Gangs, Schlägereien, Lynchmorde... Die Jugend als Opfer der Verwesung der kapitalistischen Gesellschaft

Printer-friendly version

Wir veröffentlichen nachfolgend einen Artikel aus unserer Presse in Frankreich. Der Artikel zeigt das Beispiel Frankreichs auf, ist aber stellvertretend für eine Entwicklung, die in vielen anderen Ländern ebenso anzutreffen ist. Die konkreten Angaben für Frankreich können leicht mit Angaben aus anderen Ländern „ersetzt“ werden.

Seit Februar hat die Zahl der Vorfälle von Gewalt unter Jugendlichen zugenommen. Wut, Aggression, Mordanschläge – der Horror trifft die junge Generation hart.

Am 15. Februar wurde in Paris der 15-jährige Yuriy von elf Jugendlichen im Alter zwischen 15 und 18 Jahren geschlagen und sein Schädel mit einem Hammer zertrümmert. Selbst leblos am Boden liegend, schlugen sie weiter auf ihn ein. Am 22. Februar starb in Essonne ein 14-jähriges Mädchen an einer Messerwunde im Bauch während einer Schlägerei zwischen zwei Banden. Sechs Minderjährige im Alter von 13 bis 16 Jahren wurden verhaftet. Am nächsten Tag, dem 23. Februar, immer noch in Essonne, gerieten zwei Banden aneinander: die "älteren" Banden (16-17 Jahre) "beaufsichtigten" den Kampf zwischen den "jüngeren" Banden (12-15 Jahre) – bis einer von ihnen, umzingelt, ein Messer zückte. Ein 14-jähriger Schüler starb, ein anderer 13-Jähriger wurde mit einer Wunde am Hals in einem ernsten Zustand ins Krankenhaus gebracht. Am 26. Februar wurde in Bondy Aymen, ein junger 15-jähriger Boxer, erschossen. Die Übeltäter: zwei Brüder im Alter von 17 und 27 Jahren. Am 8. März geriet die 14-jährige Alisha in Argenteuil in einen Hinterhalt, den ein 15-jähriges Paar gelegt hatte: Sie wurde geschlagen und dann in die Seine geworfen, während sie kaum bei Bewusstsein war. Der Kontrast zwischen dem jugendlichen Alter der Beteiligten und der Barbarei der begangenen Taten ist frappierend.

Die Presse und die Politiker haben sich über diese Tragödien gefreut. Sie beschuldigen willkürlich die "sich aufgebenden Familien", die "primitiven Einwanderer", die "Muslime", die "Laxheit der Justiz", die "mangelnden Mittel der Polizei" – und sie alle schlagen als Lösung vor, die Eltern zu bestrafen, die Ausländer auszuweisen, die Zahl der Polizisten zu erhöhen und das Gesetz gegen Minderjährige zu verschärfen. Diese repressive Karte will die Regierung zudem mit einer Reform des Jugendstrafrechts ausspielen, die zu schnelleren Urteilen und höheren Strafen führen soll. Mit anderen Worten: Sie alle bereiten uns auf eine noch gewalttätigere und unmenschlichere Gesellschaft vor.

In Wirklichkeit zahlt die Jugend den Preis für die Verwesung der ganzen Gesellschaft: Das No-Future ist ein Wundbrand, der allmählich den ganzen Organismus erfasst. Solange die Bourgeoisie nicht mehr in der Lage ist, die Gesellschaft für irgendeine Perspektive zu mobilisieren, und solange das Proletariat nicht in der Lage ist, seine eigene revolutionäre Perspektive zu verteidigen, verfault die Gesellschaft auf der Stelle[1] und die sozialen Beziehungen zerfallen: verschärfter Individualismus, Nihilismus, Zerstörung der Familienbande, jeder für sich, Angst vor dem Anderen verbreiten sich; blinde Gewalt, Hass, Rachegeist und Selbstzerstörung werden zur Norm (im Fernsehen, in Filmen, durch Musik, Spiele). Dieser Ausbruch von Barbarei zwischen Kindern aus völlig sinnlosen und irrationalen Gründen ist der Ausdruck einer Gesellschaft ohne Zukunft, die zusammenbricht, uns erdrückt und erstickt. In immer größeren Teilen der Welt ist diese Gewalt zwischen jungen Menschen alltäglich geworden, sei es in Form von Bandenrivalitäten oder durch Schießereien in Schulen.

Heute hat die Bourgeoisie der Menschheit keine Zukunft zu bieten. Nur der Klassenkampf kann dieser Dynamik ein Ende setzen. Nur Klassensolidarität, über alle Generationen hinweg, kann den Weg zur revolutionären Perspektive erhellen und diesem unmenschlichen und tödlichen Kapitalismus ein Ende setzen.

Ginette, 24. März 2021


[1]Um näher auf das einzugehen, was die IKS die "Zerfallsphase" der kapitalistischen Gesellschaft nennt, laden wir unsere Leser ein, die Thesen: Zerfall, die letzte Phase der kapitalistischen Dekadenz, https://de.internationalism.org/Zerfall/13 und den Bericht über den Zerfall heute (Mai 2017), https://de.internationalism.org/content/2926/bericht-ueber-den-zerfall-heute-mai-2017 sowie die zahlreichen Artikel und Polemiken zu lesen, die wir zu diesem Thema veröffentlicht haben.

Rubric: 

Kapitalistische Barbarei