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Dezember 2006

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Die Entwicklung des Kapitalismus und die neue Perspektive - Internationalisme 1952

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Der hier veröffentlichte Text erschien erstmals in der Nr.46 von "Internationalisme" im Sommer 1952. Das war die letzte Nummer dieser Zeitschrift, und der Artikel enthält, wie schon der Titel sagt, in gewisser Hinsicht eine zusammengefasste Bilanz der Positionen und politischen Orientierungspunkte dieser Gruppe. Deshalb ist er von besonderem Interesse. Was klargestellt werden muss, ist der Unterschied zwischen der Perspektive, wie sie sich aus dem Text ergibt, und der, die wir heute erkennen können. "Internationalisme" analysierte die Periode nach dem zweiten Weltkrieg richtig als eine Fortführung der Reaktion und des Rückflusses des proletarischen Klassenkampfs. Als Konsequenz davon verurteilte "Internationalisme" den bordigistischen Aufruf zur Gründung der Partei als künstlich und abenteuerlich. Ebenfalls richtig war die Behauptung, dass der Kapitalismus mit dem Ende des zweiten Weltkrieges nicht aus seiner dekadenten Phase austrat, und dass alle Widersprüche, die den Kapitalismus in den Krieg geführt hatten, ihn unerbittlich in neue Kriege stoßen würden. Aber "Internationalisme" merkte nicht oder stellte nicht genügend klar, was die Phase des Wiederaufbaus im Zyklus Krise-Krieg-Wiederaufbau bedeutete. Aus diesem Grund und im Kontext des Kalten Krieges USA-UDSSR sah "Internationalisme" keine Möglichkeit des Wiedererstarkens des Proletariats. Es sah diese Möglichkeit erst im Zusammenhang mit einem dritten Weltkrieg. Es gibt auch heute noch Revolutionäre, die diese Vorstellung vertreten. Die Krise jedoch, die notwendigerweise der Wiederaufbauphase folgte, und während derer viele Mystifikationen zerstört wurden, hat ein Wiedererstarken des Kampfes der Arbeiterklasse erlaubt, und den Weltkapitalismus aufgrund seiner inneren Widersprüche dazu gezwungen, seinen Klassenfeind anzugreifen. Wenn die Perspektive der Unvermeidbarkeit eines dritten Weltkrieges im Kontext der 50er Jahre verstanden werden muss, in denen es dazu auch eine reale Gefahr gab, so gibt es heutzutage keinen Grund mehr, diese Auffassung aufrecht zu erhalten. Der Kapitalismus findet heute in den lokalen Kriegen ein Ventil für seine Widersprüche und Antagonismen, aber er kann keinen generalisierten Krieg führen, solange er das Proletariat nicht erfolgreich geschlagen hat. Eine Bewegungslosigkeit und Passivität des Proletariats kann er nur erreichen, indem er die Arbeiterklasse offen angreift und die Kampfkraft der Arbeiter zerdrückt. Es ist genau diese Konfrontation, dieser neue Angriff, welche heute unsere Perspektive darstellen. Nichts erlaubt uns, einen ungünstigen Ausgang dieser kommenden Konfrontationen vorherzusagen. Mit all ihren Kräften müssen die Revolutionäre den Erfolg des Kampfes ihrer Klasse unterstützen.

Révolution Internationale 1974

Der hier veröffentlichte Text erschien erstmals in der Nr.46 von "Internationalisme" im Sommer 1952. Das war die letzte Nummer dieser Zeitschrift, und der Artikel enthält, wie schon der Titel sagt, in gewisser Hinsicht eine zusammengefasste Bilanz der Positionen und politischen Orientierungspunkte dieser Gruppe. Deshalb ist er von besonderem Interesse. Was klargestellt werden muss, ist der Unterschied zwischen der Perspektive, wie sie sich aus dem Text ergibt, und der, die wir heute erkennen können. "Internationalisme" analysierte die Periode nach dem zweiten Weltkrieg richtig als eine Fortführung der Reaktion und des Rückflusses des proletarischen Klassenkampfs. Als Konsequenz davon verurteilte "Internationalisme" den bordigistischen Aufruf zur Gründung der Partei als künstlich und abenteuerlich. Ebenfalls richtig war die Behauptung, dass der Kapitalismus mit dem Ende des zweiten Weltkrieges nicht aus seiner dekadenten Phase austrat, und dass alle Widersprüche, die den Kapitalismus in den Krieg geführt hatten, ihn unerbittlich in neue Kriege stoßen würden. Aber "Internationalisme" merkte nicht oder stellte nicht genügend klar, was die Phase des Wiederaufbaus im Zyklus Krise-Krieg-Wiederaufbau bedeutete. Aus diesem Grund und im Kontext des Kalten Krieges USA-UDSSR sah "Internationalisme" keine Möglichkeit des Wiedererstarkens des Proletariats. Es sah diese Möglichkeit erst im Zusammenhang mit einem dritten Weltkrieg. Es gibt auch heute noch Revolutionäre, die diese Vorstellung vertreten. Die Krise jedoch, die notwendigerweise der Wiederaufbauphase folgte, und während derer viele Mystifikationen zerstört wurden, hat ein Wiedererstarken des Kampfes der Arbeiterklasse erlaubt, und den Weltkapitalismus aufgrund seiner inneren Widersprüche dazu gezwungen, seinen Klassenfeind anzugreifen. Wenn die Perspektive der Unvermeidbarkeit eines dritten Weltkrieges im Kontext der 50er Jahre verstanden werden muss, in denen es dazu auch eine reale Gefahr gab, so gibt es heutzutage keinen Grund mehr, diese Auffassung aufrecht zu erhalten. Der Kapitalismus findet heute in den lokalen Kriegen ein Ventil für seine Widersprüche und Antagonismen, aber er kann keinen generalisierten Krieg führen, solange er das Proletariat nicht erfolgreich geschlagen hat. Eine Bewegungslosigkeit und Passivität des Proletariats kann er nur erreichen, indem er die Arbeiterklasse offen angreift und die Kampfkraft der Arbeiter zerdrückt. Es ist genau diese Konfrontation, dieser neue Angriff, welche heute unsere Perspektive darstellen. Nichts erlaubt uns, einen ungünstigen Ausgang dieser kommenden Konfrontationen vorherzusagen. Mit all ihren Kräften müssen die Revolutionäre den Erfolg des Kampfes ihrer Klasse unterstützen.

Révolution Internationale 1974

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Wir veröffentlichen hier eine Reihe von Referaten, die im Laufe von gemeinsamen Treffen mit Genossen der "Union Ouvriere Internationaliste" entstanden sind. Um eine möglichst schnelle Diskussion darüber zu ermöglichen, geben wir sie hier in einer zergliederten Form wieder. Dadurch ergibt sich, dass der Leser keine statistischen Hinweise und keine genauen Darlegungen finden wird. Es ist dem Genossen M. überlassen, der die Verantwortung für seine Referate trägt, sie zu erweitern oder ihnen die nötigen Ausführungen zuzufügen. Wir wünschen uns eine Diskussion, die so breit wie möglich ist, sich jedoch an den Texten orientiert. Es ist überflüssig, auf der Wichtigkeit einer solchen Diskussion und der Veröffentlichung aller dazugehörenden Dokumente zu beharren.

Die Entwicklung des Kapitalismus und die neue Perspektive

Bevor wir die generellen Charakteristiken des Kapitalismus auf seiner heutigen Stufe des Staatskapitalismus darlegen, ist es notwendig, sich an die Grundzüge der kapitalistischen Produktionsweise zu erinnern und diese zu verdeutlichen. Das ganze ökonomische System, das mit einer Klassengesellschaft verbunden ist, hat den Zweck der Ausbeutung der Mehrarbeit der Arbeiterklasse zugunsten der ausbeutenden Klasse. Was die verschiedenen Systeme unterscheidet, ist die Art der Aneignung der Mehrarbeit durch die herrschende und ausbeutende Klasse und die der Entwicklung der Produktivkräfte, die dadurch einen unabdingbaren Charakter erhält. Wir beschränken uns hier darauf, die wesentlichsten Grundzüge der kapitalistischen Ausbeutung der Arbeitskraft in Erinnerung zu rufen.

Die Trennung der Produktionsmittel vom Produzenten

Geleistete und angeeignete Arbeit ist tote Arbeit. Sie, die tote Arbeit beherrscht und beutet die jetzige Arbeit(skraft) aus, die lebendige Arbeit. Mit anderen Worten: Weil die Kapitalisten (nicht individuell, sondern als Klasse) die tote Arbeit d.h. die Produktionsmittel besitzen, können sie die Arbeit der Proletarier ausbeuten. Das ganze wirtschaftliche Leben ist der Suche nach Profit untergeordnet. Dieser Profit wird teils durch die Bourgeoisie verzehrt, zum größten Teil aber dient er der Wiederherstellung (Reproduktion) und Erweiterung des Kapitals.

Die Produktion als Warenproduktion

Die Beziehungen der einzelnen Gesellschaftsmitglieder nehmen die Form von Warenbeziehungen an. Die Arbeitskraft selbst ist eine Ware, die zu ihrem Wert bezahlt wird: dieser Wert ist der Wert der Produkte, die zur Wiederherstellung der Arbeitskraft notwendig sind. Die Zunahme der Arbeitsproduktivität senkt den Wert der Waren,

die von der Arbeiterklasse konsumiert werden und folglich auch den Wert der Arbeitskraft selbst. Somit vermindert sich auch der Lohn im Verhältnis zum Mehrwert. Je mehr sich die Produktivität erhöht und der Anteil der Arbeiter sich vermindert in dieser Produktion, desto mehr sinkt auch der Arbeitslohn, gemessen an dieser erhöhten Produktion. Der Warenaustausch findet auf dem Gesetz des Wertes dieser Waren statt (Wertgesetz). Dieser Warenaustausch wird gemessen durch die Menge gesellschaftlich notwendiger Arbeit, die für die Produktion der Waren verwendet wird. Diese Charakteristiken, die wir hier aufgezählt haben, findet man in jedem Stadium der Entwicklung des Kapitalismus vor. Die Entwicklung hat diese Grundzüge ohne Zweifel verändert. Aber diese Veränderungen, die sich innerhalb des Kapitalismus abspielen, bleiben zweitrangig, sie verändern das kapitalistische System nicht grundlegend.

Die Aneignungsweise

Man kann den Kapitalismus nicht analysieren, ohne sein Wesen zu erfassen: das Verhältnis Kapital - Arbeit. Man muss das Verhältnis zwischen Kapital und Arbeit betrachten und nicht das zwischen Kapitalisten und Arbeitern. In den vorkapitalistischen Gesellschaften gründete der Besitz an Produktionsmitteln auf der individuellen persönlichen Arbeit. Der Besitz an Produktionsmitteln war tatsächlich Privatbesitz, so waren auch die Sklaven Produktionsmittel. Der Besitzer der Produktionsmittel war selbständig und diese Selbständigkeit war nur begrenzt durch Abgaben an Stärkere (Zolltribute, Lehensabgaben). Mit dem Kapitalismus gründete sich der Besitz an Produktionsmitteln auf der gesellschaftlichen Arbeit. Der Kapitalist ist dem Marktgesetz unterworfen. Seine Freiheit ist innerhalb wie außerhalb seines Unternehmens begrenzt. Er kann nicht "auf Verlust" produzieren, indem er die Marktgesetze überschreitet. Das Ergebnis wäre der sofortige Konkurs. Dies würde jedoch nur den Konkurs des Einzelkapitalisten bedeuten und nicht den Fall der Kapitalisten als Klasse. Der Grund liegt darin, dass die Bourgeoisie als Klasse kollektiver Besitzer der Produktionsmittel der ganzen Gesellschaft ist. Die Lage des Einzelkapitalisten ist instabil und wird dauernd in Frage gestellt. Auch Marx bestätigte dies: "Die aus der kapitalistischen Produktionsweise hervorgehende kapitalistische Aneignungsweise, daher das kapitalistische Privateigentum, ist die erste Negation des individuellen, auf eigene Arbeit gegründeten Privateigentums." ("Das Kapital", Band 1, Seite 791). Denn der kapitalistische Besitz ist Besitz der Kapitalistenklasse als solches. Diesen Sachverhalt zeigte Marx in seinem Werk "Zur Kritik der Politischen Ökonomie" auf, nämlich dass die Besitzverhältnisse "juristischer Ausdruck für die Produktionsverhältnisse sind". Der Privatbesitz des Einzelkapitalisten an seinem Betrieb steht in einem engen Verhältnis mit der jeweiligen Phase des Kapitalismus. Er ist notwendigerweise gebunden an das tiefe Niveau der Produktivkräfte und an die Tatsache, dass das kapitalistische Expansionsfeld noch weiträumig ist und nicht einer übergeordneten Art der Konzentration des Besitzes unterliegt. Unter diesen Bedingungen war der Eingriff des Staates in die Wirtschaft zufällig, der Staat blieb ein politischer Organismus, mit der Regelung der Gesellschaft im Interesse der Kapitalisten beauftragt. Wenn jedoch das tiefe Niveau der Entwicklung der Produktivkräfte die Existenz einer globalen privaten kapitalistischen Fraktion nach sich zieht (gebildet durch ihre Unternehmungen), folgt daraus nicht automatisch, dass ein hohes Niveau der Produktivkraftentwicklung den Rückgriff auf den Staatskapitalismus erfordert. Das hohe Niveau der Entwicklung der Produktivkräfte produziert ganz sicher eine Besitzkonzentration, wie man sie mit der Aktiengesellschaft und dem Monopol erlebt. Aber es genügt nicht, sich nur darauf zu berufen, um den Rückgriff des Kapitalismus auf den Staatskapitalismus zu erklären. Eigentlich, gemäß der strengen Logik des Eigentums, hätte und hat sich teilweise auch die Konzentration anders, d. h. monopolistisch auf internationalem Maßstab (z.B. in Kartellen) entwickeln können, statt in nationalem Rahmen, der alle Formen staatlichen Besitzes beinhaltet.

Der Kapitalismus als historisch notwendige Etappe für die Errichtung des Sozialismus

Einer der wichtigsten Wesenszüge der Ausbeutung des Menschen durch den Menschen ist der, dass das Ergebnis der gemeinsamen Produktion nicht dazu dient, die gemeinsamen Bedürfnisse der menschlichen Gesellschaft zu befriedigen. Es existiert ein Kampf um die Aufteilung der Güter oder, anders gesagt, um die Ausbeutung der Arbeit(skraft). Auch die historische Möglichkeit der Emanzipation der Arbeiterklasse kann es nicht sofort ermöglichen, die gesamten Bedürfnisse der Gesellschaft zu decken, ohne ein bestimmtes Niveau der Entwicklung der Produktivkräfte erreicht zu haben. Um den Sozialismus, die klassenlose Gesellschaft zu errichten, ist es notwendig, diesen Stand der Produktivkraftentwicklung abzuwarten, der es erlaubt die alten Klassenwidersprüche zu liquidieren. Der Kapitalismus, der die Produktivkräfte entwickelt hat, stellt somit eine notwendige Vorstufe zur Errichtung des Sozialismus dar. Nur auf den Errungenschaften des Kapitalismus kann der Sozialismus aufgebaut werden. Man kann also nicht wie die Anarchisten behaupten, dass eine sozialistische Perspektive offen war, als sich die Produktivkräfte zurückentwickelten oder auf ihrem Niveau stehen blieben. Der Kapitalismus stellt eine notwendige und unumgängliche Etappe zur Errichtung des Sozialismus dar. Nur der Kapitalismus kann die objektiven Bedingungen für den Sozialismus entwickeln. Aber im aktuellen Stadium des Kapitalismus, und darüber sprechen wir, ist der Kapitalismus eine Bremse zur Entwicklung d. Produktivkräfte geworden. Je länger der Kapitalismus andauert, desto mehr verschlechtern sich die Bedingungen für den Sozialismus. Die Frage, die sich heute stellt, ist die zwischen der historische Alternative Sozialismus oder Barbarei.

Die verschiedenen Theorien über die Entwicklung des Kapitalismus

Als Marx die Entwicklung des Kapitalismus analysierte, konnte er dies nicht anhand von konkreten Grundlagen (Zahlen) über die höchstentwickelten Stufen des Kapitalismus tun. Diese Aufgabe mussten seine Nachfolger übernehmen. Dabei entstanden verschiedene Theorien in der marxistischen Bewegung, die den Anspruch erhoben, Marx Theorie zu aktualisieren. Wir schlagen der Klarheit willen vor, uns die drei wichtigsten dieser Theorien kurz in Erinnerung zu rufen.

Die Theorie der Konzentration

Von Hilferding aufgestellt und später von Lenin übernommen, ist diese Theorie eigentlich mehr eine Beschreibung als eine Interpretation der Entwicklung des Kapitalismus. Sie geht von der generellen Feststellung aus, dass der hohe Grad der Konzentration des Kapitals den Monopolen die leitende Rolle in der Ökonomie überträgt. Die Tendenz dieser Monopole, sich den gigantischen Superprofit anzueignen, führt zur imperialistischen Aufteilung der Welt. Diese Theorie kann angewendet werden auf die Phase des Konkurrenz- und Monopolkapitalismus, aber nicht auf den Staatskapitalismus, der eine Infragestellung der internationalen Monopole darstellt. Eine fortgeschrittene Konzentration bedeutet nicht notwendigerweise die Zuflucht zu Formen der staatlichen Konzentration. Die kapitalistische Konkurrenz ist das Ergebnis der Konkurrenz unter den Kapitalisten, durch die der technisch schlechter gestellte Betrieb aufgesogen wurde durch den größeren, den mit höherer Produktivität. Daraus folgt eine Vergrößerung des überlebenden Kapitalisten. Diese Entwicklung geht so weit, dass gewisse Unternehmen das Auftauchen neuer Unternehmen verhindern, aus der Notwendigkeit der immer höheren organischen Zusammensetzung des Kapitals. Wenn dieser Prozess die Entwicklung der monopolistischen Trusts zu hochkonzentrierten Kapitalien erklärt, beweist dies, unter dem Gesichtspunkt des investierten Kapitalbetrags, noch nicht, dass das Monopol unfähig wäre, den Erfordernissen einer höheren Konzentration als der schon erreichten zu genügen. Die Verstaatlichung bedeutet keineswegs eine höhere Konzentration als die schon durch die Monopole erzielte. Einige monopolistische Absprachen stellen viel mehr eine Tendenz zu einer höheren Konzentration des Kapitals dar als diejenige, die sich in einem einzelnen Staat ergab. Den reformistischen Standpunkt Hilferdings aufgreifend, kam Lenin zu der wenig logischen Schlussfolgerung, dass der Kapitalismus keine Grenzen in der Entwicklung kenne. Auch die Barbarei bedeutete für Lenin nicht eine historische Möglichkeit, sondern vielmehr ein Bild: das der Stagnation der Produktivkräfte und des parasitären Charakters des Kapitalismus. Für Lenin, wie auch für die Sozialdemokraten, aber für diese mit unterschiedlichen Gesichtspunkten und Mitteln, stellte sich die Frage der objektiven Bedingungen der Revolution nicht mehr anhand der Fortentwicklung oder Zurückentwicklung der Produktivkräfte, sondern nur noch unter dem Gesichtspunkt der Notwendigkeit für das Proletariat, die bürgerliche Revolution in eine proletarische umzuwandeln. Dieser letzte Aspekt wird hier später wieder aufgegriffen.

Die Theorie des tendenziellen Falls der Profitrate

Diese Theorie wurde von Henryk Grossmann aufgestellt. Einer Neuformulierung des marxschen Schemas der erweiterten Reproduktion folgend, beharrte Grossmann darauf, dass die fortwährende Erhöhung der organischen Zusammensetzung des Kapitals einen Fall der Wertsteigerung herbeiführt. Ein Fall der Profitrate zieht einen Fall der Profitmasse nach sich. Der fehlende relative Mehrwert widerspricht dem Bedürfnis nach Akkumulation. Die Kapitalisten versuchen die Kosten der Produktion und des Transportes, sowie die Lohnkosten, zu vermindern. Die technische Entwicklung folgt einem sich beschleunigenden Rhythmus, während der Klassenkampf aufgrund der gesteigerten Überausbeutung kraftvoll darauf reagiert. Diese Theorie weist auf ein objektives Ende der kapitalistischen Akkumulation hin: auf seinen Zusammenbruch. Das Kapital findet nicht mehr die notwendigen Bedingungen zur Erzielung einer genügenden Rentabilität vor. Eine Serie von Kriegen, um die Rentabilität aufrecht zu erhalten (der Versuch einer provisorischen Aufrechterhaltung) und danach der Zusammenbruch des Kapitalismus sind die Folgen. Grossmanns Anschauung jedoch scheint nicht überzeugend in dem Punkt, wo er eine absolute Verbindung zwischen dem Fall der Profitrate und der relativen Verminderung der Profitmasse macht. R. Luxemburg schrieb in ihrer "Antikritik": Man sagt, "der Kapitalismus werde schließlich 'an dem Fall der Profitrate' zugrunde gehen. (...) Der Trost wird leider durch einen einzigen Satz von Marx in Dunst aufgelöst, nämlich durch den Hinweis, dass 'für große Kapitale der Fall der Profitrate durch Masse aufgewogen' werde. Es hat also mit dem Untergang des Kapitalismus am Fall der Profitrate noch gute Wege, so etwa bis zum Erlöschen der Sonne." Verlag Neue Kritik Frankfurt, 1966, S. 411] Wie reagiert der Kapitalismus auf den Fall der Profitrate? Schon Marx zeigte auf, dass der Kapitalismus über verschiedene Reaktionsmittel verfügt, um die Ausbeutung der Arbeit rentabel zu halten. Die Verfeinerung der Ausbeutung der Arbeitskraft ist eines dieser Mittel. Ein anderes Mittel ist die Ausdehnung der Produktion: Obgleich bei jedem Produkt der Fall der Profitrate eine Verringerung des relativen Profits nach sich zieht, wird die Vermehrung der Profitmasse erreicht durch die Erhöhung der Summe der produzierten Güter. Schließlich reagiert der Kapitalismus durch die Eliminierung von Faktoren, die sich negativ auf den Profit auswirken. Also bewirkt die Entwicklung vom Konkurrenzkapitalismus zum Monopolkapitalismus die Eliminierung von rückständigen Kleinproduzenten. Man kann deshalb aber nicht behaupten, dass sich dieser Prozess im Staatskapitalismus fortsetzt. Im Gegenteil, man kann mit gutem Grund sagen, dass die staatliche Konzentration eine Schicht hervorbringt die unproduktiv und parasitär ist: die Bürokratie.

Damit gesagt werden könnte, dass Grossmanns Theorie zur Erklärung der Krise genügt, müsste sie beweisen, dass die Vermehrung der Profitmasse den Fall der Profitrate nicht kompensieren kann. Oder mit anderen Worten, dass die Summe des globalen Profits sich verringert trotz eines erhöhten Produktionsausstosses. Der Lehrsatz, den Grossmanns Theorie beweisen will, ist also folgender: Am Ende des neuen Produktionszyklus 'ist der globale Profit niedriger als der des vorangehenden Zyklus'. Eine solche Theorie stimmt vielleicht in der Unendlichkeit des Schemas, aber nicht in den realen Bedingungen der Produktion. Die wirkliche Lösung scheint woanders zu liegen. Die Unmöglichkeit der Ausdehnung der Produktion liegt nicht darin, dass diese ausgeweitete Produktion unrentabel ist, sondern allein darin, dass sie nicht mehr abgesetzt werden kann.

Die Akkumulationstheorie von Rosa Luxemburg

Wie auch über die vorhergehenden Theorien geben wir hier nur eine kurze Zusammenfassung der Thesen von Luxemburg. Luxemburg hat nach vertieften Studien des marxschen Schemas der erweiterten Reproduktion daraus gefolgert, dass die Kapitalisten unfähig sind, den gesamten Mehrwert auf dem vorhandenen Markt zu realisieren. Im Streben nach Akkumulation sind die Kapitalisten gezwungen, einen Teil ihrer Produkte im ausserkapitalistischen Markt abzusetzen, an Produzenten, die ihre Produktionsmittel selber besitzen (Handwerker, Bauern, Kolonien und Halbkolonien). Es ist das Vorhandensein dieses ausserkapitalistischen Milieus, das den Rhythmus der kap. Akkumulation bestimmt. Wenn sich das ausserkapitalistische Absatzgebiet verengt, stürzt der Kapitalismus in eine Krise. Es entwickeln sich Kämpfe zwischen den verschiedenen Sektoren des Weltkapitals um die Ausbeutung dieser ausserkapitalistischen Länder. Das Verschwinden dieser Märkte hat eine permanente Krise des Kapitalismus zur Folge. Luxemburg zeigt anderswo auf, dass der Ausbruch dieser Krise erfolgt, noch bevor die ausserkapitalistischen Märkte ganz verschwunden sind. Um dieses Verschwinden zu überdecken, entwickelt der Kapitalismus eine von Natur aus parasitäre, unproduktive Produktion; die Produktion von Zerstörungsmitteln (Waffen). Der dekadente Charakter des Kapitalismus zeigt sich durch die Unfähigkeit, die Produktion von gesellschaftlichen Werten (Konsumgütern) aufrecht zu erhalten. Der Krieg wird zur Überlebensform des Kapitalismus; Krieg zwischen verschiedenen Staaten oder Staatenbündnissen, oder jegliche Form der Ausplünderung und Unterwerfung der Besiegten. Während in vergangenen Epochen der Krieg eine Expansion der Produktion bei dem einen oder dem anderen der Kontrahenten zur Folge hatte, so bedeutet der Krieg heute einfach den Ruin des einen und des anderen in unterschiedlicher Form. Dieser Ruin zeigt sich auch im Lebensniveau der Bevölkerung und dem immer unproduktiveren Charakter, den die Produktion annimmt. Die Zuspitzung des Kampfes zwischen den Staaten und ihr dekadenter Charakter seit 1914 zwingt jeden Staat, für sich zu schauen und zur staatlichen Konzentration zurückzugehen. Wir gehen hier nicht tiefer, denn es ist die Aufgabe des weiteren Textes, die Thesen anhand der historischen Realität zu erläutern.

Die grundlegenden Charakteristiken des Staatskapitalismus

Der Staatskapitalismus ist kein Versuch, die grundlegenden Widersprüche zu lösen, die der Kapitalismus als System der Ausbeutung der Arbeit in sich trägt, aber er ist ein Ausdruck dieser Widersprüche. Jede kapitalistische Fraktion versucht, die Auswirkungen der Krise auf die anderen Teile der Bourgeoisie abzuwälzen, und sich deren Märkte und Ausbeutungsfelder anzueignen. Der Staatskapitalismus entstand aus der Notwendigkeit für jede kapitalistische Gruppe, ihre Konzentration zu verstärken, um die Märkte der anderen unter ihren Einfluss zu bringen. Die Wirtschaft verwandelt sich dadurch in eine Kriegswirtschaft.

Das Problem der Produktion und des Tausches

In den dem Staatskapitalismus vorangehenden kapitalistischen Entwicklungsphasen, ging der Tausch der Produktion voraus, die Produktion folgte dem Tausch. Wenn die Produktion gleich groß wurde wie der internationale Handel, kam es zur Krise. Diese Krise zeigte die Sättigung der Märkte an. Am Ende der Krise ging der Aufschwung vorerst in der Sphäre des Handels vor und nicht in der Produktion, weil die Produktion der Nachfrage folgte. Seit 1914 kehrte sich dieses Phänomen um: die Produktion bestimmte den Tauschhandel. Es schien zuerst, als sei dies den Zerstörungen des Krieges zuzuschreiben. Aber 1929 holte der Handelsindex den der Produktion wieder ein und löste die Krise aus. Lagerbestände füllten sich, der Kapitalist war unfähig, den Mehrwert auf dem Markt zu realisieren. Vorher wurden die Krisen gelöst durch Erschließung neuer Märkte, was eine Wiederbelebung der Produktion zur Folge hatte. Zwischen 1929 und 1935 fand die Krise kein Ventil in Form einer Erweiterung der Märkte, deren Grenzen erschöpft waren. Die Krise zwang den Kapitalismus in eine Kriegswirtschaft. Der Kapitalismus ist in eine permanente Krise eingetreten, er kann seine Produktion nicht erweitern. Man kann eine bemerkenswert genaue Bestätigung der Theorie von R. Luxemburg feststellen: Die Verengung der ausserkapitalistischen Märkte führt auch zu einer Sättigung der eigentlichen kapitalistischen Märkte.

Das Problem der Krisen

Der Charakter der Krisen seit 1929 ist der, dass sie viel tiefer sind als die vorhergehenden Krisen. Es handelt sich nicht mehr um zyklische, sondern um eine permanente Krise. Die zyklische Krise, die der klassische Kapitalismus kannte, erfasst die Gesamtheit der kapitalistischen Länder. Auch der Wiederaufschwung fand in einem globalen Rahmen statt. Die permanente Krise, die wir heute kennen, zeichnet sich aus durch den Fall des Handelsvolumens und der Produktion in allen kapitalistischen Ländern (so z.B. zwischen 1929 und 1934). Aber man konnte nicht mehr auf einen generellen Wiederaufschwung hoffen. Dieser Wiederaufschwung fand nur noch in einem Sektor der Wirtschaft statt und auf Kosten der anderen Sektoren. Die Krise verschiebt sich nur noch von einem Land auf das andere und stürzt die Weltwirtschaft in eine permanente Krise. Wegen der Unmöglichkeit der Erschließung neuer Märkte schließen sich die Staaten mehr und mehr ab und schauen für sich selbst. Die Universalisierung der kapitalistischen Ökonomie wird durch die vermehrte Autarkie zerbrochen und jedes Land versucht nur noch die eigenen Interessen zu verfolgen. Es entstehen unproduktive Sektoren der Wirtschaft, um die Folgen des zusammengebrochenen Marktes zu lindern. Diese Linderungsversuche verstärken zusätzlich die Auflösung des Weltmarktes. Die Rentabilität, die auf dem Markt erzielt wurde, bestimmte vor 1914 die Währung, das Maß und den Anreiz der kapitalistischen Produktion. Die jetzige Phase des Kapitalismus bremst dieses Gesetz der Rentabilität. Diese wird von nun an nicht mehr auf Betriebsebene festgelegt, sondern auf der Ebene des Staates. Der Ausgleich findet nach einem festgelegten Plan auf nationaler Ebene statt, nicht mehr vermittels des Weltmarktes. Der Staat subventioniert defizitäre Teile der Wirtschaft und übernimmt selber die Verantwortung für die Wirtschaft. Aus dem vorher gesagten darf man aber nicht auf eine Verwerfung des Wertgesetzes schließen. Was wir zu beachten haben ist, dass die Bildung einer einheitlichen Produktion abgetrennt scheint vom Wertgesetz. Sie kann sich bilden, scheinbar ohne die Rentabilität zu berücksichtigen. Der monopolistische Extraprofit wird durch die "künstlichen" Preise realisiert, aber auf dem Feld der globalen Produktion bleibt sie weiterhin an das Wertgesetz gebunden. Die Summe der Preise für die Gesamtheit der Produkte drückt nichts anderes aus als den globalen Wert dieser Produkte. Nur die Verteilung des Profits unter den verschiedenen Gruppen des Kapitals wird verändert: Die Monopole erheischen einen Extraprofit auf Kosten der weniger starken Kapitalisten. Desgleichen kann man sagen, dass das Wertgesetz auf dem Niveau der nationalen Produktion spielt. Das Wertgesetz bewegt sich nicht mehr auf einem individuellen Produktionspreis, sondern auf der Gesamtheit der Produkte. Man führt eine Einschränkung des Wirkungsfeldes des Wertgesetzes ein. Die gesamte Profitmasse wird reduziert aufgrund der Tatsache, dass defizitäre Sektoren auf Kosten der anderen aufrechterhalten werden.

Das Wirkungsfeld des Wertgesetzes

1. Das Kapital

Aus dem vorher Gesagten folgt, dass der rigorose Mechanismus des Wertgesetzes auf der Stufenleiter des Unternehmens oder auf der Ebene einer ganzen Branche der Wirtschaft nicht immer spielt. Das Wertgesetz manifestiert sich auf der Ebene des Handels. Also bleibt wie in vorhergehenden Stadien des Kapitalismus der Markt die letzte Instanz, der einzige Regulator des Wertes der kapitalistischen Güter oder Produkte. Das Wertgesetz scheint geleugnet oder umgangen in einzelnen Ländern oder Sektoren der Industrie, die in den staatlichen Sektor integriert sind. Der Austausch mit anderen Sektoren aber findet auf der Basis des Wertgesetzes statt. In Russland hat das Verschwinden des Privatbesitzes eine große Einschränkung in der Art der Anwendung des Wertgesetzes bewirkt. Dieses Gesetz kann nicht im Handel zwischen zwei staatlichen Sektoren spielen, so wie es auch nicht im Inneren der Fabrik zwischen den verschiedenen Abteilungen spielt. Aber es spielt zu dem Zeitpunkt, wo ein fertiges Produkt gegen ein anderes ausgetauscht wird. Es ist immer die gesellschaftlich notwendige Arbeitszeit, die zu seiner Produktion benötigt wird, die den Preis des Produktes festlegt, und nicht die launische Allmacht eines Bürokraten. Die Produkte werden nach den Bedingungen der Produktion gehandelt und ausgetauscht, und wie "gelenkt" dies immer aussehen mag, auch gemäß den Gesetzen des Marktes. Die Preise bleiben der Warenausdruck des Wertgesetzes.

2. Die Arbeitskraft

Aber der fundamentale Austausch in der kapitalistischen Ökonomie ist der, der zwischen den Produkten und der Arbeitskraft stattfindet. In Russland sowie auch anderswo geschieht der Kauf der Arbeitskraft zu ihrem kapitalistischen Wert. Der bezahlte Preis (Lohn) ist der ihrer Reproduktion. Die mehr oder weniger große Verwertung der Arbeitskraft oder das größere oder kleinere Niveau der Löhne ändert nichts an dieser Tatsache. Der Wert der Arbeitskraft wird teilweise festgelegt durch die Art und Weise wie die Arbeiter auf die Ausbeutung reagieren. Ihr Kampf oder das Nichtvorhandensein von Kämpfen können den Teil der Produktion der ihr in Form des Lohnes zufällt verkleinern oder vergrößern. Die Arbeiter können im Schoße des Kapitalismus jedoch nur auf die Menge der Produkte einwirken, die ihnen im Austausch mit ihrer Arbeitskraft zugeschrieben werden, und nicht auf die Verteilung dieser Produkte, also den Sinn der kapitalistischen Produktion. Das Vorhandensein einer "zusammengefassten" Arbeitskraft in Russland oder anderswo ändert nichts an diesen Betrachtungen. Nein, sie stellt lediglich einen minimalen Teil der Arbeitskraft dar, die auf der Gesamtheit der Gebiete verbraucht wird. Dieses Phänomen bleibt im Rahmen des Verhältnisses Kapital und Arbeitskraft. Die Bedeutung dieses Phänomens zeigt sich in der Notwendigkeit eines kapitalistischen Landes, ein tiefes Lohnniveau aufrecht zu erhalten. Es gibt im Rahmen der Akkumulation ein Druckmittel, um auf die Größe des gesellschaftlichen Gesamtwertes des Produkts zur Reproduktion der Arbeitskraft einzuwirken: die industrielle Reservearmee, die Arbeitslosen. Der vorübergehende Charakter dieses Phänomens bestätigt sich noch, wenn man betrachtet, dass das Grundlegendste, die "zusammengefassten" Arbeitskräfte durch die Arbeit der inneren Kolonisation gelenkt sind. Es handelt sich um Arbeit, die nicht rentabel ist, in entfernter Sichtweise um billige, unspezialisierte Arbeitskräfte. Und es wird unmöglich sein, unter den Bedingungen eines in Rückstand geratenen Landes die Löhne dieser Arbeitskräfte nach ihrem kapitalistischen Wert zu bezahlen. Man muss anfügen, dass sich an einem solchen Einsatz der Arbeitskraft in Russland die Notwendigkeit ergibt, für den Kapitalismus ein wirksameres Mittel, das des politischen Zwangs, zu entwickeln. Es gibt Leute, die sich bemühen, in dieser Form der Ausbeutung eine Rückkehr zum Sklaventum zu erkennen. Dazu bräuchte es aber vorher das vollständige Verschwinden des kapitalistischen Wertgesetzes. Die antiken Sklaven wurden durch ein körperliches Zeichen gestraft, wenn sie ein Vergehen begingen, durch ein Brandmal. Für den russischen Arbeiter, der "Saboteur" genannt wird, wenn er einen Fehler begeht, besteht die Strafe in der Verminderung seines Wertes. Dieser Arbeiter wird gezwungen, ein gewisses Quantum an Arbeitsstunden unbezahlt und zusätzlich zu leisten. Der "Stachanov", der gute Arbeiter genießt den Vorteil des höheren Lohnes und darüber hinaus auch den einer besseren Wohnung und mehr Freizeit. Politisch verfolgt dieses System die Aufspaltung der Klasse der Ausgebeuteten (eine Arbeiteraristokratie bilden, die dem Regime hörig ist). Generell gesagt, wird der Fall der Profitrate und der Profitmasse durch den maximalen Verbrauch der Arbeitskraft verschleiert. Die Zahl der Arbeiter ist gestiegen: Die Proletarisierung der Kleinbürger und Bauernmassen verstärkt sich, die Kriegsversehrten und die geistig Behinderten sind arbeitsfähig gemacht und in den Produktionszyklus reintegriert, die Zeugung und Erziehung von Kindern wird gefördert und unterstützt. Die Arbeitsintensität ist gestiegen, die Arbeitszeiten werden streng kontrolliert etc. Die "Theoretiker" des Zuwachses der Produktivität oder des sog. "Rechts auf Arbeit" [Vollbeschäftigung], machen nichts anderes, als die Tendenz zur maximalen Ausbeutung der menschlichen Arbeitskraft vermittelnd zu erklären.

 

Der Zweck der Produktion

Die Produktion nahm solange zu, bis der Handel zurückzugehen begann. Wohin entwickelte sich diese Produktion, die mit dem Verschwinden der Handelsmöglichkeiten dazu verdammt war, keine soziale Verwendung mehr zu haben? Sie orientierte sich in die Richtung der Produktion von Zerstörungsgütern. Wenn der Staatskapitalismus die individuelle Produktion steigen lässt, entstehen dadurch nicht neue Werte sondern Bomben und Uniformen. Die Finanzierung dieser Produktion geschieht vor allem auf drei Arten:

1. In einem gegebenen Produktionszyklus geht ein immer größerer Teil dieser Produktion in die Produkte, die im folgenden Zyklus nicht mehr auftauchen. Das Produkt verlässt die Produktionssphäre und kehrt nie mehr in sie zurück. Ein Traktor geht in Form von Weizengarben in die Produktion zurück, ein Panzer nicht. Die zu dieser Produktion (Waffen) verwendete gesellschaftliche Arbeit gibt ihr einen Wert. Aber diese gesellschaftliche Arbeit wurde ausgegeben ohne gesellschaftliches Gegenstück: nicht konsumiert, nicht reinvestiert, Sie dient nicht der Produktion. Die Produktion von Waffen oder anderen unproduktiven Gütern kann auf der Ebene des individuellen Kapitalisten rentabel sein aber nicht in einer weltweiten Form. Die Produktion vergrößert sich im Volumen aber nicht im realen sozialen Wert. Also wird ein erster Teil mit der Produktion von Destruktivmitteln der laufenden Produktion entzogen.

2. Ein zweiter Teil wird bezahlt durch das Aufsaugen von unproduktivem Kapital (Rentner, Geschäftsinhaber, Kleinbauerntum, -das Wolle produziert) und dadurch auch durch akkumuliertes produktives Kapital, das aber nicht unentbehrlich ist zur Aufrechterhaltung einer Produktion, die nicht mehr auf die produktive Konsumtion ausgerichtet ist. Die Ersparnisse verschwinden. Genauer gesagt geben die nun folgenden Angaben ein Bild einer Tendenz, wie sie in Frankreich vorhanden ist. Diese Tendenz ist typisch für die allgemeine Entwicklung. "Geschätzte Kaufkraft; das Kapital von 1950 ist 19 500 Milliarden, stellt aber nicht mehr dar als 144 Milliarden von 1911 (gegenüber 286), was heißt, dass im Vergleich nur noch die Hälfte der Kaufkraft besteht. Aber diese Sicht bleibt unvollständig wenn, man die Masse der Ersparnisse nicht in Betracht zieht. Im Zeitraum 1910-1914 waren es 144 Goldmilliarden, die den 300 Mrd. dieser Zeit hinzugefügt werden können. In der Folge der zwei Weltkriege gingen diese Ersparnisse zurück bis nichts mehr übrig blieb. Es war kein Stück mehr vorhanden". Die kommerziellen Gewinne werden durch die staatliche Abschöpfung enorm gekürzt. Schließlich findet eine dauernde inflationäre Geldentwertung statt: Die Kaufkraft des Geldes nimmt ab.

3. Ein dritter Teil schließlich wird direkt von den Arbeitern abgezogen: Durch Verminderung des Lebensstandards und Intensivierung der Ausbeutung der Arbeitskraft. Wie in Frankreich z. B., als der Index der Produktion anfangs 1952 auf 153 war, gegenüber dem Niveau von 1938, der Lebensstandard aber trotzdem um 30% fiel, und es wäre noch mehr, wenn man dies mit der gesteigerten Produktivität vergleichen würde. Dieses offensichtliche Paradox eines fortschreitenden Anstiegs der Produktion, der begleitet wird von einer sich vermindernden Konsumtion der Arbeiter, also dem Schmelzen des aufgehäuften sozialen Kapitals, ist ein Zeichen der Dekadenz des Kapitalismus.

Die soziale Struktur der kapitalistischen Klasse

Gewisse ökonomische Entwicklungen bewirken tiefe soziale Veränderungen. Die Konzentration der ökonomischen Macht in den Händen des Staates - und dadurch die teilweise physische Liquidierung des Bourgeois als individueller Kapitalist beschleunigt eine Entwicklung, die sich schon im vorangegangenen Stadium des Kapitalismus abzeichnete. Zahlreiche Theorien haben floriert, besonders im trotzkistischen Milieu, die vorgaben, diese Entwicklung zu erklären, indem sie ihr die Dynamik des Kampfes einer neuen Klasse gegen die klassische Bourgeoisie zuschrieben. Diese Theorien sprechen von der physischen Zerstörung des Bourgeois, des Privateigentums in Osteuropa und von der Gleichschaltung dieses Prozesses in den faschistischen Ländern, sowie den Ländern mit "Arbeiterregierungen" bzw. Ländern, die "aus der Resistance hervorgegangen" sind. Diese Beispiele erlauben nicht, solche Schlüsse daraus zu ziehen. Eine Theorie aufzubauen auf einer Reihe von Fakten, die lediglich ein Zeugnis einer rückständigen Ökonomie sind, und Fakten, die eher scheinbar als real sind (der Kapitalist ist keine physische Person sondern eine gesellschaftliche Funktion), heißt auf Sand zu bauen. Es gilt, die hoch entwickelte kapitalistische Welt aus dem Blickwinkel einer gesunden Analyse zu betrachten. Die Situation ist als eine Mischung und Verflechtung von traditionellen kapitalistischen Elementen und von Elementen des Staatskapitalismus zu charakterisieren. Eine solche Mischung entsteht nicht ohne Reibungen, Stockungen und Fragezeichen. Der Faschismus und die Resistance sind in diesem Sinne gescheiterte Versuche. Die Verbindung, die unsere "Theoretiker" eines Bürgerkrieges zwischen der neuen Klasse der Bürokraten und dem klassischen Kapitalismus ziehen, verschleiert die Klarheit über die permanente Krise des Kapitalismus. In dieser Krise, deren Auswirkungen explosiv in den Schoß ihres Ursprunges zurückprallen, unterstützen die Trotzkisten (die offiziellen sowie die sog. nichtoffiziellen wie Max Shachtman) einen, wie sie behaupten "progressiven Kampf zwischen zwei historischen Klassen". Die Abwesenheit des Proletariates auf der historischen Bühne scheint also unbedeutend. Zu der Alternative, welche die Geschichte und die Revolutionäre aufzeigen: "Sozialismus oder Barbarei", wird also ein dritter Vorschlag gemacht von unseren "Theoretikern": sich integrieren in den einen oder anderen Block. Diese Unterstützung einer neuen ausbeutenden Klasse im Kapitalismus, welche eine historische Lösung der kapitalistischen Widersprüche mit sich bringen soll, führt zur Preisgabe der revolutionären Ideen und zur Übernahme von kapitalistischen Auffassungen.

 

Die Situation der Kapitalisten

Der Gewinn der Kapitalisten mit Privatbesitz nimmt die Form einer Vergütung, proportional zur Größe des verwalteten Unternehmens an. Der bezahlte Charakter des Kapitalisten im Verhältnis zum Kapital bleibt verdeckt, der Kapitalist erscheint als der Besitzer seines Unternehmens. Letztenendes lebt der Kapitalist auch vom Mehrwert, der von den Arbeitern abgepresst wird, aber er nimmt seinen Gewinn als direktes Gehalt ein; er ist ein Funktionär. Die Profite werden nicht mehr nach den juristischen Titeln des Besitzes verteilt, sondern nach der sozialen Funktion des Kapitalisten. Auch fühlt sich der Kapitalist grundsätzlich solidarisch mit der Gesamtheit der nationalen Produktion und interessiert sich nicht nur für den alleinigen Profit seines Unternehmens. Seine Sorge ist es, den Arbeiter an die Produktion zu binden. Das Proletariat sieht klar und deutlich, dass der Kapitalismus überleben kann auch ohne den Privatbesitz an Produktionsmitteln. Jedoch die Veränderung der "Entlohnung" des Kapitals schafft scheinbar die ökonomischen Fronten zwischen den Klassen ab. Das Proletariat wir ausgebeutet, aber es erkennt nur mit Schwierigkeiten den Ausbeuter wieder, der im Kleid der Gewerkschaft oder des "fortschrittlichen Retters" auftritt.

Das koloniale Problem

Einst glaubte man in der Arbeiterbewegung, dass die Kolonien nicht zu ihrer nationalen Emanzipation kommen können außer im Rahmen der sozialistischen Revolution. Gewiss, ihr Charakter als "schwächstes Glied in der imperialistischen Kette", aus dem Grund der Überausbeutung und der kapitalistischen Repression, erwies sich als besonders empfindlich für soziale Bewegungen. Ihre Möglichkeit, die Unabhängigkeit zu erreichen, blieb gebunden an den Ausgang der Revolution in den kapitalistischen Metropolen. In den letzten Jahren konnte man jedoch sehen, dass die Mehrheit der Kolonien unabhängig wurde. Die kolonialen Bourgeoisien entwickelten sich mehr oder weniger wie die metropolitanen Bourgeoisien. Dieses Phänomen, so begrenzt es in der Wirklichkeit ist, lässt sich nicht begreifen im Rahmen der alten Theorie, welche die koloniale Bourgeoisie nur als Lakai des Imperialismus darstellt. In Wirklichkeit sind die Kolonien, die man nur als einen ausserkapitalistischen Markt der Metropolen darstellt, selber neue kapitalistische Länder geworden. Sie verloren dadurch ihren Charakter als Absatzmarkt, was den Widerstand der alten imperialistischen Staaten gegen die Ansprüche der Bourgeoisie der Kolonien verringerte. Dazu kommt die Tatsache, dass die Schwierigkeiten, vor welche die imperialistischen Staaten gestellt wurden, die wirtschaftliche Expansion der Kolonien während der zwei Weltkriege begünstigt haben. Das konstante Kapital wurde in Europa angelegt, während die Produktionskapazität der Kolonien und Halbkolonien sich vergrößerte und eine Explosion des einheimischen Nationalismus mit sich brachte (Südafrika, Argentinien, Indien ect.). Es ist bemerkenswert festzustellen, dass diese neuen kapitalistischen Länder seit ihrer Gründung als unabhängige Staaten auch einen Staatskapitalismus entwickelten, der die gleichen Aspekte aufweist, die auch anderswo existieren: Eine Wirtschaft, die auf den Krieg ausgerichtet ist.

Die Theorie des "schwächsten Gliedes" von Lenin und Trotzki bricht zusammen. Die Kolonien werden in die kapitalistische Welt integriert und gleichzeitig verstärken sie diese wiederum. Es existiert kein "schwächstes Glied" mehr: die Beherrschung der Welt durch das Kapital ist auf der ganzen Erde neuaufgeteilt.

 

Die Einbindung des proletarischen Kampfes und der Gesellschaft in den Staat

Das wirkliche Leben in der Phase des klassischen Kapitalismus spielte sich in der bürgerlichen Gesellschaft ab, außerhalb des Staates. Dieser Staat war nichts anderes als das Instrument der vorherrschenden Interessen in der bürgerlichen Gesellschaft und nur das: ausführendes Organ und nicht ein Organ der Lenkung der Politik und Wirtschaft. Die Elemente des Staates, die dazu berufen waren, die Ordnung aufrechtzuerhalten (Administration), tendierten zu einer Loslösung von der Kontrolle durch die Gesellschaft, tendierten zur Bildung einer selbständigen Klasse, die ihre eigenen Interessen hat. Diese Trennung und der Kampf zwischen dem Staat und der Gesellschaft konnte nicht zur absoluten Dominanz des Staates führen, solange dieser nicht die Produktionsmittel kontrollierte. Die Periode der großen Monopole stellt den Beginn einer Mischung von Staat und Oligarchie dar. Doch diese Mischung war instabil: Der Staat blieb außerhalb der bürgerlichen Gesellschaft, die grundsätzlich auf dem Privatbesitz gründete. Die gegenwärtige Phase vereint alles in den gleichen Händen: die Verwaltung der Sachen und die Regierung über die Menschen. Das dekadente Kapital leugnet die Widersprüche zwischen den zwei ökonomisch ausbeutenden Klassen, den Kapitalisten und den Landbesitzern (durch das Verschwinden der zweiten). Es leugnet ebenfalls die Widersprüche zwischen den verschiedenen kapitalistischen Gruppen, deren Unterschiede früher einer der Motoren der Produktion waren, einer Produktion, die heute unter dem Gesichtspunkt der reellen Wertproduktion im Niedergang begriffen ist. Aber auch die ausgebeutete Klasse ist in den Staat integriert. Diese Integration findet ebenfalls auf dem Feld der Mystifikation statt: dass die Arbeiter nicht mehr dem Kapital als solchem gegenüberstünden, sondern einen Teil der Nation darstellten. Wir haben gesehen, dass der Staatskapitalismus gezwungen ist, die Menge der Güter, die der Erhaltung des variablen Kapitals dienen, zu reduzieren, die Arbeitskraft der Arbeiter wild auszubeuten. Gestern noch konnten die wirtschaftlichen Ansprüche der Arbeiter befriedigt werden. Durch die Expansion der Produktion konnte das Proletariat eine wirkliche Verbesserung seiner Lebensbedingung durchsetzen. Diese Zeit ist vorbei. Das Kapital hat Sicherheiten verloren, die ihm eine wirkliche Erhöhung der Löhne ermöglichen würde. Der Fall der realen Produktion brachte die Unmöglichkeit für den Kapitalismus mit sich, die Löhne aufzubessern. Die ökonomischen Kämpfe der Arbeiter können nicht mehr bewirken als Misserfolge - bestenfalls die Erhaltung der schon verschlechterten Lebensbedingungen. Sie binden das Proletariat an ihre Ausbeuter und bringen es dazu, sich solidarisch zusehen mit dem System im Austausch gegen einen Teller Suppe mehr (den es aber auch nur bekommt, damit schließlich seine "Produktivität" verbessert wird). Der Staat behält die Organisationsformen der Arbeiter (Gewerkschaften) bei, um das Proletariat besser kasernieren und mystifizieren zu können. Die Gewerkschaften werden ein Räderwerk des Staates und als solches sind sie interessiert, die Produktivität zu entwickeln, das heißt die Ausbeutung der Arbeit zu steigern. Die Gewerkschaften waren ein Instrument zur Verteidigung der Arbeiter, solange der rein ökonomische Kampf geschichtlich möglich war. Dieses alten Sinnes beraubt, wurden die Gewerkschaften, ohne die Form zu verändern, ein Instrument der ideologischen Repression des Staates und seiner Kontrolle über die Arbeitskraft.

Die Agrarreform und die Organisation der Verteilung: die Kooperativen

Um sich einen maximalen Anteil der Arbeit zu festen Bedingungen zu sichern, organisiert und zentralisiert der Staatskapitalismus die landwirtschaftliche Produktion, so wie er auch den Parasitismus im Verteilungssektor beschränkt. Das gilt auch für die handwerklichen Branchen. Die verschiedenen Zweige bilden Kooperativen mit dem Ziel, das Handelskapital zu eliminieren, die Distanz zwischen Produktion und Konsumtion zu verkleinern, und die landwirtschaftliche Produktion in den Staat zu integrieren.

Die soziale Sicherheit

Selbst der Lohn ist in den Staat integriert. Die Festlegung zu seinem kapitalistischen Wert fällt den staatlichen Organismen zu. Ein Teil des Lohnes wird dem Arbeiter weggenommen und direkt vom Staat verwaltet. Auch das Leben des Arbeiters nimmt der Staat in seine Hände, er kontrolliert die Gesundheit (Kampf gegen den Absentismus) und lenkt die Freizeit der Arbeiter (ideologische Repression). Am Ende hat der Arbeiter kein Privatleben mehr, jeder Moment wird direkt oder indirekt vom Staat bestimmt. Der Arbeiter ist abgestimmt wie die aktive Zelle eines lebendigen Körpers, die überfordert wird; seine Persönlichkeit verschwindet. Das geschieht nicht, ohne verschiedenste Neurosen zu erzeugen. Die Entfremdung der Gefühle in all ihren Formen ist in unserer Epoche das, was die großen Epidemien wie die Pest im Mittelalter waren. Es erübrigt sich zu erwähnen, dass das Schicksal der Arbeiter auch das der übrigen Teile der Gesellschaft ist. Es ist auch unnötig zu unterstreichen, dass die Vorsorge für das Individuum in der sozialistischen Gesellschaft gegen Krankheiten und andere Gefahren des Lebens, nicht so sein wird wie die "Lebensversicherung" im Kapitalismus. Diese hat ihren Sinn lediglich im Rahmen der Ausbeutung der menschlichen Arbeit und als Funktion in diesem Rahmen.

Die revolutionäre Perspektive

Wir haben festgestellt, dass der ökonomische Kampf der Arbeiter um ihre unmittelbaren Interessen die Arbeiterklasse nicht befreien kann. Das gleiche gilt für den politischen Kampf, der im Innern des Staates geführt wird und eine Reform des Kapitalismus anstrebt. Als die bürgerliche Gesellschaft getrennt vom Staat existierte, führte der Kampf zwischen den verschiedenen sozialen Lagern zu einem fortwährenden Umsturz der politischen Verhältnisse in der Gesellschaft. Die Theorie der "permanenten Revolution" entspricht genau dieser immer wiederkehrenden Veränderung der Beziehungen im Innern der Gesellschaft. Diese Veränderungen erlaubten es dem Proletariat, seinen eigenen politischen Kampf zu führen, der die Kämpfe überragte, die an der Seite der Bourgeoisie geführt wurden. Die Gesellschaft kreierte also die sozialen Bedingungen und das ideologische Klima, das nötig war, um sie selbst umzustürzen. Revolutionärer Aufstieg und Rückfluss folgten einander in einem jedes Mal vertiefteren Rhythmus. Jede dieser Krisen erlaubte es dem Proletariat, ein historisches Klassenbewusstsein zu zeigen, das von Mal zu Mal reiner wurde. Die Daten 1791, 1848, 1871 und 1917 sind die herausragendsten einer langen Liste. Der Staatskapitalismus kennt keine tief greifenden und umwälzenden Kämpfe zwischen verschiedenen Interessengruppen des Kapitals mehr. Der Zusammenfassung der Interessen im Staatskapitalismus entspricht im klassischen Kapitalismus die Zusammenfassung der Parteien zur parlamentarischen Demokratie. Mit dem Staatskapitalismus schmilzt die Gesellschaft zusammen, und die Tendenz zur Einheitspartei entsteht: Die Verteilung des Mehrwerts nach dem Plan der jeweiligen Funktion im Kapitalismus erzwingt ein Gesamtinteresse für die Klasse der Ausbeuter, eine Vereinheitlichung der Bedingungen der Auspressung und Verteilung des Mehrwerts. Die Einheitspartei ist der Ausdruck dieser neu entstandenen Bedingungen. Es bedeutet das Ende der klassischen bürgerlichen Demokratie: Das politische Vergehen wird kriminell. Die Kämpfe, die früher ihren Ausdruck im Parlament oder auch auf der Strasse fanden, spielen sich heute innerhalb des Staatsapparates ab oder mit verschiedener Färbung im Schoße einer kapitalistischen Interessenkoalition, einer Nation oder eines Blocks von Nationen.

Die aktuelle Situation des Proletariates

Das Proletariat hat sich noch kein Bewusstsein über diese Veränderungen der Ökonomie angeeignet. Mehr noch, es ist in den Staat integriert. Der Kapitalismus ist heute anders als zurzeit da er noch keine staatliche Form angenommen hatte. Die Ära der Revolutionen hat sich eröffnet. Der politisch revolutionäre Kampf der Arbeiter entwickelte sich zu einem absoluten Misserfolg und Rückschlag für die Klasse, wie sie die Geschichte noch nie erlebt hatte. Dieser Misserfolg und dieser Rückschlag (Scheitern der revolutionären Welle 17 - 23) haben es dem Kapitalismus erlaubt, sich so zu verändern. Es scheint ausgeschlossen, dass das Proletariat im Verlaufe dieses Prozesses sich als historische Klasse wieder finden kann. Was der Klasse in der Vergangenheit die Möglichkeit gab, sich zu bestätigen, war der Umstand, dass die Gesellschaft durch ihre zyklischen Krisen ihren Rahmen sprengte und das Proletariat aus dem Produktionszyklus hinauswarf. Aus der Gesellschaft hinausgeworfen, eigneten sich die Arbeiter ein Bewusstsein an über die Bedingungen und die Mittel der Veränderung. Vor dem spanischen Bürgerkrieg und dem Beginn der antifaschistischen Mystifikationen, wo sich das erste Mal eine relative Vereinigung der ausbeutenden Klasse ergab, dann durch den Verlauf des 2. Weltkrieges tendierte der Kapitalismus dazu, die zyklischen Krisen und deren Folgen zum Verschwinden zu bringen und sich mit seiner permanente Krise abzufinden. Das Proletariat ist an seine Ausbeutung gebunden. Es ist also geistig und politisch in den Kapitalismus integriert. Der Staatskapitalismus fesselt das Proletariat stärker als zuvor an seine urtümlichen Kampftraditionen. Denn die Kapitalisten als Klasse haben aus der Erfahrung gelernt und begriffen, dass die wichtigste Waffe zur Aufrechterhaltung ihrer Herrschaft weniger die Polizei als die direkte ideologische Repression ist. Die politische Partei der Arbeiter ist die des Kapitals geworden. Was mit den Gewerkschaften passiert, die Entleerung ihrer früheren Inhalte und die Integration in den Staat, geschieht auch mit dem, was sich "Arbeiterpartei" nennt. Diese Parteien stellen einzig und allein eine politische Phraseologie dar, sind Ausdruck der Ausbeuterklasse, die ihre Interessen und ihren Wortschatz an die neue Realität angleicht. Eine der Grundlagen dieser Mystifikation ist der Ruf nach dem Kampf gegen das Privateigentum. Dieser Kampf hatte einen revolutionären Charakter in der Epoche, als der Kapitalismus ans Privateigentum gebunden war und dies die Ausbeutung in ihrer offensichtlichsten Form darstellte. Die Veränderungen der Bedingungen für das Kapital haben diesen Kampf der Arbeiter gegen das Privateigentum als historisch überholt erwiesen. Es ist das Schlachtross der geschicktesten Fraktionen der Bourgeoisie in der Zeit des dekadenten Kapitalismus geworden. Die unüberlegte Hingabe der Arbeiter an ihre Kampftraditionen, an Mythen und verbrauchte und überholte Vorstellungen besiegelt schließlich ihre Integration in den bürgerlichen Staat. Auch der 1. Mai, der noch unlängst manchmal gewaltige Streiks bedeutete und immer einen kämpferischen Charakter behielt, wurde zu einem Feiertag des Kapitalismus: Die Arbeiterweihnacht. Die "Internationale" wird von Generälen gesungen und die Pfarrer schimpfen gegen den Klerus. All das dient dem Kapitalismus aus dem Grunde, weil das Ziel des Kampfes für Reformen, das an eine historische Epoche gebunden war, verschwunden ist, sowie auch die Form dieses Kampfes ohne ihren alten Inhalt weiterlebt.

Die Elemente einer revolutionären Perspektive

Der Prozess der Aneignung des revolutionären Bewusstseins durch das Proletariat ist direkt gebunden an die Wiederkehr der objektiven Bedingungen, innerhalb derer diese Aneignung des revolutionären Klassenbewusstseins stattfinden kann. Diese Bedingungen können zusammengeführt werden zu einer einzigen, zur Allgemeinsten, nämlich dass das Proletariat aus der Gesellschaft hinausgeworfen wird, dass es dem Kapitalismus nicht mehr gelingt, ihm eine Existenzgrundlage zu sichern. Auf dem Kulminationspunkt der Krise ist diese Bedingung gegeben. Dieser Kulminationspunkt der Krise liegt im Staatskapitalismus im Krieg. Genau an diesem Punkt kann sich das Proletariat nicht anders ausdrücken denn als historische Klasse, die ihre eigenen Interessen wahrnimmt. Es kann sich nicht mehr als ökonomische Kategorie des Kapitals ausdrücken, sondern nur noch als das Gegenteil davon. Unter den aktuellen Bedingungen ist der generalisierte Krieg für das Kapital unvermeidlich. Aber das will nicht heißen, dass die Revolution unvermeidlich ist, und noch weniger, dass sie nicht erfolgreich sein wird. Die Revolution stellt nichts anderes als einen Teil der Alternative dar, vor welche die Menschheit gestellt wird. Wenn sich das Proletariat kein sozialistisches Bewusstsein aneignet, ist dies der Anfang der Barbarei, von der man schon heute gewisse Aspekte erkennt.

M. Mai 1952

 

 

 

 

 

Entwicklung des proletarischen <br>Bewusstseins und der Organisation: 

  • Französische Kommunistische Linke [1]

Theoretische Fragen: 

  • Politische Ökonomie [2]

Erbe der kommunistischen Linke: 

  • Staatskapitalismus [3]

IKS Stellungnahme zu den Angriffen gegen die ArbeiterInnen von VW in Belgien und Deutschland

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Gegenwärtig stehen in einer Reihe von Ländern Massenentlassungen an. Wiedermal wird von den Unternehmern und Gewerkschaften versucht, uns ArbeiterInnen auf nationaler Ebene gegeneinander auszuspielen, wie die Angriffe bei VW exemplarisch zeigen. VW hat den Abbau von Zehntausenden Arbeitsplätzen angekündigt. Allein in Deutschland sollen über 20.000 Arbeitsplätze wegfallen. In Brüssel soll ein Großteil der Arbeitsplätze bei VW gestrichen werden. Die Arbeitgeber und die Gewerkschaften an ihrer Seite können ihre Sparpläne nur durchsetzen, wenn sie die Beschäftigten spalten. Standorte werden gegeneinander ausgespielt. Dabei wird immer deutlicher, dass unsere Probleme als ArbeiterInnen überall die Gleichen sind. Wir können uns deshalb nur als internationale Arbeiterklasse vereint gegen das internationale Kapital erfolgreich zur Wehr setzen. Die weiter unten veröffentlichte Stellungnahme unserer Sektion in Belgien prangert die Sabotage- und Spaltungstaktik der Gewerkschaften und greift Fragen auf, vor denen die Beschäftigten stehen. Der Text wurde in Belgien bei verschiedenen Betrieben und auf einer landesweiten Demonstration verteilt. Sektion der IKS in Deutschland

Gegenwärtig stehen in einer Reihe von Ländern Massenentlassungen an. Wiedermal wird von den Unternehmern und Gewerkschaften versucht, uns ArbeiterInnen auf nationaler Ebene gegeneinander auszuspielen, wie die Angriffe bei VW exemplarisch zeigen. VW hat den Abbau von Zehntausenden Arbeitsplätzen angekündigt. Allein in Deutschland sollen über 20.000 Arbeitsplätze wegfallen. In Brüssel soll ein Großteil der Arbeitsplätze bei VW gestrichen werden. Die Arbeitgeber und die Gewerkschaften an ihrer Seite können ihre Sparpläne nur durchsetzen, wenn sie die Beschäftigten spalten. Standorte werden gegeneinander ausgespielt. Dabei wird immer deutlicher, dass unsere Probleme als ArbeiterInnen überall die Gleichen sind. Wir können uns deshalb nur als internationale Arbeiterklasse vereint gegen das internationale Kapital erfolgreich zur Wehr setzen. Die weiter unten veröffentlichte Stellungnahme unserer Sektion in Belgien prangert die Sabotage- und Spaltungstaktik der Gewerkschaften und greift Fragen auf, vor denen die Beschäftigten stehen. Der Text wurde in Belgien bei verschiedenen Betrieben und auf einer landesweiten Demonstration verteilt. Sektion der IKS in Deutschland

Angesichts der Entlassungen und Arbeitsplatzverlagerungen bei VW lautet die einzige Antwort auf die kapitalistische Krise: Arbeitersolidarität!

Gestern noch behaupteten die Arbeitgeber, die Regierung und die Gewerkschaften einmütig gegenüber den Beschäftigten von VW: "Wenn Ihr mehr Flexibilität und eine Erhöhung der Bandgeschwindigkeit akzeptiert, werden Eure Arbeitsplätze gerettet". Man sieht heute, was solche Versprechungen wert sind: 4.000 direkte Entlassungen und 8.000-10.000 indirekte Entlassungen.

Wie soll man gegenüber diesem sozialen Kahlschlag, der mit einer bislang nicht da gewesenen Brutalität durchgeführt wird, reagieren? Sollen wir ruhig bleiben und die Logik der Entlassungen hinnehmen, wie es von den Gewerkschaften verlangt wird? Sollen wir auf die Verhandlungen und diese Solidaritätsschauveranstaltungen bauen, die von den Gewerkschaften veranstaltet werden? Wie können wir einen wirklichen, solidarischen und kollektiven Kampf entwickeln? Kann der Kapitalismus uns noch eine Zukunft bieten? Können wir den neuen Versprechungen von Umstrukturierungen usw. Glauben schenken, oder will man uns damit nur Sand in die Augen streuen, um die Wut und unseren Abwehrkampf einzudämmen? Vor diesen Fragen stehen wir bei dem Konflikt bei VW; sie verlangen eine klare Antwort.

Die Sackgasse der Marktwirtschaft

Seit mehreren Tagen vergießen die bürgerlichen Medien in Sondersendungen heuchlerisch Krokodilstränen. Die ganze Verwirrung der betroffenen Arbeiter angesichts ihrer Lage soll breit getreten werden. Die Botschaft, die die herrschende Klasse vermitteln will, ist klar. Sie zielt auf alle Beschäftigten im Lande ab und lautet: "Das ist traurig und bedauernswert, aber es gibt keine andere Wahl. Dies sind die Gesetze der Marktwirtschaft und die Folgen der Globalisierung. Es bringt nichts, Widerstand zu leisten, denn die Logik der kapitalistischen Konkurrenz ist unausweichlich. Der einzige Ausweg ist wettbewerbsfähiger zu werden und somit noch mehr Opfer zu akzeptieren, die von unseren Ausbeutern im Namen der Rettung der Volkswirtschaft verlangt werden". Ist das tatsächlich die einzige Perspektive? Wie sieht die Wirklichkeit aus?

Diese ‘Gesetze der Marktwirtschaft’ sind die Gesetze des Kapitalismus. Es sind die Gesetze der Arbeitgeber und Regierenden. Gesetze, die zu einer endlosen Reihe von Entlassungen, Arbeitsplatztransfers, Lohnsenkungen und Ähnlichem führen. Gesetze, die den Arbeitern der Industriestaaten einen unerträglichen Arbeitsrhythmus und Flexibilität und ihren Klassenbrüdern in den "Schwellenländern" unmenschliche Bedingungen aufzwingen. Gesetze, die jedes Mal dann gewaltige Profite erzeugen, wenn massenhaft Arbeiter vor die Tür gesetzt werden. Gesetze, die die ganze Menschheit in den Abgrund treiben – sowohl auf ökonomischer, militärischer als auch auf ökologischer Ebene, wenn wir nicht dagegen kämpfen.

Hinsichtlich der von uns verlangten Solidarität mit den Arbeitgebern und der Regierung "unseres Landes" bedeutet diese nichts anderes als noch mehr Sparpläne und Flexibilisierungsbeschlüsse im Namen der "Wettbewerbsfähigkeit unserer Wirtschaft" hinzunehmen, d.h. die Verteidigung der Profitraten der belgischen Bourgeoisie im unerbittlichen Handelskrieg mit ihren Konkurrenten. Es bedeutet, sich gegen die Beschäftigten der anderen Länder zu stellen. All dies geschieht im Rahmen in einer endlosen Spirale von Lohnsenkungen, Produktivitätserhöhungen und einer Verschlechterung der Lebensbedingungen.

Nach den Massenentlassungen bei Renault Vilvorde, der SNCB (Eisenbahn), Sabena, Ford Genk, DHL, Inbey oder AGFA Gevaert, morgen vielleicht auch bei Opel, auch wiedermal bei der Post, (nachdem dort ein "Generationenpakt" für die Erhaltung der Konkurrenzfähigkeit oder der Arbeitsplätze abgeschlossen wurde, was nur Lohnsenkungen und eine Flexibilitätserhöhungen mit sich gebracht hat,) stehen wir vor der Frage: Was bringt diese unendliche Spirale der Sparpolitik und des gnadenlosen Konkurrenzkampfes mit sich? Die Erfahrung der vergangenen Wochen bei VW zeigt, was immer mehr Arbeiter spüren: Die kapitalistische Marktwirtschaft (ob mit oder ohne ‚sozialer’ Steuerung) hat nichts anderes als Verarmung, Unsicherheit und grenzenlose Armut anzubieten.

Regierung und Gewerkschaften organisieren die Spaltung und verbreiten ein Gefühl der Machtlosigkeit

Die angebliche Überraschung der belgischen Bourgeoisie über den brutalen Angriff bei VW und ihr ‚Verständnis’ für die Wut der entlassenen Beschäftigten sind reine Heuchelei. Erinnern wir uns daran, wie zynisch sie die Interessen von Tausenden Beschäftigen bei DHL im Namen eines ‚Kampfes gegen die lautlosen Schäden‘ mit Füssen getreten oder als ‚staatlicher Arbeitgeber’ die Zahl der Arbeitsplätze bei der SNCB und der Post um die Hälfte reduziert hat. Und dieses soziale Beben findet zu einem Zeitpunkt statt, wo ein neuer Tarifvertrag mit dem Ziel der "Bescheidenheit von Lohnforderungen" in der gesamten Industrie abgeschlossen werden soll. Es ist übrigens kein Zufall, wenn Wochen vor der Ankündigung von Massenentlassungen die Bourgeoisie und ihre Gewerkschaften vor Ort aktiv waren, um die Wut einzudämmen, die Arbeiter zu spalten und ihnen ein Gefühl der Hilflosigkeit einbläuen wollen.

Schon vor der endgültigen Ankündigung zeigten die sozialistischen Gewerkschafter auf die Verantwortlichen: Schuldig waren nicht die Arbeitgeber und der bürgerliche Staat, sondern die deutschen Arbeiter und ‚ihre’ Gewerkschaftsorganisationen, die zur Rettung der eigenen Arbeitsplätze nun VW-Forest (Brüssel) geopfert hätten. Welch eine Lüge! Die Arbeiter in Deutschland sind genauso wie die Arbeiter in anderen Ländern die Opfer der kapitalistischen Angriffe. Unsere Feinde sind nicht unsere Klassenbrüder in einem anderen Land oder einer anderen Region. Sie stehen vor den gleichen wilden Angriffen auf ihre Lebens- und Arbeitsbedingungen. Nein! Unser Feind ist der Kapitalismus, der diese höllische Spirale der gesteigerten Ausbeutung und Entlassungen, diese Logik der weltweiten wirtschaftlichen und kriegerischen Konkurrenz auslöst. In Wirklichkeit betreiben die herrschende Klasse und ihre Gewerkschaften (in Belgien wie in Deutschland) ein schmutziges Spiel der Spaltung der Beschäftigten einen Landes gegen die eines Anderen. Die Erpressung lautet: "Wenn ihr nicht Lohnsenkungen und mehr Flexibilität akzeptiert, werden die Arbeitsplätze dorthin verlagert, wo die Löhne niedriger sind", oder: "Wenn ihr die Umstrukturierung der Arbeitsplätze und die Entlassungen nicht hinnehmt, wird die Produktion ausgelagert".

Das Hauptziel der Herrschenden und ihrer Gewerkschaftsorganisationen besteht darin, die ganze Medienaufmerksamkeit auf die wachsende Wut und die Verwirrung der VW-Beschäftigten zu richten, damit sich dieses Gefühl der Hilflosigkeit auf die ganze Arbeiterklasse in Belgien ausdehnt. Die Botschaft ist klar: "Wenn dieser kampfstarke Teil der Arbeiter, der sich in der Vergangenheit immer durch seine Kämpfe und Kampfbereitschaft auszeichnete, es nicht schafft, sich gegen solche Maßnahmen zur Wehr zu setzen, dann schafft die Arbeiterklasse woanders in Belgien das auch nicht (in den Medien wird immer darauf angespielt, dass die Fabrik in den 1990er Jahren als ein Zentrum von Streiks galt)."

Es gibt einen Grund für diesen Medienwirbel. Regierung, Arbeitgeber und Gewerkschaften machen sich Sorgen wegen der wachsenden Wut unter vielen Arbeitern. Dieses Gefühl zeigt sich durch ein langsames Erstarken der Arbeiterkämpfe in mehreren Bereichen. Um diese Konflikte zu vereiteln, versucht die Bourgeoisie dieses Gefühl der Hilflosigkeit und einen gewissen Fatalismus zu verbreiten.

Die Gewerkschaften organisieren eine Scheinsolidarität der Arbeiter

Den Gewerkschaften ist es gelungen, den Ausbruch von Kämpfen bei VW zu verhindern. Sie haben die Arbeiter dazu aufgefordert, isoliert bei sich zu Hause zu bleiben, ohne Informationen, ohne Perspektiven, abhängig vom guten Willen der Arbeitgeber und den anstehenden Verhandlungen. Dann haben sie den Arbeitern einen Streik aufgezwungen, der nicht der Aktivierung und dem Kampf dient, sondern der ein endlos langer Streik sein soll, um zur Erschöpfung zu führen (er soll bis zum 15. Dezember dauern, dem Tag der offiziellen Ankündigung der Entlassungen durch die Konzernspitze in Deutschland) – dann soll jeder für sich zu Hause bleiben. Die einzige Sorge der Gewerkschaften ist "die Würde zu bewahren, den Betrieb nicht zu besetzen, die Anlagen nicht zu zerstören", weil man so nicht die Arbeitgeber verärgern wolle, die – so behaupten sie – diese "verantwortliche Haltung" berücksichtigen würden. Das ist vollkommener Unfug! Die Gewerkschaften zeigen erneut, dass sie die Interessen des Kapitalismus gegen die Interessen der Arbeiter verteidigen.

Deshalb organisieren sie, um nicht als reine Saboteure zu erscheinen, eine Scheinsolidarität für VW. Es geht nicht um eine wirkliche Solidarität im Kampf, um mit vereinten Kräften die Arbeitgeber und die Regierung zum Nachgeben zu zwingen, sondern um wirkungslose Aktionen, wie die nationale Demonstration am 2. Dezember, die ohne Folgeaktionen bleiben soll. Auch schicken sie Gewerkschaftsdelegationen in andere Automobilbetriebe, um dort andere Gewerkschaftsvertreter zu treffen und um ‚Unterstützung’ zu bitten. Das einzige Ziel, das sie dabei verfolgen, ist in "Verhandlungen mit den Arbeitgebern, die schlechtesten Kündigungsbedingungen zu verhindern". Darüber hinaus wollen die Gewerkschaften die Regierung bei ihrer Forderung zu unterstützen, ein "neues Industrieprojekt" einzurichten, das nur für neue Illusionen sorgen kann, indem durch die "Neueinstufung" von Arbeitslosen, Tausende gezwungen werden, irgendeine Arbeit anzunehmen, zu Bedingungen, die ihnen die Arbeitgeber diktieren, und bei denen sie jeglichen Anspruch auf Unterstützungsleistungen verlieren. Und da all diese Illusionen nur in eine Sackgasse führen können, werden die Gewerkschaften die Schuld dafür den Beschäftigten selbst zuschieben, die sich angeblich nicht "solidarisch" genug gezeigt hätten.

Die Geschichte zeigt, wenn man sich durch die Gewerkschaften spalten lässt, sind Niederlage und Entmutigung unausweichlich. Nicht ursächlich, weil die Gewerkschaftsvertreter bei VW oder die Führer der Metallarbeitergewerkschaft korrupt sind. Die Gewerkschaften spalten die Arbeiter und treten für eine "verantwortungsbewusste Verwaltung" der kapitalistischen Wirtschaft auf Kosten der Beschäftigten ein, weil sie seit langem Teil der Strukturen des kapitalistischen Staats sind und dessen Mechanismen verteidigen.

Die einzige Antwort auf die Angriffe besteht in einer wirklichen Arbeitersolidarität

Die Erfahrung lehrt, dass nur die Ausdehnung der Kämpfe auf anderer Teile der Arbeiterklasse dazu in der Lage ist, auch nur vorübergehend die Bourgeoisie zum Nachgeben zu zwingen. Und in Anbetracht der gärenden Kampfbereitschaft in vielen Bereichen, der angekündigten Entlassungen in anderen Betrieben ist die Möglichkeit der Ausdehnung auch gar nicht so utopisch. Aber das heißt vor allem, dass die Arbeitersolidarität und die Ausdehnung des Kampfes nur durch die Arbeiter selbst vollzogen werden kann. Dazu sind souveräne Vollversammlungen erforderlich, an denen sich die Arbeiter anderer Bereiche aktiv und massiv beteiligen und die von diesen dann selbst getragen werden.

Dabei können wir uns auf die Beispiele der jüngsten Kämpfe wie in Frankreich gegen die CPE, die Streiks der New Yorker U-Bahnbeschäftigten oder auch der Metaller von Vigo in Spanien stützen, bei denen es klare Anzeichen einer proletarischen Solidarität gab, und wo Vollversammlungen unter der Kontrolle der Arbeiter abgehalten wurden und direkt mit den Kapitalisten – ohne Mitwirken der Gewerkschaften – verhandelt wurde.

Heute werden die Krise des Kapitalismus, die Geißel der Arbeitslosigkeit und die allgemeine Barbarei des Systems immer offensichtlicher. Die große Sympathiewelle in der Bevölkerung für die Beschäftigten von VW – die viel stärker ist als zur Zeit der Entlassungen bei Ford Genk vor zwei Jahren – ist direkt mit dieser wachsenden Erkenntnis verbunden, die sich immer mehr über die Tragweite der allgemeinen Lage entwickelt wie über das grundlegende Problem, vor dem die Gesellschaft steht: Welche Perspektive bietet diese Spirale von Sparmaßnahmen und gnadenloser Konkurrenz? Die Löhne und die Arbeitsbedingungen, die während der letzten beiden Jahrhunderte in Arbeiterkämpfen den Kapitalisten abgerungen wurden, sind heute bedroht. Die Arbeitskraft, die die Quelle des Reichtums der Gesellschaft ist, wird immer stärker ausgebeutet und entwertet. All dies sind keine Zeichen der bevorstehenden schmerzhaften Geburt eines neuen Systems, sondern der Ausdruck eines dahinsiechenden Systems, das zu einem Hindernis für den Fortschritt der Menschheit geworden ist. Die zaghaften Schritte zu einem Arbeiterwiderstand, zu einer Rückkehr zur Solidarität gehen immer mehr einher mit einem vertieften Nachdenken über die Lage unserer Welt. Dies kann und muss dazu führen, dieses barbarische System in Frage zu stellen und die Perspektive eines höheren, sozialistischen Gesellschaftssystems aufzuwerfen.

IKS 24.11.06

 

 

 

 

Geographisch: 

  • Belgien [4]

Erbe der kommunistischen Linke: 

  • Die Gewerkschaftsfrage [5]

Leserbrief: Wofür kämpfen - Nation oder Klasse?

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Nachstehend veröffentlichen wir einen sehr lesenswerten Leserbrief und unsere Antwort aus der schwedischen Presse der IKS.

Wir denken, dass es interessant ist, den folgenden Brief (E-Mail) mit einer kurzen Antwort zu veröffentlichen, weil er wichtige und aktuelle Fragen aufgreift. Wir freuen uns über eure Briefe, etwa zu Gesichts- und Standpunkten von aktuellen Fragestellungen bis zu allgemeinen politischen Fragen.

Leserbrief:

Hallo, ihr Genossen!

Folgendes kann man in einem Beitrag von ‚autonomas’ im Internet finden:

‚Als Sozialist schätzt man den Klassenkampf hoch und respektiert Menschenleben. Der Anlass, dass die Linke interessiert daran ist, für die Sache der Palästinenser und Libanesen zu kämpfen, ist die Übermacht Israels mit ihrem imperialistischen und rassistischen Beigeschmack. Das ist für die Linke eine Selbstverständlichkeit, sich dagegen zu stellen.’ (aus: autonomas)

Man fragt sich, was der Kampf für die Sache der Palästinenser und Libanesen mit dem Klassenkampf zu tun hat. Der Klassenkampf in seiner richtigen und einzigen Bedeutung heißt, dass die ARBEITERKLASSE für sich, für die Befreiung der Arbeiter kämpft. Da kann man sich nur wundern, was sie [die Linken] als Klassenkampf einschätzen. Für sie ist, so sieht es aus, der Klassenkampf ein Kampf neben beliebigen anderen Kämpfen. Als ob die Angelegenheiten von Palästinensern und Libanesen mit Rassismus und Imperialismus überhaupt nichts zu tun hätten. Dabei kann ein nationaler Kampf nur ganz und gar imperialistisch sein, kann nichts anderes sein, weil man ja für eine (neue) Nation kämpft; weil Hamas und Hisbollah erklären, dass Israel vernichtet werden sollte (mit den Menschen, die in diesem Land wohnen), als ob die nicht genauso Menschen wären, auch wenn sie Juden – gläubige oder nicht gläubige - sind. Die Linken – ob eingewandert oder einheimisch – sind da anderer Ansicht. Denn wie wäre es sonst möglich, vor einer Synagoge zu protestieren? Was hat eine Synagoge, zu der alle Menschen mit jüdischem Glauben gehen, mit dem Staat Israel zu tun? Aber sie meinen vermutlich, dass wenn man jüdischen Glauben hat, dies bedeute, dass man für alles schuldig ist, was der Staat Israel macht. Genauso bescheuert wäre es, wenn man vor einer Moschee demonstrieren würde (zu der alle Menschen muslimischen Glaubens gehen), wenn einige Muslime grauenhafte Verbrechen begehen. Die Autonomen schreiben auch von „der verratenen Arbeiterrevolution im Iran und von den Verfolgungen der Linken, die dann eine Folge waren“. Wie kann man den Sturz des Schahs vor ein paar Jahrzehnten eine Arbeiterrevolution nennen? Ich weiß, dass die Linken den Sturz betrieben haben, aber ich habe nie gehört, dass man das Arbeiterrevolution nennt.

Antwort der IKS

Dein Brief greift viele sehr wichtige politische Fragen auf, die sich im Zusammenhang mit der Situation im Nahen Osten stellen. In deinem Brief gehst du auf die Frage ein, was man von dem Angriff Israels auf den südlichen Libanon, aber auch von dem Konflikt zwischen Israel und Palästina halten soll. Wir meinen, dass du viele wichtige Beobachtungen über das Verhalten der Linken in diesem Konflikt machst. Aber die vielleicht wichtigste Frage in deinem Brief ist so formuliert: „Man fragt sich, was der Kampf für die Sache der Palästinenser und Libanesen mit dem Klassenkampf zu tun hat. Der Klassenkampf in seiner richtigen und einzigen Bedeutung heißt, dass die ARBEITERKLASSE für sich, für die Befreiung der Arbeiter kämpft.“ Das ist während der ganzen Geschichte der Arbeiterbewegung eine der größten und grundlegendsten Fragen gewesen. Wie soll sich die Arbeiterklasse zu Kriegen und zu so genannten Befreiungskämpfen verhalten? Diese Fragen stellen sich konkret im Zusammenhang mit dem furchtbaren Leiden und Elend, die ein unmittelbares Ergebnis der sich verschärfenden imperialistischen Konflikte in immer größeren Teilen der Welt sind.

Wie du es aufzeigst, ist für die Linke die Antwort in diesen Konflikten, Stellung zu beziehen für eine imperialistische Seite in diesen Konflikten. Um ein Beispiel zu nennen: Wir konnten neben Demonstrationen gegen die israelischen Angriffe auf den Libanon hören, wie man den heroischen Widerstand der Hamas oder Hisbollah gegen Israels Imperialismus huldigte. Ein anderes Beispiel ist, wie die Trotzkisten von ‚Arbeitermacht’ die Taliban in Afghanistan unterstützen in ihrem Widerstand gegen den amerikanischen Imperialismus. Die gleiche Logik hatten die Trotzkisten während des 2. Weltkrieges, indem sie das brutale (und imperialistische) Regime in Russland „kritisch“ unterstützten.

Dieser Anti-Imperialismus ist immer eine ideologische Falle für die Arbeiterklasse gewesen. Er ist stets als Mittel benutzt worden, um die Entwicklung des Klassenkampfes zu verhindern und die Arbeiterklasse dazu zu missbrauchen, eine Fraktion der Bourgeoisie gegen eine andere zu unterstützen. Du berührst dies in deinem Brief indem du zeigst, dass beide Seiten in dem Konflikt zwischen Israel und Hisbollah oder Hamas den Nationalismus oder den Rassismus benutzen, um ihre eigene Kriegsführung zu rechtfertigen. Das ist ein konkretes Beispiel dafür, wie der „Anti-Imperialismus“ der Linken die reaktionärsten und nationalistischsten Bewegungen unterstützt, die immer die größten Feinde der Arbeiterklasse gewesen sind. (1) Dieser „Anti-Imperialismus“ steht auch in direktem Gegensatz zum konkreten Klassenkampf, wie wir das im Gaza beobachten konnten:

„Während des Streiks wegen der ausstehenden Löhne in Gaza City verurteilte die Hamas den Streik als einen Versuch die Regierung zu destabilisieren und mahnte die Lehrer den Streik abzubrechen.“ (siehe unseren Artikel: Der Krieg im Nahen Osten; IR 109)

Dies zeigt eben, dass die Arbeiterklasse in ihrem Kampf direkt in Konfrontation mit dem nationalen Interesse gerät. Die gleichen Erfahrungen hat das Proletariat etwa 1936 in Spanien gemacht oder auch die ANC in Südafrika, all die unzähligen so genannten nationalen Befreiungsbewegungen der 1960er Jahren (v.a. in Vietnam, Afrika, Kurdistan, Lateinamerika). Marx konstatierte schon vor 150 Jahren: „Die Arbeiterklasse hat kein Vaterland.“ Nur durch die Entwicklung ihres Klassenkampfes kann die Arbeiterklasse eine Alternative zum Krieg anbieten.

„Der einzige Kampf gegen den Imperialismus ist der Widerstand der Arbeiterklasse gegen ihre Ausbeutung, denn nur dieser Widerstand kann in einen offenen Kampf gegen das kapitalistische System übergehen. Ein Kampf, bei dem es um die Überwindung des alten, auf Profit und Krieg gestützten Systems geht. Ein Kampf, durch den eine Gesellschaft aufgebaut werden soll, die auf die Erfüllung der menschlichen Bedürfnisse hinarbeitet. Weil die Ausgebeuteten überall die gleichen Interessen haben, ist der Klassenkampf international; die Ausgebeuteten haben kein Interesse daran, sich mit irgendeinem Staat gegen einen anderen zu verbünden. Ihre Methoden stehen in direktem Gegensatz zu der Zuspitzung des Hasses zwischen ethnischen oder nationalen Gruppen, weil sie sich die Arbeiter aller Länder in einem gemeinsamen Kampf gegen das Kapital und dessen Staat zusammenschließen müssen.“ (aus der Erklärung der IKS vom 17.7.06: Nahost - Die einzige Antwort zu den ständig eskalierenden Krieg: der internationale Klassenkampf)

Das ist die Verbindung zwischen dem Klassenkampf hier in Schweden und der Solidarität mit den Opfern des imperialistischen Kriegs im Nahen Osten. Nicht so wie die Linken es machen, Stellung zu beziehen für eine Seite in einem imperialistischen Konflikt, auch wenn diese sich als heroische Widerstandsbewegung darstellen, wie die verschiedenen Bewegungen im Nahen Osten. Es ist allgemein bekannt, dass z.B. die Hisbollah ein Werkzeug der imperialistischen Interessen Irans in der Region ist, oder dass die verschiedenen palästinensischen Bewegungen ein Ausdruck dafür sind, dass die palästinensische Bourgeoisie einen eigenen Staat zu schaffen versucht. Gegen diesen Nationalismus und „Anti-Imperialismus“ müssen wir den Internationalismus stellen, für den die kommunistische Linke schon immer kämpft. Das heißt, immer die internationale Einheit der Arbeiterklasse zu verteidigen. Dies zeigt deutlich, dass eine Unterstützung des „nationalen Widerstands“ immer in direktem Gegensatz zum Klassenkampf und zu den Interessen der Arbeiterklasse auf kurze oder lange Sicht steht. Die Arbeiter in Palästina leben auf Grund des Krieges in Verzweiflung und Elend, gleichzeitig leben die Arbeiter in Israel unter der Drohung des Krieges und unter ständigen Angriffen auf ihren Lebensstandard, was ein Resultat der Kriegsrüstung des israelischen Staates ist. Ein wirklicher Kampf gegen den Imperialismus, dem Ausdruck des Verfalls des Kapitalismus, kann einzig durch den gemeinsamen Kampf gegen die Ausbeutung geschehen, der sich zu einem Kampf gegen das kapitalistische System auf internationaler Ebene entwickelt.

Zum Schluss noch ein paar kurze Zeilen über „die Revolution im Iran“. Wir teilen deine Ansicht, dass es keine Revolution war, die den Schah 1979 stürzte. Doch gab es damals im Iran einen mächtigen Kampf der Arbeiterklasse. Dieser Kampf wurde nicht nur von den Islamisten Khomeinis, sondern auch von der iranischen Linken im Keim erstickt und unterdrückt. Es ist wahr, dass die Anhänger Khomeinis eine brutale Repression gegen die Linke durchführten, als sie an die Macht kamen. Nicht nur, um jeden Rivalen zu eliminieren. Wieder zeigte sich, dass der Nationalismus und „Anti-Imperialismus“ (im Iran unter dem Deckmantel, zuerst die demokratische Gerechtigkeit zu erobern - ein typischer maoistischer Slogan) ein tödliches Gift für den Kampf der Arbeiterklasse sind.

(1) siehe z.B. unsere Broschüre Nation oder Klasse und verschiedene Artikel in der Internationalen Revue.

Geographisch: 

  • Schweden [6]

Theoretische Fragen: 

  • Internationalismus [7]

Erbe der kommunistischen Linke: 

  • Die nationale Frage [8]

Marc : Von der Oktoberrevolution 1917 bis zum 2. Weltkrieg

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Seit langem hat der Marxismus und gerade gegenüber alle dem bürgerli­chen Individualismus typischen Auf­fassungen aufgezeigt, daß nicht die Individuen die Geschichte machen, sondern daß seit dem Auftauchen von Klassen "Die Geschichte aller bisheri­gen Gesellschaft... die Geschichte von Klassenkämpfen" ist (Manifest der Kommunistischen Partei, MEW, Bd 4, S. 462). Das Gleiche trifft insbesondere zu auf die Geschichte der Arbeiterbewegung, deren Hauptakteur gerade die Klasse ist, die weit mehr als alle anderen auf assoziierte Weise zusammenarbeitet und ihren Kampf kollektiv führt. Innerhalb des Proleta­riats handeln auf kollektive Art und Weise auch die kommunistischen Minderheiten, die von der Arbeiter­klasse als Ausdruck ihrer revolutio­nären Zukunft hervorgebracht werden. Deshalb tragen die Aktionen dieser Minderheiten einen vor allem anony­men Charakter, und sie haben nichts mit Persönlichkeitskulten zu tun. Ihre Mitglieder handeln als revolutionäre Militanten nur als ein Teil eines Gan­zen, einer kommunistischen Organisa­tion. Während die Organisation mit all ihren Mitgliedern rechnen können muß, liegt es auf der Hand, daß nicht alle Mitglieder den gleichen Beitrag leisten können. Die persönliche Ge­schichte, die Erfahrung, die Persön­lichkeit gewisser Mitglieder, ebenso die historischen Umstände, bewirken, daß sie in den Organisationen, in denen sie tätig sind, eine besondere Rolle spielen und für die Aktivität die­ser Organisationen als vorwärtstrei­bende Kräfte wirken, insbesondere bei den Aktivitäten, die die Grundlage der Daseinsberechtigung einer Organisa­tion darstellen: die Ausarbeitung und Vertiefung der revolutionären politi­schen Positionen.

Seit langem hat der Marxismus und gerade gegenüber alle dem bürgerli­chen Individualismus typischen Auf­fassungen aufgezeigt, daß nicht die Individuen die Geschichte machen, sondern daß seit dem Auftauchen von Klassen "Die Geschichte aller bisheri­gen Gesellschaft... die Geschichte von Klassenkämpfen" ist (Manifest der Kommunistischen Partei, MEW, Bd 4, S. 462). Das Gleiche trifft insbesondere zu auf die Geschichte der Arbeiterbewegung, deren Hauptakteur gerade die Klasse ist, die weit mehr als alle anderen auf assoziierte Weise zusammenarbeitet und ihren Kampf kollektiv führt. Innerhalb des Proleta­riats handeln auf kollektive Art und Weise auch die kommunistischen Minderheiten, die von der Arbeiter­klasse als Ausdruck ihrer revolutio­nären Zukunft hervorgebracht werden. Deshalb tragen die Aktionen dieser Minderheiten einen vor allem anony­men Charakter, und sie haben nichts mit Persönlichkeitskulten zu tun. Ihre Mitglieder handeln als revolutionäre Militanten nur als ein Teil eines Gan­zen, einer kommunistischen Organisa­tion. Während die Organisation mit all ihren Mitgliedern rechnen können muß, liegt es auf der Hand, daß nicht alle Mitglieder den gleichen Beitrag leisten können. Die persönliche Ge­schichte, die Erfahrung, die Persön­lichkeit gewisser Mitglieder, ebenso die historischen Umstände, bewirken, daß sie in den Organisationen, in denen sie tätig sind, eine besondere Rolle spielen und für die Aktivität die­ser Organisationen als vorwärtstrei­bende Kräfte wirken, insbesondere bei den Aktivitäten, die die Grundlage der Daseinsberechtigung einer Organisa­tion darstellen: die Ausarbeitung und Vertiefung der revolutionären politi­schen Positionen.

Marc war gerade einer von diesen Genossen. Er gehörte zu dieser winzi­gen Minderheit von kommunistischen Militanten, die wie Anton Pannekoek, Henk Canne-Meijer, Amadeo Bor­diga, Onorato Damen, Paul Mattick, Jan Appel oder Munis der schreckli­chen Konterrevolution widerstanden und sie überlebt haben, d.h. dieser Konterrevolution, die zwischen den 20er und 60er Jahren stattgefunden hat. Neben seiner Treue gegenüber der Sache des Kommunismus vermochte es Marc, sowohl sein volles Vertrauen in die revolutionären Fähigkeiten des Proletariats aufrechtzuerhalten, und damit die neuen Generationen von Militanten von seiner ganzen Erfah­rung profitieren zu lassen. Gleichzei­tig blieb er nicht bei den Analysen und Positionen stehen, die durch den Verlauf der Geschichte selbst überholt worden waren (1). Aus dieser Sicht ist seine ganze Aktivität als Militant ein konkretes Beispiel dessen, was der Marxismus bedeutet: das lebendige Denken der revolutionären Klasse, die die Zukunft der Menschheit in ihren Händen hält. Ein Denken, das sich in ständiger Ausarbeitung und Weiterent­wicklung befmdet. Diese Rolle der Bereicherung des Denkens und der Aktionen der politi­schen Organisation wurde von unse­rem Genossen natürlich in der IKS ge­spielt. Und das galt bis in die letzten Stunden seines Lebens. Sein ganzes Leben war durch die gleiche Vorge­hensweise gekennzeichnet, durch den gleichen Willen, mit Entschlossenheit und unerschütterlich die kommunisti­schen Prinzipien zu verteidigen, wobei er gleichzeitig ein kritischer Geist war, der - wenn jeweils notwendig -das infrage stellte, was vielen als un­antastbare und "invariante" Dogmen erschien. Er war mehr als 60 Jahre militant tätig. Und dieses militante Leben hatte seinen Ursprung in der Hitze der Revolution selber.

DAS ENGAGEMENT IM REVOLUTIONÄREN KAMPF

Marc wurde am 13. Mai 1907 in Kis­hinew, Hauptstadt Bessarabiens (Moldawien) zu einer Zeit geboren, als diese Region ein Teil des alten Za­renreichs war. Er war also noch keine 10 Jahre alt, als die Revolution von 1917 ausbrach. Anläßlich seines 80jährigen Geburtstages beschrieb er selber dieses gewaltige Ereignis, wel­ches sein ganzes Leben prägte, fol­gendermaßen..:

"Ich hatte das Glück, schon als Kind die russische Revolution sowohl den Februar als auch den Oktober 1917 mitzuerleben und kennenzulernen. Ich habe das alles sehr intensiv miterlebt. Man muß wissen und begreifen, was ein Kind in einer revolutionären Peri­ode erlebt und mitmacht, wo man ganze Tage auf Demonstrationen ver­bringt, von der einen zur anderen Demo geht, von einem Treffen zum anderen gelangt, wo man Nächte in Diskussionstreffs verbringt, wo sich die Soldaten, die Arbeiter versam­meln, wo diskutiert wird, und wo die Meinungen aufeinanderprallen. Wenn an jeder Straßenecke plötzlich uner­wartet jemand auf eine Fensterbank steigt und zu sprechen anfängt. Und dann gibt es plötzlich 1000 Menschen um einen herum und die Diskussionen entbrennen. Das war etwas Unver­geßliches in meinen Leben, das natür­lich mein ganzes Leben geprägt hat. Dazu hatte ich noch das Glück, daß mein älterer Bruder Soldat und Bol­schewiki war, Parteisekretär in der Stadt, und an seiner Seite bin ich auf der Straße gewesen, von einem Treffen zum nächsten geeilt, auf dem er je­weils die Positionen der Bolschewiki verteidigte... Ich hatte die Chance, der letzte in ei­ner Familie zu sein, der fünfte, in der alle Parteimitglieder waren, bis sie getötet oder ausgeschlossen wurden. So konnte ich ich einem Haus leben, in dem es immer viele Menschen gab, Jugendliche, in dem immer diskutiert wurde, denn am Anfang war nur einer Bolschewik, die anderen waren mehr oder weniger Sozialisten. Es gab stän­dig Debatten mit allen ihren Freun­den, ihren Kollegen usw... Und dies war eine große Chance zur politischen Bildung eines Kindes..."

Während des Bürgerkriegs, als Moldawien von den weißen Armeen aus Rumänien besetzt war, mußte die Familie Marcs 1919 nach Palästina flüchten, weil sie von Pogromen (der Vater war ein Rabbiner) bedroht war. Übrigens waren seine älteren Brüder und Schwester Mitbegründer der kommunistischen Partei dieses Lan­des. Zu diesem Zeitpunkt wurde Marc Anfang 1921 (er war noch keine 13 Jahre alt) Militant, als er der kommunistischen Jugend (er war einer ihrer Mitbegründer) und der Partei beitrat. Sehr schnell prallte er mit der Kommunistischen Internationale und ihrer Position zur nationalen Frage zu­sammen, die er, seinen eigenen Wor­ten zufolge, nicht akzeptieren konnte. Aufgrund dieser Divergenz wurde er dann 1923 zum ersten Mal aus der kommunistischen Partei ausge­schlossen. Schon von diesem Zeit­punkt an, als er noch Jugendlicher war, zeigte Marc schon eine Hauptfä­higkeit, die er sein ganzes Leben lang bewahren sollte: eine unwandelbare Unnachgiebigkeit bei der Verteidigung der revolutionären Prinzipien, ungeachtet der Tatsache, daß diese Verteidigung ihn in Widerspruch und "Opposition" zu den "bekanntesten Führern" der Arbei­terbewegung bringen sollte, wie es damals die, Führer der Komintern, insbesondere Lenin und Trotzki war (2). Seine völlige Unterstützung der Sache des Proletariats, seine militante Beteiligung bei der Arbeit der kommunistischen Organisation und die tiefgreifende Achtung, die er gegenüber den großen Namen der Arbeiterbewegung hegte, haben ihn aber nie dazu veranlaßt, den Kampf für seine eigenen Positionen aufzugeben, wenn er meinte, daß die der Organisation sich von diesen Prin­zipien entfernten, oder daß sie auf­grund von neuen historischen Um­ständen überholt seien. Aus seiner Sicht waren genau wie bei allen großen Revolutionären wie Lenin oder Rosa Luxemburg die Unterstützung des Marxismus, der revolutionären Theorie des Proletariats keine Unter­stützung für jede einzelne Aussage, sondern jeweils für den Geist und die Methode des Marxismus. In Wirklich­keit war der Mut, den unser Genosse immer bewiesen hat, genau wie bei den anderen großen Revolutionären das Gegenstück, die andere Seite sei­ner vollständigen und nicht zu bre­chenden Unterstützung der Sache des Proletariats. Weil er dem Marxismus zutiefst verbunden war, war er nie­mals von einer Angst gelähmt, sich von ihm zu entfernen, als er auf der Grundlage des Marxismus selber das kritisierte, was bei den Positionen der Arbeiterorganisationen überholt und veraltet war. Die Frage der Unterstüt­zung der nationalen Befreiungs­kämpfe, die in der II. und dann in der III. Internationale zu einem Dogma geworden war, war die erste Stufe der Auseinandersetzung, auf der er Gele­genheit hatte, diese Vorgehensweise anzuwenden (3).

DER KAMPF GEGEN DIE ENTARTUNG DER KOMMUNISTISCHEN INTERNATIONALE

1924 kam Marc in Begleitung einer seiner Brüder nach Frankreich. Er wurde in die jüdische Gruppe der kommunistischen Partei aufgenom­men, womit er erneut zum Mitglied derselben Internationale wurde, aus der er kurz zuvor ausgeschlossen wor­den war. Von Anfang an beteiligte er sich an der Opposition, die gegen den Prozeß der Entartung der Komintern und der Kommunistischen Parteien ankämpfte. So beteiligte er sich mit Albert Treint (Generalsekretär der KPF von 1923-26) und Suzanne Girault (ehemalige Schatzmeisterin der Partei) an der Gründung der "Leninistischen Einheit" im Jahre 1927. Als die Oppositionsplattform, die von Trotzki in russischer Sprache verfaßt worden war, nach Frankreich gelang, erklärte er sich mit ihr einverstanden. Dagegen verwarf er im Gegensatz zu Treint die Erklärung Trotzkis, derzufolge bei all den Fragen, bei denen es zwischen Lenin und Trotzki vor 1917 Divergenzen gegeben hatte, Lenin Recht gehabt habe. Marc meinte, solch eine Einstellung sei überhaupt nicht richtig, zunächst weil Trotzki nicht wirklich von dem überzeugt war, was er behauptete; dann weil solch eine Position Trotzki auch nur bei den falschen Positionen Len­ins verharren lassen konnte, die dieser in der Vergangenheit vertreten hatte (insbesondere bei der Revolution von 1905 bei der Frage der "Demokratischen Diktatur des Proleta­riats und der Bauernschaft"). Erneut zeigte der Genosse seine Fähigkeit, eine kritische und hellsichtige Ein­stellung gegenüber den großen "Autoritäten" der Arbeiterbewegung zu bewahren. Seine Zugehörigkeit zur Opposition der Internationalen Linken nach seinem Ausschluß aus der KPF im Februar 1928 bedeutete keine Unterwerfung gegenüber all den Positionen ihres Hauptführers, ungeachtet all der Hochachtung, die er gegenüber ihm hegte. Insbesondere dank dieses Geistes war er dazu in der Lage, spä­ter nicht durch die opportunistischen Tendenzen der trotzkistischen Be­wegung aufgesogen zu werden, gegen die er Anfang der 30er Jahre den Kampf aufnahm. Nachdem er sich neben Treint an der Bildung der "Redressement communiste" (Kommunistische Wiederaufrichtung) beteiligt hatte, trat er 1930 dem Kommunistischen Bund (Ligue Communiste/ die Organisation, wel­che in Frankreich die Opposition darstellte) bei, innerhalb der er neben Treint Mitglied der Exekutivkommission im Oktober 1931 wurde. Aber alle beide verließen diese Gruppierung im Mai 1932, nachdem sie eine Min­derheitsposition gegenüber dem an­steigenden Opportunismus verteidigt hatten, um bei der Gründung der Fraktion der Kommunistischen Linken (sog. Gruppe aus Bagnolet) mitzuwirken. 1933 gab es in dieser Organisa­tion eine Spaltung und Marc brach mit Treint, der anfing, eine Analyse der UdSSR zu vertreten, wie sie ähnlich später von Burnham und Chaulieu ("bürokratischer Sozialismus") vertreten wurde. Im November 1933 beteiligte er sich mit Chaz6 (Gaston Davoust, der 1984 starb) an der Grün­dung der Union Communiste (Kommunistische Union). Mit Chaz6 hatte er Kontakt seit Anfang der 30er Jahre gehalten, als dieser noch Mitglied der KPF war (von der er im August 1932 ausgeschlossen wurde) und bei der Gruppe des 15. Bereichs (westlicher Vorort von Paris) mitmachte, die oppositionelle Auffassungen vertrat.

DIE GROSSEN KÄMPFE DER 30er JAHRE

Marc blieb Mitglied der "Union Communiste" bis zum Zeitpunkt des Spanienkriegs. Es handelte sich um einen der tragischsten Momente der Arbeiterbewegung. Victor Serge sprach von "il est minuit dans le sicle" (m.a.W. die finstersten Stun­den des Jahrhunderts). Wie Marc es selber beschrieb "Jahrelang in schrecklicher Isolierung zu leben, mit ansehen zu müssen, wie das französische Proletariat hinter der französischen Trikolore marschierte, der Fahne der Versailler, wie es die Marseillaise sang, all das im Namen des Kommunismus; für die Generationen, die revolutionär geblieben waren, war dies eine ganz scheußliche Sache".

Und gerade während des Spanien­kriegs erreichte dieses Gefühl der Hilflosig- und Machtlosigkeit einen Höhepunkt, als eine Vielzahl von Organisationen, die bis dahin Klassenpo­sitionen aufrechterhalten hatten, von der "anti-faschistischen" Welle wegge­schwemmt wurden. Insbesondere traf dies auf die Union Communiste zu, die die Ereignisse von Spanien als eine proletarische Revolution einschätzte, in der die Arbeiterklasse die Initiative der Kämpfe ergriffen hätte. Diese Organisation ging zwar nicht soweit, die Regierung der "Volksfront" zu unterstützen. Aber sie befürwortete das Engagement bei den anti­faschistischen Milizen und nahm politische Beziehungen mit dem linken Flügel der POUM auf, einer anti­faschistischen Organisation, die sich an der Regierung der Generalitat in Katalonien beteiligte.

Als unnachgiebiger Verteidiger der Klassenprinzipien konnte Marc natür­lich solch eine Kapitulation vor der herrschenden antifaschistischen Ideo­logie nicht akzeptieren, auch wenn diese in Worten verpackt war wie "Solidarität mit dem Proletariat Spani­ens". Nachdem er in einer Minderheit gegen solch ein Abgleiten mit ge­kämpft hatte, verließ er die Union Communiste und trat als Ein­zelmitglied 1938 der Fraktion der Ita­lienischen Linken bei, mit der er in Kontakt geblieben war. In deren Rei­hen wiederum hatte es auch eine Min­derheit gegeben, die dem Engagement bei den antifaschistischen Milizen positiv gegenüberstand. Inmitten der Erschütterungen, die der Spanienkrieg hervorrief und in Anbetracht all der Verrate, die er mit sich brachte, war die Italienische Fraktion, die im Mai 1928 in einem Pariser Vorort in Pan­tin gegründet worden war, eine der wenigen Gruppierungen, die auf Klas­senprinzipien beharrte. Sie stützte ihre Position der unnachgiebigen Verwer­fung all der antifaschistischen Lock­rufe auf dem Begreifen des histori­schen Kurses, der durch die Konterre­volution beherrscht wurde. In solch einer Phase des tiefgreifenden Zu­rückweichens des Weltproletariats, des Sieges der Reaktion, konnten die Er­eignisse in Spanien nicht als ein Erstarken einer neuen revolutionären Welle verstanden werden, sondern als eine neue Etappe der Konterrevolu­tion. Am Ende des Bürgerkrieges, in der sich nicht Arbeiterklasse und Bourgeoisie gegenüberstanden, son­dern die bürgerliche Republik, die auf der Seite des "demokratischen" impe­rialistischen Lagers stand, gegen eine andere bürgerliche Regierung, die dem "faschistischen" imperialistischen Lager verbunden war, konnte es keine Revolution, sondern nur einen Welt­krieg geben. Die Tatsache, daß die Arbeiter in Spanien spontan die Waf­fen gegen den Putsch Francos im Juli 1936 ergriffen haben (was natürlich von der Fraktion begrüßt wurde), er­öffnete diesen jedoch keine revolutio­näre Perspektive von dem Zeitpunkt an, als sie von den antifaschistischen Organisationen wie der SP, KP oder der anarcho-syndikalistischen CNT kontrolliert wurden, und darauf verzichteten, auf ihrem eigenen Klas­senterrain zu kämpfen. Denn sie wur­den schließlich zu Soldaten der bür­gerlichen Republik, die von der "Volksfront" geführt wurde. Und ei­ner der deutlichsten Beweise dafür, daß das Proletariat sich in Spanien in einer tragischen Sackgasse befindet, liegt in der Tatsache, daß es in diesem Land keine revolutionäre Partei gibt (4). Als Militant der Italienischen Frak­tion, die in Frankreich und in Belgien im Exil lebt, (5) setzte Marc den revolutionären Kampf fort. Insbeson­dere wurde er ein enger Weggefährte Vercesis (Ottorino Perrrone), der eine Haupttriebkraft in der Italienischen Fraktion war. Jahre später hat Marc oft den jungen Militanten der IKS er­klärt, wieviel er an der Seite Vercesis gelernt habe, für den er eine große Hochachtung zeigte und den er bewunderte. "An seiner Seite habe ich wirklich gelernt, was es hieß, ein Militant zu sein", hat er oft gesagt. Die bemerkenswerte Festigkeit, die die Fraktion unter Beweis stellte, ist zum großen Teil auf Vercesi zurück­zuführen, der schon als Militant seit dem Ende des 1. Weltkriegs in der PSI und dann in der PCI einen ständi­gen Kampf führte für die Verteidigung der revolutionären Prinzipien gegen den Opportunismus und gegen den Niedergang dieser Organisationen. Im Unterschied zu Bordiga, der Haupt­führer der PCI während ihrer Grün­dung 1921 und Haupttriebkraft der Linken in den nachfolgenden Jahren, der sich aber nach seinem Ausschluß aus der PCI im Jahre 1930 aus dem militanten Leben zurückzog, hat Ver­cesi seine Erfahrung in den Dienst der Fortsetzung des Kampfes gegen den Konterrevolution gestellt. Insbeson­dere leistete er einen gewaltigen Beitrag zur Herausarbeitung der Position hinsichtlich der Rolle der Fraktionen im Leben der proletarischen Organi­sationen, insbesondere in den Zeiträumen der Reaktion und des Niedergangs der Partei (6). Aber seine Beiträge waren noch umfangreicher. Auf der Grundlage des Begreifens der Aufgaben der Revolutionäre nach dem Scheitern der Revolution und dem Sieg der Konterrevolution war die Er­stellung einer Bilanz (daher der Name der Publikation der Fraktion auf französisch "BILAN") der vorausgegangenen Erfahrung im Hin­blick auf die "Vorbereitung der Kader für die neuen Parteien des Proletari­ats" unerläßlich, wobei dies - wie BI­LAN schrieb, ohne irgendwelche Scheuklappen und irgendein Verbot ,etwas zu überprüfen, geschehen sollte. Dabei trieb er die Fraktion zu einer umfangreichen Arbeit der Refle­xion und theoretischen Ausarbeitung an, wodurch diese zu einer der ergie­bigsten Organisationen in der Ge­schichte der Arbeiterbewegung wurde. Obgleich er von seiner politischen Bildung her "leninistischer" Aus­richtung war, hatte er keine Angst, die Positionen Rosa Luxemburgs zu über­nehmen, die die Unterstützung der nationalen Unabhängigkeitskämpfe verwarf und sich auf eine Analyse der ökonomischen Ursachen des Imperia­lismus stützte. Bei diesem letzten Punkt hatte er aus den Debatten mit dem Bund der Internationalistischen Kommunisten (Ligue des communistes internationalistes) Belgiens gelernt, deren Minderheit sich den Positionen der Fraktion während des Spanien­kriegs anschloß, um mit ihr Ende 1937 die Internationale Kommunisti­sche Linke zu gründen. Auch entwic­kelte Vercesi (in Zusammenarbeit mit Mitchell, Mitglied der LCI) ausge­hend von den Lehren des Prozesses des Niedergangs der russischen Re­volution und der Rolle des Sowjet­staates in der Konterrevolution die Po­sition, derzufolge es eine Identi­fizierung zwischen Diktatur des Proletariats und Staat, der nach der Revolution entstehen würde, nicht ge­ben kann. Schließlich gab er bei der Organisationsfrage ein Beispiel inner­halb der Exekutivkommission der Fraktion, wie eine Debatte geführt werden muß, wenn schwerwiegende Divergenzen entstehen. Gegenüber der Minderheit, die jegliche Orga­nisationsdisziplin brach, als sie sich den antifaschistischen Milizen an­schloß, die nicht mehr ihre Beiträge zahlen wollte, trat er gegen die Auf­fassung einer überstürzten organisato­rischen Trennung auf (obgleich den Funktionsregeln der Fraktion gemäß die Mitglieder der Minderheit hätten ausgeschlossen werden können), um die besten Bedingungen für die größtmöglichen Gelegenheiten zur Ent­wicklung einer Klarheit in der Debatte zu haben. Aus Vercesis Sicht wie für die Mehrheit der Fraktion war die po­litische Klarheit eine wesentliche Prio­rität bei der Rolle und der Aktivität der revolutionären Organisationen.

All diese Lehren, die er sich in vieler­lei Hinsicht schon in seiner früheren politischen Aktivität zu eigen gemacht hatte, hat Marc während der Jahre verarbeitet, in denen er an der Seite Vercesis als Militant aktiv war. Und auf diese gleichen Lehren stützte er sich selbst, als Vercesi anfing, sie zu vergessen und sich von den marxisti­schen Positionen zu entfernen. Als die Kommunistische Linke Italiens (GCI) gegründet wurde, als "BILAN" durch "Octobre" ersetzt wurde, hatte Vercesi angefangen, eine Theorie über die Kriegswirtschaft zu entwickeln, die ein endgültiges Überwinden der Krise des Kapitalismus ermöglicht hätte. Von dem vorübergehenden Erfolg der Wirtschaftspolitik des New Deal und der Nazis desorientiert, schlußfolgerte er daraus, daß die Waffenproduktion, die auf keine gesättigten kapita­listischen Märkte strömt, es dem Kapitalismus ermöglicht, seine wirtschaftlichen Widersprüche zu überwinden. Ihm zufolge stellten die gigantischen Aufrüstungsprogramme aller Länder Ende der 30er Jahre keine Vorbereitungen für einen späteren Weltkrieg dar, sondern waren im Ge­genteil ein Mittel, um diesem auszuweichen, indem die Hauptursa­che beseitigt würde: die wirtschaftli­che Sackgasse des Kapitalismus. Auf diesem Hintergrund, so Vercesi, müßten die verschiedenen lokalen Kriege, die damals stattfanden, insbe­sondere der Spanienkrieg, nicht als ein Vorspiel eines größeren Konfliktes aufgefaßt werden, sondern als ein Mittel für die Bourgeoisie, die Arbei­terklasse zu zerschlagen, damit diese keine revolutionären Kämpfe liefern könnte. Deshalb wandelte das Inter­nationale Büro der GCI den Namen seiner Publikation in "Octobre" um: man sei in eine neue revolutionäre Pe­riode eingetreten. Solche Positionen stellen eine Art nachträglichen Sieg der ehemaligen Minderheit der Frak­tion dar.

Gegenüber solch einem Abgleiten, wodurch die Hauptlehren BILANs in-fragegestellt wurden, führte Marc einen Kampf für die Verteidigung der klassischen Positionen der Fraktion und des Marxismus. Für ihn war dies ein sehr schwieriger Test, denn er mußte die Fehler eines Genossen be­kämpfen, den er ausgesprochen hoch einschätzte. In diesem Kampf war er in der Minderheit, denn die Mehrheit der Mitglieder der Fraktion, die durch ihre Bewunderung Vercesis 'erblindet' waren, folgten diesem in dessen Sack­gasse. Schließlich bewirkte diese Auffassung bei der Italienischen Frak­tion wie auch bei der Belgischen Fraktion eine vollständige Lähmung zum Zeitpunkt des Ausbruchs des Weltkriegs. Damals meinte Vercesis, es gebe keinen Grund mehr zu inter­venieren, weil die Arbeiterklasse "gesellschaftlich verschwunden" sei. Zu diesem Zeitpunkt konnte Marc, der in die französische Armee eingezogen worden war (obgleich er staatenlos war), nicht sofort den Kampf aufnehmen (7). Erst im August 1940 konnte er sich in Marseille im Süden Frankreichs wieder in politi­sche Aktivitäten stürzen, um die Ele­mente der Italienischen Fraktion zusammenzuschließen, die sich in dieser Stadt zusammengefunden hatten.

GEGEN DEN IMPERIALISTISCHEN KRIEG

Die meisten Genossen weigerten sich, die von dem Internationalen Büro un­ter Vercesis Einfluß getroffene Ent­scheidung der Auflösung der Fraktio­nen hinzunehmen. Im Jahre 1941 hielten sie eine Konferenz der neugebildeten Fraktion ab, die sich auf die Verwerfung des seit 1937 ein­geschlagenen Kurses stützte. So ver­warf sie die Theorie der Kriegswirt­schaft als Überwindung der Krise, auch die Idee, daß "lokale" Kriege zum Zweck der Niederschlagung der Arbeiterklasse geführt würden sowie des "gesellschaftlichen Verschwinden des Proletariats" usw.. Auch gab die Fraktion die alte Position zur UdSSR auf, derzufolge diese als ein "entarteter Arbeiterstaat" (8) darge­stellt wurde. Stattdessen wurde ihr ka­pitalistisches Wesen aufgezeigt. Wäh­rend des ganzen Krieges hielt die Fraktion unter den schlimmsten Be­dingungen der geheimen Arbeit Jah­reskonferenzen mit Genossen aus Mar­seille, Toulon, Lyon und Paris ab. Und trotz der Besetzung durch deut­sche Truppen wurden Verbindungen zu Elementen in Belgien aufgebaut.

Ein internes Diskussionsbulletin wurde in Umlauf gebracht, das alle Fragen, die zur Niederlage von 1939 geführt hatten, aufgriff. Wenn man die verschiedenen Nummern dieses Bulletins liest, kann man sehen, daß die meisten Grundsatztexte, die die von Vercesi am deutlichsten vertrete­nen Abweichungen bekämpfen oder die Herausarbeitung neuer Positionen, die durch die Entwicklung der neuen historischen Situation entstanden wa­ren, die Unterschrift Marco trugen. Unser Genosse, der der Fraktion erst 1938 beigetreten und ihr einziges "ausländisches" Mitglied war, war während des Krieges ihre Haupttrieb­kraft. Gleichzeitig hatte Marc Diskussionen mit einem Kreis von jungen Elemen­ten vorangetrieben, von denen die meisten aus dem Trotzkismus kamen, und mit denen er im Mai 1942 den französischen Kern der Kom­munistischen Linke auf den politi­schen Grundlagen der GCI bildete. Dieser Kern arbeitete auf die Perspek­tive hin der Bildung einer Französi­schen Fraktion der Kommunistischen Linke, aber sie verwarfen die Politik der "Rekrutierungskampagnen" und der von den Trotzkisten praktizierten "Unterwanderung". Unter Marcs Ein­fluß weigerten sie sich, überstürzt so­fort eine solche Fraktion zu gründen.

Nachdem die Exekutivkommission der Italienischen Fraktion neu gebildet worden war, zu der Marc gehörte, wie auch dem französischen Kern, mußten diese gegenüber den Ereignissen in Italien 1942-43 Stellung beziehen, als wichtige Klassenkämpfe zum Sturz Mussolinis am 25. Juli 1943 und zu seiner Ersetzung durch den Admiral Badoglio führten, welcher auf Seiten der Alliierten stand. Ein von Marco unterzeichneter Text im Namen der Exekutivkommission äußerte sich folgendermaßen "die revolutionären Revolten, die den Lauf des imperiali­stischen Krieges zu Ende bringen wer­den, werden in Europa eine chaotische Lage entstehen lassen, die für die Bourgeoisie sehr gefährlich sein wird". Gleichzeitig warnten sie gegen die Versuche des "anglo­amerikanischen-russischen imperialistischen Blocks", die Revolten von Außen her zu zerschlagen, und auch gegen die der Parteien der Linken, die "das revo­lutionäre Bewußtsein mundtot machen wollen". Die Konferenz der Fraktion, die trotz der Opposition Vercesis im August 1943 stattfand, erklärte nach ihrer Analyse der Ereignisse in Italien, daß "die Umwandlung der Fraktion zur Partei" in diesem Land auf der Ta­gesordnung steht. Aufgrund der materiellen Schwierigkeiten und aufgrund des passiven Widerstands, den Vercesi gegenüber solch einer Position ausübte, schaffte es die Fraktion nicht, nach Italien vor­zudringen, um dort aktiv bei den Kämpfen zu intervenieren, die ange­fangen hatten, sich zu entfalten. Insbe­sondere wußte sie nicht, daß sich Ende 1943 im Norden Italiens nach den Anregungen Onorato Damens und Bruno Maffis die Partito Comunista Internazionalista (PCInt, Internationalistische Kommunistische Partei) gegründet hatte, an der sich alte Mitglieder der Fraktion beteiligten.

Während dieser Zeit hatten die Frak­tion und der Kern Kontakte entwickelt und Diskussionen aufgenommen mit anderen revolutionären Elementen, insbesondere mit deutschen und öster­reichischen Flüchtlingen, den Revo­lutionären Kommunisten Deutschlands (RKD), die sich vom Trotzkismus gelöst hatten. Mit ihnen und ins­besondere an führender Stelle der französische Kern betrieben sie eine direkte Propaganda gegen den imperialistischen Krieg; sie wandten sich an die Arbeiter und Soldaten aller Nationalitäten, die deutschen Proleta­rier in Uniform eingeschlossen. Es handelte sich natürlich um eine sehr gefährliche Aktivität, denn sie traten nicht nur der Gestapo entgegen, son­dern auch der R6sistance. Gerade diese erwies sich als für die Genossen am gefährlichsten, denn nachdem un­ser Genosse mit seiner Lebensge­fährtin von den FFI (Forces Francai­ses de l'Interieur - die demokratische Gestapo) verhaftet worden war, in de­ren Reihen es von Stalinisten wimmelte, entronn er nur knapp dem Tod, mit dem die Stalinisten ihm ge­droht hatten. Aber das Ende des Krieges sollte auch die Totenglocke der Fraktion einläuten.

In Brüssel übernahm Vercesi Ende 1944 nach der "Befreiung" bei der Fortführung seiner falschen Positio­nen, mit denen er die Prinzipien ver­worfen hatte, welche er in der Ver­gangenheit verteidigt hatte, die Füh­rung einer "antifaschistischen Koali­tion", die "L'Italia di Domani" (Das Italien von morgen) herausbrachte. Es handelte sich um eine Zeitung, die unter dem Vorwand der Hilfe für ita­lienische Gefangene und Emigranten klar Stellung bezog für die Seite der Kriegsalliierten. Sobald diese Tatsa­chen überprüft worden waren, und am Anfang wollte dies einfach niemand glauben, schloß die Exekutivkommis­sion der Fraktion nach Marcs Vor­schlag Vercesi am 25. Jan. 1945 aus. Solch eine Entscheidung ist nicht zurückzuführen auf die Divergenzen, die es bei verschiedenen Punkten zwi­schen Vercesi und der Mehrheit der Fraktion gab. Wie damals mit der al­ten Minderheit von 1936-37 bestand die Politik der Exekutivkommission und mit Marc in ihren Reihen darin, die Haltung Vercesis aus dem da­maligen Zeitraum fortzusetzen, die die Debatten mit der größtmöglichen Klarheit vorandrängen wollte. Aber was Vercesi 1945-45 vorgeworfen wurde, waren nicht nur einfach politi­sche Divergenzen, sondern seine ak­tive Teilnahme und gar führende Rolle bei einem Organismus der Bour­geoisie, der am imperialistischen Krieg mitwirkte. Aber dieses letzte Zeichen Unnachgiebigkeit seitens der Italienischen Fraktion war nur ein "letztes Aufbäumen".

Nachdem sie von der Existenz der PCInt in Italien erfahren hatten, be­schloß die Mehrheit ihrer Mitglieder auf der Konferenz vom Mai 1945 die Selbstauflösung der Fraktion und die individuelle Integration ihrer Mitglie­der in die neue "Partei". Mit seiner letzten Energie trat Marc gegen diesen Schritt auf, den er als vollständige Verwerfung der ganzen Vorgehens­weise auffaßte, auf der sich bislang die Fraktion gestützt hatte. Er forderte deren Aufrechterhaltung bis zum Ab­schluß der Überprüfung der politi­schen Positionen dieses neuen, so we­nig bekannten Gebildes. Und die Zu­kunft gab ihm mit dieser Vorsicht recht, wenn man feststellt, daß die er­wähnte Partei, der Elemente aus dem Süden Italiens aus der Umgebung Bordigas beitraten (und von denen ei­nige eine Unterwanderungsarbeit in der Italienischen KP betrieben), die schlimmsten opportunistischen Posi­tionen entfaltete, wobei man sogar soweit ging, mit der antifaschistischen Partisanenbewegung Kontakt aufzu­nehmen (siehe dazu Internationale Re­vue, Nr. 8, 4. Quartal 1976 und Nr. 32, 1. Quartal 1983, jeweils englisch, französische Ausgabe). Um gegen solch eine Kehrtwendung zu prote­stieren, kündigte Marc seinen Rück­tritt aus der Exekutivkommission an und verließ die Konferenz, die sich auch geweigert hatte, die Französische Fraktion der Kommunistischen Linken (FFGC) anzuerkennen, welche Ende 1944 von dem französischen Kern ge­gründet worden war, und die die Grundsatzpositionen der Internatio­nalen Kommunistischen Linke (GCI) übernommen hatte. Vercesis seiner­seits trat der neuen "Partei" bei, wel­che von ihm keine Rechenschaft for­derte über seine Teilnahme an der an­tifaschistischen Koalition in Brüssel. So kamen all die Bemühungen zum Erliegen, die er selber jahrelang un­ternommen hatte, um die Fraktion als Brücke zur Zukunft wirken zu lassen zwischen einer alten Partei, die zum Feind übergewechselt war und einer neuen Partei, die mit dem Wiederer­starken des Klassenkampfes des Proletariats auftauchen würde. Da Vercesi den Kampf für diese Position nicht weiter fortsetzte, sondern im Gegenteil dieser neuen Gruppierung -der FFGC - , die den klassischen Prinzipien der Italienischen Fraktion und der Internationalen Kommunisti­schen Linken (GCI) treu geblieben war, standen er und die neue PCInt ihr sehr feindlich gegenüber. Vercesi zielte gar darauf ab, innerhalb der FFGC eine Spaltung herbeizuführen,

wodurch es zur Bildung einer 'FFGC bis' (9) kam. Diese Gruppe ver­öffentlichte eine Zeitung, die den glei­chen Namen wie die der FFGC hatte, "L'Etincelle", "Der Funken". Ihr tra­ten bei Mitglieder der ehemaligen Minderheit von BILAN, die seinerzeit von Vercesi bekämpft worden war, sowie ehemalige Mitglieder der Union Communiste. Die PCInt und die Bel­gische Fraktion (die sich nach dem Krieg um Vercesi in Brüssel zusam­mengefunden hatte) bezeichneten die 'FFGC bis' als die einzigen "Repräsentanten der Kommunistischen Linken".

Von dem Zeitpunkt an war Marc das einzige Mitglied der Italienischen Fraktion, der den Kampf und die Po­sitionen aufrechthielt, die die Stärke und die politische Klarheit dieser Or­ganisation ausgemacht hatten. Inner­halb der Kommunistischen Linke Frankreichs, die FFGC bezeichnete sich nunmehr so, begann er eine neue Etappe in seinem politischen Leben.

Fußnoten:

(1) Die hier erwähnten Militanten wa­ren nur die bekanntesten unter denen, die es schafften, die Konterrevolution zu überleben, ohne ihre kommunisti­sche Meinungen aufzugeben. Man muß jedoch hervorheben, daß die mei­sten von ihnen im Gegensatz zu Marc es nicht geschafft haben, revolutionäre Organisationen zu gründen oder am Leben zu halten. Das trifft ins­besondere für Mattick, Pannekoek und Canne-Meijer zu, berühmte Genossen der Rätekommunistischen Bewegung, die von ihren eigenen Auffassungen zur Organisationsfrage gelähmt wur­den, oder gar wie bei Canne-Meijer von der Idee, daß der Kapitalismus in der Lage sei, seine Krisen endgültig zu überwinden, wodurch dem Sozia­lismus wieder jede Grundlage entzo­gen würde (siehe unsere Internationale Revue Nr. 37, "Das Scheitern des Rätismus, der verlorene Sozialis­mus"). So schaffte es auch Munis, ein sehr wertvoller und mutiger Genosse, der aus der spanischen Sektion der trotzkistischen Strömung hervorge­gangen war, nicht, mit seinen anfäng­lichen Auffassungen zu brechen, und da er in einer sehr voluntaristischen Betrachtungsweise verfangen war, die die Rolle der Wirtschaftskrise bei der Entwicklung des Klassenkampfes ver­warf, gelang es ihm auch nicht, den neuen Elementen, die dem FOR (Ferment Ouvrier R6volutionnaire) beigetreten waren, einen theoretischen Rahmen zu vermitteln, der ihnen er­möglicht hätte, die Aktivitäten dieser Organisation auf ernsthafte Weise nach dem Tode ihres Gründers fortzu­setzen. Bordiga und Damen ihrerseits vermochten politische Gruppen zu be‑reichern, die über deren Tod hinaus weiterbestehen (die Internationale Kommunistische Partei und die Internationalistische Kommunistische Partei); jedoch hatten sie große Schwierigkeiten (vor allem Bordiga), um die überholt gewordenen Positio­nen der Kommunistischen In­ternationale zu überwinden, was wie­derum zu einem Handikap für diese Organisationen wurde. Dadurch kam es zu einer sehr schwerwiegenden Krise Anfang der 80er Jahre (im Fall der IKP) oder zu einer ständigen Zweideutigkeit, Unklarheit bei lebens­wichtigen Fragen wie bei den Ge­werkschaften, dem Parlamentarismus oder den nationalen Bewegungen (im Fall der Internationalistischen KP, wie man es während der internationalen Konferenzen in den 70er Jahren feststellen konnte). Das traf übrigens auch auf Jan Appel zu, einer der be­kannten Führer in der KAPD, der von den Positionen dieser Gruppe geprägt blieb, ohne sie wirklich aktualisieren zu können. Jedoch hat sich dieser Ge­nosse seit der Gründung der IKS mit der allgemeinen Orientierung unserer Organisation identifiziert, und er hat uns nach besten Kräften unterstützt. Man muß wissen, daß Marc gegenüber all diesen Genossen ungeachtet der zahlreichen Di­vergenzen, die sie trennten, die größte Hochschätzung für sie hatte, und er fühlte sich mit den meisten von ihnen freundschaftlich verbunden. Diese Hochachtung und Verbundenheit begrenzte sich übrigens nicht auf diese Genossen. Er hatte sie auch für Genossen, die weniger bekannt waren, die aber .in Marcs Augen das große Verdienst hatten, ihre   Treue gegenüber der Sache der Arbeiterklasse, der Revolution in den schwierigsten Momenten in der Ge­schichte des Proletariats aufrechter­halten zu haben.

Marc erwähnte gerne diese Epi­sode aus dem Leben Rosa Luxemburgs, die auf dem Kongreß der II. Internationale 1896 (als sie gerade 26 Jahre alt war) es wagte, ge­gen all die "Autoritäten" der II. Internationale Stellung zu beziehen, und um das zu bekämpfen, was ein unantastbares Prinzip der Arbeiterbewegung geworden zu sein schien: die Forderung nach der Unabhängigkeit Polens.

Diese Vorgehensweise war der Bordigas diametral entgegengesetzt, aus dessen Sicht das Programm seit 1848 "invariabel" war. Dennoch hat dies nichts mit den "Revisionisten" wie Bernstein zu tun, oder mit den neueren Vertretern wie Chaulieu, Mentor der Gruppe "Sozialismus oder Barbarei" (1949-65). Sie unterscheidet sich auch von der rä­tekommunistischen Bewegung, die meinte, weil die russische Revolution von 1917 zu einer neuen Variante des Kapitalismus geführt habe, handelte es sich dabei um eine bürgerliche Revo­lution, oder die sich auf eine "neue" Arbeiterbewegung berief in Gegen­überstellung zu der "alten" (der II. und III. Internationale), die gescheitert wären.

Hinsichtlich der Haltung der Frak­tion gegenüber den Ereignissen in Spanien siehe insbesondere die "Internationale Revue", Nr. 4,6,7 1976 (engl. Ausgabe)

Zur Italienischen Fraktion siehe unsere Broschüre "Die Kommunisti­sche Linke Italiens".

Zur Frage des Verhältnisses Par­tei-Fraktion siehe unsere Artikel­sammlung in der Internationalen Re­vue Nr. 59,61,64,65 usw. - auch auf deutsch erhältlich.

15 Jahre lang war unser Genosse nur im Besitz eines "Ausweisungsbeschlusses" vom fran­zösischen Territorium, den er alle zwei Wochen bei den Behörden vorle­gen mußte, um die Durchführung des­selben aufzuschieben zu lassen. Es handelte sich um ein Damoklesschwert der sehr demokratischen Regierung Frankreichs, dem "Land des Asyls und der Menschenrechte", den diese über seinem Kopf schweben ließ. Marc war ständig gezwungen, zu be­teuern, daß er keine politischen Aktivitäten betreibe, was er natürlich nicht einhielt. Zum Zeitpunkt des Krieges beschloß diese Regierung, daß dieser "unerwünschte Staatenlose" durchaus dazu gut sei, als Kanonen­futter bei der Verteidigung des Vater­landes zu dienen. Obwohl von den deutschen Truppen gefan­gengenommen, gelang ihm die Flucht, bevor diese entdeckten, daß er Jude war. Mit seiner Lebensgefährtin Clara flüchtete er nach Marseille, wo die Polizei, nachdem sie seine Lage von vor dem Krieg entdeckt hatte, ihm keinen Ausweis ausstellte. Ironischer­weise zwangen die Militärbehörden die Zivilbehörden zu einer Änderung ihrer Haltung zugunsten von Marc, den sie als jemanden betrachteten, der "im Dienste Frankreichs" stünde, umso mehr noch, da es sich noch nicht einmal um sein Land handelte.

Diese Analyse, die denen der Trotzkisten gleicht, hat die Fraktion jedoch nie zu einem Aufruf zur "Verteidigung der UdSSR" veranlaßt. Seit Anfang der 30er Jahre - und die Ereignisse in Spanien haben diese Po­sition vollauf bestätigt - ging die

Fraktion davon aus, daß der "Sowjetstaat" einer der schlimmsten Feinde des Proletariats war.

Man muß unterstreichen, daß Marc trotz der Fehler Vercesis ihm gegenüber immer einen großen Respekt und Hochachtung zollte. Diese Hochachtung galt auch für alle Mitglieder der Italienischen Fraktion, die er immer mit den herzhaftesten Worten erwähnte. Man mußte ihn reden hören von all den Militanten, die nahezu alle Arbeiter waren, von Piccino, Tulio, Stefanini, deren Kampf er in den dunkelsten Stunden dieses Jahrhunderts teilte, um seine Hochachtung und Verbundenheit mit diesen Genossen einschätzen zu können.

Dieser Artikel war in seiner ursprüng­lichen Fassung in zwei Teilen veröf­fentlicht worden. Es folgt hier der 2. 

VOM 2. WELTKRIEG BIS HEUTE "INTERNATIONALISME"

Die Gauche Communiste de France (GCF) hielt ihre 2. Konferenz im Juli 1945 ab. Sie verabschiedete einen Be­richt zur internationalen Situation, der von Marc verfaßt worden war (wiederveröffentlicht in der Interna­tional Review Nr. 59, 1989, engl. Ausgabe), in dem eine globale Bilanz der Kriegsjahre gezogen wird. Ausge­hend von den klassischen Positionen des Marxismus zur Frage des Impe­rialismus und des Krieges, insbeson­dere gegenüber den Verirrungen, die Vercesi entfaltet hatte, stellt dieses Dokument eine Vertiefung des Begrei­fens der Hauptprobleme dar, vor denen die Arbeiterklasse in der Deka­denz des Kapitalismus steht. Dieser Bericht spiegelt den ganzen Beitrag wider, den die GCF für das revolutio­näre Gedankengut leistete, und von dem man sich eine Vorstellung ma­chen kann, wenn man die theoretische Revue "Internationalisme" liest (1). "L'Etincelle" stellte sein Erscheinen Ende 1946 ein. Die GCF hatte ver­standen, daß ihre Prognose eines re­volutionären Endes des imperialisti­schen Krieges (d.h. die Erwartung ei­ner parallelen Entwicklung wie am Ende des 1. Weltkriegs) nicht erfüllt worden war. Dank der Lehren, die sie aus der Vergangenheit gezogen hatte -und die Fraktion hatte dies schon seit 1943 befürchtet-hatte die Bourgeoisie der "Siegerländer" es geschafft, einen Aufstand des Proletariats zu verhindern. Die "Befreiung" war kein Sprungbrett für die Revolution, sondern im Gegenteil ein Gipfel der Konterrevolution. Die GCF zog daraus die Konsequenzen und meinte, daß die Bildung der Partei nicht auf der Tagesordnung stünde; ebenso meinte sie, daß jetzt nicht eine Hauptaufgabe die Agitation in der Arbeiterklasse sei, zu dessen Zweck L'Etincelle geschaffen worden war. Jetzt standen die Revolutionäre vor einer Aufgabe, ähnlich wie sie BILAN vor sich gehabt hatte. Deswegen widmete sich die GCF nunmehr der Arbeir der Klärung und der theoretisch-politischen Diskussion -im Gegensatz zur IKP , die jahrelang einen fieberhaften Aktivismus betrieb, welcher 1952 zu einer Spaltung zwischen der Tendenz um Damen, der aktivistischer war, und um Bordiga führte (mit dem sich Vercesi zusammenschloß). Diese Tendenz um Bordiga zog sich vollständig ins Sektierertum und in eine angebliche Invarianz zurück (tatsächlich war es eine erstarrte, versteinerte Form der Positionen der Kommunistischen Lin­ken von 1926). Dies sollte nunmehr das Merkmal der Internationalen Kommunistischen Partei (IKP I= In­ternational) und ihrer Zeitschrift Pro­gramma Comunista sein. Die IKP (IInternationalistisch) um Damen (welche noch in der Mehrheit war, setzte die Publikation Battaglia Comu­nista und Prometeo fort), der man zu diesem Zeitpunkt diesen Vorwurf des Sektierertums nicht machen konnte, stürzte sich in eine ganze Reihe von Initiativen von Konferenzen und ge­meinsamen Aktivitäten mit nicht-pro­letarischen Strömungen wie den Trotzkisten und Anarchisten.

Die GCF wiederum hat diesen Geist der Offenheit aufrechterhalten, der ein Kennzeichen der Italienischen Linken vor und während des Krieges gewesen war. Aber im Gegensatz zur IKP, die sich nach allen Seiten hin öffnete und nicht lange nach dem Klassencharakter der Organisationen fragte, mit denen sie in Kontakt trat, stützten sich die von der GCF hergestellten Kontakte genau wie seinerzeit bei BILAN auf genaue politische Kriterien, die eine präzise Abgrenzung von nicht-proleta­rischen Organisationen ermöglichten.

So beteiligte sich die GCF im Mai 1947 an einer internationalen Konfe­renz, die dank der Initiative des Communistenbond Hollands (rätekommunistischer Tendenz) einbe­rufen worden war, an der auch insbe­sondere die Gruppe Le Proletaire (sie war aus den RKD hervorgegangen) mitwirkte sowie die belgischen Frak­tion und die autonome Föderation Turins, die sich von der IKP gespalten hatte aufgrund der Divergenzen hin­sichtlich der Wahlbeteiligung. Bei der Vorbereitung dieser Konferenz, zu der der Bond auch die Anarchistische Fö­deration eingeladen hatte, bestand die GCF auf der Notwendigkeit von prä­ziseren Auswahlkriterien, die Gruppen fernhalten wie die offiziellen Anarchi­sten, welche an der Regierung der spanischen Republik und an der Resi­stance (2) mitgewirkt hatten.

Aber der Hauptbeitrag der GCF zum Kampf des Proletariats in dieser von der Konterrevolution beherrschten Zeit liegt sehr wohl bei der program­matischen und theoretischen Heraus­arbeitung und Vertiefung. Die be­trächtlichen Vertiefungsbestrebungen seitens der GCF in dieser Hinsicht ha­ben insbesondere zu einer Präzisierung der Funktion der revolutionären Partei geführt, wobei man über die klassi­schen "leninistischen" Auffassungen hinausging, und die endgültige und unwiderrufliche Einverleibung der Gewerkschaften und der Gewerk­schaftsarbeit in den kapitalistischen Staat feststellte. In dieser Hinsicht hatte die deutsch-holländische Linke von Anfang der 20er Jahre an eine ernsthafte Kritik an den falschen Posi­tionen Lenins und der Kommunisti­schen Internationale erarbeitet. Die Auseinandersetzung der Italienischen Fraktion vor dem Krieg und der GCF nach dem Krieg mit den Positionen dieser Strömung versetzten die GCF in die Lage, einige der Kritiken an der Kommunistischen Internationale wei­ter zu vertiefen. Aber die GCF erwies sich als fähig, nicht den gleichen Ex­zessen zu verfallen, den die deutsch­holländische Linke bei der Parteifrage begangen hatte (der nachher jede Funktion abgesprochen wurde). Auch ging man beim Verständnis der Ge­werkschaftsfrage viel weiter (denn ne­ben der Verwerfung der klassischen Gewerkschaftsarbeit, trat die deutsch­holländische Linke für eine Art Basis­gewerkschaftsarbeit ein, wobei sie sich auf die "Unionen" aus der Zeit 1919-20 in Deutschland stützte). Bei der Gewerkschaftsfrage konnte man den Unterschied in der Methode zwi­schen der deutschen und italienischen Linken sehen. Die deutsche Linke ver­stand während der 20er Jahre den großen Rahmen einer Frage (z.B. des kapitalistischen Wesens der UdSSR oder des Wesens der Gewerkschaften), aber indem man eine systematische, vertiefte Auseinandersetzung bei der Erarbeitung neuer Positionen unter­ließ, wurden bestimmte Grundlagen des Marxismus infrage gestellt, und eine spätere Vertiefung dieser Fragen unmöglich gemacht. Die Italienische Linke ihrerseits war viel vorsichtiger. In Anbetracht der Ausrutscher Verce­sis im Jahre 1938 hatte sie die ständige Sorge, jeden von ihr vollzogenen Schritt der Vertiefung einere systematischen Kritik zu unterziehen, um zu überprüfen, ob sie sich nicht vom Rahmen des Marxismus entfernten. Dadurch wurde sie in die Lage versetzt, viel weiter zu gehen bei der Vertiefung und bei der theoretischen Weiterentwicklung der Positionen insbesondere zu einer so grundsätzlichen Frage wie der des Staats. Diese Vorgehensweise hatte Marc innerhalb der Italienischen Fraktion kennengelernt und übernommen; und auf diese stützte er sich wiederum bei der Arbeit in der GCF. Die GCF vertiefte auch weiterhin die Frage des Staates in der Übergangsperiode vom Kapitalismus zum Kommunismus. Auch wurde die Frage des Staatskapitalismus nicht mehr nur im engen Rahmen der Ana­lyse der UdSSR gesehen, sondern die allgemeinen, weltweit gültigen Merk­male dieser Haupterscheinungsweise der Dekadenz der kapitalistischen Produktionsweise wurden herausgear­beitet. Diese Analyse findet man insbeson­dere in dem Artikel "Die Entwicklung des Kapitalismus und die neue Per­spektive" (veröffentlicht in Internatio­nalisme Nr. 46, wieder veröffentlicht in International Review Nr. 21, engl. Ausgabe). Dieser Text war von Marc im Mai 1952 verfaßt worden, und er stellt in gewisser Hinsicht das politi­sche Testament der GCF dar. Im Juni 1952 verließ Marc Frankreich, um nach Venezuela umzuziehen. Diese Abreise entsprach einem kollektiven Beschluß der GCF, die in Anbetracht des Koreakrieges davon ausging, daß ein dritter Weltkrieg zwischen dem amerikanischen und russischen Block unvermeidbar wäre und kurz bevor­stünde (wie in dem o.g. Text entwic­kelt wurde). Solch ein Krieg würde hauptsächlich Europa zerstören, da­durch würden die wenigen kommuni­stischen Gruppen vollständig vernich­tet, auch die GCF, deren Mitglieder ja gerade erst den 2. Weltkrieg über­lebt hatten. Wenn einige Militanten außerhalb Europas Schutz suchen wollten, dann geschah dies nicht so sehr aus Sorge um die individuelle Si­cherheit (während des ganzen 2. Weltkriegs hatten Marc und seine Ge­nossen bewiesen, daß sie bereit waren, große Risiken einzugehen, um die re­volutionären Positionen unter den schlimmst möglichen Bedingungen zu verteidigen), sondern weil man so das Überleben der Organisation selber er­möglichen wollte. Aber die Abreise einer der erfahrensten und politisch gebildesten Genossen zu einem ande­ren Kontinent sollte für die GCF einen nicht zu verkraftenden Schlag darstel­len. Denn die Mitglieder, die in Frankreich blieben, schafften es trotz der fortgesetzten Korrespondenz mit Marc nicht, die Organisation in der Zeit der tiefgreifenden Konterrevolu­tion am Leben zu halten. Aus Grün­den, auf die wir hier nicht eingehen können, fand dann der 3. Weltkrieg nicht statt. Es liegt auf der Hand, daß dieser Fehler bei der Analyse der Lage der GCF das Leben gekostet hat (und dies ist wahrscheinlich der Fehler, unter denen, die von dem Genossen während seines militanten Lebens be­gangen wurden, der die schwersten Konsequenzen gehabt hat). Aber die GCF hinterließ ein großes politisches und theoretisches Vermächtnis, auf das sich die Gruppen stützen konnten, die später die IKS gründeten.

DIE INTERNATIONALE KOMMUNISTISCHE STRÖMUNG

Mehr als 10 Jahre lang - d.h. in einer Zeit, in der die Konterrevolution die Arbeiterklasse weiter erdrückte - lebte Marc in einer besonders schlimmen Isolierung. Er verfolgte die Aktivitä­ten der revolutionären Organisationen, die sich in Europa am Leben hielten und blieb in Kontakt mit ihnen und ei­nigen ihrer Mitglieder. Auch setzte er die Arbeit der Reflexion, der Vertie­fung über einige Fragen fort, die die GCF nicht ausreichend hatte klären können. Aber zum ersten Mal in sei­nem Leben konnte er an keiner orga­nisierten Aktivität teilnehmen, die ja gerade unentbehrlich ist für solch eine Arbeit der Vertiefung. Es war eine sehr schwere Herausforderung, wie er selber formulierte: "In dieser Zeit der Reaktionen nach dem 2. Weltkrieg gab es einen langen Marsch durch die Wüste, insbesondere nach der Auflösung der Gruppe "INTERNATIONALISME" nach 10 Jahren ihres Bestehens. Dem folgte eine 15jährige Isolierung. Diese dauerte an bis zum Zeitpunkt, als er es schaffte, um ihn herum eine kleine Gruppe von Gymnasiasten zu sammeln, die den Kern einer neuen Organisation darstellen sollten: "Und 1964 wurde in Venezuela eine Gruppe gegründet, der ganz junge Leute an­gehörten... und diese Gruppe besteht heute noch. 40 Jahre lang in der Konterrevolution, in der dunkelsten Reaktion zu leben, und dann plötzlich Hoffnung zu verspüren, zu merken, daß die Krise und die Jugend wieder da sind... Und dann zu spüren, wie diese Gruppe Schritt für Schritt an­wuchs, wie sie sich durch die Ereig­nisse von 1968 entfaltete, in Frankreich und dann in 10 Ländern... All das ist wirklich eine Freude für einen Militanten. Diese Jahre, die letzten 25 Jahre sind sicherlich die glücklichsten Jahre gewesen. Während dieser Jahre konnte ich die Freude über diese Entwicklung verspüren, und über die Überzeugung, daß es wieder losging, daß wir die Niederlage über­wunden hatten, und daß wir aus der Niederlage herausgekommen ware, und daß das Proletariat wieder als solches in Erscheinung tritt, daß die revolutionären Kräfte wieder Auf­schwung nehmen. Die Freude zu ha­ben, selber daran mitzuwirken, all das zu geben, was man kann, das Beste für diesen Wiederaufbau geben - all das bereitet eine große Zufriedenheit. Und diese Freude schulde ich der IKS..." Im Unterschied zu anderen Organisa­tionen, in denen Marc aktiv gewesen war, wollen wir hier nicht die Ge­schichte der IKS neu aufrollen, denn anläßlich des 10. Jahrestags des Beste­hens der IKS haben wir dies schon in unserer Presse getan (siehe dazu Inter­nationale Revue, Sondernummer zur Organisationsfrage). Wir wollen nur einige Elemente erwähnen, die den gewaltigen Beitrag unseres Genossen zum Prozeß der Bildung unserer Or­ganisation verdeutlichen. So war es hauptsächlich das Verdienst Marcs, daß noch vor der Gründung der IKS die kleine Gruppe in Venezuela, die Internacionalismo veröffentlichte (sie hatte den gleichen Namen wie die Re­vue der GCF), eine große Klarheit entwickeln konte, insbesondere zur Frage der nationalen Befreiung. Denn diese Frage spielte in Venezuela eine große Rolle. Auch bestanden hierzu im politischen Milieu große Verwir­rungen. Auch entsprach die Politik Internacionalismos der Kontaktauf­nahme mit anderen Gruppen aus dem Milieu auf dem amerikanischen Kon­tinent und in Europa der Politik der GCF und der Fraktion. Und während man im Januar 1968 nur vom Wohl­stand und der Blütezeit des Kapitalis­mus und dessen Fähigkeit, die Krisen zu überwinden, sprach (und einige Revolutionäre taten dies auch schon), und als die Theorien Marcuses über die "Integration der Arbeiterklasse in den Kapitalismus" weit verbreitet wa­ren, und als die Revolutionäre, die Marc während einer Reise durch Eu­ropa im Sommer 1967 getroffen hatte, meist total skeptisch waren hinsicht­lich des Potentials einer Arbeiter­klasse, die angeblich noch in der tief­sten Konterrevolution steckte, da fürchtete sich unser Genosse nicht, in Internacionalismo Nr. 8 zu schreiben: ""Wir sind keine Propheten, und wir behaupten auch nicht raten zu können, wann und wie sich die zukünftigen Er­eignisse abspielen werden. Aber wir sind uns in der Tat sicher und uns des­sen bewußt, daß der Kapitalismus den Prozeß, in den er gegenwärtig geraten ist, nicht aufhalten kann... dieser führt nämlich direkt zur Krise. Und wir sind ebenfalls sicher, daß die ent­gegengesetzte Entwicklung der Ent­faltung der Kampfbereitschaft der Klasse, die man jetzt überall sieht, die Arbeiterklasse in einen blutigen und direkten Kampf um die Zerstörung des bürgerlichen Staats treiben wird". Einige Monate später brachte der Ge­neralstreik des Mai 1968 in Frankreich eine unwiderlegbare Be­stätigung dieser Vorhersagen. Natür­lich war noch nicht die Stunde eines "direkten Kampfes um die Zerstörung des bürgerlichen Staates" gekommen, sondern die eines historischen Wieder­erstarkens des Weltproletariats, das angefacht worden war durch die ersten Erscheinungen der offenen Krise des Kapitalismus nach der tiefsten Konter­revolution der Geschichte. Diese Vor­hersagen sind kein Ergebnis einer Spekulation, sonder einfach ein be­merkenswerter Beweis dafür, daß un­ser Genosse den Marxismus be­herrschte, und daß er auch in den schlimmsten Momenten der Konterre­volution ein Vertrauen in die revolu­tionären Fähigkeiten der Arbeiter­klasse bewahrt hat. Sofort kam Marc nach Frankreich (er legte gar einen Teil der Anreise per Anhalter zurück, da der öffentliche Verkehr in Frankreich durch Streiks gelähmt war). Dort nahm er Kontakt zu alten Mitgliedern der GCF auf und trat in Diskussionen mit einer Reihe von Gruppen und Elementen des politi­schen Milieus ein (3). Diese Aktivitä­ten wie die eines jungen Mitglieds von Internacionalismo, der schon seit 1966 nach Frankreich gekommen war, wa­ren entscheidend für das Entstehen und die Entfaltung der Gruppe Revo­lution Internationale, die die Rolle des Pols der Umgruppierung spielen sollte, auf dem aufbauend später die IKS entstand. Wir können hier leider nicht auf all die politischen und theoretischen Bei­träge unseres Genossen innerhalb un­serer Organisation nach ihrer Grün­dung eingehen. Es reicht aus zu sagen, daß bei allen wesentlichen Fragen, vor denen die IKS stand, wie auch die Ar­beiterklasse insgesamt, bei all den Schritten vorwärts, die wir haben ma­chen können, der Beitrag unseres Ge­nossen entscheidend war. Marc war in der Regel derjenige unter uns, der neue Fragen, neue Punkte als erster aufwarf, vor denen wir standen. Diese ständige Wach- und Achtsamkeit, diese Fähigkeit, schnell und in der Tiefe die neuen Fragen zu untersu­chen, auf die man eine Antwort ent­wickeln mußte, aber auch gegenüber älteren Fragen, bei denen noch im po­litischen Milieu Verwirrungen vor­handen waren, all dies ist in unserer Internationalen Revue in mehr als 60 Ausgaben schriftlich zum Ausdruck gekommen. Die Artikel zu diesen Fragen waren nicht immer direkt von Marc verfaßt worden, denn da er nie an einer Uni studiert hatte, und vor allem, weil er immer in Sprachen schreiben mußte, die er erst im Er­wachsenenalter gelernt hatte, wie das mit dem Französischen der Fall war, war Schreiben für ihn jeweils eine schwere Aufgabe. Aber er war immer derjenige, der zu den meisten Artikeln die Inspiration, die Anregung geliefert hatte, damit unsere Organisation ihre Verantwortung der ständigen Aktuali­sierung der kommunistischen Positio­nen erfüllt. Um nur eines der letzten Beispiele zu nennen, als unsere Orga­nisation gegenüber einer neuen histo­rischen Situation schnell reagieren mußte, nämlich dem Zusammenbruch des Ostblocks und des Stalinismus, war es die große Wachsamkeit unseres Genossen und gleichzeitig natürlich die Tiefgründigkeit seiner Gedanken, die eine entscheidende Rolle bei der Fähigkeit der IKS gespielt haben, eine ausreichende Antwort für die Analyse dieser Ereignisse zu liefern. Und seit­dem haben die Ereignisse unsere Analyse nur bestätigt.

Aber der Beitrag Marcs zum Leben der IKS begrenzte sich nicht auf die Ausarbeitung und die Vertiefung der politischen Positionen und theoreti­schen Analysen. Bis in die letzten Tage seines Lebens setzte er sich nicht nur mit der Entwicklung der Weltlage auseinander, dachte darüber nach und teilte dies trotz der übermenschlichen Anstrengungen, die dies in Anbetracht seines Gesundheitszustandes bedeute­ten, den Genossen mit, die ihn am Krankenbett besuchten. Auch be­schäftigte er sich weiter mit den De­tails der Aktivitäten und der Funkti­onsweise der IKS. Für ihn gab es nie "untergeordnete" Fragen, mit denen sich theoretisch weniger gebildete Ge­nossen hätten auseinandersetzen sol­len. Er setzte sich immer dafür ein, daß alle Genossen der Organisation die Fähigkeit zu einer größtmöglichen politischen Klarheit entwickeln, und daß theoretische Fragen nicht den "Spezialisten" vorbehalten bleiben, er hat nie gezögert, mit Hand anzulegen an alle praktischen Alltagsaktivitäten unserer Organisation. So hat Marc den jungen Mitgliedern unserer Organisa­tion als Beispiel für einen Genossen gedient, der seine ganzen Fähigkeiten in das Leben dieses unabdingbaren Organs der Arbeiterklasse, ihre revo­lutionäre Organisation steckt. Tatsächlich vermochte unser Genosse ständig den neuen Generationen von Genossen die Erfahrung zu vermitteln, die er im Laufe seines außergewöhnli­chen und langen militanten Lebens ge­sammelt hatte. Und solch eine Erfah­rung konnten diese Generationen von neuen Militanten nicht nur anhand von politischen Texten erwerben, sondern im Alltagsleben der Organisation, und mit Hilfe der Anwesenheit Marcs sel­ber konnten sie dies tun. Aus dieser Sicht hat Marc einen ganz außergewöhnlichen Platz im Leben des Proletariats eingenommen. Wäh­rend die Konterrevolution die politi­schen Organisationen, die die Arbei­terklasse in der Vergangenheit hervor­gebracht hatte, entweder auslöschte oder sie zerfallen ließ, stellte Marc eine Brücke, ein unersetzbares Ver­bindungsglied zwischen den Organi­sationen dar, die an der revolutionären Welle nach dem 1. Weltkrieg teilge­nommen hatten und den Organisatio­nen, die sich an der nächsten beteili­gen werden. In seiner Geschichte der russischen Revolution warf Trotzki die Frage der besonderen und außer­gewöhnlichen Stellung Lenins auf. Sich auf die klassischen Thesen des Marxismus über die Rolle des Indivi­duums in der Geschichte stützend, schloß er daraus, daß die Revolution ohne Lenin, der es geschafft hatte, die bolschewistische Partei wieder aufzu­richten und sie politisch "zu festigen, zu bewaffnen", nicht hätte stattfinden können, oder daß sie zum Scheitern verurteilt gewesen wäre. Es liegt auf der Hand: ohne Marc gäbe es die IKS nicht, zumindest nicht in ihrer gegen­wärtigen Form als bedeutendste Orga­nisation des internationalen revolutio­nären Milieus (ohne von der Klarheit der Positionen zu sprechen, von denen natürlich andere revolutionäre Grup­pen eine andere Meinung haben kön­nen). Insbesondere seine Präsenz und sein Wirken haben es ermöglicht, daß die gewaltige und Grundsatzarbeit, den die Fraktionen der Linken ver­richtet haben, insbesondere die Italie­nische Linke, die alle aus der Komin­tern ausgeschlossen worden waren, nicht in Vergessenheit geraten, son­dern fruchtbringend verwendet wer­den. Während unser Genosse in der Arbeiterklasse nie einen Bekanntheits­grad vergleichbar mit dem von Lenin, R. Luxemburg, Trotzki oder gar Bor­diga oder Pannekoek gehabt hat - denn dies konnte nicht anders sein, weil er den größten Teil seines Lebens unter der Konterrevolution arbeitete- soll man sich gerade deshalb nicht fürchten zu sagen, daß sein Beitrag zum Kampf des Proletariats auf der gleichen Ebene liegt wie der der oben genannten Re­volutionäre.

Unser Genosse hat solche Vergleiche immer verworfen. Mit der größtmög­lichen Einfachheit und Bescheidenheit hat er immer seine militanten Aufga­ben erfüllt; auch hat er nie seinen "Ehrenplatz" innerhalb der Organisa­tion verlangt. Sein größter Stolz lag nicht in seinem außergewöhnlichen Beitrag, den er geliefert hat, sondern in der Tatsache, daß er es geschafft hat, bis zum Ende seines Lebens dem Kampf des Proletariats treu zu blei­ben. Und das war auch eine wertvolle Lehre für all die neuen Generationen von Genossen, die nicht die Gelegen­heit gehabt haben, die große Aufopfe­rung, das Engagement für die revolu­tionäre Sache kennenzulernen, die die früheren Generationen von Genossen auszeichneten. Vor allem auf dieser Ebene wollen wir in diesem Kampf auf der Höhe sein, den wir nun ohne die wachsame und hellsichtige, brü­derliche und leidenschaftliche Präsenz unseres Genossen entschlossen sind fortzusetzen.

IKS

Politische Strömungen und Verweise: 

  • Kommunistische Linke [9]

Schweden - Die Wahlen 2006: Was können sie uns bieten?

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Nachstehend veröffentlichen wir einen Artikel von unserer schwedischen Sektion zu den Wahlen in Schweden, damit man trotz möglicher Sprachbarrieren mehr über die Entwicklungen in anderen Ländern erfahren kann, zugleich aber auch sieht, dass das Proletariat weltweit vor den gleichen Fragen und Aufgaben steht. IKS in Deutschland

Die Wahlen 2006: Was können sie uns anbieten?

Während dieser Artikel geschrieben wird, es ist noch eine Woche bis zu den Wahlen. Der Skandal um die „Internet-Spionage“ der Volkspartei hat sich gelegt. Neue Meinungsumfragen zeigen einen knappen Vorsprung für die „bürgerliche Allianz“ gegen die sozialdemokratische Regierung. Durch die Wahlpropaganda will die bürgerliche Klasse uns Glauben machen, dass es einen Unterschied zwischen den verschiedenen „Wahlblöcken“ gäbe und diese Wahl eine Wahl zwischen verschiedenen Wegen für Schweden bedeuten würde. Man will die Wahlen als eine Wahl zwischen zwei Alternativen hinstellen. Das ist der Hauptinhalt der sozialdemokratischen Propaganda. Die „Gemäßigten“ ihrerseits wollen sich als neue „Arbeiterpartei“ profilieren, die „Klartext“ über Arbeitslosigkeit „redet“. Die Sozialisten kontern damit, dass sie in die Opposition gehen würden. Sie drohen mit ziemlich hohl klingenden Phrasen, „dass eine Regierung „Reinfeld“ [so heißt die Hauptwahlfigur der bürgerlichen Allianz] nur Verschlechterungen für die Arbeiterklasse bedeuten würde“. Diese „Arbeiterregierung“, die seit 1994 an den Fleischtöpfen der Macht gesessen hat, die die drastischsten Sparmaßnahmen in der neueren Zeit durchgeführt hat, versucht fortwährend, in ihrer Wahlrhetorik mit dem „Gespenst einer Rechtsregierung“ zu drohen. Der erste Vertreter des nationalen Kapitals, Göran Persson, und seine Partei, die staatstragende Sozialdemokratie, ist immer noch die für die Interessen des nationalen Kapitals am besten geeignete Machtklicke, um Angriffe gegen das Volk und die Arbeiterklasse durchzuführen. Das hat die Arbeiterklasse während der „Rosskur“ in 90er Jahren erfahren können, als der damalige Finanzminister und spätere Staatsminister Göran Persson, den größten Abbau des „Wohlfahrtstaates“ durchführte, den ein entwickeltes europäisches Land je geschehen hat.

Trotzdem ist die selbstherrliche und arrogante Haltung, die er und seine Partei ausstrahlen, ein Problem für die bürgerliche Klasse, wenn man den demokratischen Zirkus glaubwürdig machen will. Die immer mehr verbreitete Korruption und die Identifikation der Sozialdemokratie mit dem Staat, sind Probleme, die man in den Medien hervorhebt: Die „Machtkonzentration“ in Perssons Staatsratausschuss – die sich im Zusammenhang mit der Tsunamikatastrophe zeigte - ist das offenkundigste Beispiel der Medienkritik gewesen. Deshalb haben die Medien und die Kommentatoren während des ganzen Wahlzirkusses die Notwendigkeit, die Regierung zu wechseln, betont. „Die Macht macht korrupt“ und andere „Wahrheiten“ hat man in den Medien betont; verschiedene Kommentatoren und sozialdemokratische Professoren haben sich in den Medien dafür ausgesprochen, dass ein Machtwechsel um der „Demokratie“ willen besser wäre.

Die demokratische Fassade

Zur Zeit der Wahlkämpfe regte sich die Bourgeoisie mächtig darüber auf, dass die Politiker so sehr in der Gesellschaft verachtet würden. Auch wenn es in Schweden keine „Missbrauchparteien“ in größerem Ausmaß gibt, hat die Bourgeoisie Schwierigkeiten, die demokratische Fassade aufrecht zu erhalten. Den spontanen Reaktionen bei den meisten Menschen, denen es gleichgültig ist, wer die Regierung stellt, muss bewiesen werden, dass es tatsächlich verschiedene Alternativen innerhalb der Demokratie gäbe. Um die Demokratie wieder glaubwürdig zu machen, wäre ein Machtwechsel gut. Skandale verhelfen dazu, dass die Leute sich wieder mehr für Politik interessieren.

Eine glaubwürdige Alternative für die in ihrer Macht selbstherrliche Sozialdemokratie zu schaffen, ist ein Hauptthema im aktuellen Wahlkampf gewesen. Nach den letzten Wahlen von 2002, als die Sozialdemokraten ihr schlechtestes Wahlergebnis einfuhren, und trotzdem die Regierung bilden konnten, gab es bestimmt viele Wähler, die sich fragten, was ihre Stimme für eine Bedeutung hat. Tatsache ist, dass sie gar keine Bedeutung hat, um wirklich etwas zu verändern.

Trotz des Bedürfnisses der Demokratie, eine Regierung zu wechseln, ist die „bürgerliche Allianz“ immer noch die unsichere Karte für die schwedische Bourgeoisie. Die schwedische Rechte ist historisch gesehen schwach und hat nur begrenzte Erfahrungen in der Regierung. Trotz der Änderungen ihrer Politik (die Annäherung der moderaten Sammlungspartei gegenüber der „Mitte“, ihr neuer „sozialkonservativer“ Ton, wie das Aufgeben der früheren EU-Politik und der Kernkraftgegnerschaft des Zentrums), die vorgenommen wurden, um eine glaubwürdige Regierungsalternative zu schaffen, gibt es immer noch Spannungen innerhalb des „bürgerlichen“ Blocks. Es gibt sogar Meinungsverschiedenheiten innerhalb der „Allianz“, was die Außenpolitik betrifft. Dies kann bei einer eventuellen Regierungsbildung noch von Bedeutung sein.

Was passiert nach den Wahlen?

Das Präsentieren eines neuen „sozialen Gewissens“ innerhalb der gemäßigten Sammlungspartei, besonders durch Fredrik Reinfeld und Kristina Axén Olin, deren Konterfei uns überall auf den Wahlplakaten entgegenstarrt, bedeutet, dass man sich von der „Steuersenkungspolitik“ abgewendet hat, die 2002 in eine katastrophale Wahlniederlage geführt hat. Dafür kritisiert man jetzt „die Rechte“ für deren „Leichtsinn“ (Zeitung „Dagens Arbeite“ im Sept. 06), zu versprechen, dem sozialdemokratischen Entwurf zu folgen.

Wir können sicher sein, dass weitere Verschlechterungen für die Arbeiterklasse kommen werden, egal welche Regierung am 18. September an die Macht kommt! Die von der Sozialdemokratie eingeleiteten Verschlechterungen der Kranken- und Arbeitslosenversicherung und die mehr und mehr unerträglicher werdenden Arbeitsbedingungen für die Arbeiter im öffentlichen Dienst werden weitergeführt. Die Arbeitslosigkeit, über die Reinfeld „Klartext redet“ und sich „profiliert“, wird nicht geringer werden, egal ob diese oder jene Fraktion des politischen Apparates der Bourgeoisie an die Macht kommt. Die ökonomische Krise des Kapitalismus zwingt die Bourgeoisie fortwährend die Arbeiterklasse anzugreifen, auf die eine oder andere Weise; mit Arbeitslosigkeit und Lohnsenkungen, Steuererhöhungen und Verschlechterungen - in der Privatwirtschaft wie im öffentlichen Dienst.

Was soll man stattdessen machen?

Wenn wir wach werden nach der Wahlnacht, ist der Zirkus ein weiteres Mal beendet. Vier Jahre bis zum nächsten Mal, vier Jahre neue Verschlechterungen und Kürzungen. Gewiss, es ist leicht, spöttisch zu werden gegenüber dieser Heuchelei. Die Stalinisten sagen, dass „es das ganze Jahr Ungerechtigkeit gibt, dass wir aber am 17. September alle gleich sind.“ Die Anarchisten sagen, dass „die Wahl eine Illusion ist“, aber sie sagen gleichzeitig im Internet, dass man die Wahllokale kaputt schlagen soll.

Die Wahlen sind eine Scheinveranstaltung, sind ein Mittel der Bourgeoisie, die demokratische Fassade aufrecht zu erhalten. Ist man desillusioniert über die Alternative, die die Bourgeoisie anbietet, soll man mindestens das „kleinere Übel“ wählen und seine „demokratische Pflicht“ tun - besonders in einem Land wie Schweden, wo die Wahlbeteiligung immer hoch gewesen ist, mit Zahlen, die vergleichbar sind mit denen in den stalinistischen Diktaturen des ehemaligen Ostblocks, wo man die Staatsangehörigen zu den Wahlurnen gezwungen hat. Ansonsten wurde man beschuldigt, ein „Antidemokrat“ oder ein Faulenzer zu sein, oder „so würde man die sich herausbildende rechtsextreme Bewegung“ begünstigen. Die Vorwürfe der Bourgeoisie im Brustton der Überzeugung gegen die, die nicht an den Wahlen teilnehmen wollen, klingen ab, sobald der Wahlzirkus vorüber ist. Dann gibt es keinen mehr, der fragt, was wir meinen und wollen!

Aber „apathisch“ oder „unpolitisch“ bleiben, ist genauso eine Falle für die Arbeiterklasse. Die Erklärungen der Bourgeoisie zum Vormarsch verschiedener „extremistischer Parteien“, dass „die Arbeiterwähler der gewöhnlichen, ‚demokratischen’ Parteien überdrüssig sind“, verwendet man gegen die Arbeiterklasse, teils so, dass man sie zu Idioten erklärt und teils so, dass man die Tatsache verbirgt, dass die Bourgeoisie zunehmend die Kontrolle über ihren „demokratischen Apparat“ und besonders über das ganze kapitalistische System zu verlieren beginnt.

Die Politisierung des Klassenkampfes der Arbeiterklasse, die sich in den letzten Jahren vermehrt entwickelt, ist die einzige wirklich politische Triebkraft, die vermag, Widerstand gegen die zunehmenden frontalen Angriffe des verfaulenden Kapitalismus zu leisten. Man konnte einen Schimmer von Zukunft in den Vollversammlungen sehen, die spontan in den Universitäten während des Kampfes gegen das Gesetz (CPE) gegen junge Arbeitnehmer in Frankreich im Frühling dieses Jahr entstanden. Wenn wir dies einen Augenblick lang mal damit vergleichen, was die so genannte „Osynliga Partei“ in diesem Frühjahr gegen die Zentrumspartei unternahm (die einen besonderen Gesetzesvorschlag für junge Arbeitnehmer vorbrachte), nämlich ein Parteibüro zu verwüsten, was ist da nützlicher und zielgerichteter: Ein Parteibüro verwüsten? Oder wie die Studenten und Schüler in Frankreich den Kampf auf alle Arbeiter, Arbeitslosen und Rentner auszudehnen versuchen? Mit der Methode der CPE-Bewegung gelang es in Frankreich wirklich, die Bourgeoisie zu erschüttern und sie dazu bewegen, den Gesetzesvorschlag zurückzunehmen. Sinnlose Gewalt der Hooligans bringt nichts, wohl aber der kraftvoll organisierte und zentralisierte Kampf, mit dem Ziel, so viele wie möglich mit in den Kampf zu ziehen! Denn dadurch, dass man dazu auffordert, Wahllokale und Wahlplakate zu zerstören, trägt man nur zur Verstärkung der „demokratischen Illusion“ bei. Man bildet sich ein, dass man kämpft, und man ist nur im Wahlzirkus befangen, als ob das irgendetwas bedeuten würde!

Die Arbeiterklasse gewinnt nichts dabei, wenn sie am demokratischen Wahlzirkus teilnimmt. Sich mit „Wahlboykott“ oder blinder Gewalt zu beschäftigen, trägt nur dazu bei, die Wahlen und den parlamentarischen Zirkus zu legitimieren. Genauso wenig, wie der wirkliche Beschluss für Verschlechterungen und Kürzungen dadurch bestimmt würde, wer zufällig in der Regierung ist, genauso wenig kann die Arbeiterklasse ihre Situation beeinflussen, wenn sie sich an den Wahlen beteiligt oder sich lediglich der Wahl enthält. Je mehr die kapitalistische Krise sich entwickelt, desto mehr ist man gezwungen, die Arbeiterklasse immer brutaler, frontaler, und totaler anzugreifen.

Die Arbeiterklasse hat durch ihren Kampf in den letzten Jahren, durch den Prozess der politischen Reifung ihre eigene Stärke und ihre Möglichkeit eine politische Kraft in der Gesellschaft zu sein, zusehends entdeckt. Dafür hat die Arbeiterklasse den Beweis in ihren Kämpfen geliefert, in denen sie großes Klassenbewusstsein

a) über die Generationsgrenzen hin weg gezeigt hat, wie der Kampf gegen Verschlechterungen im Rentensystemen in Frankreich und Österreich 2003, der Kampf der Arbeiter der öffentlichen Verkehrbetriebe in New York im Dezember 2005, der Kampf gegen die CPE und

b) über die nationalen Grenzen hin weg gezeigt hat, wie etwa der Kampf der Arbeiter auf dem Flughafen London-Heathrow 2005.

Die Politisierung der Kämpfe wird immer gegenwärtiger, weil der Kampf, den man heute führt, einen viel größeren Einsatz der Arbeiterklasse fordert als in früheren Zeiten (das Risiko von Arbeitslosigkeit, astronomische Geldstrafen bei illegalen Kampfaktionen). Die Arbeiterklasse hat, genauso wie früher, keine andere Wahl, als ihren Klassenkampf einzusetzen, um die selbstständige, politische Kraft zu werden, die schließlich in der Lage ist, das faulende kapitalistische System in den Mülleimer der Geschichte zu werfen.

11. 9. 2006 Raimo aus: Internationell Revolution Nr. 109, Zeitung der Sektion der IKS in Schweden

Geographisch: 

  • Schweden [6]

Erbe der kommunistischen Linke: 

  • Der parlamentarische Zirkus [10]

Ursprung und Mythos der IWW

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Der Mythos der IWW stellt diese als eine Gruppe klarer, entschlossener Revolutionäre dar, die das kapitalisti­sche System kompromißlos bekämpfen. Wie allen Mythen liegt auch diesem ein Stück Wirklichkeit zugrunde. Egal welche Kritiken an der IWW angebracht sind, die Kampf­bereitschaft und die Entschlossenheit, die Aufopferung der Wobblies müssen anerkannt werden. Bei ihrer Grün­dung waren die IWW eine wirkliche proletarische Organisa­tion, der Mitglieder angehörten, die alle den Umsturz des kapitalistischen Systems anstrebten und die Macht in die Hände der Arbeiterklasse legen wollten. Die IWW war hauptsächlich Ausdruck einer revolutionär­syndikalistischen Reaktion - mit besonderen amerikani­schen Kennzeichen - gegen die Sackgasse des parlamen­tarischen Reformismus, so wie er von der II. Internatio­nale praktiziert wurde. Der revolutionäre Syndikalismus entstand Ende des 19. Jahrhunderts, als der Kapitalis­mus in die Endphase seiner Ausdehnung trat, d.h. wo es einerseits den Arbeitern noch möglich gewesen war, dem Kapitalismus dauerhafte Reformen mittels der Gewerkschaf­ten und des Parlaments abzugewinnen, und wo er anderer­seits noch die Produktivkräfte weiter entfalten konnte, ohne daß sie mit den Produktionsverhältnissen zusam­menstießen. Aber je mehr das System zu einer Fessel für die Produktivkräfte wurde, je geringer der Spielraum der Kapitalisten wurde, desto stärker entfalteten sich auch der Opportunismus der Karrieristen in den Gewerkschaften und in den Bürokratien der Sozialdemokratischen Parteien.

 

 

 

Der Mythos der IWW stellt diese als eine Gruppe klarer, entschlossener Revolutionäre dar, die das kapitalisti­sche System kompromißlos bekämpfen. Wie allen Mythen liegt auch diesem ein Stück Wirklichkeit zugrunde. Egal welche Kritiken an der IWW angebracht sind, die Kampf­bereitschaft und die Entschlossenheit, die Aufopferung der Wobblies müssen anerkannt werden. Bei ihrer Grün­dung waren die IWW eine wirkliche proletarische Organisa­tion, der Mitglieder angehörten, die alle den Umsturz des kapitalistischen Systems anstrebten und die Macht in die Hände der Arbeiterklasse legen wollten. Die IWW war hauptsächlich Ausdruck einer revolutionär­syndikalistischen Reaktion - mit besonderen amerikani­schen Kennzeichen - gegen die Sackgasse des parlamen­tarischen Reformismus, so wie er von der II. Internatio­nale praktiziert wurde. Der revolutionäre Syndikalismus entstand Ende des 19. Jahrhunderts, als der Kapitalis­mus in die Endphase seiner Ausdehnung trat, d.h. wo es einerseits den Arbeitern noch möglich gewesen war, dem Kapitalismus dauerhafte Reformen mittels der Gewerkschaf­ten und des Parlaments abzugewinnen, und wo er anderer­seits noch die Produktivkräfte weiter entfalten konnte, ohne daß sie mit den Produktionsverhältnissen zusam­menstießen. Aber je mehr das System zu einer Fessel für die Produktivkräfte wurde, je geringer der Spielraum der Kapitalisten wurde, desto stärker entfalteten sich auch der Opportunismus der Karrieristen in den Gewerkschaften und in den Bürokratien der Sozialdemokratischen Parteien.

 

Als eine Reaktion gegen die Theorie des friedlichen Übergangs zum Sozialismus mit Hilfe der Wahlurnen hoben die IWW  die Notwendigkeit des offenen Kampfes auf der Produktionsebene hervor. Die IWW leisteten einen wert­vollen Beitrag zur Arbeiterbewegung im Bereich des öko­nomischen Kampfes, indem sie beispielsweise die Massen­streiktaktiken propagierten, aktive Klassensolidarität betonten etc.

 

Ungeachtet all der Fehler der IWW dürfen dadurch nicht die Aufopferung und der Mut der Wobblies in den Jahren zwischen ihrer Gründung und Mitte der 20er Jahre bezweifelt werden. Die Mitglieder der frühen IWW waren Helden der Arbeiterklasse. Entschlossen und offen in ihrem Haß gegen das System der Ausbeutung traten sie den Herrschenden entgegen, die wiederum ihre Repression auf sie niedergehen ließen. Organisatoren der IWW wur­den immer wieder verhaftet, unter Mordanklage und Nöti­gung gestellt, eingesperrt usw. Sie wurden geschlagen, geteert und gefedert, gelyncht und gar verstümmelt.

 

All dies sind Tatsachen, und keiner der Fehler der IWW kann darüber hinwegtäuschen. Diese Tatsachen liefern die Grundlage für den Mythos der IWW. Aber die Welt muß heute mehr von Revolutionären verlangen als die Aufzählung mutiger Taten und die Erinnerung an heldenhaf­te Aktionen. Um die Arbeiterklasse zu befreien und die Welt aus den Fesseln der Ausbeutung herauszulösen, müs­sen wir die Lehren der Vergangenheit begreifen, d.h. sowohl die positiven wie die negativen und auf ihnen aufbauen.

 

Alles Positive an der Geschichte der IWW muß Teil des Erbes der Arbeiterbewegung sein, aber wir müssen auch im­mer das Negative vor Augen haben. Die Arbeiter­klasse kann ihren Kampf nicht mit Hilfe von Mythologien gewinnen.

 

Die gespaltene Persönlichkeit der IWW  

Von Anfang an litten die IWW unter einer Reihe von Män­geln, die Hindernisse bei der Verfolgung ihres Ziels der proletarischen Revolution waren. Von Anfang an ver­suchten die IWW eine Doppelrolle zu spielen, nämlich zwei Rollen gleichzeitig zu erfüllen: a) ein Einheits­organ der ganzen Klasse zu sein und b) eine politische Organisation revolutionärer Militanten. Dadurch ent­wickelte sie eine "gespaltene Persönlichkeit". Die IWW bezeichnete sich gleichzeitig als eine Gewerkschaft, ein Verband, der die ganze Arbeiterklasse auf der Grundlage von Industriezugehörigkeit zusanmenfassen würde, und als eine revolutionäre Organisation entschlossener Kader, die danach strebte, das Bewußtseinsniveau in der ganzen Arbeiterklasse zu heben. Daß die IWW nicht ein­sehen konnte, daß eine Organisation diese beiden Funk­tionen unmöglich gleichzeitig erfüllen konnte, wurde ihr zum Verhängnis.

 Dieser unklare, halb-gewerkschaftliche, halb-revolu­tionäre organisatorische Charakter der frühen IWW rief ständig Spannungen und Probleme in der Organisation hervor. Die Ernsthaftigkeit und die Gründlichkeit der politischen Debatten innerhalb der IWW wurden zutiefst dadurch beeinträchtigt. Man erkannte nicht die Notwen­digkeit, ja die Verantwortung der revolutionären Orga­nisationen, Debatten zu führen und theoretische Ausar­beitungen anzufertigen, um einen Rahmen für den revolu­tionären Kampf zu liefern. Die IWW öffneten ihre Presse für die Debatten, aber diese Debatten selbst wurden öfters abgebrochen und abgewürgt, ohne zu Schlußfolge­rungen zu kommen. Der Einwand war jeweils ein Ruf des Dachverbandes, man solle aufhören, Haarspalterei zu betreiben und endlich mit der Frage der Organisierung anfangen. Infolgedessen brachten die IWW keinen program­matischen Text hervor, abgesehen von der Präambel zu ihrer Verfassung, die ein Mindestmaß an Aussagen waren zu revolutionären Prinzipien. Diese waren haupt­sächlich syndikalistischer Natur und unzureichend für die gewaltigen Aufgaben des revolutionären Kampfes.

 Es gab eine ständige Spannung zwischen den sogenannten "propaganda locals" (örtlichen Propagandagruppen), die im wesentlichen kleine Gruppen revolutionärer Militan­ten ohne festverwurzelte, organisatorische Basis in Industriebranchen waren, und ihren Gegenstücken, den sogenannten "jobbites", die Einheiten des Verbandes waren, welche die Arbeiter in Auseinandersetzungen mit Bossen vertraten. Die örtlichen Propagandagruppen zeigten eher radikale Tendenzen bei ihrer politischen Orientierung, so z.B. als die USA in den I. Weltkrieg eintraten. Die "job locals" verfolgten eher eine klas­sische gewerkschaftliche Orientierung und konzentrier­ten sich auf die "ökonomischen" Kämpfe. Weil sie nicht klar darüber waren, welche Art Organi­sation sie waren - eine Organisation einer revolutionä­ren Minderheit oder eine Einheitsorganisation der ganzen Klasse - durchlief die IWW eine Entwicklung historischer Instabilität. Die Mitgliederzahlen schwank­ten enorm. Arbeiter, die nicht wirklich einverstanden waren oder die revolutionären Ziele der IWW nicht aus­eichend verstanden, traten massenweise in Zeiten von Streiks ein, nur um wieder auszutreten, als die Kämpfe vorüber waren. Obgleich die IWW nie behaupteten, je mehr als 40.000 zahlende Mitglieder zu haben, hatten sie Anfang der 1920er Jahre mehr als eine Million Mitgliederkarten ausgegeben; manche Arbeiter waren bis zu zehn mal ein- ­und ausgetreten. Im Verlaufe des berühmten Lawrence Textilstreiks, dem vielleicht größten Erfolg der IWW, hatten sich dort mehr als 14.00 Mitglieder der IWW an­geschlossen. Aber nur 3 oder 4 Monate nach dem Streikende verfügte die lokale Sektion nur noch über 400 Mit­glieder.

 Die Tragweite dieser Verwirrung der IWW über ihre eigene Rolle, ihr Unvermögen die verschiedenen Aufgaben der je­weiligen Organisation zu begreifen, dürfen nicht unter­schätzt werden. Die Revolution kann nicht nur auf der Grundlage von Kampfbereitschaft durchgeführt werden. Eine Hauptwaffe des Proletariats ist sein Bewusstsein; und dies läßt die Aufgabe der theoretischen Ausarbei­tung zu einer absoluten Notwendigkeit der Tätigkeiten revolutionärer Minderheiten werden. In dieser Hinsicht scheiterte die IWW kläglich. Verschärft wurde dieses Problem noch durch die politikfeindlichen Vorurteile der meisten der IWW Gründer, die Wahlpolitik/Parlamen­tarismus mit politischer Aktion als solcher gleichsetz­ten und nicht erkannten, daß revolutionäre Arbeiter sich in einer politischen Partei zur Verteidigung revolutio­närer Prinzipien zusammenschließen müssen, um so das Be­wußtsein der Klasse insgesamt vorandrängen zu können. Das oberflächliche Verständnis des Marxismus durch vie­le Gruppen in den USA um die Jahrhundertwende träg eben­so zu diesem Vorurteil bei. Obgleich die frühen Wobblies sich voll mit den Arbeiten Marx' identifizierten, ver­standen sie nicht die Methode der marxistischen Analyse, und dies ließ sie später falsche Positionen entwickeln. Sie begriffen einfach nicht, daß der Marxismus die Ge­werkschaften nie als revolutionäre Organe auffaßte, sondern als Organisation, die die Arbeiter als eine Klasse auf der Grundlage von ökonomischen Interessen zusamnenfaßte, damit diese der Kapitalistenklasse entgegentreten können. Marx verstand, daß die politi­sche Aufgabe des Proletariats darin bestand, den kapi­talistischen Staat insbesondere nach der Erfahrung der Pariser Kommune (1871) zu zerstören. Zum Zeitpunkt der Gründung der IWW zogen linke Sozialisten wie R. Luxemburg die Lehren aus den Massenstreiks in Rußland und erkannten das Zusammenfließen des politischen und ökonomischen Kampfes im neuen Zeitraum der kapitalisti­schen Dekadenz, der gerade angebrochen war. Aber die Mehrheit der Wobblies verstand dies nie. Gegen den Re­formismus der II. Internationale reagierten sie mit einer Verwerfung der Politik im Allgemeinen und einer Betonung, daß der politische Kampf dem ökonomischen untergeordnet sein solle.

 Eine Organisation der Arbeiterklasse kann auf drei Ebenen des Kampfes eingeschätzt werden: dem ökonomischen, dem politischen und dem theoretischen. Auf der Ebene des ökonomischen Kampfes, die einzige Ebene, die die IWW je­mals anerkannten, leisteten die IWW - wie oben erwähnt - zahlreiche Beiträge. Aber hinsichtlich des politischen Kampfes - dem Kampf um die Zerstörung des kapitalisti­schen Staats und den Aufbau der Diktatur des Proleta­riats - und beim theoretischen Kampf - dem Kampf, um die Lehren aus der Vergangenheit zu ziehen, die Ent­wicklung der Gesellschaft zu begreifen und einen theore­tischen Rahmen für den Kampf zu entwickeln - trugen die IWW sehr wenig Positives bei. Ja, viele ihrer Beiträge waren negativ, gar tatsächlich Hindernisse für die Ar­beiterklasse.

 Die IWW und politische Aktionen

 

 

Die Debatten über politische Aktionen waren sehr konfus in den IWW. Vor allem die Beziehung zwischen dem ökono­mischen und politischen Kampf, oder das Verhältnis zwi­schen den IWW und den politischen Organisationen der Ar­beiterklasse wurde nie erörtert. Auf dem Gründungskongreß der IWW gab es viele militan­te und revolutionäre Redebeiträge, die voll von Hoffnung aber auch von vagen Beschreibungen der revolutionären Aufgabe der neuen Organisation waren. Ein Redner nach dem anderen brandmarkte die klassenversöhnliche Ameri­can Federation of Labor (AFL) und plädierte für den Kampf um die Revolution. Aber abgesehen von der Über­einstimmung hinsichtlich der Notwendigkeit, militante, klassenkämpferische Unionen auf Industriebranchenebene zu organisieren, gab es keine wirkliche Übereinstimmung darüber, wie das Ziel der Revolution durchgesetzt wer­den könnte. Genauso wenig gab es eine Übereinstimmung über die Frage politischer Aktionen im Allgemeinen.

 

Am Gründungskongreß nahmen Vertreter einer Reihe etablierter Gewerkschaften teil, die alle im Clinch lagen mit der AFL. Viele dieser Gewerkschaften bewegten sich auf der Linie der Sozialistischen Partei Amerikas. ­Obgleich diese selbst nicht offiziell auf dem Gründungs­kongreß vertreten war, gab es Repräsentanten des linken Flügels. Auch Vertreter einer rivalisierenden Sozialisti­schen Arbeiterpartei Amerikas (z.B. DeLeon) waren anwe­send, ebenso eine Reihe von Anarchisten und Syndika­listen.

 

Hinsichtlich der Frage politischer Aktionen gab es große Meinungsunterschiede, aber dies wurde durch einen Kompro­miß bei der Formulierung der Präambel zur Konstitution überbrückt, welche von DeLeonisten und Syndikalisten ent­worfen worden war, und die den Kongreß dominierten. In seiner ersten Rede auf dem Kongreß betonte DeLeon, daß die wirtschaftliche Stärke des Proletariats dazu benutzt werden sollte, um bei den Wahlen mehr Gewicht zu haben. Er brachte damals keine Übereinstimmung zur Frage des Generalstreiks zum Ausdruck; ebenso wenig meinte er, das Proletariat könnte seine Revolutionen nur durch direkte ökonomische Aktionen vollziehen, was ja die Auffassung der Syndikalisten war. Der erste Entwurf der Präambel, von Hagerty vorbereitet, sagte aus, das Proletariat sollte "das übernehmen“, was es mit seiner Arbeit pro­duziert, und in den Händen einer Wirtschaftsorganisa­tion der Arbeiterklasse halten". Hagerty hatte sich ge­gen DeLeons Aufruf zur Unterstützung der Wahlen aus­gesprochen, als er meinte, "ein Stück Papier in eine Wahlurne zu werfen, hat der Arbeiterklasse noch nie ein Stück Befreiung gebracht, und meiner Ansicht nach wird es dies nie tun können". Hagerty fuhr fort, man müsse vor allem die "Werkzeuge der Industrie" in die Hände der Arbeiter bringen. Der Streit über die Präambel wurde in Komiteetreffen aus der Welt geschafft. DeLeon, der sich schon einige syndikalistische Ideen zu Eigen gemacht hatte, stimmte damit überein, daß das Proleta­riat die Revolution mit Hilfe einer Industriegewerkschaft machen müßte, aber die Präambel berücksichtigte die Not­wendigkeit, daß politische Aktionen durchgeführt werden müssen. Gleichzeitig war es der Organisation verboten, sich mit irgendeiner sozialistischen Partei zusammen­zuschließen. Die Schlußfassung der 1905 angenommenen Version erwähnte die Notwendigkeit der Agitation auf "politischer und ökonomischer Ebene ...ohne den Zusammenschluß mit einer politischen Partei". Ein Delegier­ter auf dem Gründungskongreß faßte am besten das Wesen der Präambel zusammen, als er sagte: "Uns scheint, daß dieser Paragraph, die politische Klausel der Präambel eine Anbiederung ist an drei verschiedene Fraktionen auf diesen Kongreß, an die, die überhaupt nicht von der Notwendigkeit politischer Aktionen überzeugt sind, an die Sozialisten und auch an die Anarchisten." An­statt grundlegende Prinzipienfragen auszudiskutieren, weil diese absolut notwendig sind für die Organisierung einer revolutionären Organisation, wurden sie damals unter den Teppich gekehrt.

 Nach dem Gründungskongreß brachen sofort Richtungs­kämpfe und vor allem Intrigen um die Macht aus, nicht zuletzt auch um die Kontrolle über die Einnahmen.

 Die politischen Auseinandersetzungen aber traten nie klar zum Vorschein. DeLeon verteidigte die Politik als Parlamentarismus und als eine Gelegenheit, soziale Fra­gen ohne Gewalt zu lösen. Auf einen Anarchisten antwor­tend schrieb DeLeon: "Nicht, alles, was der Kapitalis­mus geschaffen hat, ist verwerflich. (…)Eine der wertvoll­sten Ideen des Kapitalismus ist die friedliche Methode der Konfliktbeilegung. Eine Organisation, die so etwas verwirf t, und sich nur für die Gewalt organisiert, sich ausschließlich auf einen Machtkampf einstellt, drängt sich selbst aus der Zivilisation". Politische Aktionen, behauptete DeLeon, bieten die Möglichkeit einer "fried­lichen Lösung".

 Gegen solch ein Geschwätz konnten politik-feindliche Argumente schnell die Überhand gewinnen. Ihm wurde entgegengehalten, "die Kapitalistenklasse hat schon den Krieg gewählt, wie kann da nur jemand eine friedliche Lösung vorschlagen?"

 Die Debatte über Politik wurde durch ein schlagfertiges politisches Manöver 1908 auf einem Kongreß beendet, als DeLeon ein Mandat wegen einer technischen Raffinesse ver­sagt wurde. Die anderen Anhänger der Socialist Labour Party verließen den Kongreß, gründeten ihre eigene IWW, die sich einige Jahr am Leben erhielt, bevor sie jämmer­lich verschwand. Die politische Klausel wurde aus der Präambel gestrichen.

 Die Verwerfung der Politik sollte schwerwiegende Folgen haben bei der kläglichen Reaktion der IWW gegenüber dem Ausbruch des I. Weltkriegs und ihrer Wei­gerung, sich der Kommunistischen Internationale  anzuschließen.

 Die IWW und der  Erste Weltkrieg Krieg und Revolution sind Momente, wo Revolutionäre der Arbeiterklasse unwiderruflich Farbe bekennen missen. Alle Manifeste, Erklärungen, Präambeln und Reden schmel­zen zu nichts zusammen, falls die von den Revolutionären ergriffenen Maßnahmen in Zeiten von Krieg und Revolution nicht den proletarischen Prinzipien entsprechen. So muß eine Einschätzung der IWW auch deren Aktivitäten während des I. Weltkriegs mit untersuchen.

 

 

 

Zum Mythos der IWW gehört es, daß sie als unnachgiebige Kriegsgegner dargestellt werden, als Leute, die ver­folgt, gehetzt, unterdrückt, eingekerkert wurden auf­grund ihres Widerstandes gegen den US-amerikanischen Kriegseintritt. Es stimmt, daß über 100 Führer und Militanten der IWW verhaftet wurden, der Nötigung bezichtigt und der Kriegssabotage beschuldigt wurden und damit lange Gefängnisstrafen erhielten. Jedoch selbst die "of­fizielle" Geschichte der IWW, die von einem IWW Organisa­tor Fred Thompson geschrieben wurde, meint, daß Wobblies oft fälschlicherweise beschuldigt wurden, daß sie un­schuldige Opfer des Bestrebens der Bourgeoisie wurden, die nämlich die Militanten der IWW für ihre militanten Streiks vor dem Krieg bestrafen wollte. Obgleich die IWW die Kriegshetze nicht unterstützten, erfüllten sie nicht ihre Verantwortung, die sie nämlich in eine Oppo­sition gegen den Krieg hätte treten lassen müssen.

 

1916 nahm ein IWW-Kongreß eine Resolution an, die eine "anti-militaristische Propaganda in Friedenszeiten vor­sah und somit Klassensolidarität unter den Arbeitern der ganzen Welt, und in Kriegszeiten den Generalstreik in allen Industrien". Aber als die USA 1917 in den Krieg eintraten, war das Allgemeine Exekutivorgan der IWW to­tal zerstritten. Eine von Frank Little angeführte Min­derheit wollte die .Anti-Kriegs-Arbeit zum Kernpunkt or­ganisatorischer Aktivitäten machen. "Die Mehrheit", schreibt Fred Thompson in seinen "First Fifty Years of IWW", meinte, die Anti-Kriegs-Arbeit würde den Klassenkampf in Sackgassen enden lassen und damit genau die Wirkung haben, welche die Kriegshetzer erwarteten, wo­durch die IWW in die Hände der Kriegsbefürworter ar­beiten würden. Unter den gegenwärtigen Bedingungen sollte man weiterhin die Arbeiter dafür organisieren, um ihren ständigen Feind zu bekämpfen, um bessere Löhne durchzusetzen, kürzere Arbeitsstunden, sichere und ge­sundere Arbeitsbedingungen; das Endziel, eine weltwei­te Solidarität der Arbeiter, sollte dabei im Auge be­halten werden". Gewerkschaftsorganisatoren wurden ange­halten, nicht über den Krieg zu sprechen, und ein Anti­-Kriegs-Aufruf - The Deadly Parallel - sowie ein Sabo­tage befürwortendes Dokument  wurden aus dem Verkehr ge­zogen.

 

Von den 521 Streiks, die in den USA während des I. Welt­krieges stattfanden, waren nur drei von den IWW organi­siert worden; eine Regierungsuntersuchung zog später die Schlußfolgerung, daß keiner dieser Streiks mit der Absicht der Kriegssabotage geführt worden war. In den Docks von Philadelphia, wo die IWW einflußreich waren, wurden die IWW Mitglieder angehalten, ihre Arbeit fortzusetzen und Kriegsschiffe nach Europa zu beladen.

 

Auf dem berühmten Prozeß in Chicago gegen 100 IWW-Füh­rer im Jahre 1918 sagte Haywood aus, F. Little habe nicht die Mehrheitsposition der Organisation in ihrer Einstellung gegen den Krieg und die Zwangsrekrutierung vertreten, und er bestätigte, daß die IWW alle kriegs­feindliche Literatur zurückgezogen hätten. Seinen Aus­sagen zufolge hatten sich die Wobblies vorsichtig ver­halten, als sie "ruhig blieben und ihre Agitation auf den Arbeitsplatz und seine Bedingungen beschränkten". "Jetzt ist die Zeit, ruhig Blut zu bewahren, vernünfti­ge Urteile zu treffen und gewissenhaft unsere Arbeit zu verfolgen". Arbeiter, die an die IWW Zentrale mit der Bitte um Rat, was man gegen den Krieg tun kön­ne, schrieben, erhielten als Antwort: "Die Organisa­tion als solch hat keine Stellung bezogen". Haywood behauptete, die "IWW kämpfe mehr auf dem Feld ökonomi­scher Kämpfe, und es ist nicht meine Aufgabe, zudem ich selbst nicht gezogen werden kann, anderen zu sagen, ob sie in den Krieg ziehen sollten oder nicht". Das war also der "Generalstreik" zu Kriegszeiten, von dem die IWW gesprochen hatten.

 

Nachdem sie zuvor die "Politik" verworfen und politische Theorien abgelehnt hatten, waren die IWW nicht in der Lage, die Bedeutung des I. Weltkriegs zu verstehen. Zu glauben, ein Kampf gegen den Krieg, in dem sich Millionen von Ar­beitern bekämpften, und all das zugunsten des Kapitals, sei eine Ablenkung vom Klassenkampf, hieß schon blind sein gegenüber der Geschichte. Die Konfusionen der IWW über dem I. Weltkrieg können nicht einfach auf die Iso­lierung und die Unerfahrenheit des amerikanischen Milieus - zum damaligen Zeitpunkt zurückgeführt werden. Andere Auffassungen wurden von der Socialist Party of America und der Socialist Labor Party vertreten, die sich trotz ihrer ernsthaften theoretischen und politischen Mängel dem Krieg entgegenstellten. Die Sozialistische Partei nahm eine Resolution gegen den Krieg an, Debs, ein pro­minenter Führer wurde wegen Antikriegspropaganda verhaf­tet.

 

Während Haywood, ein IWW-Führer , sich weigerte, die Proletarier  zum Kampf gegen den Krieg aufzurufen, hatte Debs klar Stellung bezogen: "Ich bin kein kapitalistischer Soldat, ich bin ein proletarischer Revolutionär...Ich bin gegen jeden Krieg, außer einem; ich bin für den Krieg, der weltweit für die soziale Revolution geführt werden muß." (11 .9.1915) . Während die IWW  kriegsfeindliche Propaganda vor dem Krieg zirkulierte, bewies die Geschichte, daß Debs und nicht die IWW diese Parolen in die Tat umsetzten, als Amerika in den Krieg eintrat.

 

Gleichzeitig mit seiner Stellungnahme gegen den Krieg verband Debs einen Aufruf zur Unterstützung der Russi­schen Revolution. Er verstand zumindest ansatzweise den neuen Zeitraum, der mit der revolutionären Welle von 1917-23 angebrochen war. Innerhalb der Sozialistischen Partei gab es einen Flügel, der die Notwendigkeit des Bruches mit der II. Internationale und den Anschluss an die Kommuni­stische Internationale erkannt hatte. Die IWW verstanden diese Notwendigkeit nie.

 

Letztendlich muß man betonen, daß die proletarischen Or­ganisationen mit einem politischen Engagement unabhängig von ihren jeweiligen Konfusionen besser die Prinzipien des proletarischen Internationalismus verteidigten. Die IWW überschritten nicht die Klassengrenze, indem sie zur Teilnahme am Krieg aufriefen. Sie unterstützten nicht den Krieg oder mobilisierten die Klasse. Aber sie erfüllten auch nicht ihre eigenen Versprechungen. Wobblies wurden ins Gefängnis geschmissen, aber nicht weil sie Widerstand gegen den Krieg geleistet hatten.  (Fortsetzung folgt) (aus Internationalism, Zeitung der IKS in den USA)

  (Erstveröffentlichung in Weltrevolution Nr. 24, 1986).

 

 

Der Mythos der IWW

Im ersten Teil dieses Artikels untersuchten wir die Geschichte der IWW bis zum 1. Weltkrieg. Durch den Zusammenschluss der besten Militanten der Arbeiterklasse in den USA und die Verwerfung der klassenversöhnlichen Politik der AFL und des parlamentarischen Kretinismus des rechten Flügels der Sozialdemokratie trat die IWW als ein entschlossener Vertreter der Arbeiterklasse auf. Das proletarische Engagement und die Entschlossenheit der frühen IWW können nicht geleugnet werden. Von Anfang an war die Organisation jedoch durch eine Reihe von Konfusionen geschwächt. So verstand sie nicht den Unterschied zwischen einer Einheitsorganisation der Arbeiterklasse, die alle kämpfenden Arbeiter ungeachtet ihrer politischen Auffassungen zusammenfaßt, und einer revolutionären Organisation, die nur eine Minderheit von revolutionären Militanten umfaßt, ausgehend von der Zustimmung zu bestimmten politischen Positionen. Ein anderer entscheidender Fehler war die Verwerfung der Politik, die sie gleichsetzten mit dem Parlamentarismus, anstatt sie als Notwendigkeit der Zerstörung des bürgerlichen Staats aufzufassen. Diese Konfusionen ließen die IWW schlecht gewappnet für den 1. Weltkrieg und die nachfolgende revolutionäre Welle.

Nach anfänglichen Schwankungen gegenüber der Frage der Unterstützung des 1. Weltkriegs beschloß die IWW 1917, nachdem die USA in den Krieg eingetreten waren, eine ursprüngliche Position des Generalstreiks im Kriegsfalle zurückzuziehen, um zu behaupten, daß der Kampf gegen den Krieg eine Ablenkung vom Klassenkampf sei. Kriegsfeindliche Propaganda wurde aus dem Verkehr gezogen, kriegsfeindliche Aktionen von Militanten der IWW wurden nicht unterstützt und die Haltung eines jeden Militanten gegenüber dem Krieg wurde jedem einzelnen Mitglied selbst überlassen. Zuvor schon theoretisch durch die Verwerfung der Politik und des Marxismus entwaffnet, begriff die IWW nicht die grundsätzliche Wende, die mit dem Anbruch der Dekadenz des Kapitalismus eingetreten war.

Die IWW und die russische Revolution

Obgleich sie anfänglich der Russischen Revolution gegenüher viele Sympathien hatten, verstanden die IWW nie ihre Bedeutung. Weil sie nicht begriffen, daß der I. Weltkrieg den Eintritt des Kapitalismus in seine dekadente Phase bedeutete und damit die proletarische Revolution auf die Tagesordnung der Geschichte stellte, fassten die IWW die Revolution in Rußland als ein spezifisch russisches Phänomen auf, das nur durch die Umstände in Rußland selber bestimmt sei.

Revolutionäre Marxisten begriffen, daß die für die Zerstörung des Kapitalismus erforderliche Revolution eine weltweite sein muß. Unter der Initiative der Bolschewisten wurde der Versuch unternommen, die Revolutionäre Anfang 1919 international zusammenzufassen. Der Gründungsskongreß der Kommunistischen Internationale (März 1919) forderte die IWW zum Anschluss an diese revolutionäre Umgruppierung auf. Die Debatte über diesen Anschluss der IWW an die Komintern war ein entscheidender Moment in der Geschichte der Organisation, und das Ergebnis dieser Debatte sollte den weiteren Werdegang der IWW entscheidend beeinflussen.

Die Debatte üher politische Aktionen wurde diesesmal auf einer viel höheren Ebene geführt. Vor 1905-07 sprach man von politischen Aktionen in einer sehr verwirrten Weise. DeLeonisten faßten politische Aktionen als Wahlbeteiligung, als ein Mittel zur friedlichen Beilegung von Konflikten auf. Die Anarchisten und AnarchosSyndikalisten hatten sich gegen diese Auffassung gewandt und sich für direkte ökonomische Aktionen und den Klassenkampf ausgesprochen. Wir wollen näher die Argumente für den Eintritt in die Komintern untersuchen, denn es ist wichtig, sich der Tragweite der Entscheidung der IWW bewusst zu werden, als sie der Komintern nicht beitraten.

Befürworter des Anschlusses an die Komintern brachten folgende Argumente vor:

- die Revolutioräre könnten nicht mehr davon träumn, eine neue Gesellschaft innerhalb der alten aufzubauen; der Zeitraum der Weltrevolution war angebrochen;

- falls die Revolution sich nicht ausbreitete, wäre der durch das Proletariat in Rußland erreichte Durchbruch zum Scheitern verurteilt;

- die Hauptaufgabe des revolutionären Proletariats bestand nicht in dem Aufbau von Industrieverbänden, sondern in dem Umsturz und der Zerstörung des bürgerlichen Staats und der Errichtung der Diktatur der Arbeiterklasse, die diese mittels der Arbeiterräte oder Sowjets ausübt;

- und um den Prozeß der Weltrevolution zu beschleunigen, müssen sich die Revolutionäre in der neuen Kommunistischen Internationale zusammenschließen. Zum Beispiel wurde in Revolutionary Age, Zeitung des linken Flügels der Socialist Party 1919 die IWV folgendermaßen kritisiert: "Gibt es in den offiziellen Schriften der IWW irgendeine Auffassung von der revolutionären Massenaktion und der proletarischen Diktatur? Ihre Theorie, der zufolge sich das Proletariat organisieren muss, um die Industrie zu übernehmen, stimmt nicht mit der Theorie und Praxis der proletarischen Revolution überein. Das revolutionäre Proletariat muß zunächst die Staatsmacht ergreifen, den neuen proletarischen Staat der Sowjets und die proletarische Diktatur organisieren; erst danach kann es dazu übergehen, die Industrie zu übernehmen und das neue kommunistische System und die Industrieverwaltung zu organisieren, von der die IWW dummerweise glauben, daß sie innerhalb der alten Gesellschaft aufgebaut werden könnte... die IWW schlägt die Erfahrung der proletarischen Revolution in Rußland und Deutschland in den Wind - daß man nämlich zuerst die Staatsmacht ergreifen rnuß " In einem Artikel in "Voice of Labor", dem Organ der Kommunistischen Arbeiterpartei wurden im April 1920 ähnliche Argumente vorgetragen: "Die Auffassung, daß das Bestehen eines Industrieverbandes ausreiche, um die Macht im Kapitalismus zu erobern, muß entschieden verworfen werden.. .Die Idee, daß sich die Arbeiter im Kapitalismus mit Hilfe der Industrieverbände die Erfahrung und das technische Know How zur Leitung der Industrie aneignen können, daß man in die neue Gesellschaft durch die allmähliche Übernahme der Industriekontrolle durch die Industrieverbände "hineinwachsen" könnte, stimmt (in entgegengestzter Form) mit den Ideen des parlamentarschen Sozialismus überein, daß die Arbeiterklasse schrittweise in den Sozialismus "hineinwachsen" könnte, indem siesSich die Erfahrung in Sachen Stzatsgeschäften aneignet und die Kontrolle des bürgerlichen Staates "übernimmt". Jede Auffassung verwirft auf ihre Weise die Grundsatzfrage der revolutionären Eroberung der Staatsmacht." "Die Eroberung der Staatsmacht ist das Ziel des revolutionären Proletariats. Weder Parlamente noch Industrieverbände sind Mittel zur Eroberung der Macht, sondern nur Massenaktionen und die Arbeiterräte ...In der Zeit der aktiven Revolution wird der Kampf nicht um die Industrieverbände geführt, sondern um die Errichtung von Arbeiterräten".

Am deutlichsten wurden die veränderten Bedingungen des Klassenkampfes und die Notwendigkeit revolutionärer politischer Aktionen in dem Aufruf formuliert, den das Exekutivkomitee der Komintern im Januar 1920 unter der Feder Sinowjcws an die IWW richtete: "Der durch den Weltkrieg desorganisierte Kapitalismus ist heute nicht mehr imstande, die von ihm selbst zum Leben erweckten ungeheuren Kräfte zu fesseln und nähert sich seinem Zusammenbruch. Die Stunde der Arbeiterklasse hat geschlagen. Die soziale Revolution hat begonnen und hier, auf der Ebene Rußlands, wird bereits die erste Schlacht der Vortruppen geschlagen. Die Geschichte fragt nicht danach, ob es uns recht ist oder nicht, ob wir zur Revolution bereit sind oder nicht. Eben ist eine günstige Gelegenheit eingetreten. Benutzt sie, und die ganze Welt wird den Werktätigen gehören: wenn Ihr an ihr vorbeigeht, kann sich vielleicht ein Jahrhundert lang keine zweite bieten. Jetzt ist nicht die Zeit, von dem "Aufbau einer neuen Gesellschaftsordnung in der Hülle der alten" zu reden. Die ALTE GESELLSCHAFTSORDNUNG ZERSPRENGT IHRE HÜLLE. DIE ARBEITER MUSSEN DIE DIKTATUR DES PROLETARIATS ERRICHTEN, DIE ALLEIN DIE NEUE ORDNUNG AUFBAUEN KANN."Etwas weiter im Text wird betont: "Doch kann die russische Revolution nicht bestehen, wenn die Arbeiter der anderen Länder sich nicht gegen ihre Kapitalisten erheben". Die Notwendigkeit der Zerstörung des kapitalistischen Staats wurde ebenso hervorgehoben:

"Um den Kapitalismus zu zerstören, müssen die Arbeiter vor allen Dingen die Staatsmacht den Händen der Kapitalisten entreißen. Sie müssen nicht allein die Macht an sich reißen, sondern auch den ALTEN KAPITALISTISCHEN STAAT BIS AUF DEN GRUND VERNICHTEN." Zum Widerstand der IWW gegen politische Aktionen schrieb die Komintern: "Das Wort "Politik" ist für viele Mitglieder des Verbandes der Industriearbeiter, was das rote Tuch für den Stier oder- den Kapitalisten. Diese "apolitischen" Genossen Arbeiter sind bisweilen gegen die Bolschewiki, weil die letzteren sich als eine "politische Partei" bezeichnen und manchmal an Wahlkampagnen teilnehmen. Das heißt aber das Wort "Politik" im allzu engem Sinn gebrauchen." Karl Marx schrieb dazu: "JEDER KLASSENKAMPF IST EIN POLITISCHER KAMPF. Das heißt, jeder Kampf der Arbeiter gegen die Kapitalisten ist ein Kampf der Arbeiter um die POLITISCHE Macht, d.h. um die Staatsmacht".

Während diese Dokumente, die vor 65 Jahren geschrieben wurden, Formulierungen enthielten, mit denen damals die Kommunistische Linke und die IKS heute nicht übereinstimmen (z.B. Teilnahme an Wahlkampagnen, Errichtung von Gewerkschaften und die Auffassung vom "proletarischen Staat" und sein Zusamnenhang mit den Arbeiterräten), lag der Text bei den grundlegenden Fragen absolut richtig. Er stellte die Fragen gegenüber den IWW auf einer viel höheren Ebene als vormals in der Debatte mit den DeLeonisten.

Was erwiderten die IWW auf diese Argumente?

Die anarchistische und anarcho-syndikalistische Mehrheit der IWW wollte sich nicht von der Stelle bewegen. In einem Editorial stand im Mai 1919: "Wir betonen nicht mehr besonders die "Notwendigkeit" des Umsturzes des bürgerlichen Staates. Wir sind der Ansicht, je mehr sich dic industrielle Entwicklung entfaltet, desto weniger wird der parlamentarische Staat dazu in der Lage sein, die Probleme der Gesellschaft zu lösen, während gleichzeitig die industrielle Verwaltung, die wir in der IWW aufbauen, mehr und mehr die Funktionen übernehmen wird, die sie erfüllen soll. Wir rechnen nicht mit der Notwendigkeit des Umsturzes des Staats. Fast hatten wir damit gerechnet, daß der Staat von selbst außer Gebrauch kommen würde.. .Uns wäre ein allmählicher Übergang lieber als ein "revolutionärer" Schock. Solche Schocks sind unerwünscht, weil sie Blut vergießern und Leiden verursachen ...Je zivilisierter die Menschen werden, desto mehr wird es möglich sein, von der alten Gesellschaftsform zur neuen durch Zustimmung der Öffentlichkeit ohne Gewaltanwendung überzugehen. D.h. diese Gewalt bolschewi,stischer Art, von der bei revolutionären Massenaktionen gesprochen wird, ist nicht notwendig.".

All das Gerede über revolutionäre Massenaktionen zur' jetzigen Zeit ist reiner Unfug... Wie könnten Massenaktionen stattfinden, bevor wir das Bewußtsein und den Willen der Massen kontrollieren. Wir müssen zuerst eine intensive Erziehungsarbeit leisten, so daß die Massen zu uns überwechseln, und bei der gegenwärtigen Entwicklung kann das noch Jahre dauern,..aber dann wird es immer noch keine Massenaktion bolschewistischer Art sein. Es wird sich um eine von der Mehrheit organisierte Massenaktion handeln. Da wir in einem demokratischen Land leben, wird der Wille der Mehrheit entscheidend sein

"Übrigens, warum sollten wir es so eilig haben, alles den Bolschewisten nachzumachen? Was ist bei ihnen so nachahmenswert, daß wir aus unseren Gleisen springen sollten, um uns ihnen anzuschließen? Sie haben die Autokratie umgestürzt und für das Proletariat politische Demokratie aufgebaut. Aber die politische Demokratie besteht (bei uns in den USA) schon seit langem... Deshalb tauchen die Ideen "revolutionärer Massenaktion" und der "Diktatur des Proletariats" nicht in unserem Programm auf. An unserem festen Glauben, daß die neue Gesellschaft in der Hülle der alten aufgebaut werden kann, gibt es nichts zu rütteln. . .Wenn die Russen sich mit der Frage industrieller Organisierung vorher befaßt hätten, wie wir das tun, wäre ihre Aufgabe viel einfacher gewesen und die Gefahr des Zusammenbruches und des Widerstandes seitens der Herrschenden viel neringer."

Die Verwerfung politischer Aktionen erhielt in einem Artikel von L. Sandgren. dem Herausgeber des One Big Union Monthly (OBUM) nach dem Kongreß von 1920 weiter Kontour. Er schrieb- "Wir wollen das soziale Problem ohne politische Aktionen lösen, ohne die Hilfe von Politikern". Sandgren schrieb dann weiter verachtungsvoll, daß die Kommunisten "offen zugeben, daß sie den bewaffneten Aufstand wollen... Die IWW aber kann'mit deren Politik nichts anfangen, genausowenig wie mit der anderer Parteien. Wir kommen selbst zurecht. Wir brauchen keine politische Hilfe, um die soziale Frage zu lösen.Unser Endziel werden wir nicht schneller erreichen, wenn wir von unserem Kurs der direkten Wirtschaftsaktionen abweichen.. .Wenn die Leute sich selbst unter Kontrolle haben und unser Programm übernehmen, werden politische Revolutionen wie die, die die Kommunisten anstreben, nicht erforderlich sein. Irgendeine Gruppe von Verwirrten kann eine blutige Revolution machen, aber nur vernünftige Leute wie die der IWW können versuchen, eine umfassende wirtschaftliche Revolution ohne Blutvergießen herbeizuführen". Hatte derselbe Sandgren Jahre zuvor noch gegen DeLeon von der Notwendigkeit einer Revolution gesprochen, wurde er nun zu dem Zeitpunkt, als das Proletariat tatsächlich eine revolutionäre Offensive angetreten hatte, "vernünftig" und sprach nur von der Möglichkeit eines "friedlichen Ubergangs". Andere Artikel in OBUM betonten ebenfalls die spezifischen russischen Bedingungen und schlossen deren Ubertragbarkeit auf die USA aus. Sie wollten nicht anerkennen, daß es sich um eine Weltrevolution handelte. Van Dorn, Sandgrens Nachfolger als Herausgeber des OBUM schrieb: "Die Revolution liegt noch in weiter Ferne.. in Amerika. Wir können nur so weiter machen wie bislang und versuchen die neue Gesellschaft in der alten aufzubauen... Was den Umsturz unserer Regierung angeht, haben wir nie daran gedacht, selbst nicht im Traum. Warum soll man sich um solche albernen Fragen kümmern. Das bringt uns nur in den Knast, weil wir des Verrats und des Aufwiegelns angeklagt werden. Wir kümmern uns um die großen Sachen - die Industrie. Nachdem wir die Industrie übernommen haben werden, werden wir selbst eine Regierung stellen, die alleine auskommen kann. Die kapitalistische Regierung wird dann arbeitslos dastehen und sich in nichts auflösen".

Innerhalb der IWW gab es Anhänger der Komintern und Mitglieder Kommunistischer Parteien, die sich an den Debatten beteiligten. Die Anarchisten waren bei der Denunzierung ihrer kommunistischen Genossen am vehemenstesten: "Arbeiter, es ist unmöglich solche Leute (die Kommunisten) ernst zu nehmen. Sie sind sowjetische Geisteskranke, die ihren Verstand aufgrund der aufwirbelnden Ereignisse in diesen Tagen verloren haben... Mit diesen Armleuchtern, unverfrorenen Abenteurern, gerissenen Politikern und Provokateuren sollen wir gemeinsame Sache machen?" Als angeblichen Beweis für die geistige Umnachtung und Spitzeltätigkeit brachte die Zeitung ein Zitat aus einer kcmmunistisdhen Zeitung: "Ihr müßt eure Streiks gegen die Regierung richten und die Kapitalisten davonjagen. Wenn der Endkarnpf zum Umsturz der Regierung kommt, müßt ihr euch bewaffnen, so wie es die Bergleute aus West Virgina nun getan haben, und für einen bewaffneten Aufstand vorbereitet sein,um die Kapitalisten zu stürzen und eure eigene Regierung, die der Arbeiterräte aufzubauen." Die Anarchisten waren aus dem Häuschen geraten durch diese klare Beschreibung der Vorgehensweise des Proletariats. Der o.g. Artikel zog die Schlußfolgerung: "Es ist an der Zeit, daß die vernünftigen Mitglieder der IWW eindeutig Stellung beziehen gegen solche Umnachteten und Provokateure,und daß unser Name nie mehr im gleichen Atemzug mit ihnen genannt werden kann".

Einige der Anarchisten gründeten "Stoßtrupps", die sich darauf spezialisierten, Kommunisten gewalttätig anzugreifen und pro-kommunistische Treffen zu stören. Das war das Engagement gegenüber der proletarischen Demokratie, das von einigen Anhängern der politik-feindlichen Perspektive vertreten wurde.

Die Mehrheit der IWW wollte schließlich der Komintern nicht beitreten. Viele Mitglieder traten jedoch aus den IWW aus und schlossen sich der Kommunistischen Partei an.

Sich der Komintern nicht anzuschließen, sollte für die lWW schwerwiegende Konsequenzen haben. Jetzt hatte sie keine gespaltene Persönlichkeit mehr, wo sie versuchen konnte. gleichzeitig eine Gewerkschaft zu sein, die eine Organisation sein sollte, welche alle Arbeiter zusammenenfaßt, und sowie eine revolutionäre Organisation zu sein. Jetzt war sie nicht mehr beides gleichzeitig, sondern nur noch eine Gewerkschaft, die sich durch radikale Phrasen auszeichnete. Aber im dekadenten Kapitalismus sind die Gewerkschaften keine Organisationen der Arbeiterklasse mehr, da der Staatskapitalismus die Gewerkschaften in den Staat aufsaugt und ihnen die Aufgabe zuträgt, die Arbeiterklasse zu kontrollieren.

Diese Entscheidung der IWW war ein Scheideweg im Leben der Organisation. Anstatt sich an die neue Situation des Eintritts des Kapitalismus in seine Dekadenz anzupassen und entsprechende Konsequenzen daraus zu ziehen, blieb die IWW weiterhin an Positionen haften, die sich als arbeiterfeindlich herausgestellt hatten, insbesondere:

- die Unfähigkeit zu erkennen, daß der Klassenkarripf gegen den Kapitalismus notwendigerweise ein politischer Kampf ist,

- die Verwerfung der Notwendigkeit einer revolutionären Partei,

- das Unvermögen zu verstehen, daß die Welt in einen neuen Zeitraum, den der Kriege und Revolutionen eingetreten war,

- ihr mangelndes Begreifen der Bedeutung der Arbeiterräte,

- die Verwerfuna der Diktatur des Proletariats,

- die Leugnung der Notwendigkeit der Zerstörung des bürgerlichen Staats,

- die Verwerfung des Marxismus als die Theorie der Befreiung der Arbeiterklasse.

Nachdem sie zuvor schon in der Frage des imperialistischen Krieges zentristisch geschwankt war, wandte die Organisation sich dann von der revolutionären Welle ganz ab. In ihrem Aufruf an die IWW vom Jahre 1919 hatte die Komintern die IWW dazu gedrängt einzusehen, daß die Weltrevolution auf der Tagesordnung stand. "Eben ist eine günstige Gelegenheit eingetreten. Benutzt sie, und die ganze Welt wird den Werktätigen gehören: wenn Ihr an ihr vorbeigeht, kann sich vielleicht ein Jahrhundert lang keine zweite bieten." Die IMI wollte nicht einmal wahrhaben, daß es die Möglichkeit gab. Sie verschlossen die Augen und trugen so zur Niederschlagung der Revolution bei. Die IWW war nie in der Lage, die Fehler zu korrigieren, die sie damals beging; anstelledessen verbreitet sie weiterhin den Mythos von der kämpferischen, revolutionären IWW

 

Die IWW in den 1920er und 1930er Jahren

In den 20er Jahren entwickelte die IWW ein besonderes Interesse in ihren Publikationen an "technischen Artikeln und der Beschreibung industrieller Produktionsprozesse und vermeidbarer Verschwendungen" (F. Thoanpson). Während das Proletariat in Deutschland Opfer blutiger Repression war, Linkskommunistische Fraktionen gegen den Niedergang der III. Internationale ankämpften, befaßte sich die IWW mit bürgerlichen Fragen der Technologie und der Mitbestimmung am Arbeitsplatz. Dann begab sich die IWW ehenso auf den Weg des Kompromisses mit ihren alten revolutionären Prinzipien und Traditionen der "revolutionären Unionen". Waren die Mitgliedsbeiträge anfänglich niedrig gewesen, um schlecht bezahlten Arbeitern den Beitritt zu ermöglichen, wurden diese jetzt angehoben. Eine Kontroverse entstand, als eine örtliche Gruppe ein althergebrachtes Verbot brach, und Zeitverträge mit einer Geschäftsleitung abschloß. Das Problem wurde auf dem Kongreß von 1938 gelöst, als die Statuten dahingehend geändert wurden, um diese Möglichkeit, welche vormals als unvereinbar mit den revolutionären Unionen galt, zuzulassen. Die IWW leiteten ebenso die Zusarmmenarbeit mit dem Staat ein, als sie an Tarifverhandlungen teilnahmen und bei Kommissionen des "Nationalen Arbeitsrates" mitwirkten. Wie wir in unserer Broschüre zu den Gewerkschaften (siehe Broschüre mit Artikel zur CIO, der in den 30er Jahren gegegründeten USGewerkschaft) aufzeigen, strebte die Bourgeoisie nach einer stärkeren Kontrolle der Arbeiter durch die Gewerkschaften. Die Zwangsmitgliedschaft war ein mittel dazu. Ende der 30er Jahre beteiligte sich die IWW überall an von der Regierung organisierten Arbeitsverwaltungswahlen; all das geschah unter dem Vorwand, damit das Recht zu haben, Arbeiter zu repräsentieren! Als die CNT in Spanien in die Regierung eintrat, brach die IWW ihre Unterstützung für die CNT nicht ab, sondern stand weiterhin treu an ihrer Seite.

Die IWW und der 2. Weltkrieg

In der Zeit vor und während des 2. Weltkriegs setzte sich der Verfall der IWW fort. Als der Krieg immer näher rückte und Europa sich schon im Krieg befand, dachten die IWW' nie daran, ihre Haltung während des 1. Weltkriegs zu überprüfen oder nunmehr eine Resolution zu verfassen, die ihre Handlungen während der nachfolgenden Zeit leiten würde. Die Reaktion der IWW auf den 2. Weltkrieg war völlig unzureichend. Einerseits hatte sie schon zu den anti-faschistischen Kampagnen und der Kampagne zur Mitgliederwerbung in den Gewerkschaften aufgerufen, die ja unerläßlich waren für die Mbbilisierunq für den Krieg - auch wenn die IWW sich nicht über die Konsequenzen dieses Verhaltens im klarren waren. Andererseits behauptete die IWW gegen den imperialistischen Krieg zu sein. Die Organisation kritisierte Gewerkschaften, die sich für eine Verstärkung der Verteidigungsanstrengungen aussprachen, und sie warnte davor, daß solche Gruppen sich schuldig machen würden " am Tod von hundert tausenden amerikanischer Arbeiter, dazu noch in einem Krieg, der nicht in ihrem Interesse wäre. Während sie schon im 1. Weltkrieg den Kampf gegen den Krieg als eine Ablenkung vom Klassenkampf verworfen hatte, vermochte sie im II. Weltkrieg auch keine revolutionäre Alternative anzubieten, außer der IWW beizutreten.

In einem Artikel vom 6. Jan. 1940 stand: "Den kapitalistischen Kriegen muß man entgegentreten, ebenso müssen alle Ausbeutungssysteme, aus denen die Kriege hervorgehen, zerstört werden. Für die Verwirklichung dieser Aufgabe sind Industrieorganisationen nötig, wo sich die Arbeiterklasse in einem Verband zusammenschließt. Tretet jetzt der IWW bei". Die kriegsfeindlichen Reden der IWW wurden aber ständig durch zweideutige Äußerungen untergraben. F. Thompson schrieb: "Während der 1930er und 1940er Jahre stieß man oft auf das Argument, daß eine bloße militärische Niederlage des Faschismus nicht dessen Auslöschung bedeuten würde, da seine Wurzel in den wirtschaftlichen und sozialen Bedingungen des Kapitalismus liegen und diese ausgerissen werden müßten..," Natürlich beinhaltete solch eine Formulierung eine kritische Unterstützung der militärischen Niederlage des Faschismus und des damit verbundenen Kriegs.

Die Handlungen der IWW während des Krieges verdeutlichen das klägliche Scheitern des "Widerstandes" des "revolutioräen Unionismus". Die IWW, angeblich Verteidiger internationalistischer Prinzipien und proletarischer Zusammengehörigkeit, schrieben in einem Artikel am 20. Dez. 1941 mit dem gleichen rassistischen Propagandaslogan der Bourgeoisie "Japanische Militaristen führen den Krieg mit Waffen, die von amerikanischen Profitsüchtigen geliefert werden". Der Artikel nahm frühere Waffenlieferungen an Deutschland und Japan unter Beschuß, die "trotz heftiger Proteste der Arbeiterbewegung gegen die Politik der Bewaffnung feindlicher Nationen" durchgeführt worden seien. Der Artikel erwähnt einen Streik amerikanischer Hafenarbeiter, die sich im Okt. 1940 weigerten, Benzin nach Japan zu verschiffen. Die IWW schrieben, "daß als Folge dieser normalen Beziehungen mit den Aggressoren die Arbeiter in den USA, die unter dem Kriegsgewicht zu leiden hätten, nun Hunderte von Millionen zusätzlicher Arbeitsstunden zu leisten hätten, um nach Japan geschickte Güter wieder zu ersetzen". Das war das härteste an Kritik, das die IWW am amerikanischen Kriegseintritt zu erklären hatte, wobei es ein Krieg war, dem sie sich entgegenstellen wollte. Dem privaten Kapital wird vorgeworfen, bei den Kriegsvorbereitungen zu geizig gewesen zu sein. Sie beklagen sich über die Überstunden, die erforderlich sein werden, um die den amerikanischen Kriegsgegnern gelieferten Güter wieder zu produzieren. Damit teilte sie die Weltbourgeoisie in Angreifer- und angegriffene-Nationen, was genau das Ziel der bürgerlichen Kriesgmobilisierungskampagnen war. Sie bemängelte die Kriegslasten, die die Arbeiterklasse zu tragen hätte, von dem Widerstand gegen den Krieg war aber nie die Rede! Im Jan. 1942 prophezeite ein Artikel von J. Ebert, dem Führer der IWW, daß ein Sieg der Alliierten nicht "die Probleme der Allierten oder die des Fernen Ostens aus der Welt schaffen würde.. .Diese inländischen und ausländischen Probleme werden gar noch zunehmen, wenn der Sieg einmal sichergestellt ist". Jedoch schloß Ebert ebenso sdunell "revolutionäre'" Schlußfolgerungen daraus aus, als er betonte, "wir schreiben dies nicht, um die Moral der Truppen zu schwächen oder die Einberufungen zu behindern." Soweit also zum berühmten Widerstand der IWW gegen den 2. Weltkrieg. Während des II. Weltkriegs konnten die IWW ungestört weiter wirken. Die Regierung beschränkte ihren Aktionsradius nicht; das zeichnet ein entsprechendes Bild von der Gefahr, die von ihnen ausging. Häufig berufen sich Wobblies auf die von ihnen erreichte "Errungenschaft", daß "freiwillige Soldaten oder Zwangsrekrutierte nach Rückkehr aus der Armee Wiedereinstellungsansprüche hatten auf ihren früheren Arbeitsplätzen" (Thronpson) . Während Wobblies im 1. Weltkrieg wegen Antikriegspropaganda hingerichtet wurden, bestand der Widerstand der IWW im 2. Weltkrieg in dem Kampf um Wiedereinstellungsansprüche nach dem Militärdienst. Solch eine Forderung stellte keine Bedrohung für die Kriegsanstrengungen dar. Im Gegenteil, sie begünstigte die Kriegsmobilisierungen, weil dadurch der Widerstand der Arbeiter, ihre Arbeit und Familien aufzugeben, gesenkt wurde. Es handelte sich um ein Versprechen, daß die Arbeiter, nach dem sie überall auf der Welt andere Arbeiter in Uniform massakriert hätten, und falls sie Glück genug hätten lebendig nach Hause zurückzukehren, ihre alte Arbeit zurückbekommen würden.

Die Haltung der Wobblies im 2. Weltkrieg steht im krassen Gegensatz zu den revolutionären, defätistisdien Postionen der Rätekommunisten in Holland, der Italienischen und Französischen Linken in Frankreich, die ungeachtet ihrer geringen zahlenmäßigen Größe den revolutionären proletarischen Prinzipien treu blieben. Diese Genossen riskierten ihr Leben, als sie z.B. Flugblätter verteilten, in denen sie Arbeiter in Uniform zur Verbrüderung aufriefen, sie aufforderten, die Gewehre gegen die eigenen Bourgeoisie richten, anstatt sich gegenseitig zu massakrieren, Diese Haltung hat ihren Ursprung in dem unterschiedlichen politischen Weg, der während der revolutionären Welle von 1917-23 eingeschlagen wurde.

Wie stark die Wobblies im Verfall begriffen waren, beweisen auch ihre Versuche während vieler Gerichtsprozesse im Laufe des 2. Weltkrieges zu untermauern, daß sie keine "subversive" Organisation waren. Als 1949 die staatlichen Behörden die Wobblies auf die Liste der subversiven Organisationen setzten, verlangten die IWW "Beweise" und Aufklärung darüber, weshalb dies geschehen sei. Im Gegenzug betonten die IWW, daß sie keine Bedrohung für den bürgerlichen Staat darstelle,und da wie wir gesehen haben, und da sie, wie wir gesehen haben, die revolutionären Prinzipien verwarfen, hatten sie natürlich recht!

Aber die Aufgabe früherer Prinzipien blieb da nicht stehen. 1940 wurde in Cleveland das System des "closed shop" eingeführt. Dies beinhaltet Thompson, dem IWWHistoriker zufolge ein Siebsystem, mit Hilfe dessen Arbeiter, die keine bedingungslosen Unterstützer der IWW sind, bei Konflikten mit den Bossen alleine dastehen werden, weil die IWW ihnen Hilfe versagen. Diese diskriminierende Praxis wird von allen Gewerkschaften praktiziert, um so Disziplin in den Reihen der Arbeiter aufrechtzuhalten und Unruhestifter loszuwerden, die , weil sie ohne Rückendeckung der Gewerkschaften, von den Bossen entlassen werden können. In Cleveland organisierten die IWW ebenfalls während des Krieges ein. "Share the Ride Program" (Mitfahrerprogramm). Als Straßenbahnrahrer einen illegalen Streik ausrufen wollten, um sich gegen die Stadtverwaltung durchzusetzen und dabei die IWW um Unterstützung baten, gerieten die Wobblies in Verlegenheit wegen ihres "Mitfahrerprogramms", das nämlich als ein Str-eikbrecherprogramm erscheinen konnte. Die IWW "lösten das Problem", indem sie den Straßenbahnfahrern vorschlugen, anstatt zu streiken, sollten sie weiterhin die Bahnen fahren aber keine Fahrpreise kassieren. Ein weiteres Beispiel für die "revolutionäre" gewerkschaftliche Aktivität.

In der Zeit des 2. Weltkriegs wurde die IWW wurden nur noch zu einem bloßen Schatten von dem, was sie einmal war. Sie existierte von da an nur noch als anarcho-syndikalistische Sekte, die den Mythos ihrer Vergangenheit aufrechterhielt und dabei gleichzeitig als verwirrender Pol für Militante wirkte, die den Stalinisus und die anderen Gruppen der Extremen Linke verwürfen. So trugen Wobblies in den 50er Jahren bei Demos Spruchbänder mit der Aufschrift: "Kapitalismus nein, Stalinismus nie!", als ob der Stalinismus keine Form des Kapitalismus sei, sondern gar etwas Schlimmeres, oder umgekehrt, als ob die Fassade der "Demokratie" im Westen besser sei als der Stalinismus.

DIE IWW HEUTE UND MORGEN

Heute legen die Wobblies Wert darauf sich als Gewschaft darzustellen; in einigen Betrieben können sie auch bei Verhandlungen im Namen der Arbeiter sprechen. Die gegenwärtigen Aktivitäten und ihre Literatur geben klar zu erkennen, daß es sich heute um eine Organisation handelt, die in dem Sumpf der halb-linken Gruppen stecken geblieben sind, die die Führung der AFL-CIO kritisiert, aber diese Organisationen nicht als kapitalistische Agenten denunziert, wie das seinerzeit die IWW gegenüber der AFL tat (d.h. zu Beginn des Jahrhunderts). Sie unterstützen heute die "gewerkschaftliche Reformbewegung", die Pazifisten und nationalen Befreiungsbewegungen in der 3. Welt. Die IWW stellten sich voll hinter Solidarnosc, als diese Gewerkschaft 1980 gegründet wurde.

Das, was die IWW innerhalb des Sumpfs der Linken unterscheidet,ist ihre Ideologie des Anarchismus und der "revolutionären Gewerkschaftsarbeit"; d.h. zwei Aspekte, die der Arbeiterklasse während der letzten 65 Jahre keineswegs weitergeholfen haben.

In Anbetracht des Gewichts der Konterrevolution, des Triumpfes des Stalinismus in Rußland, des Verrats der ehemaligen Arbeiterparteien „die allemal zu einem grossen Misstrauen gegenüber revolutionären Organisationen und dem Marxismus geführt haben, stellt eine Organisation wie die IWW, so politik-, Partei, Marxisinusfeindlich wie sie ist, eine große Gefahr für die Entwicklung einer revolutionären Bewegung dar. Die IWW stützt sich auf die Konfusionen und das Mißtrauen gegenüber politischen Organisationen und kann nur als Hindernis in dem Prozeß der revolutionären Bewußtseinsentwicklung wirken. Je mehr sich der Klassenkampf entwickelt, und je deutlicher die zynische -Rolle der gewerkschaftlichen Basisaktivisten wird, desto mehr wird der Kapitalismus von der Hilfe der Linken abhängen, um die Arbeiterkämpfe zu sabotieren.

Dieser Rückblick auf die Geschichte der IWW verdeutlicht, daß die Wobblies an jedem kritischen Scheideweg in der Geschichte der Arbeiterklasse seit dem 1. Weltkrieg die falsche Entscheidung getroffen haben. Die Glanztage der IWW gab es in der Endphase des aufsteigenden Kapitalismus,als der revolutionäre Syndikalismus einen Ausweg zu bieten schien. Aber der Eintritt des Kapitalismus in den Zeitraum seiner Dekadenz änderte die materiellen Bedingungen des Klassenkampfs.

Die IWW waren seit jeher eine zutiefst konfuse Organisation. Ihr Kennzeichen ist die Verwerfung der Notwendigkeit der Partei, der Räte, der Diktatur des Proletariats, der Politik und des Marxismus, ihr Festhalten an dem Glauben an einen industriellen Unionismus in einem Zeitraum, wo die Gewerkschaften nicht mehr den Interessen der Arbeiter dienen können. Der IWW blieb es erspart, in den kapitalistischen Staat integriert zu werden, weil ihnen dieser Schritt als inkonsequente Organisation zu konsequent war. Heute lebt sie nur noch als Sekte mit dem Potential, in Zukunft den Interessen des Kapitals als eine parteifeindliche, anti-marxistische, an der gewerkschaftlichen Basis aktive Organisation zu dienen. Für revolutionäre Militanten bietet sie keine Perspektive. J. G. (aus Internationalism, Zeitung der IKS in den USA)

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Politische Strömungen und Verweise: 

  • Revolutionärer Syndikalismus [11]

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Links
[1] https://de.internationalism.org/tag/entwicklung-des-proletarischen-bewusstseins-und-der-organisation/franzosische-kommunistische [2] https://de.internationalism.org/tag/3/49/politische-konomie [3] https://de.internationalism.org/tag/2/27/staatskapitalismus [4] https://de.internationalism.org/tag/geographisch/belgien [5] https://de.internationalism.org/tag/2/30/die-gewerkschaftsfrage [6] https://de.internationalism.org/tag/geographisch/schweden [7] https://de.internationalism.org/tag/3/44/internationalismus [8] https://de.internationalism.org/tag/2/33/die-nationale-frage [9] https://de.internationalism.org/tag/politische-stromungen-und-verweise/kommunistische-linke [10] https://de.internationalism.org/tag/2/31/der-parlamentarische-zirkus [11] https://de.internationalism.org/tag/politische-stromungen-und-verweise/revolutionarer-syndikalismus