Nationale Lage in Deutschland

Weltwirtschaftskrise - Der Kelch geht an keinem Teil der Arbeiterklasse vorbei

"Uns droht immerhin die größte Wirtschaftskrise seit dem Zweiten Weltkrieg (...) Diesmal haben wir es nicht mit einer normalen Krise zu tun, sondern mit einer systemrelevanten Krise..." Dies stellte kein Geringerer als der selbsternannte Arbeiterführer und Ministerpräsident von Nordrhein-Westfalen, Jürgen Rüttgers, in einem Interview mit dem "Spiegel" (1) fest. Und er ist beileibe kein einsamer Rufer in der Wüste. Wenn es so etwas wie Einigkeit in der bürgerlichen Klasse weltweit gibt, dann ist es die Erkenntnis, dass diese Rezession, die im Sommer 2008 in den USA ihren Ausgang nahm, schon jetzt in ihrer voraussichtlichen Dauer, in der Rasanz ihrer Ausbreitung und in ihren Ausmaßen alles bisher Dagewesene seit 1929 bei weitem übertrifft. Kein Experte wird müde, vor einer drohenden weltweiten ökonomischen Depression zu warnen. Alle beteuern, dass sie in ihrem gesamten Leben so etwas noch nie erlebt hätten.

Beck ist weg: Erschütterungen in der SPD und die Waffe der Demokratie

Der Parteivorsitzende der SPD ist gegangen worden. Nicht er, sondern Außenminister Steinmeier wird als Kanzlerkandidat der Partei gegen die Kanzlerin Merkel bei der Bundestagswahl 2009 antreten. Und der neue Chef der Sozialdemokratie ist einer der Alten, Müntefering. Nachdem die SPD seit Monaten in den Umfragen gegen 20% (ein historisches Tief) tendiert, war es ohnehin klar, dass der chancenlose Kurt Beck nicht die Partei in den Wahlkampf führen wird.

Bericht zur Lage in Deutschland

Der folgende Artikel entspringt einem Bericht, den die deutsche Sektion der IKS anlässlich ihrer territorialen Konferenz im April 2008 verfasst hatte. Auf dieser Konferenz waren erstmals auch Genoss/Innen zugegen, die nicht der IKS angehören. Damit haben wir eine alte Tradition wieder aufleben lassen, die schon von der alten Arbeiterbewegung praktiziert worden war. Abgesehen von unserer Absicht, dem politischen Milieu in der Arbeiterklasse einen Einblick in unser internes Leben zu ermöglichen,

Das Proletariat - Hauptzielscheibe der kapitalistischen Angriffe

Massenentlassungen und Lohnkürzungen in allen Branchen

Während offizielle Regierungsstatistiken diesen Winter die niedrigsten Arbeitslosenzahlen seit Jahren verkündeten, ereilte die Beschäftigten zahlreicher Großbetriebe die Hiobsbotschaft von bevorstehenden Stellenstreichungen oder Werksschließungen.

Der Streik der Lokführer: Die Spitze des Eisbergs einer allgemeinen Unzufriedenheit

Der Lohnkampf bei den Deutschen Eisenbahnen, der jetzt schon neun Monate anhält, kam Mitte November 2007 mit einem dreitägigen landesweiten Streik zu einem Höhepunkt. Dieser Streik lähmte den Gütertransport und stürzte den öffentlichen Personenverkehr in ein Chaos. Zum ersten Mal in vielen Jahren stand das öffentliche Leben in Deutschland im Licht des Klassenkampfs. Was die herrschende Klasse am meisten überraschte, war die enorme Popularität des Streiks.

Nokia - Allgemeiner Lohnraub: Gegen den Terror des Kapitals - Arbeitersolidarität

Beiläufig, zufällig nur erfuhren gut 2000 Mitarbeiter des Handyherstellers Nokia Mitte letzter Woche, dass das Werk Bochum, von dem ihre Existenzen leider abhängen, geschlossen werden soll. Keine drei Tage später wurde schon Hunderten von mit Zeitverträgen ausgestatteten MitarbeiterInnen gekündigt. Ihnen wurde mitgeteilt, dass sie ab sofort auf  dem Firmengelände nichts mehr zu suchen haben. Die Restlichen „dürfen“ eine kurze Zeit noch die Arbeit der bereits Entlassenen mitverrichten, bis auch sie auf die Straße gesetzt werden.

Der Streik der Eisenbahner ist die Sache der gesamten Arbeiterklasse

 Das Urteil des Chemnitzer Landesarbeitsgerichtes vom 2. November, das der Gewerkschaft deutscher Lokomotivführer (GDL) in allen Belangen rechtgab und die Bahn freimachte für Streiks auch im Fern- und Güterverkehr, ist, sofern man die jüngsten Entwicklungen genau verfolgt hat, keineswegs überraschend. Schon vor diesem Urteil gab es einige Anzeichen, die auf eine Verschärfung der Auseinandersetzung zwischen den Lokführern und der Bahn hindeuteten.

Tarifrunde 2007: Der Lohnraub geht weiter

Deutschland im Jahr 2007: die Wirtschaft boomt, die Auftragsbücher sind prall gefüllt, die Exportindustrie schlägt ein Rekord nach dem anderen, und das Wirtschaftswachstum wird Monat für Monat immer höher prognostiziert. Auch der Finanzminister der Großen Koalition in Berlin hat Grund zum Jubeln: Nicht nur, dass die Maastrichter Schuldenkriterien um fast die Hälfte unterboten wurden; Steinbrück erwartet darüber hinaus fürs nächste Jahr gar einen schuldenfreien Haushalt. Doch je optimistischer die Meldungen von der Wirtschaftsfront, desto größer auch die Begehrlichkeiten.

“Unterschichtdebatte” Willkommen in der Klassengesellschaft

“Die Geschichte aller bisherigen Gesellschaft ist die Geschichte von Klassenkämpfen” (Kommunistisches Manifest)

 

Nachdem in diesem Herbst die der SPD nahestehende Friedrich Ebert Stiftung einen Bericht über das Vorhandensein einer (angeblich neuen) Unterschicht in Deutschland veröffentlicht hatte, kommentierte der einstige Bundestagspräsident Wolfgang Thierse die damit angestoßene "Debatte" mit der Anmerkung, wir leben also nun doch in einer Klassengesellschaft. Auch wenn dies für viele kaum eine neue Erkenntnis sein wird, so ist es bemerkenswert, dass heute selbst führende Vertreter der Bourgeoisie diese schlichte Wahrheit zugeben müssen. Denn es ist noch gar nicht so lange her, dass die Protagonisten der Klassenherrschaft im Zuge des Zusammenbruchs des Stalinismus das endgültige Zugrabetragen des Marxismus einschließlich der "Ideologie" des Klassenkampfes proklamierten und feierten.

 

Der langsame Weg zum Klassenkrieg

Im öffentlichen Dienst der Bundesrepublik Deutschland hat die herrschende Klasse die von ihr angestrebte "Zeitenwende" durchgesetzt. Demnächst werden die vom Staat ausgebeuteten Arbeiter und Angestellten länger arbeiten müssen, und zwar unentgeltlich. Die ersten bereits unterzeichneten Abschlüsse sind der Beleg dafür. Von einer Arbeitszeitverkürzung, wie in den 1990er Jahren von den Gewerkschaften noch verlangt, ist nirgends mehr die Rede. Auch werden brutale Abstriche bei der Entlohnung und den Zulagen für die Arbeiter und Angestellten immer wahrscheinlicher. Andererseits haben die Bosse im ersten Streik im öffentlichen Dienst seit Anfang der 1990er Jahre ihre Maximalforderungen in Bezug auf die Arbeitszeiten - 40 Stundenwoche im Westen, 42 Stundenwoche im Osten – noch nicht durchgesetzt. Ein "fairer Kompromiss" in Sicht, wie die "Tarifpartner" vielleicht am Ende behaupten werden?

Flugblatt der GIK (Gruppe Internationaler Kommunisten) zu AEG

Eine verdeckte gewerkschaftliche Sicht des Kampfes?

Unter dem Titel „Entschlossen kämpfen – keine Illusionen in die Gewerkschaften – eigene Kampfstrukturen aufbauen“ hat die „Gruppe Internationaler Kommunisten“ (GIK) aus Österreich ein Flugblatt zum Kampf bei  AEG in Nürnberg herausgebracht. Die GIK sympathisiert mit dem „Internationalen Büro für die revolutionäre Partei“ (IBRP). Das vierseitige Faltblatt unterteilt sich in vier Kapitel: Eine Stellungnahme zum Kampf  bei  AEG; einen Auszug zur Gewerkschaftsfrage aus der Plattform des IBRP; einen Auszug aus einem Referat der GIK, welches vor ungefähr einem Jahr bei einer öffentlichen Veranstaltung in Berlin zur sozialen Lage in Deutschland gehalten wurde; sowie ein Plädoyer für den Aufbau einer revolutionären, kommunistischen Partei.

Kampf der Arbeitslosigkeit - Kampf dem Kapitalismus!

Das Jahr 2005 ist als das Jahr mit dem höchsten Stand der Arbeitslosigkeit seit Bestehen der Bundesrepublik Deutschland eingegangen. Ob im Handwerk, im Dienstleistungsbereich oder in der Industrie - in nahezu allen Bereichen der Wirtschaft kam es, vornehm ausgedrückt, zu einem stellenweise massiven Einbruch in der Beschäftigungsquote. Kaum eine Woche verging, ohne dass die Öffentlichkeit im Allgemeinen und die Arbeiterklasse im Besonderen mit neuen Hiobsbotschaften konfrontiert wurden. Die Deutsche Bank kündigt den Abbau von 2.000 Arbeitsplätzen an, die Telekom sogar mehr als 30.000.  Bei Opel und VW ist die Streichung von 8.500 bzw. 10.000 Arbeitsplätzen längst beschlossene Sache, und Mercedes, einst Inbegriff des krisensicheren Arbeitsplatzes, plant bis 2008 sogar die Streichung von 16.000 Arbeitsplätzen. Diese Welle verschonte dabei keinen Bereich der Arbeiterklasse: Selbst so hochqualifizierte Arbeiter wie die Beschäftigten von Infineon mussten in das bittere Brot der Arbeitslosigkeit beißen. Niemand kann sich heute noch einbilden, ungeschoren davon zu kommen.

Daimler-Chrysler: Die Antwort auf die kapitalistische Krise: die Arbeitersolidarität

Das Kalkül der Unternehmer scheint aufzugehen. Millionen Lohnabhängiger werden mit der Nachricht in den Urlaub geschickt, dass beim größten Industrieunternehmen Europas, im Mercedes-Stammwerk Stuttgart-Sindelfingen, demnächst bis fast eine halbe Milliarde Euro Produktionskosten zu Lasten der Beschäftigten “eingespart” werden soll. Wir sollen alle wissen, dass selbst dort, wo Unternehmen noch Gewinne erwirtschaften, die Beschäftigten durch die Drohung mit Produktionsauslagerungen und mit massivem Arbeitsplatzabbau im höchsten Grade erpressbar geworden sind. Wir sollen uns während der Ferienzeit damit abfinden, dass demnächst immer längere Arbeitszeiten für immer weniger Geld auf uns zukommen werden. Genau zu dem Zeitpunkt, wenn die Belegschaften in der großen Sommerpause auseinandergehen, und in der Vereinzelung das Gefühl der Ohnmacht besonders stark empfinden können, soll uns eingehämmert werden: Ein Dammbruch auf Kosten der Arbeiter und Angestellten ist erzielt worden, welche nicht allein die Daimler-Chrysler Belegschaft, sondern alle Lohnsklaven trifft.

Nicht der Standort Deutschland, der Kapitalismus verursacht Krise und Elend

Heutzutage werden sämtliche Angriffe gegen die Arbeiterklasse in Deutschland ohne Ausnahme – insbesondere die “Agenda 2010” der sozialdemokratisch geführten Bundesregierung - damit gerechtfertigt, dass es notwendig sei, den “Reformstau” in der Bundesrepublik “aufzulösen”, damit der Standort wieder wettbewerbsfähig werde. Deutschland sei der neue “kranke Mann Europas” geworden. So gäbe es kein anderes Mittel als das Wiedererlangen der Konkurrenzfähigkeit, um die Massenarbeitslosigkeit abzubauen. Die Botschaft ist klar: Nicht der Kapitalismus als Wirtschaftsweise, als Gesellschaftssystem ist schuld an der chronischen Stagnation und am wachsenden Elend im führenden Industriestaat Europas, sondern das Fehlen einer zufriedenstellend kapitalistischen, sprich wettbewerbsorientierten Einstellung “der Deutschen” – und in erster Linie der deutschen Arbeiterschaft – zum Wirtschaftsleben. Zu hohe Arbeitskosten, zu großzügige Sozialleistungen, zu kurze Arbeitszeiten, zu viele Urlaubs- und Feiertage seien somit Schuld an den nicht abreißenden Meldungen von Werksschließungen und Massenentlassungen in Deutschland. Diese Argumentationslinie hat – vom Standpunkt des Kapitals – den großen Vorteil, dass sie nicht nur die täglich stattfindenden Angriffe gegen die Arbeiter rechtfertigt, und die Arbeiter selbst dafür verantwortlich macht, dass die Krise des Systems ihre Situation so brutal verschlechtert, sondern darüber hinaus sozusagen die Systemfrage von der Tagesordnung streicht. Da sie von vorn herein den Kapitalismus als einzig denkbares System voraussetzt, kann es nur noch darum gehen, wie man sich für den kapitalistischen Wettbewerb im “Zeitalter der Globalisierung” fit macht.

Koalitionsvertrag, Massenentlassungen zeigen: Die Sackgasse des Kapitalismus, die Notwendigkeit des Arbeiterkampfes

Das große öffentliche Gejammer über das Fehlen eines “großen Wurfs” bei dem zwischen der Union und der SPD ausgehandelten Koalitionsvertrag dient einzig und allein dazu, davon abzulenken, dass die designierte Regierung das brutalste Maßnahmepaket der Nachkriegszeit auf Kosten der Bevölkerung geschnürt hat...

Die Herrschenden wollen den Bankrott des Kapitalismus vertuschen

Von den Bundestagswahlen vom 18. September in Deutschland wird behauptet, dass niemand als klarer Sieger daraus hervorgegangen sei. CDU/CSU ziehen zwar als stärkste Fraktion in den neuen Bundestag ein, haben dennoch eine empfindliche Wahlschlappe erlitten. Die SPD hat zwar im Verlauf des Wahlkampfes stark aufgeholt und dennoch ihr drittschlechtestes Ergebnis der Nachkriegszeit erzielt. Die FDP hat zwar zugelegt, so dass sie nunmehr wieder die drittstärkste Parlamentsfraktion geworden ist, und dennoch hat sie ihr Ziel der Ablösung von Rot-Grün durch eine Schwarz-Gelbe Koalition verfehlt. Zwar haben die Grünen ihre Stellung ungefähr halten können, erklärten sich aber am Wahlabend zunächst für abgewählt. Nur der Linkspartei-PDS, die auf Anhieb mehr Sitze als die Grünen errungen hat, wird so etwas wie ein Wahlsieg zugestanden. Dagegen gilt ausgerechnet der Standort Deutschland als der größte Verlierer dieser Wahlen. Dies nicht nur weil die Wirtschaft im In- und Ausland im Vorfeld auf eine Regierung aus CDU/CSU/FDP gesetzt habe, sondern v.a. weil der Einzug von politischer Instabilität in der zumindest in dieser Hinsicht bislang als äußerst stabil geltenden Bundesrepublik befürchtet wird.

Visa-Affäre, "Jobgipfel", Kieler Abstimmung:

Die Ausbeuter streiten um die beste Regierungsmannschaft

Als vor nicht mal einem Jahr auf öffentlichen Diskussionsveranstaltungen der IKS von Sympathisanten der Organisation die Auffassung vertreten wurde, dass die Bundestagswahlen 2006 für die rot-grüne Regierungskoalition sozusagen im voraus bereits verloren gegangen seien, widersprachen wir. Damals fuhr die deutsche Sozialdemokratie im Zuge der "Gesundheitsreform" sowie der Vorbereitung auf die mit dem Namen "Hartz" verbundenen "Arbeitsmarktreformen" die schlechtesten Umfragewerte der Nachkriegszeit ein. Trotzdem sagten wir damals voraus, dass die Regierungskoalition in der Wählergunst bis zu den Bundestagswahlen aufholen werde. Es waren drei Erwägungen, welche uns damals zu dieser Aussage bewogen. Erstens die traditionelle Taktik bürgerlicher, "demokratisch legitimierter" Regierungen, ihre Hauptangriffe gegen die Arbeiterklasse in die erste Hälfte ihrer jeweiligen Amtszeit zu verlegen, damit diese Gräueltaten dann rechtzeitig in den Hintergrund treten, wenn man sich zur Wiederwahl stellen muss. Zweitens die Notwendigkeit für die herrschende Klasse insgesamt, die Wahlen möglichst spannend zu halten, und damit als Kopf-an-Kopf-Rennen darstellen zu können.

Beschäftigungspakte: Die Gewerkschaften gegen die Arbeiterklasse

Nachdem im Herbst 2004 bereits bei Karstadt und bei Opel durch "Beschäftigungspakte" zwei "namhafte" Konzerne und damit Tausende von Arbeitsplätze "gerettet" worden sein sollen, folgte Volkswagen wenige Wochen später diesem Beispiel. Nachdem die rund 100.000 Beschäftigten im Inland Maßnahmen hinnahmen, welche dem Konzern bis zum Ende des Jahrzehnts Einsparungen bis zu 30% bescheren sollen, kündigte VW an, vorläufig auf die angedrohten 30.000 betriebsbedingten Kündigungen verzichten zu wollen.

Überhaupt wurde das Jahr 2004 im Rückblick als das Jahr der Beschäftigungspakte gefeiert. Nachdem Siemens (in Bocholt und Kamp-Lintfort) und Daimler-Chrysler mit "gutem Beispiel" vorangegangen waren, folgten der Reihe nach die Großkonzerne der Automobilbranche und der Exportwirtschaft. Das Dienstleistungsgewerbe sowie der öffentliche Dienst zogen nach. Auch wenn die Deutsche Bahn oder die Krankenhäuser nicht ohne weiteres mit "Standortverlagerungen" wie in der Industrie drohen können: Die Drohung, Arbeitsplätze radikal abzubauen, wenn man nicht bereit sei, für weniger Geld länger zu arbeiten, reichte zumeist aus, um die Beschäftigten erfolgreich im Sinne des Kapitals zu erpressen. Dennoch stießen diese Erpressungen auf den Widerstand der Arbeiterklasse. Vor allem bei Daimler-Chrysler und bei Opel setzten sich die Arbeiter zur Wehr. Und auch gegenüber den Hartz-Angriffen gegen die Erwerbslosen, und damit gegen die gesamte Arbeiterklasse, gingen die Lohnabhängigen auf die Straße. Somit war das Jahr 2004, vom Standpunkt der Arbeiterklasse, ein Jahr der Wiederaufnahme des Kampfes.

Die Lehren des Kampfes bei Opel

Der sechstägige Streik bei Opel in Bochum, als Antwort auf drohende Massenentlassungen und mögliche Werksschließungen bei General Motors, war der längste und bedeutendste spontane, inoffizielle Streik in einem Großbetrieb in Deutschland seit den großen wilden Streiks Ende der 60er und Anfang der 70er Jahre in Westdeutschland.

Eine Woche lang schaute nicht nur die arbeitende Bevölkerung Deutschlands gespannt und mit großer Sympathie auf die Ereignisse in Bochum. Auch an den anderen Standorten von General Motors (GM) in Europa war unter den Belegschaften viel von Mitgefühl mit den Bochumer Kollegen und Bewunderung für deren Mut und Kampfeswille. Beispielsweise beim gewerkschaftlichen "Aktionstag" am 19. Oktober, wo die Arbeit kurzzeitig niedergelegt wurde. Den Grad der aufkeimenden Solidarität, welchen dieser Arbeitskampf erweckte, kann man daran messen, dass das Unternehmen während des Streiks nicht wagte, strafrechtlich gegen die Streikenden vorzugehen, obwohl - gerade im demokratischen Deutschland - normalerweise besonders rigoros gegen nicht-gewerkschaftliche, nicht im Rahmen von Tarifverhandlungen stattfindende Arbeiterkämpfe vorgegangen wird. Zwar baute die Werksleitung die übliche Drohkulisse auf, indem sie gegen die "Rädelsführer" hetzte, verlogene Gerüchte über zertrümmerte Autos und Produktionsteile in die Welt setzte, und mit der ganzen Härte des Strafgesetzes drohte, falls der Streik nicht sofort aufhöre. Doch hier hat die besitzende Klasse sehr gut verstanden, dass der Einsatz offener, staatlicher Repression eher dazu führen würde, die weitgehend noch passive Sympathie der anderen Arbeiter mit ihren kämpfenden Schwestern und Brüdern bei Opel in offene Empörung und aktive, eingreifende Solidarität zu verwandeln.

Karstadt, Opel, VW: Die Notwendigkeit der Arbeitersolidarität gegen die Logik des Kapitalismus

Der nachfolgende Artikel ist eine leicht gekürzte Fassung eines Flugsblatts, das die IKS während der Kämpfe bei Opel verteilt hat. (Vollständiges Flugblatt im PDF-Format siehe Archiv)

Wie kämpfen gegen Massenentlassungen? Wie kann man sich wirkungsvoll wehren, wenn der “eigene” Arbeitsplatz oder “Standort” nicht mehr als profitabel gilt? Verliert etwa die Waffe des Streiks dort an Wirksamkeit, wo der Kapitalist ohnehin daran denkt, das Werk zu schließen, oder wo ganze Firmen vor der Insolvenz stehen? Diese Fragen stellen sich heute ganz konkret nicht nur bei Opel, bei Karstadt oder VW, sondern überall dort, wo im Zuge der kapitalistischen Wirtschaftskrise Betriebe und Konzerne “saniert” oder gleich dichtgemacht werden. Und das geschieht heutzutage ziemlich überall. Nicht nur in Deutschland, sondern in Amerika und auch in China. Nicht nur in der Industrie, sondern auch in den Krankenhäusern oder in der öffentlichen Verwaltung.

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