Die Bewegung der Gelbwesten – ein Volksaufstand ohne Perspektive

Printer-friendly version

Der Volksaufstand der „Gelbwesten“ ist kein Teil des Kampfes der Arbeiterklasse. Im Gegenteil, diese klassenübergreifende Bewegung konnte nur entstehen und die gesamte gesellschaftliche Bühne mehrere Wochen lang besetzt halten aufgrund der Leere, welche aufgrund der Schwierigkeiten der Arbeiterklasse entstanden ist, sich massiv in den Kampf gegen die ökonomischen Angriffe der Regierung und der Arbeitgeber auf ihrem eigenen Klassenboden, mit ihren eigenen Kampfmethoden einzubringen.

An der Revolte der „Gelbwesten“ haben sich die periphersten und unerfahrensten Teile der Arbeiterklasse, die in ländlichen Gebieten und im Einzugsgebiet der Vororte der Großstädte leben, beteiligt. Sie wurden für Parolen eingespannt, die auch von Kleinunternehmern und Handwerkern vertreten werden. Die Tatsache, dass viele der ärmsten Lohnempfänger in der klassenübergreifenden Bewegung mitgewirkt haben, die in den sozialen Netzwerken initiiert wurde, hat sie besonders anfällig für die reaktionärsten antiproletarischen Ideologien gemacht: den patriotischen Nationalismus, den Populismus der extremen Rechten (mit seinem ausländerfeindlichen Programm und der Aufforderung „Frankreich stark zu machen“) und schließlich die Forderung nach dem Referendum über die Bürgerinitiative (RIC). Es ist kein Zufall, dass die Bewegung Rassemblement National von Marine Le Pen (wie auch das gesamte rechte Lager) die „Gelbwesten“ von Anfang an unterstützt hat!

Das Proletariat hat nichts zu gewinnen, wenn es sich dieser Bewegung der „französischen Bürger“ anschließt, die Trikolore verteidigt und die Marseillaise singt. Die Arbeiterklasse kann nur noch mehr von ihrer Identität als revolutionäre Klasse verlieren, wenn sie  hinter den perspektivlosen und verarmten sozialen Schichten hinterherläuft, die durch die Erhöhung der Kraftstoffsteuern und den Rückgang der Kaufkraft bei den Kleinunternehmern, Handwerkern, Bauern usw. umgetrieben sind. 

Diese Bewegung der „Gelbwesten“ ist bestenfalls der sichtbarste und spektakulärste Ausdruck der gewaltigen Wut, die in der Bevölkerung und insbesondere in der gesamten ausgebeuteten Klasse angesichts der hohen Lebenshaltungskosten und der von der Macron-Regierung veranlassten Sparmaßnahmen aufkocht. Sie ist bestenfalls nichts anderes als ein Vorbote der zukünftigen Klassenkämpfe des Proletariats.

Weil der Volksaufstand der „Gelbwesten“ die widerwärtigen Merkmale des Zerfalls der kapitalistischen Gesellschaft in sich trägt (fremdenfeindliche Vorurteile, Angst vor der Invasion von Migranten, die kommen, „das Brot der Franzosen zu essen“ und „von unseren Steuergeldern zu profitieren“ ...), stellt er einen Aufruf an die Verantwortung des Proletariats angesichts des Ernstes der Herausforderungen der aktuellen historischen Situation dar.

Wenn es der ausgebeuteten Klasse nicht gelingt, ihre Schwierigkeiten zu überwinden und wieder auf der gesellschaftliche Bühne in Erscheinung zu treten und den Kampf mit ihren eigenen Orientierungen (einschließlich der Solidarität mit Einwanderern), ihren eigenen Kampfmethoden (einschließlich massiver und souveräner Vollversammlungen) zu führen; wenn sie es nicht schafft, sich dem gewerkschaftlichen Würgegriff zu entwinden, kann die Gesellschaft nur im Chaos und weiter in ihrem Fäulnisprozess versinken – mit der Folge einer grenzenlosen Armut und unerbittlicher Unterdrückung für die Ausgebeuteten.

Nur wenn sich die proletarische Klasse im Kampf als eigenständige und unabhängige Klasse erkennt, kann sie die anderen nicht-ausbeutenden sozialen Schichten in ihren Kampf gegen den Kapitalismus integrieren. Dieses Phänomen der „Inklusion“ kann sich nur dann entwickeln, wenn das Proletariat die Führung in einer gewaltigen Bewegung gegen Ausbeutung und Elend übernimmt und dazu in der Lage ist, jede Ideologie und jede Kampfmethode resolut zu verwerfen, die sich gegen die von der Arbeiterbewegung geerbten proletarischen Prinzipien richten.

Die Ablehnung des Nationalismus und die Bekräftigung des Internationalismus sind der Grundstein, der den Weg für die Politisierung der zukünftigen Kämpfe des Proletariats bereiten muss.

Die klassenübergreifende, nationalistische und reformistische Bewegung der „Bürger“ in „Gelbwesten“ ist eine Sackgasse; sie kann der Gesellschaft keine Perspektive eröffnen. Nur der revolutionäre Klassenkampf des Proletariats ist die Zukunft der Menschheit. Das Endziel des Klassenkampfes der Ausgebeuteten ist weder eine „gerechtere“ Verteilung des Reichtums noch eine Verbesserung der bürgerlichen Demokratie, sondern die Abschaffung der Ausbeutung des Menschen durch den Menschen und die Diktatur des Kapitals in allen Ländern der Welt.

Gegen alle Formen des Nationalismus, gegen Fremdenfeindlichkeit und die Mentalität, „Herr im eigenen Haus“ sein zu wollen.

ES LEBE DER INTERNATIONALISTISCHE KLASSENKAMPF DES PROLETARIATS!

Révolution Internationale, 31.12.2018

Rubric: 

Gelbwesten