geradezu auf. Politisch-diplomatische Manöver können sich überJahre hinziehen. Aber bewaffnete Konflikte können Auseinandersetzungen innerhalbkürzester Zeit durch Waffen regeln - zum Preis eines gewaltigen Abschlachtens.Der Krieg wurde erst wirklich nach einem Jahr zu einem Weltkrieg, nachdemDeutschland Großteile Europas erobert hatte. Mehr als 4 Jahre lang unternahmendie USA keinen entscheidenden Schlag gegen die Invasoren, womit die deutscheWehrmacht in Europa den Gendarmen spielen konnte. Die USA, die weit entferntvon Europa sind, waren anfänglich mehr um ihre Vorherrschaft wegen der japanischenBedrohung im Pazifik besorgt. Der Weltkrieg dauerte länger als die vorherigenlokalen Kriege, und dies kann nicht allein aufgrund der Stärke der Wehrmachterklärt werden oder der verschiedenen Wendungen der imperialistischen Diplomatie.Es ist zum Beispiel gut bekannt, dass ein Teil der amerikanischen Bourgeoisieviel lieber mit der deutschen Bourgeoisie zusammengegangen wäre, anstatt sichmit dem "kommunistischen" Regime Stalins zusammenzuschließen. Genausohatte die deutsche Bourgeoisie vergeblich versucht, sich mit Frankreich undEngland gegen Stalin zusammenzuschließen. 1940 und 1941 erhielt die englischeBourgeoisie von Hitler Friedensangebote, bevor es zur Operation"Barbarossa", dem Feldzug gegen Russland, kam. Das Gleiche, als MussolinisArmee in Nordafrika eine Niederlage erlitt. Die britische Regierung zögerte umsomehr, da sie dazu neigte, alles zu tun, damit die beiden großen "totalitärenRegime" sich gegenseitig dezimierten. Aber es wäre ein Fehler hierstehenzubleiben und zu glauben, dass die Hauptkraft, die dem Kriegstreiben derBourgeoisie entgegensteht, das Proletariat, einfach von der Bildflächeverschwunden wäre, nur weil die Herrschenden einen das Volk"vereinigenden" Krieg wollten.
Die Marxisten können nicht einfach abstrakt den Krieg als solchenuntersuchen, unabhängig von der jeweiligen historischen Phase. Im 19.Jahrhundert, in der aufsteigenden Phase des Kapitalismus, war der Krieg einunabdingbares Mittel zur Eröffnung neuer Entwicklungsmöglichkeiten. Kanonenwurden damals zur Eroberung neuer Märkte eingesetzt. Dies wurde von der GaucheCommuniste de France (GCF) im Jahre 1945 aufgezeigt. Sie war eine der wenigenGruppen, die während des Krieges dem proletarischen Internationalismus treugeblieben war. "In der Dekadenzphase, wo der Kapitalismus historischgesehen alle Entwicklungsmöglichkeiten ausgeschöpft hat, bietet der moderne,d.h. der imperialistische Krieg, der Ausdruck dieser Dekadenz ist, keineweitere Entwicklungsmöglichkeit der Produktion. Der Krieg führt nur zur Zerstörungder Produktivkräfte und zum Aufhäufen einer Ruine nach der anderen... Je mehrdie Märkte schrumpfen, desto verbissener wird der Kampf um den Besitz anRohstoffen und die Kontrolle des Weltmarktes. Der wirtschaftliche Kampf zwischenverschiedenen kapitalistischen Gruppen spitzt sich mehr und mehr zu; er nimmtimmer mehr die Gestalt des Kampfes zwischen den Staaten an. Der auf die Spitzegetriebene ökonomische Kampf zwischen Staaten kann letzten Endes nur durchmilitärische Gewalt gelöst werden. Der Krieg wird zum einzigen Mittel, mit demjedes nationale Kapital versucht, die Schwierigkeiten zu lösen, vor denen essteht. Dies geht nur auf Kosten der imperialistischen Rivalen"[4].
DIE NATIONALE EINHEIT WÄHREND DESKRIEGES
Die bürgerlichen Historiker hängten die schnelle Niederlage der altenkontinentalen Großmacht Frankreich nicht besonders hoch an die Glocke. Nichtnur die klimatischen Bedingungen hatten den Angriff der Wehrmacht hinausgezögert.Der deutsche Staatsapparat hatte Hitler nicht zufällig gewählt, denn diedeutsche Staatsführung, das waren keine Dummköpfe. Es wurden geheime diplomatischeVerhandlungen geführt. Selbst mitten während des Krieges kann es zu einerUmkehr von alten Allianzen kommen. Darüberhinaus war sich die deutscheBourgeoisie immer dessen bewusst, dass ausgehend von Erinnerungen an denAufstand der Arbeiter und Soldaten 1918, die Ernährungsfrage von hochrangigerBedeutung ist. 1938 befand sich eine herrschende Klasse in Deutschland an derMacht, welche das Erbe der 1. Weimarer Republik übernommen hatte, die dank derNiederschlagung der proletarischen Revolution von 1918/1919 entstanden war.Die Bataillone der SS waren aus den alten Freikorps zusammengestellt, die dieMassaker an den aufständischen Arbeitern 1918/1919 übernommen hatten. Wederder Aufstand der Kommune von Paris 1870, noch die Oktoberrevolution 1917, nochdie Kämpfe in Deutschland 1919 waren vergessen worden. Auch wenn sie politischgeschlagen war, blieb die Arbeiterklasse für die Bourgeoisie eine gefährlicheKlasse.
Der schnelle Sieg des deutschen Imperialismus in der Tschechoslowakei warein Ergebnis des Nervenkriegs, des Bluffs, geschickter Manöver und vor allemder Spekulation um die Angst aller Regierungen wegen der Folgen einesKrieges gewesen, falls dieser zu schnell ohne entsprechende Unterwerfung derArbeiterklasse ausgedehnt worden wäre. Während die französischen Generalenoch mit dem alten Konzept des Stellungskriegs von 1914 verbunden waren, hatteder deutsche Generalstab seine Kriegsstrategie "modernisiert" unddie Taktik des Blitzkrieges eingeführt. Nur langsam vorzurücken, ohne hartzuzuschlagen, bedeutet aus dieser Blitzkriegssicht (während des Golfkriegeswurde dies wieder bestätigt) eine sichere Niederlage anzusteuern. Schlimmernoch, denn je zerbrechlicher die Unterstützung für den Krieg innerhalb derBevölkerung ist, bedeutet jeder Zeitverschub, jedes Hinauszögern, dass diekriegsführenden Soldaten selbst untereinander über die Fronten hinwegKontakt aufnehmen können und damit das Risiko von Erhebungen und sozialen Explosionenanwächst. Im 20. Jahrhundert ist die Arbeiterklasse zweifelsohne zum erstenBataillon gegen den imperialistischen Krieg geworden. Hitler selbst meinte gegenüberAlbert Speer, die "Industrie ist ein Faktor, der für die Entwicklung desKommunismus günstig wirkt". Hitler ging auch davon aus, dass nach derEinführung von Zwangsarbeitsmaßnahmen in Frankreich im Jahre 1943 die Möglichkeitvon Arbeitsniederlegungen und Streiks, welche die Produktion bremsen würden,ein Risiko sei, das man in Kriegszeiten eingehen müsse. Die deutscheBourgeoisie hatte also so etwas wie einen bismarckschen Reflex. Denn Bismarckwar während des Aufstands der Pariser Arbeiter in der Pariser Kommune gegendie französische Bourgeoisie mit dieser Erfahrung konfrontiert worden.Damals war der Vormarsch der deutschen Truppen blockiert worden. Die deutscheBourgeoisie fürchtete damals die Ausbreitung dieses Aufstandes unter dendeutschen Arbeitern und Soldaten. 1918 hatten schließlich auch die deutschenArbeiter und Soldaten, angespornt durch die Revolution in Russland, durch dieEntfaltung des Bürgerkrieges gegen ihre eigene Bourgeoisie reagiert.
In Frankreich fand jedoch so etwas wie ein Ermüdungskrieg nach demabrupten Ende der ersten deutschen Militäroffensive statt. Deutschland wolltesich vor allem einen Lebensraum im Osten eröffnen und zog es sogar vor, sicheher mit den beiden westlichen "demokratischen" Ländern zu verbünden,anstatt einen Großteil seiner militärischen Kapazitäten für deren Besetzungzu verschwenden. Deutschland unterstützte die Kriegspartei Lavals und Doriots,die alte Pazifisten waren und sich zuvor auf den Sozialismus berufen hatten.Diese pro-faschistischen Fraktionen waren jedoch eine Minderheit, die für eindeutsch-französisches Bündnis eintrat. Die gesamte Bourgeoisie war sehr besorgtwegen der mangelnden Mobilisierung des französischen Proletariats für denKrieg. Die Arbeiterklasse war in Frankreich nicht mit Bajonetten undFlammenwerfern niedergeworfen worden wie die Arbeiterklasse in Deutschlandzwischen 1918-23.
Die deutsche Bourgeoisie musste also auch in Frankreich vorsichtigvorgehen, denn sie wusste, dass Frankreich sowohl militärisch als auch gesellschaftlichzerbrechlich war. Der Beweis war das langsame Auseinanderfallen der französischenBourgeoisie zwischen auf der einen Seite den feigen Militärs und denPazifisten, die sich bald als Kollaborateure mit dem Besatzungsregimeherausstellten, und die für die Kontrolle der Arbeiter zu sorgen hatten.
Die Volksfront hatte entscheidend zur Aufrüstung beigetragen und damitauch zur politischen Entwaffnung der Arbeiter. Aber sie hatte es nicht geschafft,die nationale Einheit vollständig herzustellen. Die Polizei hatte vieleStreiks zerschlagen und Hunderte militante Arbeiter verhaftet, die zwar nichtalle klare Vorstellungen davon hatten, wie sie sich dem Kriege entgegenstellensollten, die aber trotzdem gegen den Krieg waren. Der linke Flügel der französischenBourgeoisie hatte die Arbeiter mit dem Schwindel der Volksfront beruhigt, diein dieser Situation den Arbeitern den "bezahlten Urlaub" zugestand,während die Arbeiter in diesem Urlaub für den Krieg selbst mobilisiert wurden.Der Einfluss der pazifistischen links-extremen Fraktionen des Kapitalsverhinderte gleichzeitig, dass eine wahre Klassenalternative aufkam. In Ergänzungzur Sabotagearbeit der Stalinisten veröffentlichten die Anarchisten, die inden Gewerkschaften noch über großen Einfluss verfügten, im September 1939 einFlugblatt "Frieden sofort!", das von einer Handvoll von Intellektuellenunterzeichnet war: "Keine Blumen am Gewehr, keine Heldenlieder, keineHurra-Rufe an die Soldaten, die an die Front ziehen. Es wird behauptet, dassdies in allen kriegsführenden Ländern so sei. Der Krieg wird vom ersten Tag anvon allen Seiten - vor und hinter der Front verurteilt -. Schließen wirschnell den Frieden".
Der "Frieden" kann aber nicht die Alternative gegenüber demKrieg im dekadenten Kapitalismus sein. Solche Resolutionen dienen nur dazu,die Tendenz zu stärken, "Rette sich wer kann", m.a.W. dass individuelleLösungen wie Flucht ins Ausland für die Bessergestellten angestrebt werden. DieVerwirrung in den Reihen der Arbeiter nimmt damit nur zu, ihre Sorgen und ihrBestreben etwas zu tun, können nicht wirklich zum Ausdruck kommen, sondernverfangen sich in den Reihen der linken und extrem-linken Parteien und Gruppierungen,die diese wiederum dann auf ein antifaschistisches Terrain ziehen, auf demangeblich ihre Interessen verteidigt werden.
Die französische Gesellschaft brach jedoch so stark auseinander, dass diedeutsche Armee kurz nach der ersten großen Bombardierung von Rotterdam (40.000Tote) am 10. Mai 1940 ohne auf großen Widerstand zu stoßen die zerbrechlicheMaginot-Linie in Frankreich überschreiten konnte. Die Offiziere der französischenArmee flüchteten als erste und ließen ihre Truppen zurück. Die niederländische,belgische, luxemburgische Bevölkerung wie des Nordens Frankreichs, Pariseingeschlossen, flüchtete in großen Scharen Richtung Süden und nach Mittel- undSüdfrankreich. So kam es zu einer der größten Massenfluchtbewegungen. Diese"mangelnde Widerstandsbereitschaft" der Bevölkerung wurde ihr spätervon den Ideologen des Maquis (unter denen viele wie Mitterand und die"sozialistischen" Führer Belgiens und Italiens erst von 1942 ihreWeste gewechselt haben) vorgeworfen, um nach dem Krieg alle möglichen Erpressungsversuchezu unternehmen, damit die Arbeiterklasse sich für den Wiederaufbau opferte.
Der Blitzkrieg hinterließ jedoch mehr als 90.000 Tote und mehr als 120.000Verletzte auf französischer und 27.000 Tote auf deutscher Seite. DieserBlitzkrieg brachte für mehr als 10 Millionen Menschen unvorstellbare Lebensbedingungen.1.5 Millionen Menschen wurden als Gefangene nach Deutschland verfrachtet. Natürlichist das wenig im Vergleich zu den 50 Millionen Kriegstoten insgesamt.
In Europa litt dann die Zivilbevölkerung unter den schlimmsten Verlusten,die es jemals in Kriegszeiten gegeben hatte. Noch nie waren so viele Frauen undKinder im Krieg gefallen. Die Zahl der zivilen Opfer überstieg zum ersten Malin der Weltgeschichte die Zahl der toten Soldaten.
Mit einem nahezu bismarckschen Reflex ging die deutsche Bourgeoisie dazu über,Frankreich in zwei Teile zu spalten: eine besetzte Zone, der Norden mit derHauptstadt, um direkt in Lauerstellung gegenüber England gehen zu können. Undeine "freie" Zone, der Süden, an deren Spitze der General Petain,genannt der Tölpel, stand, und der ehemalige "Sozialist" Laval,Mitglied der ehrenwerten Internationale. Dieser Staat der Kollaboration unterstütztedie Deutschen bis es den Alliierten bei ihrem Vormarsch gelang, den deutschenImperialismus zurückzudrängen.
Die ständige Angst vor einer Erhebung der Arbeiter gegen den Krieg, auchwenn diese noch so schwach waren, war selbst bei denjenigen zu spüren, die dieLinken als "antisozial" darstellen. Die Kollaborationszeitung"L’Oeuvre" spricht grobschlächtig von der Notwendigkeit von Gewerkschaften- diese sog. sozialen Errungenschaften der Volksfront - die in den Dienst derBesatzer treten sollen. Sie schlugen damit mehr oder weniger die gleichen Töneein wie irgendeine linke oder trotzkistische Gruppierung: "Die Besatzersind stark daran interessiert, dass es zu keinem Widerstand der Arbeiter kommt.Sie wollen, dass die Arbeiter nicht den Kontakt verlieren, und dass sie ineine gut organisierte gesellschaftliche Bewegung integriert werden... DieDeutschen wünschen, dass die Arbeiter in Berufsorganisationen eingegliedertwerden. Zu diesem Zweck müssen die notwendigen Führungskräfte zur Verfügunggestellt werden, die das Vertrauen der Arbeiter genießen... Und diese Führungskräftemüssen dann eine Autorität ausstrahlen und der Gefolgschaft der Arbeitersicher sein"[5],(L’OEUVRE, 29.08.1940).
Ab dem Jahr 1941 fingen einige Mitglieder der französischenKollaborationsregierung an, sich über die Zeit nach der Besatzung Gedanken zumachen und die Frage der Aufrechterhaltung der gesellschaftlichen Ordnung aufzuwerfen.Die Bourgeoisie um Petain und der im Exil befindliche De Gaulle, der als der Führerdes "freien Frankreichs" auftrat, nahmen diskret Kontakteuntereinander auf. Ihr Hauptanliegen bestand darin, die gesellschaftliche undpolitische Ordnung beim Übergang zwischen den beiden Regierungsformenaufrechtzuerhalten. Die Ideologie der sehr schwachen Résistance-Bewegung, dievon der liberalen, in Großbritannien im Exil befindlichen Fraktion und von den Stalinisten der KPF inFrankreich verbreitet wurde, stieß anfänglich auf große Schwierigkeiten, alses darum ging, die Arbeiter für die nationale Union, für die "Befreiungdes Landes" zu mobilisieren. 1943 half die Bourgeoisie gegen ihren Willennach, die Reihen der "Terroristen" zu verstärken, indem sie eineneue Regelung einführte, der zufolge für jeden nach Deutschland verschicktenZwangsarbeiter ein Kriegsgefangener nach Frankreich zurückkehren könnte. Abergrundsätzlich waren es die linken und extrem-linken Parteien, die es schafften,die Arbeiter für die Résistance auf der Grundlage des Sieges der"Schlacht um Stalingrad" zu mobilisieren.
Änderungen der imperialistischen Bündnisse und die mögliche Reaktion desProletariats waren zu dieser Kriegszeit die Hauptfragestellungen der Bourgeoisie.Formell trat der Wendepunkt im Krieg 1942 ein, als die japanische Expansion imOsten zum Halten gekommen war, und die Schlacht um El Alamein, die zurEntscheidung über die Ölfelder führte, stattfand. Im gleichen Jahr fing dieSchlacht um Stalingrad an, wo der stalinistische Staat dank der US-militärischenUnterstützung einen Sieg verzeichnen konnte (die USA lieferten Waffen undPanzer, die technisch höher entwickelt waren als die russischen Geräte). Ingeheimen Verhandlungen hatte Stalin sein Versprechen der Kriegserklärung anJapan als ein Faustpfand eingebracht. Der Krieg hätte damals schnell zu Endegebracht werden können, insbesondere nachdem ein Teil der deutschenBourgeoisie stark daran interessiert war, Hitler wieder loszuwerden und ihn1944 zu ermorden versuchte. Die Alliierten ließen jedoch die Drahtzieher desAttentates gegen Hitler isoliert, wodurch der Nazi-Staat mit uneingeschränkterGewalt gegen die Attentäter vorgehen konnte (Admiral Canaris Valkyrie Plan).
Aber die Reaktion des italienischen Proletariats musste nun berücksichtigtwerden. Der Krieg musste noch zwei Jahre fortgeführt werden, bevor die bestenKräfte des Proletariats abgeschlachtet worden waren, und um einen so überhastetenFriedensabschluss wie den von 1918 zu vermeiden, der damals mit der Revolutionauf seinen Fersen abgeschlossen worden war.
Nach der Erhebung des italienischen Proletariats trat 1943 ein Wendepunktim Krieg ein. Weltweit benutzte die Bourgeoisie die Isolation und die Niederlageder italienischen Arbeiter dazu, der Résistance in den besetzten LändernAuftrieb zu verschaffen, um die Unterstützung der Bevölkerung für den zukünftigenkapitalistischen Frieden zu erreichen. Bis dahin bestanden die meisten Gruppender Résistance hauptsächlich aus kleinen Minderheitsgruppen vonnationalistischen Kleinbürgern, die terroristische Methoden benutzten. Dieanglo-amerikanische Bourgeoisie verherrlichte dann die Ideologie der Résistance.Sie erhielt Auftrieb nach dem Sieg in Stalingrad und nachdem die KPs sich inden meisten Ländern pro-westlich orientiert hatten. Die Arbeiter sahen keinengroßen Unterschied zwischen der Ausbeutung durch einen deutschen und französischenUnternehmer. Sie hatten keinen Wunsch gezeigt, im Namen des englisch-französischenImperialismus Polen zu unterstützen und dabei ihr Leben zu lassen. Sie hattensich nicht für einen Krieg mobilisieren lassen, der nicht ihren Interessen entsprach.Sie jetzt für die "Verteidigung der Demokratie" einzuspannen,erforderte, dass sie von ihrem Klassenstandpunkt aus dabei für sich einePerspektive erkennen müssten. Stalingrad als Wendepunkt des Krieges und die Möglichkeitder Herrschaft der Besatzungsarmeen ein Ende zu setzen, die"Freiheit" wiederzuerlangen, selbst mit "eigenen Polizeikräften",ließ die Hoffnungen der Arbeiter ansteigen, wobei gleichzeitig der"befreiende Kommunismus" - verkörpert durch Stalin - sein Gift ausstieß.Ohne diese Lüge wären die Arbeiter den bewaffneten Résistance-Bandenfeindselig gegenüber eingestellt geblieben, deren Handlungen die Gewalt desNazi-Terrors nur noch erhöhten. Ohne die Unterstützung der Stalinisten undTrotzkisten hätte die Bourgeoisie in London und Washington keine Aussichtdarauf gehabt, die Arbeiter für den Krieg mobilisieren zu können. Im Gegensatzzum Krieg von 1914 ging es jetzt nicht darum, die Arbeiter in Reih und Gliedzu zwingen, um sie zur Schlachtbank zu führen, sondern ihre Unterstützung auf"zivilem Boden" zu gewinnen, sie in das Netz der Résistance einzugliedern,den Enthusiasmus nach dem Stalingrad-Sieg auszunutzen.
In Italien und Frankreich schlossen sich viele Arbeiter dem Maquis an,weil sie die Illusion hatten, somit wieder zum Klassenkampf zurückfinden zu können.Die Stalinisten und Trotzkisten stellten gar den Vergleich an mit der PariserKommune (denn damals erhoben sich die Arbeiter gegen ihre eigene Bourgeoisie -angeführt von dem neuen Thiers - Pétain - während die Deutschen seinerzeitFrankreich besetzt hielten). Die Bevölkerung wurde seit dem Kriegsbeginnterrorisiert und musste sich somit hilflos gegenüber dem Krieg vorkommen. VieleArbeiter schlossen sich den Banden der Résistance an und wurden unter demEindruck in den Tod geschickt, dass sie für eine "sozialistische Befreiung"Frankreichs oder Italiens kämpften. Mit anderen Worten: dass sie einen"neuen Bürgerkrieg gegen ihre eigene Bourgeoisie führten". Genausowie 1914 deutsche und französische Arbeiter an die Front unter dem Vorwandgeschickt worden waren, dass Deutschland und Frankreich "den Sozialismusexportierten". Die stalinistischen und trotzkistischen Gruppen der Résistancesprachen bei dieser Erpressung davon, dass die Arbeiter an "vordersterStelle beim Kampf für die Unabhängigkeit der Völker" zu stehen hätten.Dies traf insbesondere auf einen Schlüsselbereich der Wirtschaft zu, welcherdie Wirtschaft hätte lahmlegen können: die Eisenbahnen.
Gleichzeitig wurde ohne das Wissen vieler Arbeiter ein Kampf um dieVorherrschaft innerhalb der rechten Fraktionen der Résistance darüber geführt,wie die alte kapitalistische Ordnung nach dem Krieg wiederhergestellt werdenkönnte. Teams von amerikanischen Geheimagenten aus dem AMGOT (Allied MilitaryGovernment for the Occupied Territories) waren nach Frankreich und Italien geschicktworden (dies war der Beginn der P2 Loge und der Komplizenschaft der italienischenund amerikanischen Bourgeoisie mit der Mafia). Sie sollten sicherstellen, dassdie Stalinisten nicht zu viel Macht bekämen, um sich dem russischenImperialismus anzuschließen. So wurde den Stalinisten immer deutlicher ihre ihnenzugeteilten Rolle aufgezeigt. Dies wurde besonders in dem Bereich klar, wosie wahre Experten sind: der Sabotage von Arbeiterkämpfen, der Entwaffnungvon eher "utopisch" eingestellten Résistancegruppen und der Niederschlagungder Arbeiter, die gegen die Erfordernisse des Wiederaufbaus protestierten.Sofort nach der "Befreiung" und als Beweis der Komplizenschaft allerBourgeoisien gegen das Proletariat rekrutierte die westliche herrschendeKlasse - bei gleichzeitiger Verurteilung einiger Kriegsverbrecher - um dasGesicht zu bewahren - eine Reihe von ehemaligen Nazi- und stalinistischenFolterexperten als nützliche Geheimagenten in den meisten europäischenHauptstädten. Die erste Aufgabe dieser neu Rekrutierten bestand natürlichdarin, der russischen Seite entgegenzutreten. Aber es ging auch darum, den"Kampf gegen den Kommunismus" (Arbeiteraufstände) zu führen, um denWiderstand der Arbeiter selber auszuhöhlen, denn diese Gefahr bestand für dasKapital selbst noch nach den Schrecken des Krieges.
DIE MASSIVE ZERSTÖRUNG DES PROLETARIATS
Wir überlassen es den Bürgerlichen, über die Zahl der Toten in denjeweiligen Ländern zu streiten[6]. Aber es gibt keinenZweifel, dass die russische Bevölkerung am meisten gelitten hat. Mehr als 20Millionen Tote an der europäischen Front. Diese Opfer wurden bei den Feierlichkeitenanlässlich des 50. Jahrestages der Landung der Alliierten in der Normandienicht erwähnt. Heute beschuldigen russische Historiker weiterhin die USA, dieLandung in der Normandie herausgezögert zu haben, um die UdSSR in Anbetrachtdes heraufziehenden kalten Krieges weiter auszubluten: "Die Landung fandstatt, als das Schicksal Deutschlands schon durch die sowjetische Gegenoffensivean der Ostfront besiegelt war"[7].
Am Ende der fetten Jahre des Wiederaufbaus fingen die bürgerlichenLiberalen mit ihrem hohen Priester Solschenizyn an, entrüstet über dieMillionen Toten in Stalins Gulags zu lamentieren. Sie gaben vor zu vergessen, dassdie wirkliche Krönung der Konterrevolution nur mit der vollen Komplizenschaftdes Westens im Krieg vollzogen worden war. Wir wissen, wie gnadenlos dieBourgeoisie nach einer Niederlage der Arbeiterklasse vorgeht (Zehntausende vonKommunarden wurden mit ihren Frauen und Kindern abgeschlachtet und nach derNiederlage von 1871 verschleppt). Die Art und Weise, wie der 2. Weltkriegdurchgeführt wurde, ließ der Bourgeoisie freien Spielraum, um dieArbeiterklasse noch mehr zu massakrieren, als sie es schon 1917 getan hatte.Die Russen trugen das Gewicht des 4 Jahre dauernden Kriegs in Europa alleinauf ihren Schultern. Erst Anfang 1945 betraten die Amerikaner deutschenBoden, wodurch die Zahl ihrer eigenen Toten gering gehalten, und der sozialeFrieden in den USA aufrechterhalten werden konnte. Die Millionen russischenOpfer verdeutlichten in der Tat ein tragisches Heldentum, denn ohne amerikanischeMilitärhilfe wäre das rückständige stalinistische Regime von dem industrialisiertenDeutschland besiegt worden.
Nach solch einem Aderlass hatte es der russische Staat nicht nötig,"eine demokratische Maske" zu zeigen, um seine Ordnung aufzuzwingen.Die Alliierten ließen die russischen Soldaten an Millionen Deutschen Vergeltungüben. Sie ließen Russland den Status einer "Siegermacht" einnehmen,denn die Erfahrung seit 1914 bewies, dass solch ein Schritt dazu beitrug, densozialen Frieden aufrechtzuerhalten. Die russische Regierung und ihr Diktatorließen der deutschen Armee ausreichend Spielraum, damit diese den Aufstand vonWarschau niederschlagen konnte. Genauso wie sie Hunderttausende von Zivilistenin Stalingrad und Leningrad vor Hunger und Kälte umkommen ließen. Souvarinzufolge verheizten sie Millionen Menschenleben in den Arbeitslagern.
Um den siegreichen imperialistischen Appetit Russlands zu befriedigen (dasstalinistische Regime demontierte zahlreiche Fabriken in Osteuropa, währendder Westen von der Wiederaufbauhilfe durch die USA profitierte), war esnotwendig, dass die Arbeiterklasse daran gehindert wurde, nicht von der"Befreiung" der Bourgeoisie zu profitieren.
Eine intensive Propagandakampagne wurde sowohl im Westen als auch im"totalitären" Russland anlässlich des Völkermords an den Judendurchgeführt, über den die Alliierten seit dem Beginn des Krieges im Bildegewesen waren. Wie einige ernsthaftere Historiker anerkannt haben, liegt dieErklärung für diesen Völkermord nicht im Mittelalter, sondern ist im Rahmendes kalten Krieges zu finden. Das Massaker erreichte solche Ausmaße nach demBeginn des Krieges mit Russland. Das Problem der großen Massen von Gefangenenund Flüchtlingen musste von der deutschen Bourgeoisie "gelöst"werden. Der Nazi-Staat machte sich die größten Sorgen um die Ernährung seinereigenen Truppen, auch wenn das bedeutete, dass ein Teil der Bevölkerung, der fürdie Kriegsaufwendungen eine Belastung war, früher in den Tod geschickt werdenmusste (Kugeln und Munition mussten für die russische Front gehortet werden,insbesondere nachdem sich herausgestellt hatte, dass das Massenerschießenselbst für die Erschießungskommandos einen demoralisierenden Effekt hatte).Auf der Bermuda-Konferenz 1943 beschlossen die Alliierten nichts für die Judenzu unternehmen. Damit zogen sie es vor, dass die Juden eher ausgelöschtwurden, als dass die Alliierten sich um die gewaltige Flüchtlingsmasse kümmernwürden, die entstanden wäre, wenn die Nazis diese Massen von Judenausgewiesen hätten. Eine Reihe von Verhandlungen wurde mittels Rumänien undUngarn geführt. Alle stießen auf die höfliche Ablehnung Roosevelts. Der meistbekannte Vorschlag, der heute hinter der humanitären Aktion eines Schindlersverdeckt wurde, war der von Eichmann an Vertreter der Alliierten. DerVorschlag lautete: Wir tauschen 100.000 Juden gegen 10.000 LKWs. Die Alliiertenlehnten diesen Tausch ab. Ein britischer Staatsrepräsentant sagte: "DerTransport von so vielen Menschen würde nur unseren Kriegsbemühungenschaden"[8].
Der Völkermord an den Juden, die ethnische "Säuberung" durch dieNazis, war eine perfekte Ausrede für die Barbarei, die von den siegreichenAlliierten ausgeübt wurde. Die Konzentrationslager wurden der Öffentlichkeitgeplant und mediengerecht inszeniert zugänglich gemacht. Dieser Berg von Lügen,der dazu diente, von den Besiegten ein Bild des Teufels zu malen, sollte jedeInfragestellung der alliierten Terrorbombenangriffe unmöglich machen. Diesealliierten Terrorangriffe verfolgten nämlich das Ziel, die Arbeiterklasse aufder ganzen Welt zum Schweigen zu bringen. Einige Zahlen verdeutlichen diesenHorror.
- Juli 1943, Hamburg, 50.000 Tote,
- 1944: Darmstadt, Königsberg, Heilbronn 24.000 Tote, Braunschweig 23.000Tote,
- 13-14. Februar 1945: Bombardierung Dresdens, Folgen: ca. 250.000 Tote,
- innerhalb von 18 Monaten wurden 45 der 60 größten deutschen Städte zerstört,mehr als 650.000 Tote,
- März 1945: Bombardierung Tokios, 80.000 Tote,
- August 1945: Hiroshima und Nagasaki,
- in Frankreich wie woanders war die Arbeiterklasse die Hauptzielscheibe:Tausende wurden in Le Havre und Marseille getötet, während der Landung derAlliierten führten die Bombardierungen von Caen und anderen Städten neben den20.000 Toten unter den Soldaten zu hohen Opfern unter der Zivilbevölkerung,
- 4 Monate, nachdem sich das deutsche Reich ergeben hatte, nachdem sichJapan praktisch auf den Knien befand, zerstörten die schlimmsten Waffen allerZeiten Hiroshima und Nagasaki. Der Vorwand: amerikanisches Leben solltegerettet werden. Der Arbeiterklasse sollte für immer vor Augen geführt werden,dass die herrschende Klasse eine "allmächtige Klasse" sei.
In einem weiteren Artikel werden wir die Reaktionen der Arbeiterklasse währenddes Krieges behandeln, die von all den Historikern verschwiegen werden. Dabeiwerden wir auch die Haltung, die Positionen und Aktivitäten der revolutionärenMinderheiten aufgreifen.
Damien
(aus International Review, Nr. 78,3. Quartal 1994).
[1] siehe INTERNATIONALE REVUE Nr. 13, "DieMassaker und Verbrechen der großen Demokratien", 3. Quartal 1991,
[2] "The Secret War", A.C.Brown,
[3] 34-39: L`Avant-guerre, Michel Ragon, Ed. Denoel, 1968
[4] Bericht zur internationalen Situation, 14.07.1945
[5] L`Oeuvre, 29.8.1940
[6] siehe Internationale Revue, Manifest des9. Kongresses der IKS
[7] Le Figaro, 6.6.1944
[8] Siehe "Die Geschichte Joel Brands" vonAlex Weissberg. Ein halbes Jahrhundert später verhält sich der Kapitalismusgegenüber dem Flüchtlingsproblem noch immer gleich: "Aus ökonomischenund politischen Gründen (jeder Flüchtling kostet $ 7.000) will Washingtonnicht, dass die Quota der Juden auf Kosten der Flüchtlinge aus Lateinamerika,Asien und Afrika steigt, die mit keiner Unterstützung rechnen können undvielleicht mehr "verfolgt" sind (Le Monde, 4.10.1989, "Diesowjetischen Juden wären am meisten von Einwanderungsbeschränkungenbetroffen“). Das Europa Maastrichts steht dem in nichts nach: "aus europäischerSicht sind die meisten Asylbewerber keine wirklichen Asylanten, sondern Wirtschaftsflüchtlinge,die man auf einem schon gesättigten Arbeitsmarkt nicht aufnehmen kann"(Libération, 9.10.1989).
Das ist derdekadente Kapitalismus. Da er die Entfaltung der Produktivkräfte fesselt, musser in Kriegs- und Friedenszeiten einen Großteil der Menschen eines langsamenTods sterben lassen. Die Heuchelei in Anbetracht der "ethnischen Säuberungen"auf dem Balkan und des Mordes an über 1 Millionen Einwohnern Ruandas innerhalbweniger Wochen zeigen die "wahren Fähigkeiten" des Kapitalismusauf. Indem sie die Massaker geschehen lassen, genauso wie sie damals denGenozid an den Juden zugelassen haben, tun die westlichen Demokratien so, alsob sie damit nichts zu tun hätten; in Wirklichkeit aber sind sie nicht nurKomplizen, sondern heute sind sie noch stärker als im Fall der Juden direktbeteiligt.