In der dekadenten Phase des Kapitalismus kann die Krönung der weltweiten Überproduktionskrise, wenn es keine proletarische Revolution gibt, nur der imperialistische Weltkrieg sein. Die Erfahrung des Proletariats aus den zwei imperialistischen Weltkriegen hat grundlegende Lehren hervorgebracht, deren Aneignung eine lebenswichtige Aufgabe für die Revolutionäre ist.
Vielleicht ist die grundsätzlichste Lehre, die von Lenin und Zinoview in ihren während des Ersten Weltkriegs geschriebenen Artikeln klar gezogen wurde, die absolute Notwendigkeit, daß das Proletariat und seine revolutionären Minderheiten gegen den imperialistischen Krieg mit dem revolutionären Defätismus antreten, d.h. den imperialistischen Krieg in einen Bürgerkrieg zum Sturz des kapitalistischen Staats umzuwandeln. Die klare Erkenntnis dieser Notwendigkeit ist das Herausragende an dem "Manifest der Kommunistischen Linken", das im Juni 1944 verteilt wurde, d.h. zu dem Zeitpunkt, als der zweite imperialistische Weltkrieg einen Höhepunkt des Abschlachtens erreicht hatte, und dessen Übersetzung wir hier zum ersten Mal auf Deutsch veröffentlichen.
Der I. Weltkrieg wurde nicht so sehr durch eine militärische Niederlage oder die Erschöpfung einer der imperialistischen Mächte (die deutsche Armee war im November 1918 noch intakt und kämpfte noch in Frankreich) zu Ende gebracht; vielmehr geschah dies durch das Gespenst der proletarischen Revolution, das schon den kapitalistischen Staat in Rußland umgestürzt hatte und 1918 eine tödliche Gefahr gegen das Kapital in ganz Mitteleuropa darstellte. Diesem Massenkampf des Proletariats entsprach eine wachsende Fähigkeit der revolutionären Minderheiten sich zu organisieren, die Lehren aus der Barbarei zu ziehen, in welche der imperialistische Krieg die Menschheit stürzte, und eine lebenswichtige und notwendige Rolle bei der Entwicklung des revolutionären Klassenbewußtseins zu spielen. In der Tat war es ein Prozeß, der lange vor dem ersten Erscheinen der proletarischen Kampfbereitschaft eingesetzt und eine internationale Form während der Zimmerwalder und Kienthaler Konferenzen angenommen hatte. Diese wiederum spiegelten nicht allein den proletarischen Kampf, der dem imperialistischen Weltkrieg ein Ende setzte, wider, sondern bedingten ihn auch.
Der II. Weltkrieg nahm jedoch einen unterschiedlichen Verlauf. Die Bourgeoisie hatte ebenfalls aus dem I. Weltkrieg und der proletarischen Revolution, die sie überrascht hatte, wichtige Lehren gezogen. Der II. Weltkrieg wurde nicht entfesselt, bis die Bourgeoisie sowohl die Arbeiterklasse vollständig zerschlagen als auch in den demokratischen imperialistischen Ländern ihre ideologische Mobilisierung hinter dem kapitalistischen Staat vollbracht hatte, was vor allem mit Hilfe der Sozialdemokratie, der Stalinisten und der Gewerkschaften geschah, d.h. des linken Flügels des Staatsapparates. Diese Kontrolle über die Arbeiterklasse durch den kapitalistischen Staat – die 1939 wesentlich stärker als 1914 war – ergab sich ebenso aus dem Wachstum des Staatskapitalismus, der allerdings dieses Mal nicht so sehr während des Krieges, sondern vor allem schon vorher in Gang gesetzt worden war. Schließlich wurde vorsorglich die inter-imperialistische Solidarität gegen das Proletariat eingesetzt; normalerweise greift die Bourgeoisie darauf nur zurück, um einem proletarischen Aufstand wie 1917–18 entgegenzutreten. Während des II. Weltkriegs kam dieses Vorgehen vom Kapital als eine Schlußfolgerung aus seiner Erfahrung aus dem ersten imperialistischen Weltkrieg voll zum Tragen.
Der II. Weltkrieg unterscheidet sich ebenso sehr vom I., wenn wir die Rolle und den Einfluß der Revolutionäre untersuchen. Nachdem die ersten Auswirkungen des Verrats der Sozialdemokratie (die durch die bürgerliche Ideologie seit langem verfault war) an der Arbeiterklasse überwunden waren, organisierten sich die revolutionären Marxisten und wurden zu einem wichtigen Faktor bei der Entwicklung des proletarischen Bewußtseins. Im II. Weltkrieg dagegen waren die revolutionären Organisationen nicht nur wesentlich schwächer als die linken Fraktionen der Sozialdemokratie aus der Vorkriegszeit, sondern auch ihre Zerstreuung und Verwirrung wurden – von einigen Ausnahmen abgesehen – nie überwunden.
Der Trotzkismus vollzog seinen stürmischen Übergang in die Arme der Konterrevolution, als er die Klassengrenzen völlig überschritt. Die Italienische Fraktion der Kommunistischen Linken war hinsichtlich der Frage der Möglichkeit eines Ausbruchs eines imperialistischen Krieges stark zerstritten und die Mehrheit um Vercesi, welche durch den Ausbruch des Krieges überrascht wurde, erklärte, der Krieg bedeute die "gesellschaftliche Auflösung" des Proletariats und somit die Einstellung der Aktivitäten ihrer revolutionären Minderheiten bis zum eventuellen Ausbruch einer hypothetischen "ökonomischen Krise der Rüstungswirtschaft".
Die Ausnahmen dieses düsteren Panoramas waren der Communistenbond Spartacus in den Niederlanden (der sich aus Elenenten der Vorkriegs-G.I.K. – Gruppe Internationaler Kommunisten – und der Gruppe um Sneevliet zusammensetzte), die Minderheit der Italienischen Fraktion, welche sich in Marseille rekonstituiert hatte (zusammen mit dem Kern einer Französischen Fraktion der Kommunistischen Linken) und den Elementen um Damen in Italien, die 1943 die Internationalistische Kommunistische Partei bildeten (siehe zu all diesen Gruppen unsere Broschüre "La Gauche Italienne"[1] erhältlich bei der Kontaktadresse). Diese Gruppen verteidigten die Positionen des proletarischen Internationalismus und revolutionären Defätismus inmitten der deutschen Besetzung Europas und der Organisierung von Partisanenarmeen für die Mobilisierung des Proletariats für einen imperialistischen Krieg durch den britisch-amerikanischen-russischen Imperialismus. Das nachstehend abgedruckte "Manifest" ist einer der Versuche der Italienischen und Französischen Fraktionen der Kommunistischen Linken, Klassenpositionen inmitten des imperialistischen Holocaustes zu verteidigen. Mit Stolz drucken wir diesen Text hier ab, der aufzeigt, daß selbst in den dunkelsten Stunden des größten Abschlachtens, in das der Kapitalismus die Menschheit gestürzt hatte, die Stimme des revolutionären Proletariats nicht zum Schweigen gebracht wurde.
Die internationalistische Position der Revolutionäre während der beiden Weltkriege hat an ihrer Aktualität nichts eingebüßt. Ob in den zahlreichen lokalen Konflikten von heute (Libanon, Iran-Irak usw.) oder in einem eventuellen dritten Weltkrieg, das Proletariat kann auf den imperialistischen Krieg nur mit seinem eigenen Klassenkrieg antworten. Der proletarische Internationalismus ist dennoch kein abstraktes Prinzip, sondern eine konkrete, praktische Aufgabe.
Deshalb müssen die Revolutionäre, wenn sie dem Geist des hier abgedruckten Manifestes treu bleiben wollen, dafür eintreten, daß die Arbeiter schon jetzt ihre Reihen international schließen, um auf revolutionäre Weise einen dritten Weltkrieg zu verhindern.
Während des I. Weltkriegs stellte R. Luxemburg fest, daß die Menschheit vor der Alternative Sozialismus oder Barbarei steht. Und weil die revolutionäre Welle von 1917–23 scheiterte, haben wir nun seitdem in ununterbrochener Barbarei leben müssen.
Aber in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts hat der Kapitalismus die Grundlage einer qualitativ neuen Stufe dieser Barbarei gelegt, indem er einen Weltkrieg vorbereitet, der die ganze Menschheit auszulöschen droht. Weil die kapitalistische Produktionsweise die Weiterentwicklung der menschlichen Produktivkräfte fesselt, sind die im Kampf ums Überleben verstrickten nationalen Kapitalien und imperialistischen Blöcke gezwungen, einen stets größer werdenden Anteil ihrer Ressourcen der Entwicklung und Anwendung von Zerstörungsmitteln zu widmen.
Während im vorigen Jahrhundert der wirtschaftliche Wettkampf der Motor der Expansion des kapitalistischen Systems war, das Militärische nur einen Zusatz dazu bildete, nimmt in der Niedergangsphase des Kapitalismus, wo es keine echte Expansion des Systems mehr geben kann, die militärische Konkurrenz den ersten Platz ein. Da, wo es nur noch ums Überleben geht, ist wirtschaftliche Stärke nur dann von Nutzen, ·wenn sie in militärische Stärke umgewandelt werden kann.
Während es im 19. Jahrhundert eine echte "industrielle Revolution" gegeben hat, gibt es deshalb in unserem Zeitalter nur noch eine "Revolution der Rüstungsindustrie". In den letzten 40 Jahren entwickelten sich im niedergehenden Kapitalismus die Zerstörungswissenschaften stärker als in der ganzen bisherigen Menschheitsgeschichte zusammen.
Deshalb wäre ein dritter Weltkrieg keine bloße Fortsetzung der beiden bisherigen, sondern eine Bedrohung der Weiterentwicklung der Menschheit, die die materiellen Grundvoraussetzungen einer klassenlosen Gesellschaft, die heute zweifelsfrei vorhanden sind, liquidieren könnte.
Die konventionellen Bomben des II. Weltkriegs, mit bis zu 20 Tonnen Trinitrotoluol gefüllt, konnten einen ganzen Häuserblock mit einem Schlag vernichten. 100.000 solcher Bomben sind zwischen 1939-45 abgeworfen worden, was einer Gesamtsprengkraft von 2 Mio. Tonnen oder 2 Megatonnen Trinitotoluol entspricht. Heute besitzt jede durchschnittliche thermonukleare Bombe eine Sprengladung von 2 Megatonnen, und sie enthält somit die ganze Vernichtungskraft des II. Weltkriegs. Ein erster nuklearer Schlagabtausch in einem dritten Weltkrieg würde bereits eine Zerstörungskraft von schätzungsweise 10.000 Megatonnen entfesseln, d.h. dies entspricht einer Million Bomben mit der Kraft der Bombe von Hiroshima. Eine neulich in London veröffentlichte Studie schätzt, daß in den ersten Stunden eines solchen Atomkrieges mindestens eine Milliarde Menschen sterben würden.
Wir wissen bereits, daß die unmittelbaren Auswirkungen einer solchen Entfesselung der Barbarei des Kapitalismus noch nicht das Schlimmste wären. Ein weltweiter Atomkrieg würde die obere Luftschicht in Stickstoff verwandeln, was möglicherweise zu einer Zerstörung des vegetativen Lebens auf der Erde führen würde.
Und selbstverständlich würde die radioaktive Verseuchung lange anhalten (Strontium z.B. braucht 96 Jahre, Cäsium 100 Jahre, um bis zu 90% zu zerfallen), so daß höchstwahrscheinlich die Überlebenden die Toten beneiden würden.
Wir malen dieses Schreckgespenst nicht auf, um Panik zu schüren, sondern um aufzuzeigen, was im Kampf des Proletariats auf dem Spiel steht. Nicht nur die Zukunft, selbst das Überleben der Menschheit liegt in den Händen des Proletariats. Der Zyklus von Krise – Krieg – Wiederaufbau – Krise usw., wovon der Kapitalismus seit 1914 gelebt hat, neigt seinem Ende entgegen.
Heute setzt die Arbeiterklasse bei ihrem Ringen um ihre Vereinigung im Kampf gegen die Auswirkungen der Krise die Tradition des revolutionären Defätismus fort. Die Arbeiterklasse braucht nicht mehr auf einen neuen Weltkrieg zu warten, um die Barbarei des Systems zu erkennen. Diese Barbarei ist längst zum Alltag geworden. Vielmehr geht es darum, diese Barbarei so rasch wie möglich zu beseitigen, bevor alles zu spät ist.
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Seit fast 5 Jahren wütet der imperialistische Krieg in Europa mit all seinen Charakteristiken der Misere, Massakern und Zerstörung.
An der russischen, französischen und italienischen Front sind zig Millionen Arbeiter und Bauern dabei, sich gegenseitig zugunsten der schmutzigen Interessen eines blutigen Kapitalismus, der nur seinen Gesetzen des Profits und der Akkumulation gehorcht, abzuschlachten.
Während der 5 Kriegsjahre, vor allem während des letzten, dem Jahr der Befreiung, so sagt man, sind viele Lügenprogramme und Illusionen verschwunden, hinter deren Maske sich das widerwärtige Gesicht des internationalen Kapitals versteckte.
In jedem Land hat man Euch für verschiedene Ideologien mobilisiert, die aber alle das gleiche Ziel haben, Euch in ein Blutbad zu stürzen, wo Ihr Euch gegenseitig, Opfer der Krise gegen Opfer der Krise, Arbeiter gegen Arbeiter niedermetzelt.
Faschismus und Nationalsozialismus fordern Lebensraum für ihre ausgebeuteten Massen, dies soll ihre grausame Absicht verdecken, sich gegenseitig in dieser tiefgreifenden Krise, welche ihre gesellschaftliche Basis untergräbt, niederzumachen.
Der britisch-russisch-amerikanische Block wollte Euch angeblich vom Faschismus befreien, um Euch Eure Freiheit und Rechte wiederzugeben. Aber diese Versprechungen waren nur die Köder, um Euch zur Teilnahme am Krieg zu bewegen, um dann den später erfundenen großen imperialistischen Konkurrenten, den Faschismus, auszulöschen, welcher als Produktions und Lebensform des Kapitalismus veraltet ist.
Die Atlantikcharta, der Plan eines neuen Europas waren nur der Schleier, hinter dem sich die wahre Bedeutung des Konfliktes verbarg, nämlich der imperialistische Räuberkrieg mit seinen schauderhaften Zerstörungen und Massakern, unter deren furchtbaren Auswirkungen die Arbeiterklasse leidet.
Man sagte Euch, man möchte Euch glauben machen, daß dieser Krieg nicht wie all die anderen sei. Das ist eine Täuschung. Solange es Ausbeuter und Ausgebeutete gibt, ist der Kapitalismus Krieg, und der Krieg ist der Kapitalismus.
Die Revolution von 1917 in Rußland war eine proletarische Revolution. Sie war der unwiderlegbare Beweis der politischen Fähigkeit des Proletariats, als herrschende Klasse aufzutreten und sich auf eine Organisation der kommunistischen Gesellschaft hinzuorientieren. Sie war die Reaktion der Arbeitermassen gegen den imperialistischen Krieg von 1914-18.
Aber die Führer des russischen Staats haben seitdem die Prinzipien dieser Revolution aufgegeben, Eure kommunistischen Parteien in nationalistische Parteien umgewandelt, die Komintern aufgelöst, dem internationalen Kapitalismus geholfen, Euch in das imperialistische Massaker zu stürzen.
Falls man in Rußland dem Programm der Revolution und dem Internationalismus treu geblieben wäre, wenn man die proletarischen Massen ständig dazu aufgerufen hätte, die Kämpfe gegen den Kapitalismus zu vereinigen, wenn man nicht diesem Heuchelverein, dem Völkerbund, beigetreten wäre, wäre es dem Imperialismus unmöglich geworden, den Krieg anzufangen.
Durch die gemeinsame Teilnahme am imperialistischen Krieg mit einer Gruppe von kapitalistischen Mächten hat der russische Staat die russischen Arbeiter und das internationale Proletariat verraten.
Eure Bourgeoisie zählte auf Euch, verließ sich auf Eure Ausdauer und auf Eure Produktivkraft, um eine imperialistische Stellung einzunehmen, um so das industrielle und landwirtschaftliche Zentrum Europas zu beherrschen. Nachdem Deutschland in eine Kaserne verwandelt worden war, nachdem Ihr 4 Jahre lang zu einem mörderischen Arbeitstempo gezwungen worden wart, um die Kriegsmaschine in Gang zu setzen, schickte man Euch in alle Länder Europas, um überall wie bei jedem imperialistischen Konflikt Zerstörung und Verwüstung anzurichten.
Der Plan Eures Imperialismus wurde durch die Entwicklungsgesetze des internationalen Kapitalismus vereitelt, der seit 1900 alle Reifungsmöglichkeiten der imperialistischen Herrschaftsform und aller nationalistischer Erscheinungsweisen entfaltet hatte.
Die die Welt und insbesondere Europa erschütternde Krise ist die unüberwindbare Krise, Todeskrise der kapitalistischen Gesellschaft.
Nur das Proletariat kann durch seine kommunistische Revolution die Ursachen des Elends und der Misere der arbeitenden Massen und der Arbeiter aus der Welt schaffen.
Das Schicksal Eurer Bourgeoisie wird nunmehr auf dem Schlachtfeld der imperialistischen Konkurrenz entschieden. Aber der internationale Kapitalismus kann den Krieg nicht zu Ende bringen, denn der Krieg ist seine letzte, einzige Möglichkeit zu überleben.
Eure revolutionären Traditionen sind in den vergangenen Klassenkämpfen tief verwurzelt. 1918 habt Ihr mit Euren proletarischen Führern Karl Liebknecht und Rosa Luxemburg und ungeachtet des schon wachsenden Opportunismus in der Komintern 1923 Euren revolutionären Willen und Eure Macht in die Geschichte eingeschrieben.
Der Nationalsozialismus Hitlers und der Opportunismus der Dritten Internationale haben Euch zum Glauben verleitet, daß Euer Schicksal mit dem Kampf gegen den Versailler Vertrag verbunden sei. Dieser falsche Kampf konnte Euch nur an das Programm Eures Kapitals fesseln, das sich durch ein Vergeltungsstreben und die Vorbereitungen für den gegenwärtigen Krieg ausdrückte.
Eure Interessen als Proletarier sind nur mit den Interessen aller Ausgebeuteten Europas und der ganzen Welt verbunden.
Ihr steht an entscheidender Stelle, um das Ende dieses monströsen Abschlachtens herbeizuführen. Dem Beispiel des Proletariats in Italien folgend, müßt Ihr den Kampf gegen die Kriegsproduktion aufnehmen, müßt Euch weigern, gegen Eure Klassenbrüder zu kämpfen.
Eure Revolte muß ein Ausdruck des Klassenkampfes werden. Sie muß sich in Streiks und einer Agitation der proletarischen Massen widerspiegeln. Wie 1918 hängt das Schicksal der proletarischen Revolution von Eurer Fähigkeit ab, die Ketten, die Euch an die gewaltige Kriegsmaschine des deutschen Imperialismus fesseln, zu zerschmettern.
Man hat Euch verschleppt, um Euch zum Bau von Zerstörungsmitteln zu zwingen. Anstelle eines jeden neu ankommenden Arbeiters kann ein deutscher Arbeiter an die Front geschickt werden. Egal welcher Nationalität Ihr angehört, Ihr seid Ausgebeutete. Euer einziger Feind ist der deutsche und internationale Kapitalismus, Eure Genossen sind die deutschen Arbeiter und die der ganzen Welt.
Ihr tragt in Euch die Traditionen und Erfahrungen der Klassenkämpfe in Euren Ländern und der ganzen Welt. Ihr seid keine "Ausländer".
Eure Forderungen, Eure Interessen sind die gleichen wie die Eurer deutschen Genossen. Durch die Teilnahme am Klassenkampf in den Fabriken, an den Arbeitsstätten tragt Ihr wirkungsvoll dazu bei, den Kurs des imperialistischen Krieges zu zerschlagen.
Während der Streiks von 1936 haben alle Parteien daran mitgewirkt, Euren gerechten und legitimen Klassenforderungen zu einem Ausdruck der Unterstützung für den in der Vorbereitung befindlichen Krieg umzuwandeln. Die "Phase des Wohlstands" und der "vollen Reife", welche die Demagogen der Volksfront Euch versprachen, war in Wirklichkeit nur die tiefgreifende Krise des französischen Kapitalismus.
Eure vorübergehenden Verbesserungen der Lebens- und Arbeitsbedingungen waren nicht die Folgen eines wirtschaftlichen Aufschwungs, sondern dies rührte von der Notwendigkeit her, die Kriegsmaschine in Gang zu bringen.
Die Besetzung Frankreichs wurde von allen Verantwortlichen des Konflikts, von links und rechts, dazu ausgeschlachtet, um in Euren Köpfen einen Vergeltungsgeist und den Haß gegen die deutschen und italienischen Proletarier aufrechtzuerhalten, die wie Ihr für den Ausbruch dieses Krieges keine Verantwortung tragen und wie Ihr unter den schrecklichen Folgen eines von allen kapitalistischen Staaten gewollten und vorbereiteten Abschlachtens leiden.
Die Regierung Petain-Laval spricht von Nationaler Revolution, das ist die primitivste Lügengeschichte. Egal welche Form oder welches Aussehen die zukünftige Regierung haben wird, die arbeitenden Massen Frankreichs und der anderen europäischen Länder werden einen hohen Preis für den Krieg an die britisch-russisch-amerikanischen Imperialisten zu zahlen haben, ganz abgesehen von den Ruinen und Zerstörungen, die durch die sich bekämpfenden Armeen verursacht wurden.
Zu viele von Euch sind zum Glauben verleitet worden, sie könnten von den Armeen, sei es der englischen, der amerikanischen oder der russische Wohlstand erwarten. Die Intrigen und Gegensätze, welche schon jetzt in den Reihen dieser Dreierbande hinsichtlich der zukünftigen Aufteilung aufgetreten sind, weisen darauf hin, daß die Bedingungen, unter denen das Proletariat zu leben haben wird, äußerst schwer sein werden, falls Ihr nicht den Weg des Klassenkampfes einschlagt.
Zu viele von Euch werden zu Gehilfen des Kapitalismus, indem sie am Partisanenkrieg, dem Ausdruck des schärfsten Nationalismus, teilnehmen.
Eure Feinde sind weder die deutschen, noch die englischen oder amerikanischen Soldaten, sondern der Kapitalismus, der sie zum Krieg, zum Töten, zum Mord zwingt. Euer Feind ist Euer Kapitalismus, egal ob er durch Laval oder durch De Gaulle vertreten wird. Eure Freiheit hängt weder vom Schicksal noch von den Traditionen Eurer herrschenden Klasse ab, sondern von Eurer Unabhängigkeit als proletarische Klasse.
Ihr seid die Kinder der Pariser Kommune, und nur wenn Ihr Euch durch diese inspirieren läßt und ihre Prinzipien wieder aufgreift, könnt Ihr die Sklavenketten zerschlagen, welche Euch an den veralteten Apparat der kapitalistischen Herrschaft, die Ideen von 1789 und die Gesetze der bürgerlichen Revolution fesseln.
1917 habt Ihr mit Eurer bolschewistischen Partei und Lenin das kapitalistische Regime gestürzt, um die erste Sowjetrepublik zu errichten. Eure gewaltigen Klassenaktionen eröffneten den historischen Zeitraum der entscheidenden Kämpfe zwischen zwei entgegengesetzten Gesellschaften: der alten, bürgerlichen, die unter dem Gewicht ihrer Widersprüche zum Verschwinden verurteilt ist, und der neuen, die mit dem Proletariat als herrschende Klasse entsteht, um sich auf die klassenlose Gesellschaft, den Kommunismus, zuzubewegen.
Damals hatte der imperialistische Krieg seinen Höhepunkt erreicht. Millionen von Arbeitern fielen auf den Schlachtfeldern des Kapitalismus. Eurem entscheidenden Kampf folgend erwuchs in den Arbeitermassen der Wille, diesem unnützen Massaker ein Ende zu setzen. Durch die Zerschlagung des Kurses zum Krieg wurde Eure Revolution zum Programm, zur Fahne des Kampfes der Ausgebeuteten aller Länder. Der Kapitalismus, der von der Wirtschaftskrise – durch den Krieg noch verstärkt – angenagt wurde, erzitterte vor der proletarischen Bewegung, welche durch ganz Europa fegte. Eingekesselt durch die Weißen Armeen und die des internationalen Kapitalismus, welche Euch durch den Hunger bezwingen wollten, habt Ihr es dennoch geschafft, Euch aus dieser konterrevolutionären Umklammerung zu befreien. Dies geschah dank der heldenhaften Unterstützung des europäischen und internationalen Proletariats, das durch den Klassenkampf die vereinigte Bourgeoisie daran hinderte, gegen die proletarische Revolution einzugreifen.
Dies war eine entscheidende Lehre. Von da an sollte, sich der Klassenkampf auf internationaler Ebene entwickeln, das Proletariat würde seine kommunistische Partei und die Internationale auf der Grundlage Eurer kommunistischen Revolution bilden. Die Bourgeoisie würde auf eine Unterdrückung der kommunistischen Bewegung hinarbeiten sowie auf die Korrumpierung Eurer Revolution und Eurer Macht.
In dem gegenwärtigen imperialistischen Krieg steht Ihr nicht auf der Seite des Proletariats, sondern gegen es. Eure Verbündeten sind nicht mehr die Arbeiter, sondern die Bourgeoisie. Ihr verteidigt nicht mehr die Sowjetverfassung von 1917, sondern das 'Sozialistische' Vaterland. Auf Eurer Seite stehen nicht mehr Genossen wie Lenin und seine Gefährten, sondern Generäle, Militaristen wie in allen kapitalistischen Ländern, allesamt Ausdruck eines blutigen Militarismus, der das Proletariat massakriert.
Man sagt Euch, bei Euch gebe es keinen Kapitalismus, aber Eure Ausbeutung gleicht der aller Proletarier, und Eure Arbeitskraft verschwindet in der Kriegsmaschine und in den Kassen des internationalen Kapitalismus. Eure Freiheit besteht darin, Euch töten zu lassen, um dem Imperialismus in seinem Überlebenskampf zu helfen. Eure Klassenpartei ist verschwunden, Eure Arbeiterräte sind ausgelöscht worden, Eure Gewerkschaften sind Kasernen, Eure Verbindungen zum internationalen Proletariat sind zerbrochen.
Bei Euch hat der Kapitalismus wie überall anderswo nur Zerstörungen und Misere gebracht. Die proletarischen Massen Europas warten wie Ihr damals 1917 auf den günstigen Augenblick, um gegen die schrecklichen, durch den Krieg verursachten Lebensbedingungen aufzustehen. Wie Ihr werden sie sich gegen die Verantwortlichen dieses furchtbaren Massakers wenden, egal ob sie faschistisch, demokratisch oder russisch sind. Wie Ihr versuchen sie das blutige Unterdrückungsregime, den Kapitalismus, zu zerschlagen.
Ihre Fahne wird Eure Fahne von 1917 sein.
Ihr Programm wird Euer Programm sein, das Euch von Euren gegenwärtigen Führern entrissen wurde: die kommunistische Revolution.
Euer Staat hat sich mit den Kräften der kapitalistischen Konterrevolution zusammengeschlossen. Seid solidarisch, verbrüdert Euch mit Euren kämpfenden Genossen. Kämpft an der Seite Eurer Brüder, um in Rußland und den anderen Ländern die Bedingungen für den Sieg der kommunistischen Weltrevolution wiederherzustellen.
Euer Imperialismus ist zurzeit dabei, seinen Kolonisations- und Versklavungsplan der Völker durchzusetzen, um zu versuchen, sich aus der tiefen Krise zu retten, welche die gesamte Gesellschaft erfaßt. Schon vor dem Krieg habt Ihr trotz der Kolonialherrschaft und der Bereicherung Eurer Bourgeoisie unter der Arbeitslosigkeit und der Misere gelitten, es gab Millionen von Arbeitslosen.
Um gegen Eure Streiks für legitime Forderungen anzutreten, hat Eure Bourgeoisie nicht gezögert, das barbarischste Repressionsmittel gegen Euch einzusetzen: Gas.
Die Arbeiter Deutschlands, Frankreichs, Italiens und Spaniens haben mit ihrer Bourgeoisie abzurechnen, da diese genau wie Eure Bourgeoisie für die Massaker verantwortlich ist.
Man möchte Euch zu Gendarmen der anderen Arbeiter machen, Euch gegen die revoltierenden Arbeitermassen einsetzen. Weigert Euch zu schießen, verbrüdert Euch mit den Soldaten und Arbeitern Europas.
Diese Kämpfe sind Eure Klassenkämpfe.
Ihr seid von einer feindlichen Welt umzingelt.
Alle Parteien, alle Programme sind in den Krieg mit eingezogen, alle profitieren von Euren Leiden, alle sind vereint, um die kapitalistische Gesellschaft vor ihrem Zusammenbruch zu retten.
All die Schufte im Dienste der Hochfinanz, von Hitler bis Churchill, von Laval bis Petain, von Stalin bis Roosevelt, von Mussolini bis Bonomi arbeiten mit dem bürgerlichen Staat zusammen, um Euch Ordnung, Arbeit, Disziplin und die Vaterlandsverteidigung zu predigen, welche allemal zur Verewigung Eurer Versklavung führen.
Trotz des Verrats der Führer des russischen Staats werden die Schemata, Thesen und Voraussagen Marxens und Lenins durch den Verrat in der gegenwärtigen Situation vollauf bestätigt.
Nie zuvor war die Spaltung zwischen Ausgebeuteten und Ausbeutern so deutlich und gewaltig.
Nie zuvor war die Notwendigkeit so dringend, diesem blutigen System der Misere ein Ende zu bereiten.
Mit dem Abschlachten an der Front, den Massakern der Luftwaffe, nach 5 Jahren der Entbehrungen tritt die Hungersnot wieder auf. Der Krieg wütet auf dem Kontinent, der Kapitalismus kann und weiß nicht, wie der Krieg beendet werden kann.
Die Kämpfe können nicht verkürzt werden, indem Ihr der einen oder anderen Gruppe der zwei Formen der kapitalistischen Herrschaft helft.
Dieses Mal hat Euch das italienische Proletariat den Weg des Kampfes gezeigt, die Revolte gegen den Krieg.
Wie Lenin es schon 1917 unterstrich, gibt es keine andere Alternative, keinen anderen Weg außer der Umwandlung des imperialistischen Krieges in einen Bürgerkrieg.[2]
Solange wie das kapitalistische Regime besteht, gibt es für das Proletariat weder Brot, Frieden noch Freiheit.
Es gibt viele, zu viele Parteien. Aber alle, bis hin zu den trotzkistischen Grüppchen sind in der Konterrevolution untergegangen.
Eine einzige Partei fehlt: die politische Partei der proletarischen Klasse.
Nur die Kommunistische Linke ist dem Proletariat, dem Programm des Marxismus, der kommunistischen Revolution treugeblieben. Nur auf der Basis dieses Programms wird es möglich sein, dem Proletariat die Organisation wiederzugeben, seine Waffen wieder zu schmieden, mit denen es in den Kampf, zum Sieg geführt werden kann. Diese Waffen sind die neue Kommunistische Partei, die neue Internationale.
Gegen jeden Opportunismus, gegen jeden Kompromiß auf der Ebene des Klassenkampfes ruft die Fraktion Euch auf, Eure Bemühungen zu vereinigen, um dem Proletariat zu helfen, sich aus den Fesseln des Kapitalismus zu befreien. Gegen die vereinten Kräfte des Kapitalismus muß die unbesiegbare Kraft der Arbeiterklasse antreten.
Nur Ihr könnt das furchtbarste Massaker der Geschichte aufhalten.
Arbeiter: Stoppt in allen Ländern die Produktion, welche zum Abschlachten Eurer Brüder, Frauen und Kinder bestimmt ist.
Soldaten: Stellt das Feuer ein, legt die Waffen nieder! Verbrüdert Euch über alle künstlichen Grenzen des Kapitalismus hinweg.
Verbrüdert Euch auf der internationalen Klassenfront.
ES LEBE DIE VERBRÜDERUNG ALLER AUSGEBEUTETEN! NIEDER MIT DEM IMPERIALISTISCHEN KRIEG!
ES LEBE DIE KOMMUNISTISCHE WELTREVOLUTION!
Juni 1944
[1] Heute auch als Buch auf Deutsch erhältlich: Die Italienische Kommunistische Linke (2007)
[2] Diese Losung von der Umwandlung des imperialistischen Krieges in einen Bürgerkrieg war die Losung, die von den Revolutionären im Ersten Weltkrieg ausgegeben wurde. Sie beruhte auf der Tatsache, dass das Proletariat zwar von den Parteiführungen der Zweiten Internationale verraten und ideologisch hinters Licht geführt worden war, aber von der Bourgeoisie nicht physisch besiegt wurde und seine gesamten Lebenskräfte noch fast unversehrt behielt. Das war 1939 nicht der Fall und 1944 erst recht nicht. Daher war der Aufruf der damaligen Revolutionäre ein Fehler, denn aus dem Krieg ging ein ausgeblutetes Proletariat hervor, dessen Klassenbewusstsein und -organisationen von Grund auf zerstört worden waren. Diese Fehleinschätzung der Fähigkeiten des damaligen Proletariats ändert jedoch nichts an dem unverbrüchlich proletarischen Charakter des Manifests, das wir hier veröffentlichen.
Am 24. Februar 2022 startete Russland eine "Spezialoperation" gegen die Ukraine, die als Blitzkrieg[1] aus dem Norden und Osten geplant war, mit der Absicht, die Regierung in Kiew auszutauschen und den Donbass, Saporischschja und Cherson zu besetzen. Als Reaktion darauf rief der ukrainische Staat die militärische Mobilisierung der Bevölkerung aus, und bei den westlichen Großmächten wurde eine demokratische Kampagne zur Unterstützung der Verteidigung der Ukraine gestartet. All dies deutete darauf hin, dass es sich nur um eine "begrenzte" Operation handelte, wie bei der Besetzung der Krim im Jahr 2014.
Heute hingegen ähnelt die Situation eher dem, was Rosa Luxemburg in ihrer Junius-Broschüre über den Ersten Weltkrieg beschreibt: "Die Reservistenzüge werden nicht mehr vom lauten Jubel der nachstürzenden Jungfrauen begleitet. (…) Das im August, im September verladene und patriotisch angehauchte Kanonenfutter verwest in Belgien, in den Vogesen, in den Masuren in Totenäckern, auf denen der Profit mächtig in die Halme schießt. (…) Städte werden zu Schutthaufen, Dörfer zu Friedhöfen, Länder zu Wüsteneien, Bevölkerungen zu Bettlerhaufen, Kirchen zu Pferdeställen … Geschändet, entehrt, im Blute watend, von Schmutz triefend – so steht die bürgerliche Gesellschaft da, so ist sie."
Der Krieg in der Ukraine weist alle Merkmale eines imperialistischen Krieges in der Dekadenz des Kapitalismus und insbesondere in seiner Zerfallsphase auf.
Seit dem Ersten Weltkrieg (4 Jahre) und insbesondere nach dem Zweiten Weltkrieg (5 Jahre) hat der Krieg nicht aufgehört und hat insgesamt weit mehr Tod und Zerstörung verursacht als in den beiden Weltkriegen: Koreakrieg (3 Jahre; obwohl er fälschlicherweise durch einen Waffenstillstand beendet wurde, der eine vorübergehende Aussetzung und keine Beendigung des Krieges bedeutete); Vietnam (20 Jahre); Iran-Irak (8 Jahre); Afghanistan (20 Jahre); Irak-Krieg (8 Jahre); Angola-Krieg (13 Jahre); erster und zweiter Kongokrieg (1 Jahr und 5 Jahre)... Heute wird geschätzt, dass auf der Welt seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs 183 bewaffnete Konflikte ausgebrochen sind.
Der Krieg in der Ukraine dauert nun schon fast zwei Jahre[2] und stagniert nun nach dem Scheitern der ukrainischen Gegenoffensive, was nur ein Vorspiel für eine weitere Eskalation sein kann. Tatsächlich hat der Krieg in Donezk seit der russischen Besetzung der Krim im Jahr 2014 nicht aufgehört. Aber darüber hinaus legt die Konfrontation durch das Aufeinandertreffen der Ausweitung der NATO auf Moskau und des Widerstands der Russischen Föderation gegen diesen Druck den Grundstein für anhaltende und eskalierende Kämpfe:
"Die Ukraine hat mit Hilfe von Dutzenden von Milliarden Dollar an Hilfsgeldern, umfangreicher Ausbildung und nachrichtendienstlicher Unterstützung aus dem Westen eine beeindruckende Kampfkraft entwickelt. Die ukrainischen Streitkräfte werden in der Lage sein, jedes von Russland besetzte Gebiet in Gefahr zu bringen. Außerdem wird Kiew weiterhin in der Lage sein, Russland selbst anzugreifen, wie es im vergangenen Jahr immer wieder bewiesen hat. Natürlich ist auch die russische Armee in der Lage, die Sicherheit der Ukraine zu bedrohen. Obwohl ihre Streitkräfte erhebliche menschliche und materielle Verluste erlitten haben, von denen sie sich erst in Jahren erholen werden, sind ihre Fähigkeiten nach wie vor beeindruckend. Und wie sie tagtäglich unter Beweis stellen, können sie selbst in ihrem derzeitigen beklagenswerten Zustand immer noch beträchtliche Verluste an Menschenleben und Zerstörung für das ukrainische Militär und die Zivilbevölkerung verursachen".[3]
Der Krieg in der Ukraine bestätigt auch die Tendenz zu einer stärkeren direkten Beteiligung der zentralen Länder des Kapitalismus an der imperialistischen Kriegsführung. In der Tat bedeutet dieser Krieg die erneute Rückkehr des Krieges nach Europa seit 1945, der bereits im Balkankrieg der 1990er Jahre Tatsache war. Er bringt auch die beiden größten Länder Europas gegeneinander auf, darunter die zweitgrößte Atommacht der Welt.
Außerdem sind an diesem Krieg die europäischen Großmächte direkt beteiligt[4] wie auch die USA, die ihn mitfinanzieren und Waffen und militärische Ausbildung schicken.[5] Es ist also nicht verwunderlich, dass dieser Krieg das Gespenst eines Weltkriegs heraufbeschwört:
"Vor der russischen Invasion glaubten viele, dass die Kriege zwischen den Großmächten des 21. Jahrhunderts, wenn sie denn stattfinden sollten, nicht denen der Vergangenheit ähneln würden. Sie würden mit einer neuen Generation fortschrittlicher Technologien, einschließlich autonomer Waffensysteme, geführt werden. Sie würden im Weltraum und im Cyberspace stattfinden; die Anwesenheit von Soldaten an der Front würde wahrscheinlich keine große Rolle spielen. Stattdessen musste der Westen zugeben, dass es sich um einen neuen Krieg zwischen Staaten auf europäischem Boden handelte, der von großen Armeen auf Gebieten von mehreren Quadratkilometern ausgetragen wird. Und dies ist nur eine der vielen Arten, in denen die Invasion in Russland an die beiden Weltkriege erinnert. Wie diese Kriege wurde auch dieser durch Nationalismus und unrealistische Erwartungen, wie leicht der Feind zu überwältigen sei, angeheizt. Die Kämpfe fanden sowohl in zivilen Gebieten als auch an der Front statt, verwüsteten Städte und vertrieben die Menschen aus ihren Häusern. Der Krieg verschlang enorme Ressourcen, und die beteiligten Regierungen waren gezwungen, auf Wehrpflichtige und – im Falle Russlands – auf Söldner zurückzugreifen. Der Konflikt hat zu einer Suche nach neuen und tödlicheren Waffen geführt, mit dem Risiko einer gefährlichen Eskalation. Diese Situation ist auch in vielen anderen Ländern zu spüren".[6]
Ein weiteres Merkmal von Kriegen in der Dekadenz des Kapitalismus (und erst recht in der gegenwärtigen Endphase des Zerfalls) besteht darin, dass sie die Mobilisierung aller Ressourcen der Nation und den Einsatz der gesamten Bevölkerung an der Front oder im Hinterland erfordern. In den Medien wurde behauptet, dass sowohl in Russland als auch in der Ukraine das Leben im Hinterland wie in Moskau oder Kiew weiterging, während der Krieg an der Front tobte. Dies ist nur die halbe Wahrheit. Es stimmt, dass in Russland vor allem Wagner-Söldner und die Kadyrowzy an die Front geschickt wurden[7] und dass bei der Einberufung Orte, an denen das Proletariat konzentriert ist, vorerst sorgfältig vermieden wurden:
"Der Kreml hat in unverhältnismäßiger Weise Soldaten aus den ärmsten Regionen Russlands rekrutiert, die sich aus einer großen Zahl ethnischer Minderheiten zusammensetzen, darunter aus ehemals rebellischen Republiken wie Tschetschenien und Provinzen wie Burjatien und Tuwa. In Tuwa beispielsweise starb einer von 3.300 Erwachsenen bei den Kämpfen in der Ukraine (im Vergleich zu Moskau, wo die Zahl bei 1 von 480.000 Erwachsenen liegt".[8]
Richtig ist auch, dass es notwendig ist, die Produktion so weit wie möglich aufrechtzuerhalten: In der Ukraine beispielsweise haben die Unternehmen das Recht, bis zu 50 % ihrer Führungskräfte und Facharbeiter vor der Einberufung zu "retten" (im Gegenzug erleichtern sie die Rekrutierung der anderen 50 %, indem sie ihnen mit Entlassung drohen), und beide Regierungen haben ein Interesse daran, den Anschein von "Normalität" im Hintergrund aufrechtzuerhalten.
Aber der Krieg ist vor allem ein totaler Krieg, in dem die Barbarei an den Fronten und unter der Zivilbevölkerung wütet. Vom ersten Tag des Krieges an verbot Selenskyj erwachsenen Männern im kampffähigen Alter, das Land zu verlassen, was jedoch nicht verhinderte, dass Hunderttausende von ihnen die 8 Millionen ukrainischen Flüchtlinge ins Ausland begleiteten und Zehntausende heimlich vor der Mobilmachung flohen. Auch in Russland kann die Regierung seit der Teilmobilisierung im September 2022 jeden Bürger im kampffähigen Alter rekrutieren, was sofort zur Flucht von rund 700.000 Männern führte, und bisher sicherlich noch mehr.
An der Front "haben westliche Geheimdienste geschätzt, dass Russland während einiger der schwersten Kämpfe durchschnittlich mehr als 800 Tote und Verletzte pro Tag zu beklagen hatte, und ukrainische Beamte haben Spitzenwerte von 200 bis 500 Opfern pro Tag auf ukrainischer Seite eingeräumt. Russland hat in diesem Krieg bereits mehr Soldaten verloren als in den zehn Jahren der Kämpfe in Afghanistan".[9]
Nach offiziellen amerikanischen Angaben schätzte die New York Times Mitte August 2023 die Zahl der Toten, Verwundeten und Verstümmelten des Krieges auf rund 500.000, darunter 70.000 Tote und 120.000 Schwerverletzte auf ukrainischer Seite,[10] wo zuverlässigere Daten verfügbar sind. Ukrainischen Quellen zufolge werden die russischen Truppen von entlassenen Häftlingen versorgt, die erpresst wurden, in den Krieg zu ziehen. Die Offiziere verachteten sie und schickten sie zum Sterben an die Front, ohne sich um die Verwundeten, geschweige denn um die Toten zu kümmern.
Was die Zivilbevölkerung anbelangt, so wurden seit dem ersten russischen Angriff in den Vororten von Kiew und später in Butscha Massengräber und Folterkeller entdeckt, die von Hunderten von standrechtlichen Erschießungen und Vergewaltigungen von Frauen und Kindern zeugten, die umgehend für die antirussische Kriegspropaganda ausgeschlachtet wurden. Die unaufhörlichen Bombardierungen zerstören die Häuser und die grundlegende Infrastruktur der Menschen und verursachen eine unendliche Zahl von Opfern. Ganze Städte, wie Mariupol, wurden vollständig zerstört. Der Raketenhagel reißt nicht ab, nicht nur an der Ostfront, sondern auch in Kiew. Bahnhöfe (Kramatorsk, April 2022), Cafés und Restaurants, Krankenhäuser, Entbindungsstationen, Kraftwerke und sogar Kernkraftwerke wie Saporischschja sind ernsthaft bedroht.
Jeden Tag werden von beiden Seiten Zehntausende von Granaten abgefeuert.[11] Sie säen Terror und Zerstörung, wenn sie explodieren, aber auch wenn sie nicht explodieren, denn sie bleiben eine Bedrohung, die weiterhin töten und verstümmeln kann. Die in den letzten Monaten von den USA gelieferten Streubomben explodieren, wie ihr Name schon sagt, gleichzeitig mit der Verstreuung des Sprengstoffs über dem gesamten Gebiet. Die Ukraine ist heute eines der Länder mit den meisten Landminen weltweit: Antipersonen- und Panzerabwehrminen, die explodieren, wenn man auf sie tritt, aber auch wenn Autos oder Busse mit fliehenden Zivilisten vorbeifahren. Sich zurückziehende russische Truppen legen überall Minen aus und stellen Fallen, indem sie Sprengstoff auf Leichen in verlassenen Häusern zurücklassen, und die ukrainische Armee vermint die Frontlinie, um die Russen am Vorrücken zu hindern. Überall werden Minen von Raketen oder Drohnen abgeworfen:
"Rund 174.000 Quadratkilometer der Ukraine stehen im Verdacht, durch Minen und nicht explodierte Kampfmittel verseucht zu sein. Das ist eine Fläche von der Größe Floridas oder rund 30 % des ukrainischen Territoriums. Diese Schätzung berücksichtigt sowohl die von Russland seit seiner vollständigen Invasion besetzten Gebiete als auch zurückeroberte Gebiete von der Region Charkow im Osten bis zu den Außenbezirken von Kiew, wie z. B. Butscha. Nach Angaben von Human Rights Watch wurden in 11 der 27 Regionen der Ukraine Minen entdeckt“.[12]
Ganz zu schweigen von den ökologischen Folgen des Krieges, auf die wir bereits hingewiesen haben: "Die Chemiefabriken wurden in einem besonders verwundbaren Land bombardiert. Die Ukraine nimmt 6 % des europäischen Territoriums ein, beherbergt aber 35 % seiner biologischen Vielfalt mit etwa 150 geschützten Arten und zahlreichen Feuchtgebieten".[13]
Folgendes Bild zeichneten kürzlich Journalisten in Kryvyi Rih, einem großen Industriezentrum in der Nähe von Saporischschja, der siebtgrößten Stadt des Landes: "Die Warteschlangen vor den Rekrutierungsbüros sind verschwunden. Heute weiß jeder, wie das tägliche Leben eines Soldaten aussieht. Es ist keine Seltenheit mehr, vom Krieg verstümmelte Soldaten am Rande von Busbahnhöfen in mittelgroßen Städten zu sehen".[14]
Das Hauptopfer des Krieges ist jedoch die Arbeiterklasse. Die Familien der Arbeiter wurden im Hinterland bombardiert, und sie wurden aus den Fabriken rekrutiert, um an die Front zu gehen, wobei sie erpresst wurden, entlassen zu werden, analog zu den russischen Sträflingen (denen umgekehrt die Strafentlassung versprochen wurde). Darüber hinaus verloren sie nach der Mobilisierung ihren Lohn, den sie gegen den mageren Monatslohn von 500 Euro eintauschten, den die Soldaten an der Front erhielten. Darüber hinaus hat der Staat die Versicherung für Verwundete und Verstümmelte aufgegeben. Für diejenigen, die noch in Arbeit sind, hat die Rada (das ukrainische Parlament) im Juli 2022 die Aussetzung der meisten Gesetze zum Arbeitsrecht beschlossen, was den Unternehmen willkürliche Freiheiten bei Lohnverhandlungen und Entlassungen einräumt.
In den imperialistischen Kriegen der Dekadenz (und natürlich auch in der gegenwärtigen Endphase des Zerfalls) steht der Krieg nicht im Dienste der Wirtschaft, anders als in der aufsteigenden Periode der kapitalistischen Expansion im 19. Jahrhundert, als Kolonialkriege die globale Expansion des Kapitalismus ermöglichten oder als nationale Kriege den Rahmen für die kapitalistische Entwicklung schufen. In der gegenwärtigen Periode steht die Wirtschaft im Dienste des Krieges,[15] und dies wird durch den Krieg in der Ukraine, ausgehend von Russland, bestätigt.
In seinem Interview zum Jahresende prahlte Putin mit einem Anstieg der Produktion in Russland um 3,5 %, aber diese Zahl spiegelt größtenteils den Anstieg der Kriegsproduktion wider: "Der Kreml wirft die Möbel aus dem Fenster, indem er seinen Militärhaushalt bis 2024 um 68 % erhöht. Die Rüstungsindustrie bereitet sich darauf vor, die Frontlinie schnell zu beliefern. Eine Untersuchung des ukrainischen Medienunternehmens Skhemy, die sich auf Satellitenbeobachtungen stützt, zeigt den Bau oder die Erweiterung mehrerer wichtiger Fabriken des russischen militärisch-industriellen Systems. Im Luft- und Raumfahrtsektor sind dies das Gorbunow-Werk in Kasan (Produktion von Tu-16-, Tu-22- und TU-160-Bombern), das Werk in Irkutsk (Su-30-Kampfflugzeuge) und das Werk in Jekaterinburg (Motoren und Getriebe für die Militärhubschrauber Mi-24 und Ka-52). Andere, auf Maschinenbau spezialisierte Unternehmen in Doubna (Raketen Kh-22, Kh-55 und Kh-101) und Kronstadt (Militärdrohnen Orion und Helios) sowie Kalaschnikow (Munition für die Marodeure Zala, Lancet und Italmas) haben ebenfalls ihre Industrieanlagen ausgebaut".[16]
Offiziellen Angaben zufolge ist das Einkommen der Bevölkerung in den letzten zehn Jahren um 10 % gesunken, und die wirtschaftliche Situation des Landes erinnert an die der stalinistischen UdSSR zur Zeit des Zusammenbruchs des Ostblocks, für den gerade wirtschaftliche Stagnation und Rückständigkeit eine wesentliche Ursache waren:
"Die Wirtschaft des Landes stagniert und hat außer der Gewinnung und dem Export natürlicher Ressourcen kaum andere Wertschöpfungsquellen. Das gesamte System ist von Korruption durchsetzt und wird von staatlichen oder staatlich kontrollierten Unternehmen beherrscht, die allesamt ineffizient sind, und internationale Sanktionen beschränken den Zugang zu Kapital und Technologie. Russland hat Schwierigkeiten, Talente zu entwickeln, zu halten und anzuziehen; der Staat finanziert die wissenschaftliche Forschung nicht ausreichend, und bürokratische Misswirtschaft behindert die technologische Innovation. Infolgedessen liegt Russland bei den meisten Indikatoren der wissenschaftlichen und technologischen Entwicklung weit hinter den USA und China zurück. Die Militärausgaben haben in den letzten vier Jahren stagniert, und die Bevölkerung wird bis 2050 voraussichtlich um zehn Millionen Menschen schrumpfen."[17]
Der Krieg hatte auch große Auswirkungen auf die Wirtschaft der europäischen Großmächte. Die USA nutzten den Krieg, den sie mit angezettelt hatten, nicht nur, um Russland "auszubluten" und die Bildung eines Bündnisses mit China zu erschweren[18] sondern auch, um den europäischen Mächten ihre Politik der Sanktionen gegen die Russische Föderation und ihre Finanzierung des Krieges in der Ukraine aufzuzwingen.
Wir haben eine Bilanz von fast zwei Jahren dieses Krieges gezogen, müssen aber jetzt zusätzlich zwischen den Merkmalen von Kriegen in der Dekadenz und denjenigen in ihrer letzten Phase des Zerfalls unterscheiden. In dieser Phase des Zerfalls ist ein wichtiger Unterschied hervorzuheben, nämlich die Tendenz zum "Jeder für sich", die Schwierigkeit der USA, ihren Verbündeten Disziplin aufzuerlegen, und gleichzeitig die Unmöglichkeit für letztere, sich von der amerikanischen Vormundschaft zu befreien, und somit die Unmöglichkeit, einen imperialistischen Block zu konsolidieren. Das, was die Medien als "Westen" im Gegensatz zum "Globalen Süden" bezeichnen, ist keine Fortsetzung ähnlich der Konfrontation zwischen dem amerikanischen Block und dem Ostblock während des Kalten Krieges, sondern ein Trugspiel, bei dem jede Seite ihre Interessen gegen die andere verteidigt; es ist nichts anderes als das, was in Wirklichkeit auch im "Globalen Süden" geschieht.
Zu Beginn des Krieges versuchten insbesondere Frankreich und Deutschland, den Dialog mit Putin aufrechtzuerhalten und sich der US-Politik zu entziehen, die darauf abzielte, den Kreml in einen Zermürbungskrieg hineinzuziehen, mussten sich aber letztlich den Sanktionen und der Finanzierung des Krieges beugen. Insgesamt wird der Betrag, den die EU allein für die Militärhilfe an die Ukraine ausgegeben hat, auf 5 Milliarden Euro geschätzt. Macron musste von der Behauptung, die NATO sei "hirntot", dazu übergehen, rund 3 Milliarden Euro zur Finanzierung des Krieges und zur Lieferung von Waffen an die Ukraine beizutragen, und das nicht ohne Widerstand, denn die Militärhilfe Frankreichs rangiert an fünfter Stelle, noch hinter Finnland oder der Slowakei.
Doch für Deutschland haben die Sanktionen und der Krieg zweifellos die größten Auswirkungen: "Vor dem Einmarsch in die Ukraine importierte Europa 45 % seines Gases aus Russland, wobei insbesondere Deutschland jahrzehntelang den amerikanischen Warnungen widerstanden hatte, dass eine solche Abhängigkeit von einer einzigen ideologisch feindlichen Macht Wahnsinn sei. Als der Krieg begann, setzte Putin die Gaslieferungen als Kriegswaffe ein. Ab Juni 2022 wurden die Gaslieferungen über Nord Stream 1, die 1.200 km lange Pipeline, die die russische Küste bei St. Petersburg mit Nordostdeutschland verbindet, auf 40 % der normalen Menge reduziert. Im Juli waren die Lieferungen sogar noch weiter auf 20 % zurückgegangen. Gazprom machte dafür ‚routinemäßige Wartungsarbeiten und defekte Ausrüstung‘ verantwortlich. Ende August, als die Gaspreise in die Höhe schossen, transportierte Nord Stream 1 überhaupt kein Gas mehr."[19]
Dann gab es die Sabotage von Nord Stream 2, zunächst politisch durch die EU, dann durch die Sprengung der Leitung.[20] Deutschland musste seine Energiequellen neu ordnen und drohte mit Rationierung. Im Gegenzug verkündete Scholz eine sicherheitspolitische Zeitenwende, d.h. eine Politik der intensiven Aufrüstung. Diese Politik wird von allen EU-Ländern verfolgt, mit einer Erhöhung der Verteidigungsausgaben um 30 % ab Februar 2022.
Die USA haben ihrerseits weltweit rund 250 Milliarden Dollar für die Rüstung und die Finanzierung des Krieges ausgegeben, und die Regierung Biden versucht derzeit, um jeden Preis weitere 60 Milliarden Dollar einzusparen. Dennoch hat die US-Regierung wirtschaftlich von den Sanktionen und den Energiekürzungen profitiert, die es ihr ermöglicht haben, ihre eigenen Ressourcen zu exportieren.
Auf internationaler Ebene haben die Blockade der Getreideexporte aus der Ukraine (einem der vier wichtigsten Getreideproduzenten der Welt) und die Blockade des Seeverkehrs im Schwarzen Meer zu Hungersnöten in Afrika geführt und zusammen mit den Rüstungsausgaben und anderen unproduktiven Ausgaben zum Anstieg der Inflation, insbesondere der Lebensmittelpreise, beigetragen. All dies wird neben dem Anstieg der Energiepreise und der beträchtlichen Aufstockung der Militärbudgets in Form von Opfern und einer deutlichen Verschlechterung der Lebensbedingungen an die Arbeitnehmer weitergegeben.
Gruppen des Proletarischen Politischen Milieus in der "bordigistischen" (die verschiedenen Internationalen Kommunistischen Parteien PCIs) und "damenistischen" (die Internationalistische Kommunistische Tendenz ICT) Tradition vertreten die Ansicht, dass der imperialistische Krieg den Beginn eines neuen Akkumulationszyklus ermöglicht. Am Ende des Zweiten Weltkriegs zog die Gauche Communiste de France (GCF), von der wir abstammen, jedoch die Schlussfolgerung, dass der Krieg in der Dekadenz des Kapitalismus nur zur Zerstörung der Produktivkräfte führt:
"Der Krieg war für den Kapitalismus das unentbehrliche Mittel, um die Möglichkeiten der Weiterentwicklung zu erschließen, und zwar zu einer Zeit, in der diese Möglichkeiten existierten und nur mit Hilfe von Gewalt erschlossen werden konnten. In gleicher Weise findet der Zusammenbruch der kapitalistischen Welt, die historisch alle Entwicklungsmöglichkeiten erschöpft hat, im modernen Krieg, dem imperialistischen Krieg, den Ausdruck dieses Zusammenbruchs, der, ohne der Produktion irgendwelche Weiterentwicklungsmöglichkeiten zu eröffnen, die Produktivkräfte nur in den Abgrund stürzt und Ruin auf Ruin in immer schnellerem Tempo anhäuft."[21]
Und dieser Krieg ist die volle Bestätigung dafür:
"Heute kann der Krieg in der Ukraine keine direkt wirtschaftlichen Ziele haben. Weder für Russland, das die Kampfhandlungen am 24. Februar 2022 begann, noch für die USA, die seit mehr als zwei Jahrzehnten die Schwächung Russlands nach dem Zusammenbruch seines Reiches 1989 ausgenutzt haben, um die Ausdehnung der NATO bis an die Grenzen des Landes voranzutreiben. Wenn es Russland gelingt, seine Kontrolle über weitere Teile der Ukraine zu etablieren, wird es mit horrenden Ausgaben für den Wiederaufbau von Gebieten konfrontiert werden, die es gerade verwüstet. Darüber hinaus werden die Wirtschaftssanktionen, die seitens der westlichen Länder eingeführt werden, die ohnehin schon schwache Wirtschaft der Ukraine langfristig weiter schwächen. Auf westlicher Seite werden diese Sanktionen ebenfalls erhebliche Kosten verursachen, ganz zu schweigen von der Militärhilfe für die Ukraine, die sich bereits auf zig Milliarden Dollar beläuft. Tatsächlich ist der aktuelle Krieg eine weitere Illustration der Analysen der IKS zur Frage des Krieges in der Periode des kapitalistischen Niedergangs und insbesondere in der Zerfallsphase, die den Höhepunkt dieses Niedergangs darstellt."[22]
Wie Putin selbst soeben erklärt hat, "ist die Ukraine nicht in der Lage, irgendetwas zu produzieren". In der Tat war die ukrainische Wirtschaft schon vor dem Krieg sehr schwach. Nach der Unabhängigkeit von der UdSSR im Jahr 1991 gingen die Produktion um 60 % und das Pro-Kopf-BSP um 42 % zurück; mit Ausnahme gerade des Ostens – der jetzt der Hauptkriegsschauplatz ist –, Kiews und der nördlichen Oblaste ist die Hauptproduktion landwirtschaftlich. Heute sind Infrastrukturen wie die Krim-Brücke zerstört, ganze Städte liegen in Trümmern, und in einigen Orten, in denen sich viele Arbeiter angesiedelt hatten, produzieren die Fabriken nur noch mit 25 % ihrer Kapazität.
Die Situation im Bereich der Energieerzeugung und -versorgung ist bezeichnend für den Zustand des Landes. Vier Kernkraftwerke wurden abgeschaltet, und das Entwicklungsprogramm der Vereinten Nationen (UNDP) schätzt die Kosten der Zerstörung allein in diesem Sektor auf 10 Milliarden Euro, was 12 Millionen Menschen in die Energiearmut gestürzt hat: "Im letzten Winter gab es in der Ukraine landesweit Strom- und Heizungsausfälle. Krankenhäuser waren ohne Strom oder mussten auf ihre eigenen Generatoren zurückgreifen. Im April war die Stromerzeugungskapazität der Ukraine nach Angaben des UNDP um 51 % geringer als kurz vor der russischen Invasion."[23]
Es mangelt an grundlegenden Arbeitskräften, vor allem in den Bereichen Technik und Forschung, deren Personal zumeist aus dem Land geflohen oder an die Front eingezogen worden sind: "Viele männliche Professoren und Studenten sind zur Armee gegangen. Etwa 2.000 Professoren und Forscher konnten ihre Arbeit nicht fortsetzen. In einigen Universitäten sind 30 % der Professoren ins Ausland oder auf die andere Seite des Landes gegangen. Dreiundsechzig Einrichtungen melden einen Mangel an Lehrpersonal."[24]
Unter diesen Bedingungen ist es schwierig, sich einen Wiederaufbau vorzustellen, der einen neuen Zyklus der Akkumulation einleiten würde, und noch weniger in der Perspektive einer dauerhaften Einrichtung des Krieges in der Ukraine. Der imperialistische Krieg in der Dekadenz des Kapitalismus weist an sich schon diesen Aspekt der permanenten Zerstörung als Lebensweise des Kapitalismus auf; aber in seiner Zerfallsphase und insbesondere in den letzten Jahren nimmt diese Irrationalität einen höheren, verbrannten Charakter seitens der verschiedenen imperialistischen Parteien an.
In diesem Krieg zerstört Russland die Infrastruktur und die Produktion und ist dabei, die Bevölkerung des von ihm beanspruchten Gebiets (Donbass) auszurotten. Während eines seiner Hauptziele darin bestand, die Präsenz der NATO an seinen Grenzen zu verhindern, hat es einerseits Schweden und Finnland dazu gedrängt, den Beitritt zu beantragen, und sieht sich andererseits anstelle der "Neutralität" der Ukraine mit einem bis an die Zähne bewaffneten, militarisierten Land konfrontiert, das mit der modernsten von allen NATO-Ländern gelieferten Technologie ausgestattet ist.
Die USA, die Putin dazu gedrängt haben, den Krieg zu beginnen, um Russland "auszubluten" und ihr mögliches Bündnis mit China zu schwächen, sehen sich mit der Aussicht konfrontiert, eine mögliche Niederlage der Ukraine (die von der NATO und vor allem von den USA selbst unterstützt wird) hinzunehmen. Dies würde bedeuten, dass ihr Image als führende Weltmacht in den Augen ihrer Verbündeten geschwächt würde, oder es würde zu einer Eskalation des Krieges mit unvorhersehbaren Folgen im Falle einer direkten Beteiligung der NATO an dem Konflikt oder des Einsatzes von Atomwaffen führen. Anstatt dass der Krieg eine Machtdemonstration wäre, die all ihren Rivalen und zweit- und drittrangigen Mächten Disziplin auferlegt hätte, sehen sich die USA mit einem Krieg im Nahen Osten, der eigenmächtigen Haltung Israels und der Möglichkeit konfrontiert, dass andere regionale Mächte wie der Iran in den Konflikt verwickelt werden. Und während sie bisher ihre Interessen in Europa durchsetzen konnten, haben die verschiedenen EU-Mächte ein Wettrüsten begonnen, das sie eines Tages in die Lage versetzen könnte, diesem Druck zu widerstehen. Diese Situation ist auch den amerikanischen Analysten nicht entgangen:
"Ein länger andauernder Konflikt würde das Risiko einer Eskalation – entweder der Einsatz von Atomwaffen durch Russland oder ein Krieg zwischen der NATO und Russland – auf einer hohen Alarmstufe halten. Die Ukraine würde militärisch und wirtschaftlich vollständig von westlicher Unterstützung abhängig werden, was letztlich zu Haushaltsproblemen für die westlichen Länder und Bereitschaftsproblemen für ihre Armeen führen würde. Die weltwirtschaftlichen Folgen würden anhalten, und die USA wären nicht in der Lage, ihre Ressourcen anderen Prioritäten zu widmen, während die Abhängigkeit Russlands von China zunehmen würde. Ein langer Krieg würde auch Russland schwächen, aber die Vorteile überwiegen nicht die Kosten."[25]
Auf dem Schlachtfeld selbst drückt sich diese Tendenz zur Irrationalität in der Tendenz aus, Belagerungen wie Stalingrad im Zweiten Weltkrieg oder Verdun im Ersten Weltkrieg in kleinerem Maßstab zu reproduzieren[26] wie in Bachmut oder Mariupol, wo unter dem Vorwand des mehr oder weniger strategischen Wertes des Ortes systematische Zerstörungen mit vielen Toten und Verletzten durchgeführt wurden (in Bachmut wurden schätzungsweise Hunderttausende schwer verletzt und über 50.000 getötet).
Die ukrainische Arbeiterklasse wurde durch die Deindustrialisierung, die auf den Zerfall der UdSSR folgte, und durch das Gewicht der ideologischen Kampagnen, die versuchten, sie in die Kämpfe zwischen den Fraktionen der Bourgeoisie während der "Orangenen Revolution" (2004) zu ziehen,[27] des Euromaidan-Protestes (Ende 2013) und des Krimkriegs (2014) sehr geschwächt. Die Kriegserklärung vom Februar wurde nicht durch Arbeitermobilisierungen beantwortet, sondern durch die Massenflucht von Flüchtlingen. Obwohl es kürzlich in Kiew Frauendemonstrationen gab, die die Rückkehr von Soldaten von der Front forderten, und die Regierung Selenskyj ernsthafte Schwierigkeiten hat, Soldaten zu rekrutieren, sollten wir keine Reaktion der Arbeiter auf den Krieg erwarten.
Was Russland betrifft, so scheint es, dass das Proletariat in den wichtigsten Industriezentren trotz der Informationsblockade weniger direkt unter der Einberufung und den Bombardierungen leidet, sondern mehr und mehr unter der Verschärfung der Ausbeutung und der Repression am Arbeitsplatz sowie unter dem Verlust der Kaufkraft. Die Reaktion des Proletariats auf diese Situation bleibt vorerst eine Unbekannte, aber die bisherigen Anzeichen deuten darauf hin, dass sie einige Zeit brauchen wird, um zu reifen.
Es ist daher falsch zu erwarten, dass das Proletariat eines der beiden betroffenen Länder so reagieren wird, dass der Krieg deshalb zu einem Ende kommt.
Andererseits sind die aktuellen Kämpfe des Weltproletariats in den wichtigsten Ländern auch nicht das Ergebnis eines Protests gegen den Krieg. Das Weltproletariat konnte zwar den Ersten Weltkrieg beenden, aber sein revolutionärer Kampf in Russland und Deutschland war nicht direkt das Ergebnis einer Antwort auf den Krieg, sondern der Entwicklung seiner Forderungskämpfe und seines Bewusstseins angesichts des Zusammenbruchs des Kapitalismus. Sobald es der deutschen Bourgeoisie gelang, den Kampf gegen den Krieg vom revolutionären Kampf im Hintergrund zu trennen, wurde der "Frieden" gegen die Revolution eingesetzt.
Heute, seit dem Sommer des Zorns in Großbritannien[28] haben die Arbeitnehmer in den wichtigsten Ländern eine Dynamik von Kämpfen zur Verteidigung ihrer Lebensbedingungen begonnen, die insbesondere durch die Kämpfe gegen die Rentenreform in Frankreich und die Kämpfe in den USA (im Automobil-, Gesundheits- und Bildungssektor usw.) bestätigt werden. Die Kämpfe haben sich trotz des Krieges in der Ukraine entwickelt, und die Verwicklung verschiedener Länder in die Finanzierung und Lieferung von Waffen in den Krieg beginnt, das Proletariat zum Nachdenken über das Verhältnis zwischen Opfer und Krieg aufzurütteln.
Hic Rhodes, 29.12.2023
[1] Blitzkrieg; deutscher Begriff für einen schnellen, energischen militärischen Feldzug, der auf einen klaren Sieg abzielt und die Möglichkeit eines totalen Krieges vermeidet (Wikipedia).
[2] Laut einer Studie der Universität Uppsala (Schweden), die sich auf Konflikte zwischen 1946 und 2021 stützt, enden 26 % der Kriege zwischen Staaten in weniger als einem Monat und 25 % in einem Jahr; sie zeigt aber auch, dass sich ein Konflikt, der länger als ein Jahr dauert, in der Regel mindestens ein Jahrzehnt hinzieht.
[3] "An Unwinnable War", Artikel von Samuel Charap (RAND Corporation), veröffentlicht in Foreign Affairs, Juli/August 2023. Der Autor war Mitglied des politischen Planungsteams des US-Außenministeriums während der Obama-Regierung.
[4] "Der Block hat der Ukraine Militärhilfe geleistet - das erste Mal, dass die europäischen Institutionen einem Staat direkt militärische Hilfe (und zwar sogar tödliche) geleistet haben, womit die Zurückhaltung, sich militärisch zur Unterstützung eines dritten Staates im Krieg zu engagieren, beendet wurde" ("How the Ukraine war made the EU rethink everything", Artikel veröffentlicht in The Guardian Weekly, 6. Oktober 2023.
[5] 18 EU-Mitgliedstaaten bilden ukrainische Soldaten aus (laut The Guardian Weekly, idem).
[6] "How Wars Don't End", Artikel von Margaret MacMillan, emeritierte Professorin für internationale Geschichte in Oxford, veröffentlicht in Foreign Affairs, Juli/August 2023
[7] Die Soldaten des tschetschenischen Führers Kadyrow
[8] "The Treacherous Path to a Better Russia", Artikel von Andrea Kendall-Taylor und Erica Frantz, veröffentlicht in Foreign Affairs Juli/August 2023. Andrea Kendall ist Senior Fellow und Direktorin des Transatlantic Security Program am Center for a New American Security. Von 2015 bis 2018 war sie stellvertretende nationale Geheimdienstbeauftragte für Russland und Eurasien beim National Intelligence Council, einem Teil des US Federal Intelligence Directorate. Erica Frantz ist außerordentliche Professorin für Politikwissenschaft an der Michigan State University.
[9] Vgl. Anmerkung 3
[10] "Loin du front, la société ukrainienne coupée en deux", Artikel in Le Monde Diplomatique, November 2023
[11] Einer der Journalisten, der die Belagerung von Mariupol bis zum Ende miterlebt hat, berichtet, dass "die Leute irgendwann nicht mehr wussten, wem sie die Schuld an der Bombardierung geben sollten, den Russen oder den Ukrainern" ("A harrowing film exposes the brutality of Russia's war in Ukraine", Vox-Voxmedia, über einen Dokumentarfilm über die Einnahme von Mariupol).
[12] "In der Ukraine gibt es jetzt mehr Landminen als fast überall sonst auf der Welt", Vox (Voxmedia)
[13] Iryna Stavchuk, ukrainische Ministerin für Umwelt und natürliche Ressourcen, veröffentlicht in "Les guerres contre nature", Le Monde vom 11. Juni 2022
[14] “Growing doubt in Ukraine”, Le Monde Diplomatique, englischsprachige Ausgabe, November 2023
[15] Siehe den Bericht über die internationale Lage an die Konferenz der Gauche Communiste de France, Juli 1945, Auszüge veröffentlicht in "50 years ago: the real causes of the Second World War [2]", International Review 59 (engl./frz./span. Ausgabe)
[16] " L'industrie d'armement russe monte en puissance", Le Monde, 4. November 2023.
[17] "The myth of Russian decline", von Michael Kofman und Andrea Kendall-Taylor (Center for a New American Security), Foreign Affairs, November/Dezember 2021
[18] Vgl. unseren Artikel Bedeutung und Auswirkungen des Krieges in der Ukraine [3] in Internationale Revue 58, 2022.
[19] In Anmerkung 3 genannte Quelle
[20] Inzwischen wurde festgestellt, dass dieser Sabotageakt ukrainischen Ursprungs war, obwohl nicht klar ist, ob er mit Zustimmung der Regierung durchgeführt wurde (siehe Le Figaro international [4]).
[21] Bericht über die internationale Lage an die Konferenz der Gauche Communiste de France, Juli 1945, Auszüge veröffentlicht in "50 years ago: the real causes of the Second World War [2]", International Review 59, ibid.
[22] Militarismus und Zerfall (Mai 2022) [5] in Internationale Revue 58, 2022
[23] "Die Ukraine fürchtet einen weiteren Sturz in Kälte und Dunkelheit", titelt die Washington Post am Mittwoch, 11. Oktober 2023.
[24] "Ukraine, das Bildungssystem nimmt Stellung", Artikel von Qubit, einer ungarischen wissenschaftlichen Zeitschrift, veröffentlicht in Courrier International 1275, 23.-29. November 2023
[25] Vgl. die in Anmerkung 2 zitierte Studie.
[26] Der Ausdruck "ausbluten", mit dem Hillary Clinton das Ziel der USA gegenüber Russland in diesem Krieg beschreibt, wurde von Erich von Falkenhayn, dem deutschen Generalstabschef, während der Belagerung der Festung Verdun im Ersten Weltkrieg gegen Frankreich verwendet, das er zur Erschöpfung seiner Kräfte zwingen wollte. Das Scheitern der deutschen Offensive führte zu einem Blutbad mit 750.000 Toten, Verwundeten und Vermissten, darunter 143.000 Deutsche und 163.000 Franzosen.
[27] Editorial: Elections in the USA and the Ukraine [6], International Review 120 (engl./frz./span. Ausgabe), 1. Quartal 2005
[28] Die Kämpfe des Sommers 2022 in Großbritannien, die unter dem Motto "Genug ist genug" einen Bruch mit 40 Jahren Passivität nach der Niederlage der Bergarbeiterstreiks von 1983 markierten, wurden als "Sommer der Wut" bezeichnet; dieser Begriff bezieht sich auf die Kämpfe von 1978-1979, die als "Winter der Unzufriedenheit" bezeichnet wurden.
Eine erste Bilanz unserer Appelle an die Kommunistische Linke, eine gemeinsame Erklärung zu den aktuellen imperialistischen Konflikten abzugeben.
Ende Februar 2022 schlug die IKS den anderen Gruppen der Kommunistischen Linken eine gemeinsame internationalistische Erklärung gegen den imperialistischen Krieg in der Ukraine vor. Diese Gruppen sind die politischen Nachfahren der einzigen proletarischen politischen Strömung, die im 2. Weltkrieg sowohl gegen das faschistische als auch gegen das demokratische imperialistische Lager gekämpft hat und somit die Einzige, die heute noch eine Kontinuität in Wort und Tat mit dem proletarischen Internationalismus für sich beanspruchen kann.
In den zwei Jahren nach dieser Erklärung schlug die IKS denselben Gruppen einen ähnlichen „Appell“ zum Krieg in Gaza vor, der Ende 2023 ausbrach. (Der Kürze halber werden wir beide als gemeinsame Erklärungen bezeichnen). In diesem Fall war die einzige Gruppe, die sich unserem Appell anschloss, Internationalist Voice.
Welche Lehren können wir aus dieser Initiative ziehen, die uns in einer Zeit orientieren können, in der das imperialistische Gemetzel unweigerlich zunehmen und sich ausbreiten wird?
Von den sechs angesprochenen Gruppen stimmten zwei der vorgeschlagenen gemeinsamen Erklärung zu, wobei eine Gruppe, Internationalist Communist Perspective (Korea), deren Ursprünge nicht in der kommunistischen Linken liegen, sie unterstützte.
Auf den ersten Blick scheinen diese internationalistischen Initiativen der IKS kein Erfolg gewesen zu sein, da sie nicht zu einer einheitlichen Antwort der gesamten oder sogar der Mehrheit der Strömungen der Kommunistischen Linken geführt haben, einer Antwort, die all jenen Arbeitern, die nach einer Klassenalternative zum imperialistischen Gemetzel suchen, ein Leuchtfeuer eines wirklich kommunistischen Internationalismus geboten hätte.
Der fehlende kurzfristige Erfolg der IKS-Initiativen wird zweifellos die Illusionen derjenigen bestätigen, die die Initiative als „Ansprache an die Bekehrten“ verspotteten. Sie glaubten, dass es heute möglich sei, eine breitere „Antikriegsbewegung“ zu schaffen, die dem Imperialismus ein Ende setzen könnte, indem sie „jetzt etwas tut“ und so viele Menschen wie möglich zusammenbringt, unabhängig von ihrer politischen Überzeugung oder Redlichkeit in einer Zeit der Orientierungslosigkeit der Arbeiterklasse in der Kriegsfrage.
Das Scheitern solcher aktivistischer Illusionen und Projekte hat entweder zu Passivität, Verwirrung und „Ausbrennen“ geführt oder wird unweigerlich dazu führen, dass man sich am Ende für das eine oder andere imperialistische Lager entscheidet – kritisch natürlich.
In Wirklichkeit enthält die Erfahrung der IKS-Initiativen wichtige längerfristige Lehren für das Vorantreiben einer politischen Vorgehensweise, die zur zukünftigen Partei der Arbeiterklasse und zum Sturz des Weltkapitalismus führen muss, was der einzige Weg ist, den imperialistischen Krieg zu beenden. Mit anderen Worten: Erfolg oder Misserfolg wird letztlich mit einem historischen Maßstab gemessen, nicht mit einem kurzfristigen Eindruck.
Vergleichen wir diese beiden IKS-Initiativen der letzten zwei Jahre mit ähnlichen internationalistischen Aufrufen an die kommunistische Linke zur gemeinsamen Arbeit, die bis ins Jahr 1979 zurückreichen, zur Zeit der russischen Invasion in Afghanistan. Bei allen früheren Gelegenheiten zwischen damals und heute waren die Vorschläge der IKS für eine gemeinsame internationalistische Erklärung nie über das Konzeptstadium hinausgekommen, weil das eigentliche Prinzip einer solchen öffentlichen Einheitserklärung von den anderen Gruppen summarisch abgelehnt oder ignoriert wurde.
Der Vorschlag für eine gemeinsame Erklärung zur Ukraine stieß erstmals auf positive Resonanz bei zwei anderen Gruppen. Nachdem eine dieser Gruppen, das Istituto Onorato Damen, der IKS vorgeschlagen hatte, eine solche gemeinsame Erklärung zu verfassen, stimmte letztere zu, und der Text wurde von der Presse der drei Gruppen als Flugblatt oder Artikel gedruckt und verteilt und diente als Grundlage für gemeinsame öffentliche Treffen und andere Interventionen.1
Dieser Fortschritt, so klein er auch erscheinen mag, führte zu einigen anderen Fortschritten, die nicht unbemerkt bleiben sollten:
Einer der Verweigerer der gemeinsamen Arbeit – die Internationalistische Kommunistische Tendenz – führte zum ersten Mal einen langen Briefwechsel mit der IKS über die Stichhaltigkeit ihrer Ablehnungsgründe, der sich zu einer Art Polemik entwickelte, die es wert war, veröffentlicht zu werden, um einer breiteren Leserschaft die Verantwortung der Kommunistischen Linken als Ganzes angesichts der Zunahme des imperialistischen Krieges zu verdeutlichen.
Die Mitunterzeichner der Gemeinsamen Erklärungen kamen überein, ein Diskussionsbulletin herauszugeben, in dem die Unterschiede in der Analyse zwischen den beteiligten Gruppen herausgearbeitet und konfrontiert werden können. Bislang sind zwei Ausgaben dieser Bulletins erschienen, die auch Beiträge einer relativ neuen Gruppe der Kommunistischen Linken – Internationalist Voice – enthalten.
Die Bedeutung von Zimmerwald und der Zimmerwalder Linken im Ersten Weltkrieg und ihr Zusammenhang mit dem heutigen Internationalismus wurden genauer untersucht.
Die Gemeinsamen Erklärungen verdeutlichten den Charakter einer prinzipiellen internationalistischen Intervention gegenüber Einzelpersonen und Gruppen, die nicht der Kommunistischen Linken angehören, aber dennoch nach einer klaren politischen Orientierung suchen und sich von Linksradikalismus und politischer Verwirrung lösen wollen.
Die Atmosphäre der Solidarität, die durch den Beitritt zur Initiative geschaffen wurde, ermöglichte auch die Organisation von zwei öffentlichen Online-Diskussionstreffen, eine auf Italienisch und eine auf Englisch, um die Notwendigkeit der Gemeinsamen Erklärung und die Aufgaben der Revolutionäre angesichts des imperialistischen Krieges und der neuen Weltbedingungen zu diskutieren und zu klären. Aus diesen Treffen ging auch ein Artikel hervor, in dem eine Bilanz der Diskussionen gezogen wurde.2
Dieser kann auf unserer Website nachgelesen werden.3 Es ist daher nur notwendig, die wichtigsten Argumente zusammenzufassen. Erstens bestand die IKT darauf, dass die Unterschiede in der Analyse des imperialistischen Krieges (d. h. in der marxistischen Erklärung für den imperialistischen Krieg und seine heutigen Aussichten) zwischen den Gruppen zu groß seien, als dass sie die Gemeinsame Erklärung, der sie ansonsten zustimmten, unterzeichnen könnten. Zweitens stellten sie die Einladung der bordigistischen Gruppen, die unter dem Namen der Internationalen Kommunistischen Partei auftreten und am besten an den Namen ihrer wichtigsten Publikationen (Programma Comunista, Il Comunista/Le Proletaire und Il Partito Comunista) zu erkennen sind, zur Gemeinsamen Erklärung in Frage und bedauerten andererseits das Fehlen einiger Gruppen auf der Liste der Eingeladenen. Drittens wünschten sie eine breitere Bewegung gegen den Krieg als die Gemeinsame Erklärung, die auf die kommunistische Linke beschränkt war.
Die IKS antwortete, dass die Unterschiede in der Analyse, die sicherlich von Bedeutung sind, gegenüber der grundsätzlichen Einigung auf ein gemeinsames internationalistisches Aktionsprogramm zwischen den Gruppen der Kommunistischen Linken zweitrangig sind. Sekundäre Unterschiede zu einem Hindernis für eine solche gemeinsame Arbeit zu machen, bedeutet daher, die Interessen der eigenen Gruppe zum Nachteil der Bedürfnisse der Bewegung als Ganzes zu erhöhen – und ist daher klassisch sektiererisch. Die endgültige Fassung der Gemeinsamen Erklärung konnte in der Tat einen Unterschied in der Analyse des Imperialismus zwischen dem IOD und der IKS berücksichtigen, um die wesentliche Klassenposition zu unterstreichen. Eine Differenz, die derjenigen sehr ähnlich ist, die für die IKT ein Hauptgrund für die Nichtunterzeichnung der Erklärung war.
Was den zweiten Punkt betrifft, so war es ironisch, dass die sektiererische IKT sich darüber beschwerte, dass jede der eingeladenen bordigistischen Gruppen sich als die einzige internationalistische kommunistische Partei der Welt betrachtete. Dies war ein Fall, in dem der Eine den Anderen schalt. In der Tat ist die IKT, obwohl sie sich selbst als „Tendenz“ bezeichnet, der Ansicht, dass ihre Hauptkomponente, Battaglia Comunista, auch die Internationalistische Kommunistische Partei ist und daher allen anderen Anwärtern auf diesen Thron feindlich gegenübersteht.
Was die parasitären Gruppierungen betrifft, die behaupten, der Kommunistischen Linken anzugehören, und die nicht zur Unterzeichnung der gemeinsamen Erklärung eingeladen wurden, so war es nur logisch, sie auszuschließen, da diese verschiedenen Gruppierungen in der Praxis alles tun, um die Kommunistische Linke zu verleumden. Aber die IKT, die sie einladen wollte, war daher opportunistisch offen, sich mit parasitären Verleumdern und sogar Spitzeln zusammenzutun, die mit dem Internationalismus in der Tat nichts zu tun haben. Das Sektierertum der IKT gegenüber dem Rest der kommunistischen Linken – ihren bordigistischen Geschwistern4 und der IKS – fand daher seine natürliche Ergänzung in einem Opportunismus gegenüber denjenigen, die außerhalb der kommunistischen Linken stehen und diesen sogar feindlich gesinnt sind.
Der Wunsch der IKT nach einer „breiteren Bewegung jenseits der kommunistischen Linken“ beschränkte sich somit unmittelbar auf den Ausschluss der Mehrheit des heute existierenden, wirklich internationalistischen Milieus. In der Folge wurde ihre Kampagne „No War But the Class War“ mit dehnbareren Teilnahmekriterien als die Gemeinsame Erklärung ins Leben gerufen und machte sich so einem heterogenen Milieu aus verschiedenen Anarchisten, Parasiten und sogar Linksradikalen zugänglicher. Ihre öffentlichen Versammlungen reichten nicht über die Grenzen dieses Milieus hinaus. Bei einer Gelegenheit war die Größe der Delegationen der IKS, die bei diesen öffentlichen Versammlungen intervenierten, sogar ihr größter Bestandteil. Die NWBCW hat sich als opportunistischer Bluff erwiesen, dessen eigentlicher Zweck es war, als Weg zur Aufnahme in die IKT zu fungieren, anstatt ein breiteres Publikum für authentischen Internationalismus zu schaffen.5
Die Gemeinsame Erklärung bot einen prinzipiellen Rahmen für internationalistische Einheit in der Aktion, marxistische Parameter für die Diskussion und Klärung theoretischer und analytischer Unterschiede zwischen den Gruppen. Die Bulletins sind also kein Sammelsurium beliebiger Positionen und Ideen, sondern im Wesentlichen ein Forum für die Auseinandersetzung der Argumente innerhalb der Kommunistischen Linken, also eine proletarische Polemik.
Die beiden Bulletins haben bisher Folgendes enthalten: eine einschlägige Korrespondenz zwischen ihnen über die Gemeinsame Erklärung; Erklärungen zur Analyse der aktuellen Situation der imperialistischen Kriege in der Ukraine und im Gaza-Streifen nach Ansicht der jeweiligen Organisationen; und vor allem eine fortlaufende Polemik darüber, wie sich die Widersprüche des Kapitalismus in imperialistischen Konflikten niederschlagen, sei es, dass letztere direkt das Ergebnis wirtschaftlicher Ambitionen sind – wie die Aufrechterhaltung der Hegemonie des Dollars oder die Kontrolle der Ölproduktion und -verteilung – oder durch eine selbstzerstörerische Dynamik gebrochen werden, die durch die Sackgasse des Kapitalismus in seiner historischen Epoche der Dekadenz hervorgerufen wird. Diese Polemik ist für das Verständnis der Perspektiven und Bedingungen des heutigen Militarismus von großem Interesse und Bedeutung. Sie sollte fortgesetzt werden.
Die Kommunistische Linke, die sich von der Geschichte der revolutionären Bewegung der Arbeiterklasse inspirieren lässt, fragt sich natürlich nach dem Wesen und der Bedeutung der Zimmerwald-Bewegung im Ersten Weltkrieg.
Wollte Zimmerwald eine möglichst breite Antikriegsbewegung schaffen, wie es die IKT vorgibt, eine Art Vorwegnahme der NWBCW-Initiative? Zimmerwald war in der Tat der erste Hinweis darauf, dass die Arbeiterklasse ihre Illusionen in den imperialistischen Krieg verlor und ihre Hoffnung auf einen alternativen Ausweg bestätigte. Doch die eigentliche und lang anhaltende Bedeutung von Zimmerwald lag in der Entwicklung einer unnachgiebigen internationalistischen Linie innerhalb einer kleinen Minderheit, der so genannten Zimmerwalder Linken. Diese erkannte, dass der Erste Weltkrieg nur der Beginn einer ganzen historischen Periode war, die vom imperialistischen Krieg beherrscht werden würde und ein Maximalprogramm für die Arbeiterklasse erforderte: Bürgerkrieg, Sturz der bürgerlichen Regime, proletarische Diktatur mit einer neuen Kommunistischen Internationale, die die bankrotte, chauvinistische Zweite Internationale ersetzen sollte.
Die Mehrheit der Zimmerwalder stand diesem Programm ambivalent oder ablehnend gegenüber. Stattdessen betrachteten sie den Ersten Weltkrieg als eine vorübergehende Verirrung und hofften auf eine Versöhnung oder Wiederherstellung der 1914 zusammengebrochenen Zweiten Internationale und wollten die „Unruhestifter“ und „Spalter“ der Linken ausschließen oder neutralisieren. Schließlich wurden die Klassenlinien, die diese Differenzen implizierten, 1917 durch die Oktoberrevolution gezogen.
Nur die Bourgeoisien und die Nationalstaaten, die ihre Privilegien schützen, sind dem durch die kapitalistische Entwicklung unvermeidlich gewordenen Drang zum imperialistischen Krieg uneingeschränkt verpflichtet. Gesamtgesellschaftlich gesehen hat der imperialistische Krieg jedoch eine erschütternde Wirkung auf andere Klassen. Das größte Opfer des Imperialismus ist die Arbeiterklasse, da der militärische Moloch sie zu spalten und in ein brudermörderisches Gemetzel zu ziehen droht und ihre Armut in Elend verwandelt. Gleichzeitig sieht eine Zwischenschicht – das Kleinbürgertum, das zwischen der Bourgeoisie und dem Proletariat angesiedelt ist – durch den imperialistischen Strudel den Verlust ihrer relativ sicheren Stellung voraus. Als Reaktion darauf hofft diese Schicht auf eine Rückkehr zur Normalität und zum Frieden, sieht aber im Kampf der Arbeiterklasse eine weitere Bedrohung für ihren schwindenden Status, eine weitere Quelle für Störungen und Konflikte.
In dieser Situation nimmt die Antikriegsstimmung sowohl im Proletariat als auch in dieser Zwischenschicht zu, doch in dieser scheinbar gemeinsamen Reaktion auf den Imperialismus verbergen sich unterschiedliche, antagonistische Klasseninteressen. Um ihre Interessen zu verteidigen, muss die Arbeiterklasse dafür kämpfen, sich von allen pazifistischen Lösungen (wie radikal sie auch erscheinen mögen, wie z.B. Antimilitarismus), die in den Zwischenschichten verbreitet sind, zu lösen und stattdessen auf dem Terrain ihres eigenen Klassenkampfes zu stehen, der die Arbeiter zum Bürgerkrieg gegen die Bourgeoisie und den Kapitalismus als Ganzes führt. Das Kleinbürgertum hingegen, das im Grunde keine historische Zukunft hat, kann auf den imperialistischen Krieg bestenfalls ohnmächtig und auf verschiedene Weise reagieren und bleibt in der Unklarheit gefangen. Diese Mischung aus einer Klasse, die um das Bewusstsein ihrer internationalistischen Interessen ringt, und einer Mittelschicht, die mit Entsetzen auf die imperialistische Barbarei reagiert, ist die soziale Grundlage für das Entstehen eines politischen Sumpfes zwischen der kommunistischen Linken und dem linken Flügel des Kapitals heute, der weder das eine noch das andere zu sein scheint und von ständigen Widersprüchen und Unruhen geprägt ist.
Die Intervention der internationalistischen Kommunisten gegenüber diesem Milieu ist daher von entscheidender Bedeutung für die Beschleunigung der Entwicklung des Bewusstseins der Arbeiterklasse. Die internationalistischen Organisationen entstehen per definitionem nicht spontan aus diesem Sumpf, der in seiner Gesamtheit im Wesentlichen eine politische Verwirrung darstellt, ein Hindernis für die Entwicklung des Klassenbewusstseins. Echte internationalistische Organisationen sind das Produkt einer historischen Erfahrung der revolutionären Bewegung, die bis zum Ersten Weltkrieg und davor zurückreicht. Die Existenz und das Eingreifen der Kommunistischen Linken, ihre politische Präsenz, ist daher von entscheidender Bedeutung, nicht nur um den Einfluss der Bourgeoisie im politischen Sumpf zu bekämpfen, sondern auch um den Unterschied zwischen den Klasseninteressen des Proletariats und denen der Mittelschichten aufzudecken, die trotz ihrer radikalen Opposition zur Großbourgeoisie im Wesentlichen rückwärtsgewandt sind.
Darin liegt die allgemeine Bedeutung der Gemeinsamen Erklärung, die mit der Festlegung der gemeinsamen Position der Kommunistischen Linken begonnen hat, inmitten eines Milieus politischer Verwirrung einen internationalistischen Bezugspunkt abzustecken.
Die letzten zwei Jahre und die Reaktion auf die Gemeinsamen Erklärungen haben gezeigt, dass die historische Kommunistische Linke immer noch zersplittert ist und viele ihrer Gruppen bisher nicht in der Lage waren, einheitliche internationalistische Aktionen gegen die Ausweitung des imperialistischen Krieges durchzuführen. Allerdings wurden kleine Schritte in diese Richtung unternommen, wie wir oben skizziert haben. Und nur die Vereinigung der kommunistischen Avantgarde, nicht durch Kompromisse oder amorphe Fronten, sondern durch die wirkliche Klärung der Differenzen, kann das Proletariat in seinem Kampf gegen den Kapitalismus und den imperialistischen Krieg wappnen.
1 Gemeinsame Erklärung von Gruppen der internationalen kommunistischen Linken zum Krieg in der Ukraine [7], Internationale Revue Nr. 58
2 Korrespondenz zur Gemeinsamen Erklärung von Gruppen der Kommunistischen Linken zum Krieg in der Ukraine [8], ICConline, August 2022
3 Eine Bilanz der öffentlichen Versammlungen über die Gemeinsame Erklärung der Gruppen der Kommunistischen Linken zum Krieg in der Ukraine [9] (Ibid).
4 Sowohl die bordigistischen Parteien als auch die damenistische IKT haben gemeinsame Ursprünge in der Gründung des Partito Comunista Internazionalista im Jahr 1943
5 Die IKT und die Initiative No War But the Class War: ein opportunistischer Bluff, der die kommunistische Linke schwächt [10], Weltrevolution Nr. 186
Die Empörung und Besorgnis der Arbeiterklasse angesichts der Ausbreitung immer zerstörerischerer imperialistischer Kriege findet ihren Ausdruck in kleinen Minderheiten, die eine internationalistische Antwort suchen.
Aber was ist Internationalismus? Im Namen des Internationalismus fordern uns die linken Gruppen – hauptsächlich die Trotzkisten – auf, uns für ein Lager unter den imperialistischen Gangstern zu entscheiden. Für sie wäre die Wahl Palästinas im Namen der „nationalen Befreiung der Völker“ die internationalistischste Antwort! Sie verkaufen uns also einen „Internationalismus“, der sein Gegenteil ist, denn Internationalismus bedeutet, gegen alle imperialistischen Lager zu kämpfen, für den internationalen Klassenkampf, für die Perspektive der Weltrevolution, die allein den Krieg beenden kann. Es gibt andere Auffassungen von Internationalismus: Anarchisten neigen dazu, ihn auf eine Ablehnung zu reduzieren: Ablehnung von Armeen, Ablehnung von Militärdienst, Ablehnung von Kriegen im Allgemeinen. Diese Visionen gehen nicht an die Wurzel des Problems, nämlich die Dekadenz des Kapitalismus und seine Dynamik der Zerstörung des Planeten und der gesamten Menschheit. Es ist daher notwendig, zunächst zu klären, was Internationalismus ist, und sich dabei auf die historische Erfahrung des Proletariats zu stützen.
Der Kampf gegen den Krieg kann nicht Menschen guten Willens oder „friedliebenden, klugen“ Politikern überlassen werden... der Kampf gegen den Krieg ist eine Klassenfrage. Nur die Arbeiterklasse trägt die kommunistische Perspektive, die Kraft und die Interessen in sich, die es ihr ermöglichen, dem Krieg ein Ende zu setzen. Deshalb sagen wir in unserem Dritten Internationalen Manifest: „Von allen Klassen der Gesellschaft ist das Proletariat am meisten und am stärksten vom Krieg betroffen. Der ‚moderne‘ Krieg wird von einer gigantischen industriellen Maschinerie geführt, die eine große Intensivierung der Ausbeutung des Proletariats erfordert. Das Proletariat ist eine internationale Klasse, die KEIN VATERLAND hat, aber der Krieg ist die Tötung der Arbeiter für das Vaterland, das sie ausbeutet und unterdrückt. Das Proletariat ist die Klasse des Bewusstseins; der Krieg ist die irrationale Konfrontation, der Verzicht auf jedes bewusste Denken und Nachdenken. Das Proletariat hat ein Interesse daran, die klarste Wahrheit zu suchen; in Kriegen ist das erste Opfer die Wahrheit, gefesselt, geknebelt, erstickt von den Lügen der imperialistischen Propaganda. Das Proletariat ist die Klasse der Einheit über die Schranken von Sprache, Religion, Rasse oder Nationalität hinweg; die tödliche Konfrontation des Krieges erzwingt das Auseinanderreißen, die Spaltung, die Konfrontation zwischen Nationen und Völkern.“
Der Internationalismus ist der konsequenteste Ausdruck des Bewusstseins und des historischen Interesses des Proletariats. Den Grundstein des Internationalismus finden wir in den Grundsätzen des Kommunismus von 1847, wo Friedrich Engels in Punkt XIX fragt: „Wird diese Revolution in einem einzigen Lande allein vor sich gehen können?“ und seine Antwort ist eindeutig:
„Antwort: Nein. Die große Industrie hat schon dadurch, dass sie den Weltmarkt geschaffen hat, alle Völker der Erde, und namentlich die zivilisierten, in eine solche Verbindung miteinander gebracht, dass jedes einzelne Volk davon abhängig ist, was bei einem andern geschieht. Sie hat ferner in allen zivilisierten Ländern die gesellschaftliche Entwicklung so weit gleichgemacht, dass in allen diesen Ländern Bourgeoisie und Proletariat die beiden entscheidenden Klassen der Gesellschaft, der Kampf zwischen beiden der Hauptkampf des Tages geworden. Die kommunistische Revolution wird daher keine bloß nationale, sie wird eine in allen zivilisierten Ländern, d.h. wenigstens in England, Amerika, Frankreich und Deutschland gleichzeitig vor sich gehende Revolution sein. Sie wird sich in jedem dieser Länder rascher oder langsamer entwickeln, je nachdem das eine oder das andre Land eine ausgebildetere Industrie, einen größeren Reichtum, eine bedeutendere Masse von Produktivkräften besitzt. Sie wird daher in Deutschland am langsamsten und schwierigsten, in England am raschesten und leichtesten durchzuführen sein. Sie wird auf die übrigen Länder der Welt ebenfalls eine bedeutende Rückwirkung ausüben und ihre bisherige Entwicklungsweise gänzlich verändern und sehr beschleunigen. Sie ist eine universelle Revolution und wird daher auch ein universelles Terrain haben.“ (Marx-Engels Werke, Band 4, Seite 361-380; Dietz Verlag Berlin, 1974). Das Kommunistische Manifest bekräftigt und vertieft diesen Grundsatz und verkündet: „Das Proletariat hat kein Vaterland, Proletarier der Welt vereinigt euch!“
In den sechziger Jahren des 19. Jahrhunderts bekämpften Marx und Engels den Panslawismus, der sich gegen die internationale Einheit der Arbeiterklasse wandte, und argumentierten, dass die Unterstützung bestimmter nationaler Kriege die Bedingungen für die Weltrevolution beschleunigen könne, aber nicht im Namen eines sogenannten „nationalen Rechts“. Dies war der Fall beim Bürgerkrieg in den USA und dem deutsch-französischen Krieg von 1870. Wie Lenin in seiner Broschüre Sozialismus und Krieg, die er kurz vor der Zimmerwalder Konferenz von 1915 schrieb, sagte: „Der Krieg von 1870 war ein ‚fortschrittlicher Krieg‘ wie die Kriege der französischen Revolution, die zwar zweifellos alle Elemente der Plünderung und Eroberung mit sich brachten, aber die historische Funktion hatten, den Feudalismus und Absolutismus im gesamten alten, noch auf der Leibeigenschaft beruhenden Europa zu zerstören oder zu erschüttern.“1
Die Zweite Internationale sah sich mit einer deutlichen Veränderung der Kriege konfrontiert, die zunehmend einen imperialistischen Charakter annahmen. So nahm sie 1900 auf dem Pariser Kongress den Standpunkt an, dass: „Die sozialistischen Parlamentsabgeordneten aller Länder müssen gegen alle Ausgaben für Militär und Marine und gegen koloniale Expeditionen stimmen.“
Aber die zunehmende Schwere der imperialistischen Spannungen, die den Ausgangspunkt der Dekadenz des Kapitalismus und die Notwendigkeit einer proletarischen Weltrevolution zum Ausdruck brachte, machte es notwendig, den Internationalismus nicht nur zu einer defensiven Position der Ablehnung des Krieges zu machen – eine Position, in der die Mehrheit der Zweiten Internationale zu verharren pflegte – sondern den Kampf gegen den Krieg zum Kampf für die Zerstörung des Kapitalismus zu machen. Deshalb schlugen Lenin, Rosa Luxemburg und Martow auf dem Stuttgarter Kongress (1907) angesichts einer von August Bebel vorgeschlagenen Resolution zum Krieg, die zwar formal korrekt, aber zu zaghaft und begrenzt war, einen Änderungsantrag vor, der schließlich angenommen wurde und in dem sie auf der Notwendigkeit bestanden, „Falls der Krieg dennoch ausbrechen solle, sind sie verpflichtet, für dessen rasche Beendigung einzutreten und mit allen Kräften dahin zu streben, um die durch den Krieg herbeigeführte wirtschaftliche und politische Krise zur politischen Aufrüttelung der Volksschichten und zur Beschleunigung des Sturzes der kapitalistischen Klassenherrschaft auszunutzen.“ (Protokoll des Stuttgarter Kongresses, S. 102)
Ebenso prangerte der Außerordentliche Kongress von Basel (1912) einen möglichen europäischen Krieg als „verbrecherisch“ und „reaktionär“ an und erklärte, dass dieser nur „den Sturz des Kapitalismus beschleunigen kann, indem er die proletarische Revolution unweigerlich provoziert“.
Die Mehrheit der Parteien der 2. Internationale hingegen „prangerte den Krieg vor allem wegen seiner Schrecken und Grausamkeiten an, weil das Proletariat das Kanonenfutter für die herrschende Klasse darstelle“. Der Antimilitarismus der II. Internationale war rein negativ (...) Insbesondere das Verbot, Kriegskredite abzustimmen, löste nicht das Problem der ‚Verteidigung des Landes‘ gegen den Angriff einer ‚Aggressor-Nation‘. Das ist die Bresche, durch die die Meute der Sozialchauvinisten und Opportunisten schlug“2.
Angesichts der Beschränkungen der Mehrheitsposition in den Parteien der Zweiten Internationale, ihrer Verwirrungen in der nationalen Frage und sogar des Kolonialismus von Hyndman von der Sozialdemokratischen Föderation in Großbritannien, verteidigten nur die Linken der Zweiten Internationale, insbesondere die Bolschewiki und Rosa Luxemburg, den Internationalismus gegen den imperialistischen Krieg und waren für die proletarische Weltrevolution. Sie machten deutlich, dass der Internationalismus die Grenze ist, die die Kommunisten von allen Parteien und Organisationen trennt, die den kapitalistischen Krieg verteidigen.
Die Reaktion auf den Ersten Weltkrieg brachte eine klare Abgrenzung zwischen dem Internationalismus einer kleinen Minderheit in den sozialdemokratischen Parteien und dem Chauvinismus der Mehrheit, der die Zweite Internationale zerstörte. Die Internationalisten schlossen sich zu den Zimmerwalder Konferenzen zusammen, die im September 1915 begannen.
Aber Zimmerwald war nur ein Ausgangspunkt, denn es war auch Ausdruck einer großen Verwirrung. Die Zimmerwalder Bewegung war aus den Parteien der 1914 zusammengebrochenen Zweiten Internationale hervorgegangen und vereinte daher ein völlig heterogenes Spektrum von Kräften, die nur durch eine allgemeine Ablehnung des Krieges geeint waren, denen aber ein echtes internationalistisches Programm fehlte.
Es gab die Befürworter einer unmöglichen Rückkehr zu einem Kapitalismus von vor dem Ersten Weltkrieg, die zum „Frieden“ aufriefen und den Kampf auf das Parlament beschränken wollten, indem sie sich der Stimme enthielten oder sich weigerten, über Kriegskredite abzustimmen (Ledebour von der SPD). Es gab diejenigen, die einfach nur Pazifisten waren; es gab einen schwankenden zentristischen Flügel (Trotzki, Spartakisten) und schließlich die klare und entschlossene Minderheit um Lenin und die Bolschewiki, die Zimmerwalder Linke.
In unserem Artikel in der Internationalen Revue 155 heißt es: „Im Zusammenhang mit der Zimmerwalder Konferenz ist es korrekter zu sagen, dass die Rechte nicht durch die „Sozialchauvinisten“ vertreten war, um den Ausdruck von Lenin zu gebrauchen, sondern durch Kautsky und Konsorten – die später die Rechte in der USPD bildeten –, dass sich die Linke aus den Bolschewiki und das Zentrum aus Trotzki und den Spartakusbund von Rosa Luxemburg zusammensetzte. Der Prozess, der zur Revolution in Russland und Deutschland führte, war ja gerade dadurch gekennzeichnet, dass ein großer Teil des 'Zentrums' für die Positionen der Bolschewiki gewonnen werden konnte.“3.
Von Anfang an brachten nur die Bolschewiki eine echte und konsequente internationalistische Antwort vor, die drei zentrale Punkte verteidigte:
Sie führten einen hartnäckigen und unerschütterlichen Kampf um diese drei Punkte. Sie waren sich der Verwirrung bewusst, die in der „Zimmerwalder Bewegung“ herrschte, und dass dieses sumpfige Terrain des Eklektizismus, der Koexistenz von „Feuer und Wasser“, zur Entwaffnung des Antikriegskampfes und zur Schwächung der heranreifenden revolutionären Perspektive führte, mit den Arbeitern in Russland an ihrer Spitze.
Es stimmt, dass die Bolschewiki 1915 das durch Kompromisse geprägte Zimmerwalder Manifest unterzeichneten, aber das bedeutete nicht die Akzeptanz dieser Verwirrung, insbesondere des pazifistischen Tons des Manifests, sondern die Erkenntnis, dass es, indem es die Sozialpatrioten vor der gesamten Arbeiterklasse anprangerte, ein erster Schritt zur Annahme einer unnachgiebigen internationalistischen Linie sein konnte, die zu einer neuen Internationale führte. Indem sie ihre Kritik am Zimmerwalder Zentrismus beibehielten, konnten die Bolschewiki den notwendigen Prozess der Abgrenzung fortsetzen. Angesichts der Ergebnisse der Zimmerwalder Konferenz fassten die Bolschewiki die folgenden Beschlüsse:
Heute geben die Internationalistische Kommunistische Tendenz (IKT – Englisch: ICT) und bestimmte parasitäre Gruppen vor, Anhänger von Zimmerwald zu sein. Sie geben Zimmerwald eine Menge „Likes“. Seine Bedeutung wurde jedoch von der ICT und parasitären Elementen, die sich als Internationalisten tarnen, absichtlich verdunkelt oder sogar ins Gegenteil verkehrt. Für die ICT war das Ziel von Zimmerwald angeblich, möglichst viele der Kriegsgegner als praktisches Mittel zur Organisierung der Massen zu gruppieren. „Dies ist nicht der Zeitpunkt, um unter den Kriegsgegnern auf der Grundlage eines revolutionären Programms zu selektieren. In erster Linie sind, wie vor Zimmerwald, alle revolutionären und internationalistischen Energien die Mühe der Umgruppierung wert. Aber darüber hinaus war das Beispiel Frankreichs mit dem Komitee für die Wiederaufnahme der internationalen Beziehungen (Comité pour la Reprise des Relations Internationales–CRRI), das die meisten Aktivitäten anführte und das Herzstück der Arbeiteropposition gegen den Krieg war, bedeutend. In ihm waren von Anfang an revolutionäre Syndikalisten sowie Aktivisten der Sozialistischen Partei, der gescheiterten Sektion der Internationale, zusammengeschlossen. In der Tat war die Daseinsberechtigung des CRRI die Opposition gegen den Krieg und gegen die Heilige Allianz, um verschiedene Gegner zusammenzubringen, die aus dem Syndikalismus, dem Sozialismus und dem Anarchismus kamen.“4 Diese Verzerrung und Missachtung der Tatsachen zielt eindeutig darauf ab, den Opportunismus des Unternehmens No War But the Class War (NWBCW) zu rechtfertigen.5 Im Gegensatz zu den Bolschewiki, die, obwohl sie in einer kleinen Minderheit waren, auf der Ablehnung des Pazifismus, der Ablehnung des Versuchs, die Zweite Internationale wiederzubeleben, und auf dem Kampf für die Weltpartei bestanden. Das Leitmotiv der Bolschewiki war es, eine „Arbeitslinie“ für die Arbeiterklasse in der Epoche der imperialistischen Kriege zu entwickeln, gegen den Morast der zentristischen Verwirrung, auch wenn dies damals eine zahlenmäßige Isolierung bedeutete.
Zimmerwald war keine Ansammlung von „Anti-Kriegs“-Elementen, wie die ICT und die Parasiten behaupten, auch wenn sie anfangs noch als Gruppierung innerhalb der sozialdemokratischen Parteien gedacht war, zu einer Zeit, als diese noch der politische Bezugspunkt des gesamten Proletariats waren. Die von den Bolschewiki eingeschlagene Richtung war der Kampf um die Überwindung dieser Verwirrung und der Weg zur Bildung der Dritten Internationale. Zimmerwald befand sich auf einem Klassenterrain. Dennoch fand ein Prozess der Abgrenzung statt, der die Zentristen in die Konterrevolution und damit zur Unterstützung der eigenen nationalen Bourgeoisie führte, während die unnachgiebige Linke als einzige internationalistische proletarische Strömung übrig blieb.
Der Kampf der Zimmerwalder Linken wurde in der Praxis durch die proletarische Oktoberrevolution von 1917 bestätigt, die die internationalistische Losung „den imperialistischen Krieg in einen Bürgerkrieg verwandeln“ zur Realität werden ließ. Der sofortige Austritt des neuen Sowjetregimes aus dem imperialistischen Entente-Bündnis mitten im Ersten Weltkrieg und die Veröffentlichung der Geheimverträge darüber, wer im Falle ihres Sieges was gewinnen würde, versetzte die Weltbourgeoisie in Schockstarre, während der revolutionäre Aufschwung der europäischen Arbeiterklasse einen enormen Impuls erhielt, der sich im Beinahe-Erfolg der deutschen Revolution und in der Gründung der Kommunistischen Internationale 1919 widerspiegelte.
Wenn der Weg des Internationalismus im Ersten Weltkrieg über den Kampf der Linken gegen den Opportunismus der Sozialchauvinisten und Zentristen führte, so bestand die Kontinuität dieses Weges in den 20er- und 30er-Jahren im Kampf der Kommunistischen Linken gegen die Degeneration der Kommunistischen Internationale in den 20er-Jahren und später gegen die der Linken Opposition Trotzkis in den 30er-Jahren. Die Komintern kapitulierte aufgrund der Isolation und der Entartung der Revolution in Russland mehr und mehr vor den Sozialchauvinisten der untergegangenen Sozialdemokratie, was sich in der Politik der Einheitsfront und der Arbeiterregierungen ausdrückte. Die Politik der Dritten Internationale wurde immer mehr zur Ausweitung der Interessen des russischen Staates anstelle der Bedürfnisse der internationalen Revolution, was zu deren Niederlagen in Deutschland, Großbritannien und China beitrug. Eine Politik, die sich in der Annahme der nationalistischen Losung „Sozialismus in einem Land“ durch die Komintern im Jahr 1928 und in der vollständigen Kapitulation des russischen Staates vor dem Treiben des Weltimperialismus mit dem Beitritt Russlands zum Völkerbund im Jahr 1934 verfestigte.
Die Kommunistische Linke war die erste, die sich dieser Tendenz entgegenstellte, insbesondere die Tradition der Italienischen Kommunistischen Linken, die schließlich aus der Kommunistischen Partei Italiens und der Kommunistischen Internationale ausgeschlossen wurde. Sie bildet eine Fraktion im Exil und später eine internationale Fraktion der Kommunistischen Linken.
Die Niederlage der internationalen revolutionären Welle von 1928 öffnete den Weg zu einem weiteren imperialistischen Weltkrieg, und es war nur die Kommunistische Linke, die dem internationalistischen Kampf des revolutionären Proletariats treu blieb, sowohl im Vorfeld des Zweiten Weltkriegs als auch während und nach dem Krieg selbst.
Bilan zog in der Schlüsselfrage der Verteidigung der UdSSR eine klare Abgrenzung gegen die Linke Opposition um Trotzki, eine Position, die dazu beitrug, die trotzkistische Strömung in die Unterstützung des imperialistischen Krieges zu ziehen:
„Wir sind der Meinung, dass im Falle eines Krieges das Proletariat aller Länder, einschließlich Russlands, die Pflicht hätte, seine Kräfte zu konzentrieren, um den imperialistischen Krieg in einen Bürgerkrieg zu verwandeln. Die Teilnahme der UdSSR an einem Räuberkrieg würde ihren wesentlichen Charakter nicht verändern und der proletarische Staat könnte nur unter den Schlägen der sozialen Widersprüche, die eine solche Teilnahme mit sich bringen würde, untergehen. Die Bolschewiki-Leninisten verlassen das Terrain des Marxismus, wenn sie das Proletariat auffordern, seinen Kampf für die Weltrevolution im Austausch für die Verteidigung der UdSSR zu opfern" (Bilan, Nr. 10, August 1934)
Der internationalistische Lackmustest für die revolutionären Gruppen und Fraktionen, die aus der degenerierten Komintern ausgeschlossen worden waren, war jedoch der Krieg in Spanien ab 1936, wo der Konflikt zwischen dem republikanischen und dem faschistischen Flügel der spanischen Bourgeoisie zum Schauplatz einer Stellvertreterschlacht zwischen den konkurrierenden imperialistischen Mächten Großbritannien und Frankreich, Russland, Deutschland und Italien wurde. Doch die Trotzkisten, die vor allem wegen ihrer Versuche, den Internationalismus zu verteidigen, aus den kommunistischen Parteien ausgeschlossen worden waren, verteidigten nun im Namen des Antifaschismus „kritisch“ die republikanische Seite und verrieten damit das Proletariat, das sie dazu ermutigten, sich in dieser imperialistischen Generalprobe für den Zweiten Weltkrieg, die zwischen verschiedenen Flügeln der Bourgeoisie stattfand, für eine Seite zu entscheiden.
Bilan musste diese Tendenz zur Kapitulation, die die proletarischen Gruppen in den Abgrund riss, bekämpfen. Seine kompromisslose Loyalität zum Internationalismus führte zu einer dramatischen Isolierung: nur kleine Gruppen in Belgien oder Mexiko schlossen sich seinem Kampf an.
Aber auch die Kommunistische Linke selbst war nicht vor den Gefahren des Opportunismus gefeit. Eine Minderheit der Italienischen Fraktion brach mit ihr und ihren internationalistischen Prinzipien und schloss sich dem antifaschistischen Krieg in Spanien an.
Während des Zweiten Weltkriegs geriet die Italienische Fraktion in Verwirrung, und ihr bedeutendster Vertreter, Vercesi, behauptete, das Proletariat sei verschwunden und der politische Kampf für den Internationalismus sei nicht mehr lebensfähig. Nur unter großen Schwierigkeiten–zwischen der Gestapo und dem Widerstand–gelang es einem Teil der Italienischen Fraktion, sich in Südfrankreich neu zu formieren und die internationalistischen Positionen der Kommunistischen Linken zu verkünden, d.h. gegen beide imperialistischen Lager, ob „faschistisch“ oder „antifaschistisch“ in der Ideologie.
Unabhängig davon wurde 1943, nach dem Sturz Mussolinis, in Norditalien der Partito Comunista Internazionalista (PCInt) gegründet, die die internationalistische Politik der Kommunistischen Linken fortsetzte. Indem sie jedoch die Kritik der Italienischen Fraktion im Exil am Opportunismus der Komintern vernachlässigte und das Ziel ignorierte, die Lehren aus einer Periode der Niederlage des Proletariats zu ziehen, einschließlich der internationalistischen Unnachgiebigkeit gegenüber dem Krieg in Spanien, kehrte die PCInt zu der Politik zurück, „zu den Massen zu gehen“, und stellte sich vor, dass sie die Partisanen in Italien, d. h. jene antifaschistischen Kräfte, die im Namen des verbündeten Imperialismus arbeiteten, zu echten Internationalisten machen könnte.6
Während die PCInt die notwendige internationale Fraktionsarbeit gegen diese opportunistische Strömung vorzeitig aufgab, setzte die Kommunistische Linke Frankreichs (Gauche Communiste de France, die Internationalisme herausgab) die Arbeit der Fraktion entschlossen fort und arbeitete die Positionen aus, die Bilan zu entwickeln begonnen hatte. Die GCF prangerte eindeutig den falschen Gegensatz Faschismus gegen Demokratie an, der das Banner der Mobilisierung für die imperialistischen Schlächtereien gewesen war, während sie nach dem Zweiten Weltkrieg und angesichts der neuen imperialistischen Konfiguration (der Kampf zwischen den USA und der UdSSR) das zusätzliche Mittel der Rekrutierung für den Krieg anprangerte: die „nationale Befreiung“ der „unterdrückten Völker“ (Vietnam, Palästina usw.).
Daraus können wir schließen, dass nur die kommunistische Linke dem Proletariat treu geblieben ist, indem sie den Internationalismus gegen die unzähligen militärischen Massaker verteidigt hat, die seit 1914 auf der Welt stattgefunden haben, weshalb wir in unserem Dritten Internationalen Manifest sagen: „In ernsten historischen Situationen wie etwa in weitreichenden Kriegen wie dem in der Ukraine kann das Proletariat erkennen, wer seine Freunde sind und wer seine Feinde. Diese Feinde sind nicht nur die großen Figuren wie Putin, Zelensky oder Biden, sondern auch die Parteien der extremen Rechten, der Rechten, der Linken und der extremen Linken, die mit einer breiten Palette von Argumenten, einschließlich des Pazifismus, den Krieg und die Verteidigung eines imperialistischen Lagers gegen ein anderes unterstützen und rechtfertigen.“
„Die einzige politische Strömung, die die Niederlage dieser revolutionären Welle überlebt und die militante Verteidigung des internationalistischen Prinzips beibehalten hat, ist die Kommunistische Linke. In den dreißiger Jahren bewahrte sie diese grundlegende Linie der Arbeiterklasse während des spanischen Krieges und des chinesisch-japanischen Krieges, während andere politische Strömungen wie die Stalinisten, Trotzkisten oder Anarchisten ihr imperialistisches Lager wählten, das diese Konflikte anzettelte. Die Kommunistische Linke behielt ihren Internationalismus während des Zweiten Weltkriegs bei, während diese anderen Strömungen sich an dem imperialistischen Gemetzel beteiligten, das als Kampf zwischen ‚Faschismus und Antifaschismus‘ und/oder Verteidigung der ‚Sowjetunion‘ verkleidet wurde.“ (Aufruf an die Kommunistische Linke).
Die kritische historische Kontinuität der kommunistischen Positionen, die im letzten Jahrhundert von der Kommunistischen Linken verteidigt und entwickelt wurden, ist die einzige, die in der Lage ist, eine Gesamtheit von Analysen (Wesen des Kapitalismus, Dekadenz, Imperialismus, Kriegswirtschaft, kapitalistischer Zerfall usw.), eine Kontinuität in den Debatten und in der Intervention in der Klasse, eine Kohärenz zu liefern, die die Waffen des Kampfes für die kommunistische Weltrevolution gegen alle Erscheinungsformen der kapitalistischen Barbarei und vor allem des imperialistischen Krieges liefert.
Gegen das schändliche Gemetzel in der Ukraine schlug die IKS eine gemeinsame Erklärung der Kommunistischen Linken vor, die von drei anderen Gruppen unterzeichnet wurde. Angesichts der neuen imperialistischen Barbarei in Gaza haben wir einen Aufruf zu einer gemeinsamen Erklärung gegen alle imperialistischen Mächte, gegen die Aufrufe zur nationalen Verteidigung hinter den Ausbeutern, gegen die heuchlerischen Plädoyers für „Frieden“ und für den proletarischen Klassenkampf, der zur kommunistischen Revolution führt, gemacht.
Alle Kräfte der Bourgeoisie (Parteien, Gewerkschaften, Institutionen wie die Kirchen, die UNO usw.) rufen die Proletarier dazu auf, sich für ein Lager unter den imperialistischen Banditen zu entscheiden, die schrecklichen Opfer zu akzeptieren, die die Kriegsdynamik des Kapitalismus auferlegt, kurz, sich selbst in die Maschinerie des Krieges und der Zerstörung zu begeben, die zur Vernichtung des Planeten und der gesamten Menschheit führt. Nur die Stimme der Kommunistischen Linken erhebt sich deutlich gegen dieses Konzert der Toten.
Die Gemeinsame Erklärung und der Appell der IKS an das sektiererische und opportunistische proletarische politische Milieu von heute steht in der Kontinuität der Haltung der Bolschewiki in Zimmerwald gegenüber den Zentristen. Die Gruppen der Kommunistischen Linken sind heute das einzige Minimum an solidem Klassenterrain für eine internationalistische Perspektive. Dennoch weigerten sich die von der PCInt abstammenden Gruppen der Kommunistischen Linken, die gemeinsamen Vorschläge zu unterzeichnen. Hätten diese Gruppen jedoch die gemeinsamen Erklärungen unterzeichnet, wäre dies ein politisches Signal für die aufstrebenden revolutionären Kräfte gewesen und hätte einen intensiveren Prozess der politischen Abgrenzung einleiten können. Die Gemeinsame Erklärung und der Appell7 sollten ein erster Schritt auf dem Weg zu der notwendigen politischen Abgrenzung sein, die die Bildung der zukünftigen Partei erfordern wird.
Die Bourgeoisie muss die internationalistische Stimme der kommunistischen Linken zum Schweigen bringen. Zu diesem Zweck führt sie einen verdeckten, heimlichen Krieg. In diesem Krieg setzt sie nicht offen die Repressionsorgane des Staates oder die großen Medien ein. Angesichts der geringen Größe, des geringen Einflusses, der Spaltung und der Zersplitterung der Gruppen der kommunistischen Linken bedient sich die Bourgeoisie der Dienste der Parasiten.
Die Parasiten behaupten, internationalistisch zu sein, und lehnen die verschiedenen Seiten mit großspurigen Erklärungen ab, aber alle ihre Bemühungen konzentrieren sich darauf, wirklich internationalistische Gruppen wie die IKS zu verunglimpfen, zu verleumden und zu denunzieren. Wir sprechen von Spitzeln und Gangstern wie der „Internationalen Gruppe der Kommunistischen Linken“ (IGCL), die „internationalistische“ Formulierungen als ihren Persilschein benutzen, um kommunistische Organisationen anzugreifen. Ihre Methoden sind Verleumdung, Denunziation, Provokation, Anschuldigungen des „Stalinismus“ gegen die IKS. Sie verkünden, dass unsere Organisation „außerhalb der kommunistischen Linken“ steht, und um „das Vakuum zu füllen“, schmeicheln sie der ICT schamlos, indem sie ihr den Titel der „Avantgarde der kommunistischen Linken“ anbieten. Es geht also darum, eine Spaltung innerhalb der Kommunistischen Linken herbeizuführen und das Sektierertum und den Opportunismus der ICT schamlos auszunutzen, um sie noch stärker gegen die klarste und konsequenteste Organisation der Kommunistischen Linken, die IKS, aufzubringen.
Die parasitäre Klüngelei, ein chaotisches Durcheinander von Gruppen und Persönlichkeiten, benutzt einen unverdaulichen Aufguss der Positionen der Kommunistischen Linken, um die eigentliche Kommunistische Linke anzugreifen, sie zu verfälschen und zu verunglimpfen. Dieser Angriff kommt in verschiedenen Varianten daher.
Auf der einen Seite gibt es den Blog, der sich zunächst Neuer Kurs (Nuevo Curso) nannte und dann als Comunia getarnt wurde, der versucht, uns hinters Licht zu führen: Er benutzt die verworrenen Positionen eines echten Revolutionärs, Munís8, die auf einen unvollständigen Bruch mit dem Trotzkismus zurückzuführen sind, um uns eine falsche, völlig verfälschte kommunistische Linke zu präsentieren. Dieses von dem Abenteurer Gaizka9 geförderte Unternehmen der Nachahmung wurde eine Zeit lang von der parasitären IGCL vorbehaltlos unterstützt.
Eine weitere Front im Krieg gegen die kommunistische Linke ergibt sich aus der Farce einer in Brüssel abgehaltenen Konferenz, auf der mehrere parasitäre Persönlichkeiten und Gruppierungen eine „Gemeinsamkeit haben, die sie zweifellos lieber geheim halten würden: Es ist die Überzeugung, dass der Marxismus und die Errungenschaften der kommunistischen Linken der letzten hundert Jahre veraltet sind und durch den Rückgriff auf verschiedene anarcho-rätistische, modernistische oder radikal-ökologische Theorien ‚ergänzt‘ oder sogar ‚übertroffen‘ werden müssen. Deshalb bezeichnen sie sich als ‚pro-revolutionär‘ und sehen sich als eine Art ‚befreundete Vereinigung zur Verbreitung der Idee der Revolution‘. Ihre Botschaft lautet, dass die Arbeiterklasse 'neu anfangen' muss und unter dem Lärm der Kriege, den Wellen der Inflation und des Elends, der Orgie der Zerstörung geduldig darauf warten muss, dass diese 'pro-revolutionären' Salonbewohner ihren unglaublichen Verstand einsetzen, um eine Idee zu entwickeln, 'wie man den Kapitalismus bekämpfen kann‘“.10
Der Krieg der Bourgeoisie gegen den Internationalismus findet in der sektiererischen und opportunistischen Position der ICT einen Anknüpfungspunkt.
Die ICT prangern den imperialistischen Krieg an, lehnen alle Seiten in den Konflikten ab und verteidigen die proletarische Revolution als einzigen Ausweg. Aber dieser Internationalismus läuft Gefahr, nur Worte zu bleiben, weil sie sich einerseits weigern, gemeinsam mit den anderen Gruppen der Kommunistischen Linken gegen den Krieg zu kämpfen (indem sie sich zum Beispiel weigern, an der gemeinsamen Erklärung teilzunehmen, die die IKS seit Beginn des Krieges in der Ukraine vorgeschlagen hat, oder indem sie auch den Appell ablehnen, den wir angesichts des Krieges in Gaza gemacht haben). Auf die gleiche Weise, indem sie dem Internationalismus eine Elastizität verleiht, die ihn letztendlich bricht oder verwässert, befürwortet sie Fronten (z.B. die NWBCW), die zu linken Gruppen passen können, die angesichts eines militärischen Konflikts ‚internationalistisch‘ sind, aber chauvinistisch als Reaktion auf einen anderen, oder zu verwirrten Gruppen, die eine falsche Vorstellung von Internationalismus haben.
Diese sektiererische und opportunistische Position ist nicht neu–sie hat eine fast 80-jährige Geschichte, wie wir oben im Zusammenhang mit den Ursprüngen der PCInt gesehen haben. Mit dem historischen Aufschwung des Proletariats seit 1968 zeigen sowohl die bordigistischen Gruppen, die aus der PCInt hervorgegangen sind, als auch der damenistische Zweig, der Vorgänger der heutigen ICT, einerseits das Sektierertum, indem sie jede Erklärung oder gemeinsame Aktion gegen den von der IKS vorgeschlagenen imperialistischen Krieg ablehnen, und andererseits die Zusammenarbeit mit verwirrten Gruppen oder Gruppen, die eindeutig auf dem Terrain der Bourgeoisie stehen.
So hat die ICT mit dem Sektierertum und Opportunismus, die in ihren Genen liegen, alle gemeinsamen Aktionen der Kommunistischen Linken, die von der IKS gegen den imperialistischen Krieg vorgeschlagen wurden, abgelehnt–seit der russischen Invasion in Afghanistan 1979 - bis hin zu den Kriegen in der Ukraine und in Gaza!
Gleichzeitig hat sie „Fronten“ wie „No War But the Class War“ geschaffen mit dem Argument, dass das Feld der Kommunistischen Linken zu eng sei und dass sie die Arbeiterklasse kaum erreiche.
Die angebliche „Enge“ der Kommunistischen Linken veranlasst die ICT dazu, „das Feld des Internationalismus zu erweitern“, indem sie anarchistische, halbtrotzkistische, parasitäre Gruppen aus einem mehr oder weniger links verseuchten Sumpf aufruft, sich der NWBCW anzuschließen. So wird die programmatische Identität, die historische Tradition, der erbitterte Kampf von mehr als einem Jahrhundert, der von der Kommunistischen Linken geführt wurde, durch eine „Erweiterung“ verleugnet, die in Wirklichkeit Verwässerung und Verwirrung bedeutet.
Aber gleichzeitig wird der wirkliche Internationalismus mit Füßen getreten, denn diese „Internationalisten“ sind nicht immer Internationalisten, sie sind Internationalisten gegen einige Kriege, während sie gegen andere schweigen oder sie mehr oder weniger offen unterstützen. Ihre Argumente gegen den Krieg enthalten zahlreiche Illusionen in Pazifismus, Humanismus, Interklassismus. Dies zeigt sich auch in der Haltung der ICT gegenüber der Anarchist Communist Group in Britain (ACG). Sie begrüßt die Haltung dieser Gruppe zum Krieg in der Ukraine, „bedauert“ aber gleichzeitig ihre gegenteilige Position zum Krieg in Gaza.
Die ICT verwischt in ihrem opportunistischen Eifer, all jene zu „vereinen“, die „etwas gegen den Krieg“ sagen, die Abgrenzung, die zwischen der kommunistischen Linken, die tatsächlich gegen den Krieg kämpft, und der ganzen anderen Fauna bestehen muss:
Die ICT will die Verwirrung aufrechterhalten, weil sie argumentiert: „Wir sind nicht der Meinung, dass sich InternationalistInnen gegenseitig angreifen sollten. Wir haben immer die Ansicht vertreten, dass alte Polemiken durch das Auftauchen einer neuen Klassenbewegung gelöst oder irrelevant werden können.“11
Nein! Ein solcher Ansatz steht im krassen Gegensatz zu dem der Bolschewiki in Zimmerwald. Lenin betrachtete dieses Treffen der „Internationalisten im Allgemeinen“ als eine „Sumpf“ und führte einen kompromisslosen Kampf, um die wirklich internationalistische Position von dieser Sumpf der Verwirrung zu trennen, die den konsequenten Kampf gegen den Krieg blockierte.
Lenin und die Bolschewiki zeigten, dass die „Zimmerwalder Mehrheit“ einen „Fassadeninternationalismus“ praktizierte; ihre Opposition gegen den Krieg war mehr leere Pose als wirklicher Kampf. Aus dem gleichen Grund müssen wir vor dem gegenwärtigen Internationalismus der ICT warnen. Zwar hat die ICT den Internationalismus nicht verraten, aber ihr Internationalismus wird immer formeller und abstrakter und tendiert dazu, zu einer leeren Hülle zu werden, mit der die ICT ihre Sabotage des Kampfes für die Partei, ihre Komplizenschaft mit dem Parasitentum, ihre Zusammenarbeit mit den Spitzeln und ihre wachsende Verbundenheit mit der Linken verdeckt.
Como & C. Mir 22-12-23
1 Es muss jedoch darauf hingewiesen werden, dass Marx nach der Pariser Kommune und der Kollaboration der französischen und preußischen Bourgeoisie bei ihrer Niederschlagung zu dem Schluss kam, dass dies das Ende der fortschrittlichen nationalen Kriege in den zentralen Ländern des Kapitalismus bedeutete.
2 Bilan, Nr. 21, August 1936
3 Konferenz von Zimmerwald: Die zentristischen Strömungen innerhalb der Organisationen des Proletariats [12], IKSonline,26. Februar, 2016
4 NWBCW and the real international bureau of 1915 [13], Leftcom.org, July 2022. (dieser Text wurde von der deutschen Sektion der IKT, der GIK, nicht übersetzt!)
5 Die ICT und die Initiative NWBTCW: ein opportunistischer Bluff der die Kommunistische Linke schwächt [10], Weltrevolution, Nr. 186
6 The ambiguities of the Internationalist Communist Party over the ‘partisans’ in Italy in 1943 [14], International Review, Nr. 8 (englische Ausgabe), siehe auch auf deutsch: Debatte mit dem IBRP [15], Internationale Revue, Nr. 26
7 Gemeinsame Erklärung von Gruppen der internationalen Kommunistischen Linken zum Krieg in der Ukraine [7], Internationale Revue, Nr. 58 und der Aufruf an die Kommunistische Linke: Schluss mit den Massakern, keine Unterstützung für irgendein imperialistisches Lager! Nein zu pazifistischen Illusionen! Proletarischer Internationalismus! [16], IKSonline, 18. Oktober 2023
8 Nuevo Curso und eine „Kommunistische Linke Spaniens“: Was sind die Ursprünge der Kommunistischen Linken? [17], IKSonline, 14. Dezember 2019
9 Wer ist wer bei „Nuevo Curso“? [18], Internationale Revue, 28. Januar, 2020
10 A"conference of left communism" in Brussels? A decoy for those who want to take part in the revolutionary struggle! [19], ICC online, September 2023
11 Die Aufgaben der RevolutionärInnen angesichts der kapitalistischen Kriegstreiberei [20], leftcom.org, 28. Oktober 2023
Links
[1] https://de.internationalism.org/tag/3/44/internationalismus
[2] https://en.internationalism.org/content/3171/50-years-ago-real-causes-second-world-war
[3] https://de.internationalism.org/content/3059/bericht-ueber-die-imperialistischen-spannungen-mai-2022-bedeutung-und-auswirkungen-des
[4] https://www.lefigaro.fr/international
[5] https://de.internationalism.org/content/3064/aktualisierung-des-orientierungstextes-von-1990-militarismus-und-zerfall-mai-2022
[6] https://en.internationalism.org/ir/120_elections.html
[7] https://de.internationalism.org/content/3043/gemeinsame-erklaerung-von-gruppen-der-internationalen-kommunistischen-linken-zum-krieg
[8] https://de.internationalism.org/content/3068/korrespondenz-ueber-die-gemeinsame-erklaerung-der-gruppen-der-kommunistischen-linken
[9] https://de.internationalism.org/content/3056/bilanz-der-oeffentlichen-veranstaltungen-zur-gemeinsamen-erklaerung-von-gruppen-der
[10] https://de.internationalism.org/content/3150/die-ict-und-die-initiative-nwbtcw-ein-opportunistischer-bluff-der-die-kommunistische
[11] https://de.internationalism.org/tag/politische-stromungen-und-verweise/kommunistische-linke
[12] https://de.internationalism.org/content/2665/konferenz-von-zimmerwald-die-zentristischen-stroemungen-innerhalb-der-organisationen
[13] https://www.leftcom.org/en/articles/2022-07-22/nwbcw-and-the-real-international-bureau-of-1915
[14] https://en.internationalism.org/internationalreview/197701/9333/ambiguities-internationalist-communist-party-over-partisans-italy-19
[15] https://de.internationalism.org/content/864/debatte-mit-dem-ibrp
[16] https://de.internationalism.org/content/3144/schluss-mit-den-massakern-keine-unterstuetzung-fuer-irgendein-imperialistisches-lager
[17] https://de.internationalism.org/content/2897/nuevo-curso-und-eine-kommunistische-linke-spaniens-was-sind-die-urspruenge-der
[18] https://de.internationalism.org/content/2917/wer-ist-wer-bei-nuevo-curso
[19] https://en.internationalism.org/content/17400/conference-left-communism-brussels-decoy-those-who-want-take-part-revolutionary
[20] https://www.leftcom.org/de/articles/2023-10-28/die-aufgaben-der-revolution%C3%A4rinnen-angesichts-der-kapitalistischen